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  • tocInhaltsverzeichnis
    Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . 871 A Tagesordnungspunkt 1 (Fortsetzung): a) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bun- deshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2003 (Haushaltsgesetz 2003) (Drucksache 15/150) . . . . . . . . . . . . . . 871 B b) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 2002 (Nach- tragshaushaltsgesetz 2002) (Drucksache 15/149) . . . . . . . . . . . . . . 871 B c) Unterrichtung durch die Bundesregie- rung: Bericht über den Stand und die voraussichtliche Entwicklung der Fi- nanzwirtschaft des Bundes (Drucksache 15/151) . . . . . . . . . . . . . . 871 B Einzelplan 04 in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Antrag des Abgeordneten Dr. Wolfgang Schäuble und der Fraktion der CDU/CSU: Für ein glaubwürdiges Angebot der EU an die Türkei (Drucksache 15/126) . . . . . . . . . . . . . . . . 871 C Michael Glos CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 871 D Gerhard Schröder, Bundeskanzler . . . . . . . . . 876 C Dr. Guido Westerwelle FDP . . . . . . . . . . . . . 886 D Franz Müntefering SPD . . . . . . . . . . . . . . 889 D Katrin Dagmar Göring-Eckardt BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . 891 A Dr. Angela Merkel CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 896 D Franz Müntefering SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 905 C Dr. Guido Westerwelle FDP . . . . . . . . . . 908 D Steffen Kampeter CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 910 B Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 912 A Hans-Joachim Otto (Frankfurt) FDP . . . . . . . 913 A Dr. Christina Weiss, Staatsministerin BK . . . . 913 D Petra Pau fraktionslos . . . . . . . . . . . . . . . . . . 915 B Günter Nooke CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 916 B Eckhardt Barthel (Berlin) SPD . . . . . . . . . . . 917 C Bernhard Kaster CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 918 B Einzelplan 05 in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 3: a) Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN: Menschenrechte als Leitlinie der deutschen Politik (Drucksache 15/136) . . . . . . . . . . . . . . 920 B Plenarprotokoll 15/13 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 13. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 4. Dezember 2002 I n h a l t : b) Antrag der Abgeordneten Rainer Funke, Dr. Werner Hoyer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien nicht vergessen (Drucksache 15/64) . . . . . . . . . . . . . . . 920 B Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . 920 C Michael Glos CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 921 C Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . . . . . . . 923 B Dr. Peter Struck SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 924 D Gernot Erler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 928 A Ruprecht Polenz CDU/CSU . . . . . . . . . . 928 D Michael Glos CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 929 A Dr. Wolfgang Gerhardt FDP . . . . . . . . . . . . . . 930 B Dr. Christoph Zöpel SPD . . . . . . . . . . . . . . . 932 C Dr. Gerd Müller CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 934 A Dr. Ludger Volmer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 935 D Michael Roth (Heringen) SPD . . . . . . . . . . . 936 C Peter Hintze CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 937 D Christa Nickels BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 939 D Rudolf Bindig SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 940 D Arnold Vaatz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 941 B Rainer Eppelmann CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 942 B Rudolf Bindig SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 944 B Angelika Graf (Rosenheim) SPD . . . . . . . . . 944 C Einzelplan 14 Dr. Peter Struck, Bundesminister BMVg . . . . 945 D Dietrich Austermann CDU/CSU . . . . . . . . . . 948 C Verena Wohlleben SPD . . . . . . . . . . . . . . 949 D Alexander Bonde BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 950 C Jürgen Koppelin FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . 952 B Rainer Arnold SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 953 C Günther Friedrich Nolting FDP . . . . . . . . 954 A Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . . . . 954 B Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU . . . . . . 957 A Winfried Nachtwei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 959 D Helga Daub FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 961 A Dr. Hans-Peter Bartels SPD . . . . . . . . . . . . . 962 A Thomas Kossendey CDU/CSU . . . . . . . . . . . 963 C Einzelplan 23 Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministerin BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 965 C Dr. Christian Ruck CDU/CSU . . . . . . . . . . . 967 B Heidemarie Wieczorek-Zeul SPD . . . . . . 969 D Thilo Hoppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 970 C Markus Löning FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 972 B Karin Kortmann SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 973 B Arnold Vaatz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 974 D Karin Kortmann SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 975 A Heidemarie Wieczorek-Zeul SPD . . . . . . . . . 975 C Peter Weiß (Emmendingen) CDU/CSU . . . . 975 C Detlef Dzembritzki SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 977 B Einzelplan 06 Otto Schily, Bundesminister BMI . . . . . . . . . 979 A Thomas Strobl (Heilbronn) CDU/CSU . . . . . 981 B Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast SPD . . . . . 982 B Thomas Strobl (Heilbronn) CDU/CSU . . . . . 983 A Otto Schily SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 984 D Silke Stokar von Neuforn BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 986 A Dr. Max Stadler FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 988 A Dagmar Freitag SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 989 B Susanne Jaffke CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 990 A Sebastian Edathy SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 991 C Stephan Mayer (Altötting) CDU/CSU . . . . . 993 A Einzelplan 07 Brigitte Zypries, Bundesministerin BMJ . . . . 994 B Dr. Wolfgang Götzer CDU/CSU . . . . . . . . . . 996 C Hans-Christian Ströbele BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 999 D Siegfried Kauder (Bad Dürrheim) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1001 B Otto Fricke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1002 B Joachim Stünker SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1003 C Norbert Barthle CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 1005 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1007 D Berichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1007 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . . 1009 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Dezember 2002II (A) (B) (C) (D) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Dezember 2002 871 13. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 4. Dezember 2002 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Norbert Barthle Berichtigung 12. Sitzung, Seite 744 (B), der letzte Absatz ist wie folgt zu lesen: Wir haben eine Menge getan, um die Eigenkapitalbildung des Mit- telstandes zu erleichtern. Aufgrund unserer Steuerreform ist inzwi- schen die obere Grenzbelastung – 1998 lag sie bei 69 Prozent – auf 51 Prozent gesenkt worden. So etwas haben sie in Ihrer Regierungs- zeit nie zuwege gebracht. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Dezember 2002 1009 (C)(A) Adam, Ulrich CDU/CSU 04.12.2002* Borchert, Jochen CDU/CSU 04.12.2002 Bury, Hans Martin SPD 04.12.2002 Büttner (Schönebeck), CDU/CSU 04.12.2002 Hartmut Caesar, Cajus CDU/CSU 04.12.2002 Dr. Däubler-Gmelin, SPD 04.12.2002 Herta Eymer (Lübeck), Anke CDU/CSU 04.12.2002 Gradistanac, Renate SPD 04.12.2002 Großmann, Achim SPD 04.12.2002 Hörster, Joachim CDU/CSU 04.12.2002* Hofbauer, Klaus CDU/CSU 04.12.2002 Kubicki, Wolfgang FDP 04.12.2002 Lintner, Eduard CDU/CSU 04.12.2002* Dr. Lötzsch, Gesine fraktionslos 04.12.2002 Dr. Lucyga, Christine SPD 04.12.2002* Möllemann, Jürgen W. FDP 04.12.2002 Dr. Pinkwart, Andreas FDP 04.12.2002 Rauber, Helmut CDU/CSU 04.12.2002** Dr. Röttgen, Norbert CDU/CSU 04.12.2002 * für die Teilnahme an den Sitzungen der Westeuropäischen Union ** für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung des OSZE entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage zum Stenografischen Bericht
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Guido Westerwelle


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)


    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

    ren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, das war ein bemer-
    kenswerter Schlussapplaus. Vier Abgeordnete der SPD
    sind sogar aufgestanden. Die müssen Sie sich merken!

    Es ist schon bemerkenswert: Normalerweise kann man
    an der Länge des Beifalls die Qualität einer Rede ablesen.
    Ist der Beifall lang, war die Rede gut. Bei Ihnen ist es aber
    genau umgekehrt. Seit Monaten ist zu beobachten: Je
    schlechter Ihre Reden sind, desto länger applaudieren Ihre
    Genossen,


    (Beifall bei der FDP – Widerspruch bei der SPD)



    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    886


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Dezember 2002 887

    so, als wollten sie Ihnen ein bisschen Mut machen. Denn
    nachdem der Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutsch-
    land etwas mehr als eine Stunde gesprochen hat, ist fest-
    zuhalten, dass Sie, Herr Bundeskanzler, zwei Drittel Ihrer
    Redezeit darauf verwandt haben, sich mit der Opposition
    auseinander zu setzen und sie zu beschimpfen. In der ver-
    bleibenden Zeit haben Sie nichts anderes gebracht als ein
    paar Allgemeinplätze. In Wahrheit ist diese Rede, die
    doch von Ihren Emissären als historische Rede angekün-
    digt worden ist, sogar noch hinter Ihrer Regierungserklä-
    rung zurückgeblieben, die Sie hier vor wenigen Wochen
    abgegeben haben.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Sie haben eine Sammelsuriumrede gehalten. Ihre Rede
    zeigt, dass Sie ausgebrannt sind und dass es Ihnen an Saft
    und Kraft fehlt.


    (Lachen bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der SPD: Zuhören!)


    Sie haben am Anfang mit einer Heftigkeit auf die Op-
    position eingeprügelt, die mich prompt an ein Zitat von
    Johann Wolfgang von Goethe erinnert hat:

    Durch Heftigkeit ersetzt der Irrende, was ihm an
    Wahrheit und an Kräften fehlt.

    Das, was Sie heute gebracht haben, war sehr heftig, Herr
    Bundeskanzler.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Was die Wahrheit angeht, möchte ich Sie darauf auf-

    merksam machen, dass uns während Ihrer Rede eine Mel-
    dung der Nachrichtenagentur dpa von 9.51 Uhr erreichte:

    Die Zahl der Arbeitslosen ist im November wieder
    über die Vier-Millionen-Marke gestiegen. Nach
    Angaben der Bundesanstalt für Arbeit waren
    4 025 800Menschen ohne Arbeit, 96 100mehr als im
    Oktober und 236 900 mehr als vor einem Jahr.

    Von einem Bundeskanzler der Bundesrepublik
    Deutschland erwarte ich, dass er hier eine Konzeption
    vorträgt und uns mitteilt, wie das Ziel der Bekämpfung
    der Arbeitslosigkeit durch Strukturreformen vorange-
    bracht werden kann. Dazu sagen Sie aber nichts, Herr
    Bundeskanzler.


    (Zuruf von der SPD: Aber Sie, ja?)

    Sie reden sich mit der Weltwirtschaft heraus.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Diese Regierung hat keinen Faden; sie hat noch nicht

    einmal einen roten Faden. Das Problem ist, dass Sie keine
    Struktur und keine Konzeption haben. Sie erzählen uns et-
    was über Ihre Sicht zu Drogerien und Apotheken. Das ist
    zwar außerordentlich wichtig, aber das kann doch nicht
    allen Ernstes Ihre Antwort darauf sein, wie die demokra-
    tiegefährdende Massenarbeitslosigkeit wieder reduziert
    werden kann. Sie reden an den Menschen vorbei. Ihr Pro-
    blem ist, Herr Bundeskanzler, dass Sie jetzt von Ihren Zi-
    taten eingeholt werden. Sie haben zur Erheiterung des
    Hauses fünf Jahre alte Zitate von Herrn Glos vorgetragen.

    Bei Ihnen reicht es, fünf Wochen alte Zitate vorzutragen,
    um Sie in der Wirtschaftspolitik als Umfaller zu entlarven.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Was haben Sie nicht alles versprochen! Sie wollten – mit

    dieser Aussage sind Sie in den Wahlkampf gegangen – die
    Steuern und die Schulden nicht erhöhen und die Abga-
    benbelastung auf einem stabilen Niveau halten. Nichts da-
    von ist erfüllt worden. Es ist ja bemerkenswert, mit wel-
    cher Wortakrobatik Sie uns mittlerweile die Erhöhung der
    Abgaben schmackhaft machen wollen, ausgerechnet Sie,
    der noch im Sommer dieses Jahres gesagt hat, dass eine
    solche Politik in der jetzigen konjunkturellen Situation
    ökonomisch unsinnig sei und deshalb nicht in Betracht
    gezogen werde. Nein, Sie können sich mit dem Hinweis
    auf die Lage der Weltwirtschaft nicht beliebig herausre-
    den. Das Problem in Deutschland ist nicht irgendeine kon-
    junkturelle Krise. Sie hoffen und vertrauen darauf – das ist
    in Wahrheit das Problem der Regierung –, dass die Welt-
    konjunktur anspringt, indem die Vereinigten Staaten von
    Amerika strukturelle Maßnahmen beschließen und durch-
    führen, die Sie in Deutschland ausdrücklich verweigern.
    Das ist Ihr großes Problem, Herr Bundeskanzler.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Sie hoffen darauf, dass die Weltwirtschaft durch Wachs-
    tum in den USA in die Gänge kommt. Aber Sie sind nicht
    bereit, Ihren Beitrag zu leisten und auf die strukturellen
    Prozesse in Deutschland entsprechend zu reagieren.

    Wir haben in Deutschland nicht irgendeine Konjunk-
    turkrise, sondern eine Krise der Strukturen. Wenn diese
    Wahrheit nicht von Ihnen und von der Regierung ange-
    nommen wird, dann wird es in diesem Winter 4,5 Millio-
    nen Arbeitslose geben. Arbeitslosigkeit ist ein schlimmes
    Schicksal für die Betroffenen und deren Familien. Dazu
    sagen Sie aber nichts. Sie sprechen stattdessen stunden-
    lang über Herrn Glos und seine Zwischenrufe. Sie gehen
    auf das Problem der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit
    nicht ein.


    (Walter Schöler [SPD]: Sie machen doch nichts anderes!)


    Sie sind angeschlagen und ausgebrannt. So war auch Ihre
    Rede. Sie haben keine Ziele formuliert. Das ist das Pro-
    blem Deutschlands.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Wenn an der schlechten Situation in Deutschland allein

    die Weltwirtschaft bzw. die Weltkonjunktur schuld wäre,
    dann wäre es schlechterdings nicht erklärbar, warum
    Deutschland unter Ihrer Regierung – das war früher nicht
    der Fall – bei nahezu allen ökonomischen Daten zum
    Schlusslicht in Europa geworden ist. Das wird auch in
    diesem Jahr wieder so sein: Nach den Prognosen wird das
    Wirtschaftswachstum in Deutschland bei 0,4 Prozent, in
    Frankreich bei 1,1 Prozent, in Großbritannien bei 1,4 Pro-
    zent, in Griechenland bei 2,5 Prozent und in Irland bei
    3,5 Prozent liegen. Das heißt, Deutschland ist das Schluss-
    licht beim Wachstum in Europa. Wenn an der schlechten
    Situation in Deutschland nur die Weltwirtschaft bzw. die
    Weltkonjunktur oder die „böse“ Globalisierung schuld
    wäre, dann müssten doch die anderen europäischen Län-
    der zumindest in vergleichbaren Schwierigkeiten stecken.

    Dr. Guido Westerwelle

    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Dezember 2002
    Dr. Guido Westerwelle
    Aber in Wahrheit machen diese, ausdrücklich auch die so-
    zialdemokratisch regierten, eine andere Politik. Ich möch-
    te aus der Rede zitieren, die der britische Schatzkanzler
    am 5. November 2002 – das ist also nur wenige Wochen
    her – gehalten hat:

    Heute erläutere ich die radikalen Maßnahmen für
    mehr Wettbewerb, für weniger Bürokratie und für die
    Senkung der Unternehmensteuern zur Förderung
    von Entrepreneurship, um die Unternehmenskultur
    in der britischen Wirtschaft zu erweitern und zu ver-
    tiefen.

    Sozialdemokratische Führer in Europa gehen also den
    Weg der ordnungspolitischen und marktwirtschaftlichen
    Erneuerung. Sie gehen dagegen den Weg der bürokrati-
    schen Staatswirtschaft. Das ist das Grundproblem unserer
    Republik.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Mit was kommen Sie jetzt an? Sie kommen mit einer

    Steuererhöhung nach der anderen an.

    (Johannes Kahrs [SPD]: Kümmern Sie sich doch erst einmal um die FDP!)

    Es ist ja bemerkenswert, für welche Sprachverwirrung Sie
    in der laufenden Debatte sorgen. Das, was Sie vorgelegt
    haben, nennt sich Sparpaket. Seit wann handelt es sich
    um ein Sparpaket, wenn die Steuern, die Abgaben und die
    Schulden erhöht werden? Die Einzigen, die nach Ihren
    Vorstellungen sparen müssen, sind die Bürger.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Herr Kollege Müntefering, Sie haben wörtlich gesagt – das
    ist eigentlich eine freudsche Fehlleistung, die Ihre wahre
    Geisteshaltung ausdrückt –:

    Weniger für den privaten Konsum – und dem Staat
    Geld geben, damit Bund, Länder und Gemeinden
    ihre Aufgaben erfüllen können.

    Das ist der fundamentale Unterschied zwischen Ihrer und
    unserer Politik: Sie wollen Volkseigentum, wir wollen ein
    Volk von Eigentümern.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Sie führen den Klassenkampf fort. Sie können nicht

    einmal mehr kaschieren, wie sehr Sie sich den Reformen
    entziehen, wie strukturunfähig die Koalition aus Sozial-
    demokraten und Grünen ist. Das kann man den jüngsten
    Äußerungen von Herrn Stiegler, die uns gestern wieder
    beglückt haben, entnehmen. Ich bin mir gar nicht sicher,
    ob ich so etwas zitieren darf.


    (Heiterkeit bei der FDP – Zuruf von der FDP: Klar!)


    Darf ich das zitieren, Herr Präsident?



Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

Das ist schon zitiert worden.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Guido Westerwelle


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)


    Dann darf ich es zitieren. Ich bin beruhigt.

    Da setzt die Bundesregierung eine Kommission zur
    Reform der Rentensysteme ein


    (Johannes Kahrs [SPD]: Kümmern Sie sich einmal um Ihre eigenen Sachen!)


    und Herr Stiegler sagt dazu:
    Ich erwarte, dass die Professoren wie Herr Rürup uns
    nicht länger mit ihrer Ejaculatio praecox beglücken.

    (Krista Sager [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das müssten Sie aber kennen, Herr Westerwelle! Das ist das, was Ihnen im Wahlkampf passiert ist!)


    – Ich möchte das jetzt nicht übersetzen, Frau Kollegin.
    Das wäre mir zu peinlich, Ihnen offensichtlich nicht.


    (Heiterkeit bei der FDP)

    Weiter heißt es:
    Ich habe die Schnauze voll davon, dass wir vor un-
    seren Mitgliedern und Wählern täglich den Kopf hin-
    halten müssen für dieses Professoren-Geschwätz.

    Damit entlarven Sie, warum Sie die Rürup-Kommission
    eingesetzt haben. Diese Kommission soll in einer Zeit das
    Richtige denken, damit Sie in derselben Zeit die Mög-
    lichkeit haben, weiter das Falsche zu machen.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Sie müssten diesem Land eine ordnungspolitische Ant-

    wort geben, eine Antwort, die in der Erneuerung der so-
    zialen Marktwirtschaft liegt. Es ist nämlich Unfug zu
    glauben – das ist Ihr typisches Denken –, man müsse die
    Steuern erhöhen, damit mehr Geld in die Staatskassen
    kommt. Senken Sie die Steuern! Dann kommt mehr Geld
    in die Staatskassen. Ein Problem des Wirtschaftsstandorts
    Deutschland ist die zu hohe Steuer- und Abgabenlast.


    (Zuruf von der SPD: Nennen Sie mal Zahlen!)

    Steuersenkung ist das beste Beschäftigungsprogramm
    und nur über mehr Beschäftigung bekommen wir wieder
    gesunde Staatsfinanzen. So einfach ist das. Das machen
    uns die anderen Länder vor.


    (Beifall bei der FDP)

    Vereinfachen Sie das Steuersystem! Anstatt einen Vor-
    schlag für ein niedrigeres, einfacheres und gerechteres
    Steuersystem vorzulegen, fügen Sie lauter neue Steuern
    hinzu. Jahrelang hat die deutsche Politik überparteilich
    den Bürgerinnen und Bürgern gesagt: Wir brauchen mehr
    private Zusatzvorsorge für das Alter.


    (Walter Schöler [SPD]: Was habt ihr denn jahrelang gemacht?)


    Baut mehr für eure Zukunft vor! – Was passiert jetzt? Sie
    führen eine Steuer für diejenigen ein, die im Laufe ihres
    Lebens fleißig gewesen sind, die vorgesorgt, Wohneigen-
    tum geschaffen oder in Fonds angespart haben.


    (Johannes Kahrs [SPD]: Kümmern Sie sich erst einmal um die FDP!)


    Die Menschen haben das Geld, das sie für das Alter anle-
    gen können, schon x-mal versteuert. Deshalb ist es unge-


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    888


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 13. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 4. Dezember 2002 889

    recht, eine weitere Steuer in Höhe der hier diskutierten
    15 Prozent draufzusetzen, die Sie uns als Wohltat weis-
    machen wollen.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Lassen Sie mich auch noch auf die anderen Steuern zu

    sprechen kommen, zum Beispiel die Vermögensteuer.Das
    wird insbesondere für den Wahlkampf in Niedersachsen das
    entscheidende Thema werden. Was die Menschen vergessen
    und Sie ihnen vormachen, ist Folgendes: Als die Vermö-
    gensteuer seinerzeit vom Bundesverfassungsgericht für un-
    zulässig erklärt worden ist, gab es in vollem Umfang eine
    Kompensation für die Länder. Jetzt will man die Kompen-
    sation vergessen und die Vermögensteuer wieder einführen.


    (Peter Dreßen [SPD]: Das ist unwahr!)

    Ihnen fällt nichts anderes ein als eine neue Steuer, eine

    neue Subvention, ein neuer Paragraph. Das ist der falsche
    Weg. Die Vermögensteuer ist in Wahrheit keine Steuer ge-
    gen die Reichen. In zwei Dritteln der Fälle war es eine be-
    triebliche Vermögensteuer. Wie wollen Sie einem Hand-
    werker, der über seinem kleinen Geschäft wohnt, erklären,
    das eine sei betriebliches und das andere privates Vermö-
    gen? Das ist an der Realität vorbeigedacht, Herr Eichel.
    So kann nur jemand reden, der noch nie eine Mark eigen-
    ständig erwirtschaften musste.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Zuruf von der SPD: Wer schreit, hat Unrecht!)


    Die Zusammensetzung Ihrer Fraktion – 75 Prozent
    Gewerkschaftsfunktionäre – spiegelt sich in Ihrer Politik
    wider. Sie ist ohne marktwirtschaftliche Vernunft, ohne
    wirtschaftlichen Sachverstand.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Walter Schöler [SPD]: Dummes Zeug! Sie sind ein Schwätzer!)


    Wir brauchen aber eine Politik, die sich bezüglich der so-
    zialen Sicherungssysteme auf die Herausforderungen un-
    serer Zeit einlässt.

    Wir haben gesehen, wie mit Kommissionsergebnissen
    umgegangen wird. Einen ganzen Wahlkampf lang durfte
    Herr Hartz für Sie reden. Einen ganzen Wahlkampf lang
    haben Sie das Hartz-Konzept als die Wunderwaffe zur
    Bekämpfung der Arbeitslosigkeit angeführt. Mittlerweile
    aber – das ist noch nicht einmal eine Woche her – verab-
    schiedet sich Herr Hartz von dem, was Sie hier unter sei-
    nem Namen als Politik reklamieren. Von Hartz und den
    kostbaren Ansätzen im Sommer ist außer dem Namen
    nichts übrig geblieben.


    (Franz Müntefering [SPD]: Sie haben doch keine Ahnung! – Gegenruf des Abg. Volker Kauder [CDU/CSU]: Aber Sie!)


    – Wenn auf irgendjemanden das Wort „Strukturkonserva-
    tiver“ zutrifft, dann mit Sicherheit auf Sie, Herr Kollege
    Mölle ––


    (Heiterkeit bei der SPD)

    – Herr Kollege „Münte-Möllemann“.


    (Beifall bei der FDP – Franz Müntefering [SPD]: Sprechen Sie lieber über Möllemann! Da haben Sie was zu tun! – Walter Schöler [SPD]: Wo ist Möllemann?)


    –Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte Ih-
    nen dazu etwas sagen: Sie haben völlig Recht, wenn Sie
    dazu Zwischenrufe machen. Aber wenn ausgerechnet Sie
    dazwischenrufen, ist das wirklich ein starkes Stück. Wis-
    sen Sie, worin der Unterschied zwischen uns besteht? Bei
    Ihnen werden diejenigen, die eine Affäre haben, wie Herr
    Schlauch bei den Meilen oder wie manche bei der SPD im
    Rheinland, auch noch in die Regierung befördert. Wir zie-
    hen die Konsequenzen.


    (Walter Schöler [SPD]: Dann hätten Sie längst zurücktreten müssen!)


    Das ist der Unterschied zu Ihnen und Ihrer Scheinheilig-
    keit in diesem Hause.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)