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ID1501200200

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . 733 A Tagesordnungspunkt 1: a) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bun- deshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2003 (Haushaltsgesetz 2003) (Drucksache 15/150) . . . . . . . . . . . . . . 733 D b) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 2002 (Nach- tragshaushaltsgesetz 2002) (Drucksache 15/149) . . . . . . . . . . . . . . 733 D c) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht über den Stand und die voraussichtliche Ent- wicklung der Finanzwirtschaft des Bundes (Drucksache 15/151) . . . . . . . . . . . . . . 734 A in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 2: Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zum Abbau von Steuervergünstigungen und Ausnahmeregelungen (Steuervergüns- tigungsabbaugesetz – StVergAbG) (Drucksache 15/119) . . . . . . . . . . . . . . . . . 734 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 1: Antrag der Abgeordneten Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Andreas Pinkwart, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Weniger Staat – weniger Steuern (Drucksache 15/122) . . . . . . . . . . . . . . . . 734 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Abgeordneten Dr. Hermann Otto Solms, Jürgen Koppelin, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der FDP: Keine Erhöhung der Mehrwertsteuer (Drucksache 15/123) . . . . . . . . . . . . . . . . 734 B Hans Eichel, Bundesminister BMF . . . . . . . . 734 C Friedrich Merz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 745 C Joachim Poß SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 750 D Dr. Günter Rexrodt FDP . . . . . . . . . . . . . . . . 754 A Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 755 D Dietrich Austermann CDU/CSU . . . . . . . . . . 758 D Walter Schöler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 762 D Dr. Hermann Otto Solms FDP . . . . . . . . . . . . 766 A Anja Hajduk BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 768 A Dr. Gesine Lötzsch fraktionslos . . . . . . . . . . 770 B Bartholomäus Kalb CDU/CSU . . . . . . . . . . . 771 C Jörg-Otto Spiller SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 773 C Dr. Hermann Otto Solms FDP . . . . . . . . . 776 A Dr. Michael Meister CDU/CSU . . . . . . . . . . 776 D Lothar Binding (Heidelberg) SPD . . . . . . . . . 779 C Plenarprotokoll 15/12 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 12. Sitzung Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 7: a) Beratung des Antrags der Bundesregie- rung: Beteiligung bewaffneter deut- scher Streitkräfte an dem NATO- geführten Einsatz auf mazedoni- schem Territorium zur weiteren Sta- bilisierung des Friedensprozesses und zum Schutz von Beobachtern internationaler Organisationen im Rahmen der weiteren Implementie- rung des politischen Rahmenabkom- mens vom 13. August 2001 auf der Grundlage des Ersuchens des maze- donischen Präsidenten Trajkovski vom 21. November 2002 und der Re- solution 1371 (2001) des Sicherheits- rates der Vereinten Nationen vom 26. September 2001 (Drucksache 15/127) . . . . . . . . . . . . . . 782 A b) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 18. Februar 2002 zwischen derRegie- rung der Bundesrepublik Deutsch- land und derRegierung derRepublik Polen über die Zusammenarbeit der Polizeibehörden und derGrenzschutz- behörden in den Grenzgebieten (Drucksache 15/11) . . . . . . . . . . . . . . . 782 B c) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 26. Juli 2001 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik über den Bau einer Grenz- brücke an der gemeinsamen Staats- grenze in Anbindung an die Bundes- straße B 20 und die Staatsstraße I/26 (Drucksache 15/12) . . . . . . . . . . . . . . . 782 C d) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des inter- nationalen Insolvenzrechts (Drucksache 15/16) . . . . . . . . . . . . . . . 782 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Weitere Überweisung im vereinfachten Verfahren (Ergänzung zu TOP 7): Beratung des Antrags der Bundesregie- rung: Fortsetzung der Beteiligung be- waffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz einer Internationalen Sicher- heitsunterstützungstruppe in Afghanis- tan auf Grundlage der Resolutionen 1386 (2001) vom 20. Dezember 2001, 1413 (2002) vom 23. Mai 2002 und 1444 (2002) vom 27. November 2002 des Si- cherheitsrates der Vereinten Nationen (Drucksache 15/128) . . . . . . . . . . . . . . . . 782 C Tagesordnungspunkt 8: a) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelüber- sicht 1 zu Petitionen (Drucksache 15/57) . . . . . . . . . . . . . . . 782 D b) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelüber- sicht 2 zu Petitionen (Drucksache 15/58) . . . . . . . . . . . . . . . 783 A c) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelüber- sicht 3 zu Petitionen (Drucksache 15/59) . . . . . . . . . . . . . . . 783 A d) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelüber- sicht 4 zu Petitionen (Drucksache 15/61) . . . . . . . . . . . . . . . 783 A e) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelüber- sicht 5 zu Petitionen (Drucksache 15/62) . . . . . . . . . . . . . . . 783 B Jürgen Trittin, Bundesminister BMU . . . . . . . 783 B Dr. Peter Paziorek CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 784 D Elke Ferner SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 787 A Birgit Homburger FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . 789 B Horst Kubatschka SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 790 C Arnold Vaatz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 792 A René Röspel SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 793 A Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 794 B Dr. Christian Eberl FDP . . . . . . . . . . . . . . . . 795 C Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker SPD . . . . . . 796 D Albrecht Feibel CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 798 C Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 800 C Dr. Peter Paziorek CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 801 D Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 802 B Edelgard Bulmahn, Bundesministerin BMBF 802 B Dr. Maria Böhmer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 805 D Ekin Deligöz BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 806 C Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 807 C Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002II Hans-Josef Fell BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 809 C Christoph Hartmann (Homburg) FDP . . . . . 811 A Ulla Burchardt SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 812 B Katherina Reiche CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 815 B Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 817 B Eckart von Klaeden CDU/CSU . . . . . . . . 818 C Grietje Bettin BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 819 B Cornelia Pieper FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 820 D Ulrich Kasparick SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 822 B Marion Seib CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 823 B Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 825 B Cornelia Pieper FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 825 D Renate Schmidt, Bundesministerin BMFSFJ 826 A Ina Lenke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 829 B Maria Eichhorn CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 829 D Ekin Deligöz BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 832 B Ina Lenke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 833 A Otto Fricke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 833 D Christel Humme SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 835 A Antje Tillmann CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 837 A Irmingard Schewe-Gerigk BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 840 A Klaus Haupt FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 841 B Marlene Rupprecht (Tuchenbach) SPD . . . . 842 C Thomas Dörflinger CDU/CSU . . . . . . . . . . . 844 C Zusatztagesordnungspunkt 4: Erste Beratung des vom Bundesrat einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zurAuf- hebung des Gesetzes zur Modulation von Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Än- derung des GAK-Gesetzes (Drucksache 15/108) . . . . . . . . . . . . . . . . 846 D Renate Künast, Bundesministerin BMVEL . . 847 A Gerda Hasselfeldt CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 848 D Matthias Weisheit SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 850 B Peter H. Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 851 C Hans-Michael Goldmann FDP . . . . . . . . . . . 852 B Gabriele Hiller-Ohm SPD . . . . . . . . . . . . . . . 853 D Ursula Heinen CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 855 A Matthias Berninger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 855 D Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 857 A Gudrun Kopp FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 859 D Waltraud Wolff (Wolmirstedt) SPD . . . . . . . 860 A Helmut Heiderich CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 861 C Cornelia Behm BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 863 B Albert Deß CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 864 B Peter H. Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 865 B Michael Müller (Düsseldorf) SPD . . . . . . . . 866 B Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 868 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 869 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 III (A) (B) (C) (D) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 733 12. Sitzung Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 Beginn: 10.00 Uhr
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    (A) (C) 868 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 869 (C)(A) Adam, Ulrich CDU/CSU 03.12.2002* Borchert, Jochen CDU/CSU 03.12.2002 Bury, Hans Martin SPD 03.12.2002 Büttner (Schönebeck), CDU/CSU 03.12.2002 Hartmut Dr. Däubler-Gmelin, SPD 03.12.2002 Herta Eymer (Lübeck), Anke CDU/CSU 03.12.2002 Gradistanac, Renate SPD 03.12.2002 Gröhe, Hermann CDU/CSU 03.12.2002 Großmann, Achim SPD 03.12.2002 Hörster, Joachim CDU/CSU 03.12.2002* Hofbauer, Klaus CDU/CSU 03.12.2002 Kubicki, Wolfgang FDP 03.12.2002 Lintner, Eduard CDU/CSU 03.12.2002* Dr. Lucyga, Christine SPD 03.12.2002* Möllemann, Jürgen W. FDP 03.12.2002 Dr. Pinkwart, Andreas FDP 03.12.2002 Rauber, Helmut CDU/CSU 03.12.2002** Schild, Horst SPD 03.12.2002 Dr. Stadler, Max FDP 03.12.2002 Wellenreuther, Ingo CDU/CSU 03.12.2002 * für die Teilnahme an den Sitzungen der Westeuropäischen Union ** für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung des OSZE entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage zum Stenografischen Bericht Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Hans Eichel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Her-

    ren! Deutschland steht am Anfang des 21. Jahrhunderts vor
    großen Herausforderungen: die deutsche Einheit zu ge-
    stalten – wir sind auf halbem Wege; wir brauchen noch eine
    halbe Generation; die Einheit zu vollenden haben wir uns
    mit dem Solidarpakt II vorgenommen –, die europäische
    Einheit mit zu gestalten, offensiv in den Binnenmarkt hin-
    einzugehen – das wird eine Menge von Verhaltensänderun-
    gen auch in unserem Lande erfordern –, die Situation
    Deutschlands und vor allem die Situation der deutschen
    Wirtschaft in einer globalisierten Welt zu stärken – dies al-
    les vor dem Hintergrund einer alternden Gesellschaft.

    In der Mitte dieses Jahrhunderts wird sich die Zahl der
    Älteren, die dann Rentenempfänger sein werden, im Ver-
    hältnis zu der Zahl derer, die dann Beitragszahler sein
    werden, verdoppelt haben. Dies wirft schwerwiegende
    Fragen nach der Generationengerechtigkeit in unserer Ge-
    sellschaft auf, die nicht einfach zu beantworten sind.

    Deutschland braucht deshalb am Beginn des 21. Jahr-
    hunderts tief greifende Reformen.Die Regierung Schröder
    hat damit begonnen. Wir waren dabei erfolgreich.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei der CDU/CSU)


    – Meine Damen und Herren, man muss immer wieder da-
    ran erinnern: Wenn Sie mit der Haushaltskonsolidierung
    begonnen hätten, hätten wir heute eine Reihe von Proble-
    men weniger.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Die Haushaltskonsolidierung können Sie an Zahlen
    ablesen. 1999, als ich das Amt antrat, waren 21,4 Prozent
    unserer Steuern für Zinsen zu zahlen. Wir sind im nächs-
    ten Jahr bei 19 Prozent. Diese Differenz von 2,4 Prozent-
    punkten ist der Konsolidierungsgewinn der letzten vier
    Jahre. Er wurde mühselig erarbeitet, und zwar von uns
    und nicht von Ihnen. Sie haben das nicht zuwege ge-
    bracht.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Wir haben, entgegen der Mär, die Sie noch immer ver-
    breiten, obwohl der Wahlkampf längst vorbei ist, auf der
    Ausgabenseite konsolidiert. Der Bundeshaushalt 1998
    hatte am Bruttoinlandsprodukt einen Anteil von 12,1 Pro-
    zent. Der Bundeshaushalt des Jahres 2003 hat einen An-
    teil von 11,3 Prozent. Das sind 0,8 Prozentpunkte bzw.
    16 Milliarden Euro weniger. Das ist die Konsolidierung
    auf der Ausgabenseite, die Sie nicht zuwege gebracht ha-
    ben.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Der Staat spart bei sich selber. Im Bereich des öffentli-
    chen Dienstes haben schon Sie damit begonnen – das will
    ich an dieser Stelle gerne sagen – und wir haben das konse-
    quent weitergeführt: 1998 hatten wir 314000 Beschäftigte
    beim Bund, im Jahre 2002 noch 288000. Die Zahl der Be-
    schäftigten im öffentlichen Dienst des Bundes liegt im wie-
    dervereinigten Deutschland also unter der Zahl, die die alte


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    734


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 735

    Bundesrepublik vor der Wiedervereinigung an Beschäftig-
    ten aufzuweisen hatte. Das ist unser Konsolidierungserfolg.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Wir haben die entscheidende Rentenstrukturreform
    gemacht: Neben die umlagefinanzierte Rente tritt die kapi-
    talgedeckte Eigenvorsorge, die steuerlich gefördert wird.


    (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Und so ist die Rente sicher?)


    Das war eine grundlegende Weichenstellung. Kein ande-
    res großes Land auf dem Kontinent hat bisher eine solche
    Rentenstrukturreform geschafft.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Bei allen Problemen, die wir in diesem Winter bekom-
    men werden – ich komme noch darauf zu sprechen –, will
    ich daran erinnern: Wir haben Arbeitslosigkeit abgebaut
    und Beschäftigung aufgebaut.


    (Lachen bei der CDU/CSU und der FDP – Volker Kauder [CDU/CSU]: Das ist eine Lachnummer!)


    – Sie wollen das alles vergessen. Lassen wir einmal die
    Zahlen sprechen: Von 1994 auf 1998 ist die Zahl der Er-
    werbstätigen in Deutschland, und zwar immer zum ersten
    Halbjahr, um 106 000 gestiegen und von 1998 auf 2002
    um 1,3Millionen. Das ist der Zugewinn an Beschäftigung
    in unserer Regierungszeit.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Mit Ihren Statistiktricks!)


    Wir haben die Erwerbstätigenquote in Deutschland spür-
    bar erhöht: Im Jahr 1994 lag sie bei 64,7 Prozent, im Jahr
    1998 – damals haben wir die Regierung übernommen –
    bei 63,9 Prozent und im vergangenen Jahr – das sind die
    neuesten Zahlen – bei 65,7 Prozent. Das ist die Bilanz un-
    serer Beschäftigungspolitik. Dass wir im Winter Proble-
    me bekommen, weiß ich auch, aber man muss auch erken-
    nen, dass wir weiter vorangekommen sind als Sie.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Wir sind durch die Wachstumsschwäche in 2001 und in
    2002 zurückgeworfen worden. Aber wir als die größte
    Volkswirtschaft in der Europäischen Union mit der stärks-
    ten Exportverflechtung aller großen Volkswirtschaften in
    der Europäischen Union sind durch die bisherige Wachs-
    tumsschwäche der Weltwirtschaft besser hindurchge-
    kommen als die beiden anderen großen Industrienationen
    dieser Erde. Japan hatte 2001 minus 0,1 Prozent zu ver-
    zeichnen, die USA– sie werden von Ihnen immer als Vor-
    bild propagiert – plus 0,3 Prozent und Deutschland – die
    Zahlen waren auch nicht gerade toll – plus 0,6 Prozent.
    Das ist doppelt so viel wie die Vereinigten Staaten. Das ist
    unsere Lage in der Weltwirtschaft.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Michael Glos [CDU/CSU]: Eichel doppelt so gut wie die USA!)


    Wir haben das im Bundeshaushalt im Jahr 2001 trotz
    2 Prozent weniger Wachstum, als alle Institute vorausge-
    sagt haben, mit einer Punktlandung verkraftet.


    (Michael Glos [CDU/CSU]: Bruchlandung!)

    Die Probleme im vergangenen Jahr, die mir die Diskus-
    sion um den blauen Brief im Frühjahr eingetragen haben,
    waren nicht vom Bund gemacht; die Länderhaushalte sind
    im vergangenen Jahr aus dem Ruder gelaufen. Das ist die
    Wahrheit.


    (Beifall der Abg. Krista Sager [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])


    Im Jahr 2002 allerdings, im zweiten Jahr der Wachstums-
    schwäche, konnten wir nichts mehr daran ändern, dass es
    auch den Bundeshaushalt getroffen hat, und zwar, anders
    als die Länderhaushalte, die nur auf der Einnahmeseite
    getroffen sind, auf der Einnahmeseite wie auch, weil wir
    für den Arbeitsmarkt und die sozialen Sicherungssysteme
    verantwortlich sind, auf der Ausgabenseite.

    Man muss deutlich sagen: Die Veränderungsrate beim
    Defizit in Deutschland lag von 2001 auf 2002 bei 1 Prozent.
    Ich vergleiche das mit dem, was 2001 in Europa war und
    was 2002 nach den Prognosen der Europäischen Kom-
    mission sein wird. Das Defizit ist um 1 Prozentpunkt von
    2,8 auf 3,8 Prozent gestiegen. Dabei kommt heraus, dass
    acht Länder in der Europäischen Union eine weitaus stär-
    kere Zielverfehlung als Deutschland haben. Diese Länder
    aber hatten günstigere Ausgangsbedingungen. Bei uns war
    dies nicht der Fall. Das ist unser Problem. Das heißt, wir sind
    bei der Konsolidierung in einer Phase erwischt worden, als
    wir noch keinen ausgeglichenen Haushalt hatten. Das ist
    größtenteils der „Erfolg“ Ihrer Politik in den 90er-Jahren.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Bei acht Ländern ist die Abweichung in der Wachstums-
    abschwächung auf den Staatshaushalt zum Teil drama-
    tisch stärker durchgeschlagen als bei uns: Luxemburg,
    Schweden, Irland, Österreich, Großbritannien, Frank-
    reich, Finnland und Dänemark. All diese Länder haben
    eine stärkere Abweichung als wir. Ihr dauerndes Gerede,
    wir seien das Schlusslicht in Europa, ist schlicht Unfug.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    In diesem Winter wird die Arbeitslosigkeit, wie ich
    fürchte, wieder deutlich über 4 Millionen steigen. Herr
    Hundt sprach heute Morgen von 4,3 Millionen Arbeitslo-
    sen. Aber auch dann gilt: Es sind 500 000Arbeitslose we-
    niger als im Winter 1997/98, als Sie die Verantwortung
    trugen. Das wollen wir nicht vergessen. Wir lassen es
    auch nicht zu, dass es vergessen wird.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Das heißt nicht, dass man nicht alles dagegen tun muss.
    Aber das heißt auch, alles dagegen zu tun, was Sie an
    Falschmünzerei in die öffentliche Debatte in Deutschland
    bringen. Mit uns nicht!


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Sie haben allen Grund, von Falschmünzerei zu reden!)


    Bundesminister Hans Eichel

    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002
    Bundesminister Hans Eichel

    Auch wenn die Ausgangslage schwieriger geworden
    ist, bleibt es dabei: 2006 wird es einen ausgeglichenen ge-
    samtstaatlichen Bundeshaushalt geben.


    (Volker Kauder [CDU/CSU]: Sagen Sie die Wahrheit!)


    2003 werden wir alle Anstrengungen unternehmen – un-
    ser Konzept beweist dies –, um wieder unter die Defizit-
    grenze von 3 Prozent zu kommen.


    (Beifall des Abg. Lothar Mark [SPD])

    Sie und Ihre Landesregierungen werden daran gemessen
    werden, ob Sie dazu Ihren Beitrag leisten. Dem werden
    Sie nicht mehr lange ausweichen können.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Sie sind doch schon bald im Ruhestand!)


    Diesen Kurs einzuhalten – so schwierig das auch ist –
    ist die entscheidende Voraussetzung dafür, dass wir
    unserer Verpflichtung im Rahmen des europäischen
    Stabilitäts- und Wachstumspaktes und für unsere ge-
    meinsame Währung nachkommen. Damit geben wir der
    Europäischen Zentralbank die Möglichkeit, mit der
    Geldpolitik zum Wachstum beizutragen. Voraussetzung
    dafür ist die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte.
    Dies ist auch gegenüber unseren Kindern und Enkeln
    angesichts einer alternden Gesellschaft unsere Verant-
    wortung.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Der Weg freilich wird anstrengender. Der Nachtrags-
    haushalt 2002 bringt – natürlich hat mir das keine Freude
    gemacht – eine massive Erhöhung der Neuverschuldung
    über das hinaus, was ich geplant hatte: von 21,1 auf
    34,6Milliarden Euro. Im Rahmen von Art. 115 des Grund-
    gesetzes liegt dem eine Störung des gesamtwirtschaft-
    lichen Gleichgewichts zugrunde.


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sie sind eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts!)


    Es gibt keinen anderen vernünftigen Weg. Als sich die
    Situation abzeichnete, wäre andernfalls ein Gegensteuern
    in einem sich abflachenden Wirtschaftswachstum nur
    noch durch das Stilllegen einer Reihe von Investitions-
    vorhaben möglich gewesen. Ich kenne keinen Ökonomen


    (Zurufe von der CDU/CSU: Das stimmt!)

    – Sie können noch nicht einmal bis zum Ende zuhören –,
    insbesondere nicht unter denen, die intensiv am europä-
    ischen Stabilitäts- und Wachstumspakt festhalten, wie
    auch ich das tue, die das für eine vernünftige Alternative
    gehalten hätten.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Hier gilt, dass die automatischen Stabilisatoren wir-

    ken müssen. Das heißt, dass man in einer konjunkturel-
    len Schwächephase die Mindereinnahmen, die sich
    durch geringere Steuereinnahmen ergeben, und die
    Mehrausgaben, die man für den Arbeitsmarkt braucht,
    hinnehmen muss, um in der nächsten Aufschwungphase

    umso konsequenter zu konsolidieren. Genau das machen
    wir.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Bei dieser Gelegenheit möchte ich einige Sätze zu der
    unsäglichen Diskussion sagen, die heute Morgen in dem
    von Herrn Altmaier geäußerten Vorwurf der Bilanzfäl-
    schung gipfelte.


    (Zurufe von der CDU/CSU: Ja!)

    Ich weiß nicht, ob Ihnen noch bewusst ist, wohin Sie sich
    mit einer solchen Verrohung der politischen Sprache in
    diesem Land begeben.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der CDU/ CSU)


    Glauben Sie, dass es besser würde, wenn ich mit dem Be-
    griff „Verleumder“ antworten würde?


    (Zuruf von der CDU/CSU: Das haben Sie doch gemacht!)


    Wer so die Politik in diesem Lande gestaltet, hat zwar
    nicht dieselbe ökonomische Basis wie die Weimarer Re-
    publik geschaffen, aber er hat einen fundamentalen Feh-
    ler von Weimar wiederholt, nämlich sich selber, die poli-
    tische Klasse insgesamt, kaputtzumachen. Das aber tun
    Sie!


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Hans Mommsen hat mit seinem Artikel in der „Süddeut-
    schen Zeitung“ sehr Recht. Mir ist bekannt, dass es in
    Ihren Reihen viele gibt, die das auch nicht in Ordnung fin-
    den. Sie sollten langsam dafür sorgen, dass Sie sich in Ih-
    rer Partei durchsetzen, meine Damen und Herren.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Michael Glos [CDU/CSU]: Wenn der Aufstand der Anständigen kommt, seid ihr weg!)


    Es ist wirklich abenteuerlich. Alle Fakten werden mo-
    natlich vom Bundesfinanzministerium veröffentlicht.


    (Widerspruch bei der CDU/CSU)

    Der verehrte neue stellvertretende CDU/CSU-Vorsit-
    zende, Herr Böhr,


    (Michael Glos [CDU/CSU]: Den haben Sie überhaupt nicht zu verehren! Das ist unsere Baustelle!)


    forderte kürzlich eine gläserne Bundesregierung. Zu
    diesem Zweck müssten vierteljährlich Einnahmen, Aus-
    gaben und andere Daten veröffentlicht werden. Aber,
    meine Damen und Herren, bereits seit August 2001 wird
    auf meine Entscheidung hin monatlich veröffentlicht, wie
    sich die Steuereinnahmen und Ausgaben entwickeln und
    wie die Finanzierungssalden beim Bund und bei den Län-
    dern aussehen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)



    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    736


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 737

    Prognosen allerdings erstellen wir nur dreimal im Jahr

    (Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Aber richtige!)

    – dabei bleibt es auch, und zwar im Wahljahr wie in allen
    anderen Jahren –, und zwar im Mai und November im Zu-
    sammenhang mit den beiden Steuerschätzungen und im
    Januar für den Jahreswirtschaftsbericht und das Stabilitäts-
    programm.

    Was Ihre negative Einschätzung angeht, gebe ich zu,
    dass ich sie nicht in dem Maße teile, weil nämlich,


    (Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Wahlkampf war!)


    als wir im Frühjahr das Wachstum für 2002 auf drei Vier-
    tel Prozent geschätzt haben, alle wirtschaftswissenschaft-
    lichen Forschungsinstitute darüber lagen. Ich möchte
    aus dem Frühjahrsgutachten der Forschungsinstitute zi-
    tieren:

    Das Bruttoinlandsprodukt wird im Jahresverlauf
    2002 um 2 1/4 Prozent steigen, im Jahresdurchschnitt
    wegen der niedrigen Ausgangsbasis jedoch nur um
    0,9 Prozent.

    (Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Das können Sie alles im Untersuchungsausschuss vortragen!)


    Noch im August lagen fast alle Wirtschaftsforschungs-
    institute über unseren Voraussagen: Ifo 0,7 Prozent, das
    Hamburgische Welt-Wirtschafts-Archiv 0,7 Prozent, das
    Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung
    0,6 bis 0,7 Prozent, das Institut für Weltwirtschaft 1,2 Pro-
    zent. Das einzige Institut, das unter unseren Voraussagen
    lag, war das DIWmit 0,6 Prozent. Aber auch das DIW ist
    ausdrücklich von einer Beschleunigung in der zweiten
    Jahreshälfte ausgegangen. Das Institut für Wirtschaftsfor-
    schung Halle ist von 0,9 Prozent ausgegangen, der Inter-
    nationale Währungsfonds ebenfalls von 0,9 Prozent, die
    OECD von 0,7 Prozent, Deutsche Bank 1,2 Prozent,
    Dresdner Bank 1 Prozent und wir sind von drei Viertel
    Prozent ausgegangen. Dass es im Herbst zu einer drama-
    tisch schnellen Abwärtsentwicklung gekommen ist, ist
    wohl wahr. Aber auch das ist klar: Der deutsche Finanz-
    minister kann nur dann feststellen: „Wir reißen die 3 Pro-
    zent“, wenn es zweifelsfrei feststeht und er muss auch die
    internationalen Konsequenzen eines solchen Schritts be-
    denken.


    (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Sie wollten den blauen Brief vermeiden!)


    Das würde sicherlich jeder tun, der dieses Amt innehat.
    Für mich war hinsichtlich des Eingangs der tatsächli-

    chen Steuern von September – denn das war der Abbruch
    in 2001 – klar: Wenn wir 2002 unter den 3 Prozent hätten
    bleiben wollen, hätten die Steuern deutlich über das Vor-
    jahresergebnis hinausgehen müssen, wie im Oktober ge-
    schehen. Im September war das allerdings nicht der Fall
    und damit war kein Aufholen möglich.


    (Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Fragen Sie mal in Ihrer eigenen Fraktion nach dem Unsinn!)


    Das, was Sie mit dem beabsichtigen, was sie jetzt ver-
    anstalten, liegt klar auf der Hand, übrigens auch für die
    Finanzminister aller Bundesländer. Der Untersuchungs-
    ausschuss wird eine spannende Veranstaltung werden.
    Denn Sie haben in der Opposition eine Doppelstrategie
    verfolgt: Herr Merz hat immer gesagt, dass alles mies sei,
    während Frau Merkel und Herr Stoiber für das Verkünden
    der Wohltaten zuständig waren. Wenn das, was Sie in
    Ihrem 100-Tage-Programm versprochen haben, tatsäch-
    lich umgesetzt worden wäre, dann hätten im Vergleich zu
    unseren Entscheidungen 21 Milliarden Euro zusätzlich
    ausgegeben werden müssen. Das ist 1 Prozent vom Brut-
    toinlandsprodukt. Frau Merkel, hat Ihnen denn Herr
    Merz, als Sie drei Wochen vor der Bundestagswahl dieses
    Programm vorgestellt haben, niemals aus seiner Sicht die
    Lage der Staatsfinanzen dargestellt und Sie nicht darauf
    hingewiesen, dass ein solches Programm zur Folge habe,
    dass man die 3-Prozent-Grenze erheblich verfehlen
    werde? Das ist doch eine spannende Frage.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Ich frage auch: Was hat denn der verehrte Kollege
    Faltlhauser seinem Ministerpräsidenten über die Ent-
    wicklung der Finanzlage gesagt oder hat er es ihm gar
    nicht gesagt? Oder hat Herr Stoiber das, was Herr
    Faltlhauser gesagt hat, nicht ernst genommen? Wenn ich
    mir die Entwicklungsgeschichte des Untersuchungsaus-
    schusses anschaue, dann kann ich nur sagen: Ich freue
    mich auf ihn.


    (Lachen bei der CDU/CSU und der FDP – Friedrich Merz [CDU/CSU]: Das spürt man richtig!)


    Frau Merkel, Sie hätten sich nicht ausgerechnet von Herrn
    Koch – ich weiß, wovon ich rede –,


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    der seinen Wahlkampf in Hessen mit Schwarzgeld und ei-
    ner unsäglichen Kampagne gewonnen hat,


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    einen solchen Untersuchungsausschuss einreden lassen
    dürfen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Verehrte Frau Koch

    (Widerspruch bei der CDU/CSU)


    – Entschuldigung, das tut mir Leid –, sehr verehrte Frau
    Merkel, es wird beabsichtigt, mit diesem Untersuchungs-
    ausschuss nicht nur eine bestimmte Hauptwirkung, son-
    dern auch gewisse Nebenwirkungen zu erzielen. Die be-
    absichtigte Hauptwirkung soll natürlich sein, bis zum
    2. Februar 2003 nicht sagen zu müssen, was Sie an unse-
    rer Stelle täten, obwohl Sie das schon jetzt in den Regie-
    rungen der unionsgeführten Bundesländer sagen müssten.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Bundesminister Hans Eichel

    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002
    Bundesminister Hans Eichel
    Es ist klar, dass nichts, was man jetzt tut, populär sein kann.
    Deshalb kann man viele Menschen aufhetzen. Aber erst
    dann, wenn sichtbar wird, was Sie machen wollen, wird es
    richtig spannend. Sie wollen das, was Sie zu tun beabsich-
    tigen, verschleiern und erst nach dem 2. Februar 2003
    kundtun. Das ist die Wirklichkeit. Wir sagen dagegen, was
    wir zu tun beabsichtigen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Der Untersuchungsausschuss soll aber noch zwei Ne-
    benwirkungen haben, die einkalkuliert sind. Sie wollen
    – das ist die erste beabsichtigte Nebenwirkung – von den
    Problemen der FDP ablenken; das verstehe ich. Aber die
    zweite beabsichtigte Nebenwirkung, sehr verehrte Frau
    Merkel, ist ein bisschen problematischer. Um die Fragen,
    die ich Ihnen vorhin zu Ihrem Wahlprogramm gestellt
    habe, zu beantworten, muss man nichts weiter tun, als sich
    die mittelfristige Finanzplanung anzuschauen. Dann er-
    kennt man, dass Ihr gesamtes Wahlprogramm und insbe-
    sondere Ihr 100-Tage-Programm in den Zeitraum 2003
    bis 2006 überhaupt nicht hineinpassen. Hat Ihnen das
    Herr Merz auch nicht gesagt?


    (Beifall bei der SPD)

    Es werden doch auch diesbezüglich entsprechende Fragen
    im Untersuchungsausschuss gestellt werden. Vielleicht
    wird auch Herr Koch gefragt werden, wie er das so ge-
    nannte Familiengeld finanzieren wollte, zu dem er sich
    positiv geäußert hat. Er wird dann vielleicht antworten,
    dass er aus Loyalität zu seiner Parteivorsitzenden den Vor-
    schlag zum Familiengeld unterstützt habe. Das wäre wirk-
    lich die perfideste Art.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Als ich den Haushalt 2002 im Bundestag begründet

    habe – das habe ich auch vor der Bundespressekonferenz
    gesagt –, habe ich gesagt, dass er auf Kante genäht sei.
    Aufgrund des zweiten Jahres mit schwachem Wirt-
    schaftswachstum seien keine Reserven vorhanden. Wenn
    die wirtschaftliche Entwicklung weiter negativ verlaufe,
    dann werde das auf den Haushalt durchschlagen.


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Schwindler!)


    Ich habe von Anfang an gesagt – übrigens manchmal nicht
    zur Freude meiner eigenen Parteikollegen –, dass dann
    nichts mehr zu machen sei.


    (Volker Kauder [CDU/CSU]: Wer sich verteidigt, klagt sich an!)


    Verehrter Herr Merz, wir reden vielleicht auch noch ein-
    mal über die Verantwortung, die Sie als Fraktionsvorsit-
    zender hatten, und darüber, welche Anträge, die Ausga-
    bensteigerungen zur Folge gehabt hätten, noch im Laufe
    des Sommers des vergangenen Jahres eingebracht worden
    sind.


    (Volker Kauder [CDU/CSU]: Reden Sie doch einmal zum Haushalt!)


    Wir haben eine Haushaltssperre verhängt und haben
    gesagt: Für die Finanzierung des Wiederaufbaus in den
    von der Flutkatastrophe betroffenen Gebieten werden

    keine neuen Schulden gemacht. Wir müssen vielmehr die
    beabsichtigten Steuersenkungen verschieben. Das haben
    wir drei Wochen vor der Bundestagswahl gesagt.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Hier lasse ich mir von Ihnen keinen einschenken. Es wird
    zurückgeschossen; da können Sie sicher sein.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Michael Glos [CDU/CSU]: Was sind das für Ausdrücke! Der Mann ist gefährlich! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)


    Angesichts zwei Jahre schwachen Wirtschaftswachs-
    tums müssen wir den Haushalt 2003 auf eine neue Basis
    stellen.


    (Michael Glos [CDU/CSU]: Seit 6 Uhr morgens wird zurückgeschossen! – Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Ein peinlicher Auftritt!)


    – Meine Damen und Herren, jetzt weiß ich, warum wir das
    Programm zur Kinderbetreuung aufgelegt haben. – Für
    den Haushalt 2003 und für die ganze Wahlperiode brau-
    chen wir eine neue Grundlage, die in die Basis zwei Jahre
    schwaches Wirtschaftswachstum in der Welt und bei uns
    einbezieht. Des Weiteren sollten wir von einem niedrige-
    ren Wachstum ausgehen. Deswegen habe ich das Durch-
    schnittswachstum der letzten zehn Jahre zugrunde gelegt,
    nämlich 1,5 Prozent. Dieses Wachstum kann natürlich be-
    stritten werden. Aber wir liegen mit dieser Annahme mit-
    ten im Prognosespektrum zwischen dem Sachverständi-
    genrat mit 1 Prozent, dem Internationalen Währungsfonds
    mit 1,75 Prozent und der OECD, die vor wenigen Tagen
    unsere Prognose bestätigt hat.


    (Hans Michelbach [CDU/CSU]: Falsch!)

    Wir senken gegenüber dem Nachtragshaushalt 2002

    die Nettokreditaufnahme um 15,7 Milliarden Euro auf
    18,9 Milliarden Euro. Das ist eine riesige Kraftanstren-
    gung, vergleichbar der, die wir 1999 bei der Einleitung
    des Konsolidierungskurses unternommen haben. Das be-
    stätigt, dass wir voll auf Kurs bleiben.


    (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Auf Kante!)

    Die Ausgabenreduzierung gegenüber dem Nachtrags-
    haushalt 2002 beträgt 1,8 Prozent bzw. 3,3 Prozent, wenn
    man – das muss man wohl machen – den Hochwasserso-
    lidaritätsfonds herausrechnet. Das sind real fast 5 Prozent
    weniger Ausgaben als in diesem Jahr, meine Damen und
    Herren. Zeigen Sie mir ein Land in Europa, das so konse-
    quent den Konsolidierungskurs geht. Damit übererfüllt
    der Bund seine Verpflichtungen, die er im Rahmen des na-
    tionalen Stabilitätspaktes übernommen hat.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Der Hauptteil – das gehört zugegebenermaßen zu den
    gegenwärtigen Kommunikationsproblemen – wird durch
    Ausgabenkürzungen erbracht. Über diesen Teil redet in
    der Öffentlichkeit fast niemand. Dass wir in dieser Situa-
    tion mit der Umsetzung des Hartz-Konzeptes, zum Bei-
    spiel einer schnelleren Vermittlung, keinen Zuschuss zur
    Bundesanstalt für Arbeit leisten, bedeutet für alle Betei-


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    738


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 739

    ligten eine enorme Kraftanstrengung. Dass wir die Ar-
    beitslosenhilfe um 2,5 Milliarden Euro kürzen, ist uns
    nicht leicht gefallen, denn das bedeutet einen Eingriff in
    Besitzstände von Leuten, die nicht viel haben. Wir haben
    uns das sorgfältig angesehen und meinen, dass das ver-
    tretbar ist. Aber, meine Damen und Herren, wer über die
    Dienstwagenbesteuerung jammert, der sollte erst einmal
    über die Situation der Arbeitslosenhilfeempfänger reden.
    Es ist nicht in Ordnung, was sich in der politischen Dis-
    kussion in diesem Lande abspielt.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Als Finanzminister sage ich übrigens ganz ausdrück-
    lich: Diese Eingriffe werden nicht die einzigen sein, die
    wir im sozialen Bereich vornehmen müssen. Denn die Al-
    terung unserer Gesellschaft wird uns noch vor viele große
    Aufgaben stellen. Aber, wer in solch einer Situation im-
    mer nur auf die schwächsten Teile der Gesellschaft schaut
    und nicht einen Moment lang darüber nachdenkt, welchen
    Beitrag auch er leisten müsste, der ist in der politischen
    Debatte aus meiner Sicht nicht auf der Seite derer, die sich
    um einen sozialen Ausgleich bei diesem notwendigen
    Modernisierungsprozess in unserer Gesellschaft be-
    mühen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Wir kürzen die Finanzhilfen weiter, und zwar nicht
    nur – das ist auch eine spannende Debatte bei Ihnen – im
    Bergbau. Es steht übrigens in der Koalitionsvereinbarung,
    dass die Finanzhilfen auch nach Auslaufen der jetzigen
    vertraglichen Regelung weiter heruntergefahren werden.
    Wir kürzen auch, weil der Wohnungsmarkt etwas anderes
    nicht mehr vernünftig erscheinen lässt, zum Beispiel im
    Bereich des sozialen Wohnungsbaus. Hier bekommen wir
    jedoch von Ihnen wieder Vorwürfe gemacht. Die Bilanz
    des Abbaus der Finanzhilfen, also der direkten Subven-
    tionen, zeigt Folgendes: 1998 standen in Ihrem Haushalt
    11,4 Milliarden Euro. In unserem Haushalt stehen für die-
    ses Jahr 8,4 Milliarden Euro und für das nächste Jahr
    7,8 Milliarden Euro. Das bedeutet eine Reduzierung der
    Finanzhilfen, der direkten Subventionen, von 30 Prozent
    im Laufe von fünf Jahren. So etwas haben Sie vorher nie
    zuwege gebracht, meine Damen und Herren.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Aber wer über Subventionen redet, der soll nicht nur
    über die Ausgabenseite reden. Dort sind nämlich die Sub-
    ventionen untergebracht, die insbesondere diejenigen er-
    halten, die überhaupt keine Steuern zahlen, weil ihr Ein-
    kommen so niedrig ist. Das habe ich eben am Beispiel der
    Arbeitslosenhilfe deutlich gemacht.

    Wer über Subventionen redet, der muss in der Tat auch
    über Vergünstigungen im Steuerrecht reden. Das haben
    Sie übrigens in anderem Zusammenhang auch immer ge-
    tan. Dort gibt es eine ganze Menge von Vergünstigungen
    für diejenigen, die steuerpflichtig sind, aber nicht für die-
    jenigen, die ein so niedriges Einkommen haben, dass sie
    keine Steuern zahlen. Deshalb muss man sich diese Sub-
    ventionen mit ansehen.

    Ich beklage, dass die Debatte in Deutschland nur um
    diesen Teil geführt wird, der übrigens bei der Reduzierung
    der Neuverschuldung um 15,7 Milliarden Euro mit Ab-
    stand den kleinsten Teil ausmacht, nämlich beim Bundes-
    haushalt gerade etwas über 3 Milliarden Euro. Insgesamt
    geht es um 5 Milliarden Euro, weil die Länder und Kom-
    munen daran beteiligt sind.

    Das geschieht übrigens trotz einer historisch niedrigen
    Steuerquote. Damit wir uns richtig verstehen: Auch ich
    will, dass die Staatsquote zurückgeführt wird. Ich will
    aber eines klar machen: Die Staatsquote kann nur zurück-
    geführt werden, indem man die Staatsverschuldung und
    damit die Zinslast reduziert. Anderenfalls macht man den
    Staat aktionsunfähig.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Das wollen wir jedenfalls nicht.
    Wir haben es zurzeit wieder einmal fast mit einem Ver-

    fall der Steuerbasis zu tun. Deswegen steht im Wahlpro-
    gramm der Sozialdemokratie als eine von mehreren
    Schwerpunktaufgaben der Steuerpolitik für diese Wahl-
    periode die Befestigung der Steuerbasis. Ich bin mir ganz
    sicher, dass Ihre Finanzminister das keinen Deut anders
    sehen.

    Erstens. Wir haben einen hohen Umsatzsteuerbetrug.
    Ich habe mit den Ländern vor einem Jahr Maßnahmen da-
    gegen verabredet, die wir dann hier beschlossen haben.
    Ich kann nicht erkennen, dass – mit Ausnahme des größ-
    ten deutschen Bundeslandes – die Länder die Maßnah-
    men, die wir ihnen möglich gemacht haben, beherzt um-
    setzen. Auf diesem Gebiet muss etwas geschehen, damit
    der Umsatzsteuerbetrug in Deutschland wirklich bekämpft
    wird.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Zweitens. Das Instrument Kontrollmitteilungen
    kennt man in sehr vielen Ländern, und zwar gerade in den
    großen, angelsächsischen Ländern. Dieses Instrument
    – das ist der Trend – wird international üblich werden.
    Warum? – Es gibt doch angesichts des Binnenmarktes und
    der Globalisierung nur zwei Wege: Entweder einigt man
    sich bei allen für die globalisierte Welt oder den Binnen-
    markt wichtigen Steuern auf ein bestimmtes Steuersystem –
    dafür gibt es die einfache Prognose, dass das noch Jahr-
    zehnte dauern wird, wenn nicht noch länger; ich glaube
    gar nicht, dass es dazu kommt – oder man sorgt dafür, dass
    jedes Land für seine steuerpflichtigen Bürger seine Ein-
    nahmen erhält. Das geht dann nur über Kontrollmitteilun-
    gen. Das entspricht der Situation in der Europäischen
    Union, in der wir uns einstimmig auf Kontrollmitteilun-
    gen verständigt haben.

    Ich will auch noch etwas zu der Frage Bankgeheimnis
    sagen: Meine Damen und Herren, mich interessiert über-
    haupt nicht – das sollte niemanden interessieren –, was auf
    dem Konto eines Privatmannes vor sich geht.


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das glaube ich nicht!)


    Es gibt aber zwei Ausnahmen. Eine Ausnahme besteht
    darin, wenn es um kriminelle Aktionen wie beispielsweise

    Bundesminister Hans Eichel

    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002
    Bundesminister Hans Eichel
    Geldwäsche geht. Dazu haben wir eine Reihe von Geset-
    zen verabschiedet. Ich hoffe, dass wir in diesem Punkt
    keinen Streit haben.


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Wahlbetrug!)


    Die zweite Ausnahme besteht darin, wenn es darum
    geht, dem Finanzamt steuerpflichtige Vorgänge mitzutei-
    len. Das ist nicht streitig in Amerika, das ist nicht streitig
    in Großbritannien und das ist nicht streitig in Frankreich.
    Warum sollte es in Deutschland streitig sein?


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Außerdem muss jeder Lohnsteuerzahler sein Einkom-
    men offen legen. Das heißt, bei ihm werden die Informa-
    tionen zwangsweise offen gelegt. Das geschieht durch die
    Gehalts- und Lohnabteilung bei den Unternehmen. Von
    dort gehen diese Informationen dann an das Finanzamt.
    Wo liegt also das Problem? – Ich kann es nicht erkennen.

    Jetzt komme ich zu einem wichtigen Thema im Zu-
    sammenhang mit der Spekulationssteuer: Das Bundes-
    verfassungsgericht befasst sich damit, weil der Bundesfi-
    nanzhof gesagt hat, diese Steuer werde praktisch nicht
    vollzogen; 95 Prozent derer, die bei der Veräußerung von
    Akten innerhalb eines Jahres Gewinne erzielten, gäben
    diese nicht an. Deswegen – so die Argumentation des
    Bundesfinanzhofes – ist diese Steuer verfassungswidrig,
    weil sie praktisch nicht vollzogen wird.

    Es gibt eine einfache Antwort: Dann erheben wir diese
    Steuer, wie es in allen großen Ländern dieser Erde üblich
    ist. Wie Sie wissen, haben wir – in unserem Steuerpaket
    wird das deutlich – noch eine andere Konsequenz gezogen.
    Darüber wird man noch diskutieren.

    Ich komme zum Thema Körperschaftsteuer. Sie hat-
    ten im Wahlkampf Recht, auch wenn Ihr Argument falsch
    war: Ja, es kann nicht hingenommen werden, dass die Kör-
    perschaftsteuer verfällt. Soweit es um die Ausschüttung
    früherer Gewinne geht, ist das kein Problem; denn dieses
    Geld fällt unter die Kapitalertragsteuer. Leider können mir,
    dem Bundesfinanzminister, und den Finanzministern der
    Länder selbst die sachverständigen Steuerschätzer – sie ar-
    beiten übrigens nicht nur für die Institute der Bundesbank,
    sondern auch für die Länder; sie alle sind neutral – erst von
    Steuerschätzung zu Steuerschätzung mitteilen, ob und wie
    viel Geld in die Kassen fließt. Erst sagen sie dann, man be-
    komme Geld und anschließend teilen sie mit, man be-
    komme doch keines. Angesichts dessen verliert man lang-
    sam den Glauben an den Sinn dieser Veranstaltung.

    Wir haben bereits in dem Bericht an den Finanzaus-
    schuss des Bundestages in der vorigen Wahlperiode da-
    rauf hingewiesen, dass Regelungsbedarf besteht. Diesen
    Bedarf erfüllen wir jetzt. Das heißt mit einem einfachen
    Satz – ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendjemand
    von Ihnen dem widersprechen will –: Ein Unternehmen,
    das Gewinne macht, soll Steuern zahlen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Es geht dabei überhaupt nicht um Steuern, deren Zahlung
    ein Unternehmen in den Bankrott treibt.

    Große Unternehmen haben mittlerweile beispielsweise
    wunderbare Dokumentationen darüber – solche Doku-
    mentationen werden grenzüberschreitend erstellt –, an
    welcher Stelle eines Fließbandes eine Schraube fehlerhaft
    befestigt worden ist. Wir müssen zum Beispiel über Ver-
    rechnungspreise so gut Bescheid wissen, dass wir verhin-
    dern können, dass in Deutschland entstandene Gewinne
    von der einen auf die andere Seite, also vom Inland ins
    Ausland, geschoben werden, weswegen der deutsche Fis-
    kus das Nachsehen hat. Ich kann mir nicht vorstellen, dass
    Sie das wollen. Das kann niemand wollen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Sie haben im Wahlkampf entsprechende Forderungen er-
    hoben. Wir sind auf Ihre Mitwirkung an dieser Stelle ge-
    spannt.

    Ich komme zum Thema Steuervergünstigungen. Zu-
    allererst möchte ich eine Grundsatzbemerkung machen:
    Ökonomisch gesehen besteht kein Unterschied zwischen
    dem Abbau einer ausgabenseitigen Finanzhilfe und der
    Verringerung einer Steuervergünstigung. In beiden Fällen
    nimmt man jemandem Geld weg; es handelt sich – das ist
    wahr – ökonomisch um denselben Sachverhalt. Wir müs-
    sen uns darüber im Klaren sein, dass es sowohl auf der
    Einnahmeseite als auch auf der Ausgabenseite Vergünsti-
    gungen, zum Beispiel in Form von Subventionen, gibt.

    An dieser Stelle setzen wir an, und zwar so, wie Sie es
    immer gefordert haben: Steuervereinfachungen durch die
    Reduktion der Anzahl von Ausnahmetatbeständen.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Elke Wülfing [CDU/CSU]: Sie vergessen das Senken dabei!)


    Was wir tun, wird sich übrigens weitestgehend erst im
    Jahre 2004 auswirken, wenn es nämlich zur nächsten
    Stufe der Steuersenkungen – Verbreiterung der Bemes-
    sungsgrundlage und Senkung der Steuersätze – kommen
    wird.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    In diesem Zusammenhang möchte ich nur auf wenige
    Bereiche hinweisen. Stichwort Umsatzsteuer:Wenn man
    der Forderung einiger Gruppen von Lobbyisten nachgibt
    und den unteren Mehrwertsteuersatz ausdehnt, dann führt
    das gewissermaßen zu einer Zerstörung der Umsatzsteuer.
    In Deutschland ist das schon der Fall. Ich erinnere mich
    an das, was Sie im vorigen Jahr und noch während dieses
    Sommers im Zusammenhang mit Handwerkerrechnun-
    gen versucht haben. Wir können den oberen Mehrwert-
    steuersatz nur dann halten, wenn nicht alles Mögliche un-
    ter den unteren Mehrwertsteuersatz fällt.

    Der ursprüngliche Gedanke war sozial; denn Mehr-
    wertsteuer zahlen auch diejenigen, deren Einkommen so
    gering ist, dass sie keine Lohn- und Einkommensteuer
    zahlen. Weil man nicht wollte, dass die niedrigen Ein-
    kommen von der Mehrwertsteuer in gleichem Maße be-
    troffen sind, hat man dafür gesorgt, dass der Erwerb von
    Gütern, deren Konsum der Befriedigung von Grundbe-
    dürfnissen dient, nur dem halben – inzwischen ist er ein
    bisschen geringer – Mehrwertsteuersatz unterliegt. Auf


    (A)



    (B)



    (C)



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    (A)



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    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 741

    diesen Grundgedanken greifen wir zurück. Die sozialen
    Grundbedürfnisse – die Grundnahrungsmittel, kulturelle
    Grundbedürfnisse – sowie ab 2005 der öffentliche Perso-
    nennah- und Fernverkehr


    (Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Und Hundefutter!)


    sollen unter den niedrigen Mehrwertsteuersatz fallen. Das
    können Sie noch ändern. Ich bin sehr gespannt, wie Sie
    auf unsere Politik reagieren. Ich kann niemandem erklä-
    ren, wieso zum Beispiel Schnittblumen unter den niedri-
    gen Mehrwertsteuersatz fallen, Babywindeln aber nicht.

    Man sieht, was passiert – auch in unseren Reihen gab
    es eine Diskussion darüber, Stichwort Zahntechniker –,
    wenn man einen Bereich des Gesundheitswesens geson-
    dert behandeln will. Den ganzen Sommer über hatten
    Frau Kollegin Schmidt und ich eine Diskussion darüber,
    ob auch die Medikamente unter den niedrigeren Mehr-
    wertsteuersatz fallen sollten. Aber dann drängt einer
    nach dem anderen hinein. Auch deswegen mussten die
    Zahntechniker heraus, damit für die Gesundheitsreform
    ein für alle Mal klar gemacht wird: Das Gesundheitssys-
    tem hat kein Einnahmeproblem, es hat ein Ausgaben-
    problem. Man braucht also nicht zusätzliche Einnahme-
    quellen zu suchen, sondern muss im Gesundheitswesen
    rationeller arbeiten und für Wettbewerb sorgen. Das ist
    die Antwort.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Nun komme ich zu einer Steuersubvention, zur Eigen-
    heimzulage. Ich weiß, das ist nicht einfach.


    (Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Da haben Sie mit am meisten gelogen!)


    Aber, meine Damen und Herren, wie soll man – volks-
    wirtschaftlich betrachtet – eigentlich jemandem erklären,
    dass in einem Land, in dem im Osten erheblicher Woh-
    nungsleerstand besteht und in dem in den meisten Regio-
    nen der Wohnungsmarkt zumindest ausgeglichen ist – in
    einigen wenigen ist der Wohnungsmarkt auch noch ange-
    spannt, was dann regional beantwortet werden mag –,
    Jahr für Jahr 10Milliarden Euro an Steuersubventionen in
    den Wohnungsmarkt gehen? Wie wollen Sie das jeman-
    dem erklären?


    (Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Warum lügen Sie die Menschen dann vorher an?)


    In Ostdeutschland nehmen wir bereits Geld in die Hand,
    um Wohnungen abzureißen. Das hat die Qualität von
    Agrarsubventionen: erst Produktion fördern und dann
    Vernichtung.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Reden Sie doch nicht über die Steinkohlesubvention, die
    systematisch abgebaut wird, wenn Sie nicht bereit sind,
    bei der Änderung der Eigenheimzulage mitzumachen. Sie
    haben volkswirtschaftlich kein einziges Argument.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Jetzt wird es ja irre!)


    Was wohl an dieser Stelle eine Rolle spielen kann – das
    ist das positive Argument –: Wir fördern die Eigentums-
    bildung. Wir fördern nicht den Neubau. Das bedeutet:
    eine Förderung bitte nur bei denen, die es nötig haben, und
    wo wir es uns leisten können. Das heißt: Familien mit
    Kindern brauchen die Förderung, Familien ohne Kinder
    aber nicht.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Ebenso klar ist es, dass der Altbau genauso gestellt sein
    muss wie der Neubau. Wieso fördern wir den Neubau in
    Gebieten mit hohem Wohnungsleerstand? Das macht kei-
    nen Sinn. –


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Das sind die Veränderungen.
    Jetzt die andere Seite: Es bleibt bei allen Schwerpunkten,

    die wir in der vergangenen Wahlperiode in unserer Haus-
    halts- und Finanzpolitik gesetzt haben. Wir machen diese
    Konsolidierungsanstrengungen doch auch und zuallererst,
    damit unsere Haushalte zukunftsfähiger werden. Wir ma-
    chen sie, damit wir weniger Zinsen zahlen müssen, aber
    mehr investieren können. Die Investitionen im Haushalt
    steigen von diesem auf das nächste Jahr von rund 25 auf
    26,8 Milliarden Euro. Wir stoßen darüber hinaus weitere
    Investitionen an.

    Wir haben die historisch höchsten Verkehrsinvestitio-
    nen, verstetigen diese und werden sie im Planungszeit-
    raum weiter heraufsetzen.

    Wir haben gegenüber Ihrer Regierungszeit die Ausga-
    ben für den Bildungsbereich um fast 30 Prozent gestei-
    gert, von 2002 auf 2003 wiederum um 3,7 Prozent.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Wir haben die Ausgaben für die Familien gewaltig er-
    höht. Der Bundesbankvizepräsident Jürgen Stark liegt
    schief, wenn er uns Vorwürfe macht, weil wir das Kinder-
    geld systematisch erhöht haben. Das ist eine Zukunftsin-
    vestition.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Wir gehen weiter bei der Ganztagsbetreuung und ha-
    ben in diesen Haushalt eine Anlaufrate eingestellt; denn es
    wird Zeit, dass wir bei der Kinderbetreuung den europä-
    ischen Standard erreichen. Wir dürfen Frauen nicht vor
    die Wahl zwischen Kindern und Beruf stellen. Wir müs-
    sen es ihnen möglich machen, beides miteinander zu ver-
    binden. Das ist es, was wir brauchen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Wir setzen den Aufbau Ost auf hohem Niveau fort und
    führen dieses Jahr zusätzlich das Stadtumbauprogramm
    Ost ein.

    Das ist unsere Haushaltspolitik: Sie ist nicht einfach,
    aber zielgerichtet. Wir wollen, auch wenn es unter den ge-
    gebenen Bedingungen mühselig ist, konsequent den Weg

    Bundesminister Hans Eichel

    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002
    Bundesminister Hans Eichel
    der Konsolidierung unseres Haushaltes gehen, um
    Deutschland zukunftsfähig zu machen.

    Konsolidierung ist aber nicht nur eine Sache des Bun-
    des. Konsolidierung ist eine gesamtstaatliche Aufgabe
    und unterliegt einer gesamtstaatlichen Verantwortung von
    Bund, Ländern und Gemeinden sowie den sozialen Si-
    cherungssystemen. Dabei trägt der Bund die größte Last.
    Wer sich das noch einmal verdeutlichen will, braucht sich
    nur den letzten Bericht des Bundesrechnungshofes anzu-
    sehen. Es ist relativ offenkundig, wie sich der Anteil des
    Bundes an den Steuern entwickelt hat, nämlich nach un-
    ten, und wie sich der Anteil des Bundes an der Verschul-
    dung entwickelt hat, nämlich gewaltig nach oben. Ich
    kritisiere das gar nicht. Das waren die Lasten der Wieder-
    vereinigung; das ist in Ordnung. Man muss aber wissen,
    dass auch andere eine Verantwortung für die Konsolidie-
    rung des Staatshaushaltes und dafür, dass wir unseren Ver-
    pflichtungen im Rahmen des europäischen Stabilitäts-
    und Wachstumspakts nachkommen, haben.

    Ich bin froh darüber, dass wir es im März geschafft ha-
    ben, im Finanzplanungsrat einen nationalen Stabilitäts-
    pakt zwischen Bund, Ländern und Gemeinden zu
    schließen. Ich unterstelle auch den guten Willen der Län-
    der. Ich will noch einmal ausdrücklich sagen: Ich freue
    mich darüber, dass es uns in der vergangenen Woche ge-
    lungen ist, gemeinsam festzustellen: 2006 wollen wir ei-
    nen ausgeglichenen gesamtstaatlichen Haushalt und 2003
    wollen wir das Defizit wieder unter 3 Prozent senken.
    Aber dazu muss auch jeder seinen Beitrag leisten.

    Das Konzept, das wir auf dem Tisch gelegt haben, führt
    dazu.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Es ist ein Konzept, das nicht nur den Bundeshaushalt ein-
    bezieht. Denn wer sich auf den mühseligen Weg macht,
    Steuervergünstigungen bei den Gemeinschaftsteuern ab-
    zubauen, hat natürlich den positiven Nebenaspekt, damit
    Ländern und Gemeinden ein Stück zu helfen. Ihre Klagen
    über die Situation der Kommunalfinanzen sind nichts
    wert, wenn Sie nicht bereit sind, an dieser Stelle mitzu-
    wirken. So einfach ist das.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Wir werden sehen, welche eigenen Beiträge die Länder
    und Gemeinden leisten. Ich sage ausdrücklich die Bereit-
    schaft des Bundes zu, bei allen Vorschlägen, auch zu Bun-
    desleistungsgesetzen – das wird politisch ausgefochten
    werden –, mitzumachen, wenn sie vernünftig sind und
    wenn es eine gemeinsame Position der Länder ist, um zu
    weiteren Ausgabenreduzierungen zu kommen. Das wird
    nämlich unsere gemeinsame Aufgabe sein.

    Nur eines wird nicht funktionieren: Wir machen das
    zugunsten der Länder und die B-Länder, jedenfalls in ih-
    rer großen Mehrheit, sagen: Wir wollen den Gewinn dop-
    pelt; erstens wollen wir Geld einsparen und zweitens die
    anderen noch dafür beschimpfen, dass sie das für uns ma-
    chen. – Das wird nicht laufen, sondern es geht nur so, dass
    sie sich offen zu ihrer Verantwortung bekennen und klar
    sagen: Dieses und jenes wollen wir in Bundesgesetzen

    geändert haben. – Dann sind wir verhandlungsbereit. Es
    geht ausdrücklich nur so; denn jeder muss seinen Beitrag
    zur Gesamtverantwortung leisten.

    Übrigens haben sich die Länder ausbedungen, 55 Pro-
    zent des ab 2004 erlaubten Defizits machen zu können,
    während dem Bund nur 45 Prozent verbleiben. Das ist für
    uns ein harter Weg, weil unsere Ausgangslage
    viel schlechter ist. Für den Bund ist das ein viel härterer
    Konsolidierungspfad als für die Länder. Trotzdem habe
    ich zugestimmt. Aber das heißt dann auch: Die Länder tra-
    gen 55 Prozent der Verantwortung dafür, dass wir die
    Maastricht-Kriterien einhalten. Diese Verantwortung
    haben insbesondere Sie, weil Sie die Mehrheit im Bun-
    desrat stellen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Sie werden mir also nicht ausweichen können. Ich glaube
    auch, dass Ihr Manöver, das vor dem 2. Februar nicht zu
    sagen, nicht gelingen wird.

    Wir bemühen uns um die Gemeindefinanzen und ha-
    ben dazu die Reformkommission eingesetzt. Das ist ein
    schwieriges Thema, weil ich sehr genau sehe, dass noch
    immer zwei Züge direkt aufeinander zufahren, die zwar
    beide dasselbe Ziel haben, nämlich die Kommunalfinan-
    zen zu verbessern und damit die Kommunen unabhängi-
    ger von Konjunkturschwankungen und investitionsfähi-
    ger zu machen – was dringend erforderlich ist –, die aber
    in verschiedene Richtungen fahren, weil die Kommunal-
    politiker beider großen Parteien ganz überwiegend auf die
    Revitalisierung der Gewerbesteuer setzen und die Wirt-
    schaftsverbände auf das Gegenteil, nämlich die Abschaf-
    fung. Da wird eine große Aufgabe auf uns zukommen, die
    nur – das ist meine Prognose – in großem Einvernehmen
    zwischen Kommunen und Wirtschaftsverbänden zu lösen
    ist. Wenn ich mir die Situation in Bundestag und Bundes-
    rat ansehe, wird jeder vor diese Frage gestellt werden.

    Ich werde meinen Teil dazu beitragen, dass wir zusam-
    menfinden. Deswegen bin ich auch vorsichtig, wenn es
    darum geht, selbst eine Position zu beziehen – nicht weil
    ich keine hätte, sondern weil ich glaube, dass es meine
    Aufgabe ist, beide Positionen aufeinander zuzuführen.

    Ich komme zum Hartz-Konzept. Der Übergang der
    arbeitsfähigen Sozialhilfeempfänger in die Jobcenter und
    die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozial-
    hilfe werden an dieser Stelle ein Stück – ich sage: nur ein
    Stück – Entlastung der Kommunen bringen; denn ange-
    sichts der Lage des Bundes darf es nicht zu einer Lasten-
    verschiebung zwischen den Ebenen kommen. Auch hier
    wird eine große Aufgabe auf uns zukommen: Wie defi-
    nieren wir dann das Arbeitslosengeld II?

    Meine Damen und Herren, in diesen Zusammenhang
    gehört auch die Reform des Föderalismus. Ich will mit
    aller Deutlichkeit sagen: Ich erhoffe mir davon auch ein
    paar Effizienzgewinne. Wenn wir vielleicht, wie es sich
    jedenfalls andeutet, bei einer Reihe von Mischaufgaben
    und Mischfinanzierungen zur Entmischung kommen,
    muss dadurch auch das staatliche Handeln effizienter wer-
    den. Das muss sich für die Bürger auszahlen. Es kann
    nicht einfach nur so sein, dass der Bund, wenn etwas auf


    (A)



    (B)



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    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 743

    die Länder übergeht, das ganze Geld, möglichst noch dy-
    namisiert, weitergibt, sondern es muss einen Effizienzge-
    winn bei der Aufgabenerfüllung geben. Sonst macht das
    Ganze doch keinen Sinn.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Ich will in diesem Zusammenhang noch auf folgenden
    Punkt hinweisen: Wenn wir über die Reform des Födera-
    lismus reden, dürfen wir nicht nur über die Übertragung
    von Aufgaben auf die Länder reden. Es geht auch darum,
    Deutschland europafähig zu machen. Das bedeutet: All
    die Aufgaben, die heute im föderalen Staat bei den Län-
    dern liegen, aber die für die Binnenmarktgesetzgebung re-
    levant sind, müssen auf den Bund übertragen werden, und
    zwar nicht, weil der Bund kompetenzhungrig ist, sondern
    weil diese Aufgaben nach kurzer Zeit auf die europäische
    Ebene übertragen werden.

    Es ist ein Anachronismus, dass wir in Deutschland je
    eine Börsenaufsicht in allen neun Börsenländern haben. Es
    kann nur eine Börsenaufsicht in Deutschland geben. Künf-
    tig werden wir auch in Europa mit einer Diskussion über
    eine europäische Börsenaufsichtsstruktur konfrontiert wer-
    den. In diese Richtung geht die Entwicklung. Auch das
    muss bei der Reform des Föderalismus bedacht werden.

    Ich sagte es bereits: Konsolidierung ist nicht nur eine
    Aufgabe des gesamten Staates, sondern auch der sozialen
    Sicherungssysteme. Wir haben bei der Rente einen großen
    Schritt nach vorne gemacht, den noch kein anderes großes
    kontinentaleuropäisches Land gemacht hat. Aber es liegen
    noch große Aufgaben vor uns. Ich bin froh darüber, dass
    die Bundesregierung, der Bundeskanzler und die Frau Mi-
    nisterin angeregt haben, die Rürup-Kommission einzu-
    setzen. Wir brauchen nämlich nicht nur eine Begrenzung,
    sondern auch eine Senkung der Lohnnebenkosten und die
    nachhaltige Sicherung unserer sozialen Systeme.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Der härteste Kampf wird gewiss im Gesundheitswesen
    ausgetragen, weil es sich ausschließlich um einen Anbie-
    termarkt handelt. Ich sage deswegen klipp und klar – ich
    habe vorhin schon auf die Zahntechniker hingewiesen –:
    Es gibt keine müde Steuermark für das Gesundheitswesen
    in der Verfassung, in der es heute ist. Dort müssen die Ef-
    fizienzreserven gehoben und die Qualität gesteigert wer-
    den. Darum geht es und um nichts anderes.

    Auch die Pflegeversicherung und die Rentenversiche-
    rung werden ein Thema sein. Aber niemand muss deswe-
    gen Angst haben. Es geht in dieser Situation, die durch
    eine alternde Gesellschaft gekennzeichnet ist, darum, die
    Verhältnisse zwischen den Generationen neu auszutarie-
    ren und Generationengerechtigkeit auch in der Zukunft
    walten zu lassen. Es geht darum, die Jungen nicht über-
    zubelasten und die Alten nicht in Altersarmut zu treiben.
    Das wird einer reichen Gesellschaft wie der deutschen
    auch gelingen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Es wird Zeit, dass auch ein paar andere Wahrheiten ge-
    sagt werden. Nicht nur bei den Staatsschulden spielt das

    Thema deutsche Einheit, die wir alle gerne gewollt ha-
    ben,


    (Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Jetzt auf einmal!)

    eine Rolle. Es spielt auch für die Sozialsysteme eine
    Rolle.


    (Zuruf des Abg. Dr. Günter Rexrodt [FDP])

    – Ja, sicher. Ich habe das die ganze Zeit gesagt. Wenn Sie
    uns jetzt Vorwürfe machen, kann ich nur sagen: Hätten Sie
    es anders finanziert!


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Günter Rexrodt [FDP]: Sie haben etwas anderes behauptet!)


    – Nein, nie.
    Ich will Ihnen sagen, was die deutsche Einheit für die

    Sozialsysteme bedeutet. In den Sozialsystemen gibt es
    einen West-Ost-Transfer von 27,9 Milliarden Euro. Die
    Situation für die alte Bundesrepublik alleine sähe ganz an-
    ders aus.


    (Dr. Günter Rexrodt [FDP]: Richtig! Das haben wir immer gesagt!)


    Ich sage das ganz ausdrücklich, um deutlich zu machen,
    dass wir mindestens noch eine halbe Generation eine Auf-
    gabe mit uns tragen, die wir nicht einfach abschütteln kön-
    nen und – das sage ich für die Regierung und für die Ko-
    alition – auch nicht abschütteln wollen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Günter Rexrodt [FDP]: Jetzt auf einmal!)


    Herr Rexrodt, suchen Sie jetzt nicht nach falschen Ar-
    gumenten: Die größere Oppositionspartei in diesem
    Hause hat unter anderem deswegen die Wahl im Osten
    verloren, weil hinsichtlich des Risikostrukturausgleichs
    der Versuch gemacht worden ist – lesen Sie einmal die
    entsprechenden Reden im Bayerischen, im Baden-Würt-
    tembergischen und im Hessischen Landtag nach –, die So-
    lidarität in Deutschland aufzukündigen,


    (Katrin Dagmar Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Jawohl! Sehr richtig!)


    indem gesagt wurde: Wer eine niedrige Arbeitslosigkeit
    hat, hat niedrige Sozialabgaben, und wer eine hohe Ar-
    beitslosigkeit hat, hat hohe Sozialabgaben. – Das war ein
    Programm zum Abriss Ost und nicht zum Aufbau Ost.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Günter Rexrodt [FDP]: Das haben Sie schon im Hessischen Landtag erzählt!)


    Unsere Position ist klar: Da wir an der innerdeutschen
    Solidarität festhalten, wollen wir diese Lasten nicht weg-
    definieren. Sie zu meistern ist Bestandteil der Aufgaben,
    mit denen wir es zu tun haben.


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Ganz neu!)

    Wir wollen ein Programm für Wachstum und Beschäf-

    tigung auf den Weg bringen.

    (Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Mit Steuererhö hungen!)


    Bundesminister Hans Eichel

    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002
    Bundesminister Hans Eichel
    Zu den Lohnnebenkosten und zur Umsetzung der Be-
    schlüsse der Hartz-Kommission habe ich eben schon etwas
    gesagt. Die Umgestaltung der Arbeitslosenhilfe zu einem
    Arbeitslosengeld II zum 1. Januar 2004 und die Vermitt-
    lung durch Jobcenter werden uns noch große Anstrengun-
    gen abverlangen. Aber eines wird kaum diskutiert: Es
    steckt eine sehr positive Perspektive darin. Deswegen ist ja
    der Kollege Clement so engagiert. Dies ist aber auch eine
    Perspektive, die die Menschen fordert. Auch diesen Ge-
    sichtspunkt sollte man auf keinen Fall verniedlichen.

    Meine Damen und Herren, für diese Wahlperiode
    bleibt es dabei: Wir senken die Steuern weiter.


    (Beifall bei der SPD – Anhaltendes Lachen bei der CDU/CSU und der FDP)


    – Wir sollten darüber in den beiden entsprechenden Jahren,
    in 2004 und in 2005, sprechen. Dies steht ja im Gesetz.


    (Dr. Günter Rexrodt [FDP]: Das hätte ich nicht gesagt!)


    – Doch, Herr Rexrodt, ich sage das. In 2004 und in 2005
    werden Steuersenkungen erfolgen.


    (Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Ihr Wort ist keinen Pfifferling wert!)


    Mit Ihrem Lachen haben Sie Pech. Schauen Sie sich
    einmal Ihre Wahlversprechen an! Die Union versprach
    vor der Bundestagswahl zusätzliche Steuersenkungen, die
    zu Einnahmeausfällen in Höhe von 30 Milliarden Euro
    geführt hätten. Lachen Sie also über sich selber!


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Peter Ramsauer [CDU/ CSU]: So kann nur einer reden, der morgen nicht mehr im Amt ist! – Ulrich Heinrich [FDP]: Hättest du geschwiegen!)


    Für Existenzgründer, für Kleinstunternehmer, für die
    Ich-AG wird es – Kollege Clement hat das angekündigt –
    eine pauschale Besteuerung geben. Das ist nicht ganz
    einfach, weil wir da eine regelrechte Systemumstellung
    vornehmen. Aber das werden wir zusammen hinbekom-
    men. Es wird beim Thema Entbürokratisierung einen
    massiven Kampf geben,


    (Elke Wülfing [CDU/CSU]: Was? Wo denn?)

    beginnend bei den Existenzgründern und den Klein- und
    Mittelbetrieben.

    Zum Mittelstand.Auch hier ist der Winter – wer will
    darum herumreden? – nicht einfach. Wer allerdings über
    Insolvenzen spricht, der sollte auch über Neugründungen
    sprechen. Auch in diesem Jahr werden wir deutlich mehr
    neu gegründete als aufgegebene Betriebe haben,


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    wobei der größte Teil nicht wegen einer Insolvenz, son-
    dern altershalber aufgegeben wird.

    Wir haben eine Menge getan, um die Eigenkapitalbil-
    dung des Mittelstandes zu erleichtern. Aufgrund unserer
    Steuerreform ist inzwischen die obere Grenzsteuerbelas-
    tung – 1998 lag sie bei 58 Prozent – auf 51 Prozent ge-
    senkt worden. So etwas haben Sie in Ihrer Regierungszeit
    nie zuwege gebracht.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Gerade durch die Intervention des Bundeskanzlers ist für
    alle in der Welt klar geworden, dass wir, wenn es um die
    Eigenkapitalrichtlinien der Banken geht, nicht zulassen,
    dass die Finanzierung des deutschen Mittelstandes ver-
    schlechtert wird. Wir haben das erreicht: Basel II bringt
    keine Verschlechterungen, sondern eher Verbesserungen
    für die Finanzierung des Mittelstandes.


    (Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Sie haben keine Ahnung! Unfassbar! So kann nur jemand reden, der morgen nicht mehr im Amt ist! – Volker Kauder [CDU/CSU]: Die Rede ist ein Schmarren!)


    Allerdings wird auch da zwischen guten und schlechten
    Risiken unterschieden, was die Banken übrigens sowieso
    getan hätten.

    Im Rahmen des Hartz-Konzeptes gibt es das Pro-
    gramm „Kapital für Arbeit“. Ich habe mich gestern er-
    kundigt: Dieses Programm, das im November angelaufen
    ist, ist bisher äußerst erfolgreich. Es gibt bereits mehr als
    10 000Anfragen und erste Bewilligungen. Die KfW sagt:
    Das Programm startet außerordentlich erfolgreich. – Auch
    dies ist ein Beitrag dazu, die Eigenkapitalausstattung des
    Mittelstandes zu verbessern.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Die Zusammenführung der Förderaktivitäten wird der
    nächste Schritt sein.

    Meine Damen und Herren, dies alles ist ein anstrengen-
    des Programm für diese Wahlperiode. Wenn wir das alles
    hinbekommen, konsolidieren wir den öffentlichen Haus-
    halt wirklich. Es fordert uns alle. Bedenkenträgerei und ins-
    besondere Besitzstandswahrung – in diesem Zusammen-
    hang habe ich den Eindruck: je höher der Besitzstand, umso
    härter der Kampf um die Wahrung –, das wird nicht gehen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Was wir alle nicht brauchen, ist, Deutschland mies zu
    machen.


    (Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Schlecht regieren ist auch nicht gut!)


    Wer sich mit deutschen Unternehmern im Ausland unter-
    hält – ich habe das kürzlich auf dem G-20-Treffen im fer-
    nen Indien erlebt –, dem begegnet nur noch Kopfschütteln
    darüber, wie in Deutschland die Diskussion über Deutsch-
    land geführt wird.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Was wir nicht brauchen – ich sage das mit allem Ernst und
    allem Nachdruck –, ist die Verleumdung des politischen
    Gegners.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU/CSU)


    – Fundamentalkritik ja, aber keine Verleumdung.


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    744


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 745

    Der Aufruf von Herrn Dr. Gerhardt – er ist nicht anwe-
    send –, die Finanzämter lahm zu legen, ist wohl eine sehr
    späte Reaktion auf ein Missverständnis der 68er; zu die-
    ser Generation gehört ja auch er.


    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)


    Ich glaube, niemand von Ihnen wäre darüber glücklich,
    nicht einmal der Bund der Steuerzahler. Man muss sich
    überlegen, was man in dieser Debatte sagt. Man gewinnt
    den Eindruck, dass ein Teil der Menschen, die an dieser
    Debatte als Lobbyisten teilnehmen – das gilt auch für
    manche in der Politik –, nur eine Ausbildung gemacht ha-
    ben, nämlich als Marktschreier. Das ist nicht gut für un-
    sere gemeinsame Zukunft.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dr. Peter Ramsauer [CDU/ CSU]: Ausbildung als Steinewerfer!)


    Was wir nicht brauchen können, wenn wir das Land
    voranbringen wollen – das würde übrigens auch den Fö-
    deralismus diskreditieren –, ist Dauerwahlkampf. Der
    Bundeskanzler hat einen Vorschlag vieler anderer aufge-
    griffen und in einem „Zeit“-Interview gesagt: Lasst uns
    die Landtagswahlen zu zwei Wahlterminen zusammenle-
    gen, eine Hälfte zusammen mit der Bundestagswahl, die
    andere in der Mitte der Wahlperiode. So wird es bei-
    spielsweise in den Vereinigten Staaten und in Schweden
    gemacht.

    Der sachsen-anhaltinische Ministerpräsident hat heute
    in einer Zeitung gesagt: Lasst sie uns zu einem Termin in
    der Mitte zusammenlegen. Auch über diesen Vorschlag
    kann man diskutieren, aber, meine Damen und Herren:
    Lassen Sie es uns auch machen. Dauerwahlkampf ist
    schädlich für die Reformfähigkeit der Republik.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Dietrich Austermann [CDU/ CSU]: Schlechte Regierung noch mehr!)


    Deutschland ist kein Jammertal. Deutschland hat große
    Aufgaben vor sich, aber Deutschland ist ein starkes Land.
    Glaubt jemand wirklich, dass unter den großen Ländern
    Kontinentaleuropas ein Land die Wiedervereinigung so
    geschafft hätte wie wir? Trotz der hohen Arbeitslosigkeit
    in Ostdeutschland haben wir weniger Arbeitslose als
    Frankreich oder Italien. Wir haben auch eine höhere Er-
    werbsquote als der Durchschnitt der großen Länder in der
    Europäischen Union.


    (Dr. Günter Rexrodt [FDP]: Gehöhnt haben Sie, als wir das gesagt haben!)


    Ich will jetzt auch die Argumente der anderen Seite
    aufgreifen: Wir sind der Stabilitätsanker in der Union und
    Deutschland ist Exportweltmeister mit ständig steigen-
    dem Anteil. Wir haben das erste Mal seit der Wiederver-
    einigung einen Leistungsbilanzüberschuss.


    (Dr. Günter Rexrodt [FDP]: Deshalb stimmt die Konjunkturanalyse nicht!)


    Nein, wir haben keinen Grund, die Debatte so zu
    führen, wie Sie es aus parteitaktischen Gründen und man-
    che Lobbyisten nur aus Lobbygründen tun. Alle Kritik

    hört da auf, wo sie dem gemeinsamen Land schadet und
    wider die Wahrheit ist.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Hilmar Kopper hat Recht: Deutschland ist eine Premi-
    ummarke. Mit Sicherheit werden 90 Prozent der interna-
    tionalen Wirtschaftsstandorte diese Qualität so schnell
    nicht erreichen können.

    Angesichts großer Herausforderungen und angesichts
    unserer eigenen Stärke müssen wir die Zukunftsaufgaben
    mit Mut anpacken. Wir brauchen Macher und nicht Mies-
    macher.


    (Lang anhaltender Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)




Rede von Dr. Hermann Otto Solms
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

Nach der Rede zur Einbringung des Haushaltes eröffne

ich jetzt die Aussprache. Als erster Redner hat der Kollege
Friedrich Merz von der CDU/CSU-Fraktion das Wort.


(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)



  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Friedrich Merz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her-

    ren! Herr Finanzminister, wer während Ihrer Rede und
    vor allem während des Schlussbeifalls in die Gesichter
    der Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion geschaut hat,
    der hatte wahrscheinlich den gleichen Eindruck wie wir,
    nämlich dass hier jemand mit dem Rücken an der Wand
    steht und eine Rede gehalten hat, die eigentlich eine poli-
    tische Geisterfahrt gewesen ist.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Lachen bei der SPD)


    Herr Eichel, Sie haben während Ihrer Rede zweimal
    die Verrohung der politischen Sitten in diesem Lande be-
    klagt.


    (Zuruf von der SPD: Das ist genau das, was Sie machen!)


    In der Tat gibt es Anlass, diese zu beklagen. Das aus Ihrem
    Munde zu hören ist aber überraschend, um es zurückhal-
    tend auszudrücken.


    (Zuruf von der SPD: Nein, es ist nicht überraschend, das ist die Wahrheit!)


    Eine Bundesregierung, die einen Wahlkampf mit Kriegs-
    angst der Menschen betreibt


    (Katrin Dagmar Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was heißt denn das, Herr Merz?)


    und gleichzeitig keine Skrupel hat, das gesamte außenpo-
    litische Kapital dieser Bundesrepublik Deutschland aufs
    Spiel zu setzen, um an der Macht zu bleiben, das ist die
    falsche Seite, um von dieser Stelle aus von der Verrohung
    der politischen Sitten in diesem Lande zu sprechen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Bundesminister Hans Eichel

    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002
    Friedrich Merz

    Herr Bundeskanzler, Sie beklagen sich in diesen Tagen
    darüber, dass Sie Gegenstand der politischen Satire in
    Deutschland werden. In der Tat hat die politische Satire
    Konjunktur, weil sie von der politischen Realität jeden
    Tag überboten wird.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Herr Bundeskanzler, in den ersten Jahren Ihrer Amtszeit
    haben Sie diese Spaßgesellschaft durchaus gern in An-
    spruch genommen. Jetzt schlägt die Spaßgesellschaft
    zurück und Sie sind nicht mehr handelndes Subjekt, son-
    dern Objekt der Spaßgesellschaft. Um es auf einen ganz
    einfachen Nenner zu bringen: Wer als Bundeskanzler in
    guten Zeiten zu Thomas Gottschalk geht, der taucht in
    schlechten Zeiten bei Harald Schmidt wieder auf. So ein-
    fach ist das, Herr Bundeskanzler.


    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Meine Damen und Herren, der Bundesfinanzminister
    ist offensichtlich hochgradig nervös wegen der Aussagen
    vor dem Untersuchungsausschuss,


    (Lachen bei der SPD – Zuruf von der SPD: Koch ist nervös!)


    den wir in dieser Woche einsetzen werden.

    (Bundeskanzler Gerhard Schröder verlässt den Plenarsaal – Zuruf von der CDU/CSU: Das hat jetzt gereicht; das ist der technische K. o.!)


    – Herr Bundeskanzler, ich finde, das deutsche Parlament
    hat Anspruch darauf, dass Sie in der Debatte über die Ein-
    bringung des Bundeshaushalts 2003 hier anwesend blei-
    ben.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Draußen hören und sehen uns viele Menschen zu. Sie ver-
    folgen diese Debatte und werden sich ihr eigenes Urteil
    darüber bilden, wie die Regierungsbank besetzt ist und
    wie ernst die Bundesregierung die parlamentarische De-
    batte über das Wichtigste der Republik nimmt.


    (Widerspruch bei der SPD)

    Meine Damen und Herren, es wird Klage darüber ge-

    führt, dass der Untersuchungsausschuss, den wir am Don-
    nerstag hier einsetzen werden, unparlamentarisch sei und
    dass dessen Einsetzung an den Notwendigkeiten vorbei-
    gehe. Herr Finanzminister, ich möchte Sie dazu nur noch
    einmal an das erinnern, was Sie vor der Wahl gesagt ha-
    ben. Die letzte große finanzpolitische Debatte haben wir
    am 12. September in diesem Hause geführt. Bei dieser
    Gelegenheit haben Sie wörtlich gesagt:

    Nach 21,1 Milliarden Euro in diesem Jahr bleibt es
    bei der für 2003 geplanten Neuverschuldung in Höhe
    von 15,5 Milliarden Euro. An diesem Wert werden
    wir festhalten.

    Ende des Zitats von Hans Eichel am 12. September.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Hört! Hört!)


    Weniger als drei Monate später ist die Neuverschul-
    dung durch den jetzt eingebrachten Nachtragshaushalt für

    das laufende Haushaltsjahr nicht mehr bei 21,1Milliarden
    Euro, sondern bei 34,6 Milliarden Euro,


    (Zuruf von der FDP: 60 Prozent!)

    und für das nächste Jahr sind es nicht 15,5 Milliarden Euro,
    sondern mindestens 18,9 Milliarden Euro, die Sie schon
    jetzt einplanen müssen, und zwar bei Zugrundelegung
    außergewöhnlich optimistischer Daten für Konjunktur und
    Arbeitsmarkt, die nach unserer gegenwärtigen Einschät-
    zung im nächsten Jahr nicht zu erreichen sein werden.

    Herr Eichel, da haben Sie zehn Tage vor der Bundes-
    tagswahl von diesem Platz aus bewusst die Unwahrheit
    gesagt.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Sie haben sich dann in einer ganzen Reihe von Fern-

    sehsendungen geäußert. Drei Wochen vor der Wahl – wir
    beide sind zusammen in der Sendung gewesen – haben
    Sie gesagt: Wir machen keine Schulden. Das haben wir
    immer klar gemacht. Wir weichen nicht in Schulden aus.

    Tage später, fünf Tage vor der Wahl – und an dieser
    Stelle wird es wirklich ernst mit unserer Auseinanderset-
    zung –, wörtliches Zitat von Hans Eichel in der Wahlsen-
    dung „Ihre Wahl 2002“: Ich bin sicher, wir kriegen keinen
    blauen Brief aus Brüssel.

    Herr Eichel, zu diesem Zeitpunkt war die Frist, zu der
    Sie die Daten aus Deutschland nach Brüssel hätten mel-
    den müssen, bereits um fast drei Wochen verstrichen. Sie
    hätten die Daten am 1. September melden müssen. Sie ha-
    ben es nicht getan. Ich sage Ihnen, warum Sie es nicht ge-
    tan haben: Sie haben zu diesem Zeitpunkt – der Kollege
    Metzger hat das in nicht zu überbietender Offenheit und
    Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht – von den Beamten
    Ihres Hauses, vom Statistischen Bundesamt, von den For-
    schungsinstituten und von vielen anderen Beteiligten
    längst gewusst, dass die 2,9 Prozent, die Sie gemeldet ha-
    ben, mit der Realität nichts mehr zu tun haben. Sie haben
    gewusst, dass wir 3 Prozent deutlich überschreiten, und
    Sie haben wahrheitswidrig die deutsche Öffentlichkeit
    getäuscht. Das ist die Wahrheit!


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Es ist im Grunde ganz einfach, Herr Eichel. Da Sie mit

    der Autorität Ihres Amtes die deutsche Öffentlichkeit über
    das getäuscht haben, was die Staatsfinanzen in Deutsch-
    land wirklich ausmacht, und heute noch immer behaup-
    ten, Sie hätten es zum damaligen Zeitpunkt nicht gewusst,
    werden wir das in einem Parlamentarischen Untersu-
    chungsausschuss aufklären. Dort können Sie das wieder-
    holen und wir werden auch andere anhören. Aber dort sind
    Sie, anders als an dieser Stelle, unter Strafandrohung zur
    Wahrheit verpflichtet, Herr Eichel. Das ist der entschei-
    dende Unterschied.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Katrin Dagmar Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Wir sind sehr gespannt auf den Ministerpräsidenten!)


    Nun lassen Sie uns, meine Damen und Herren, auf die
    Haushaltsdaten zu sprechen kommen. Wir bekommen,
    wenn auch mit abnehmender Intensität, noch immer die
    Vorhaltung gemacht, alles, was Sie jetzt an Problemen


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    746


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 747

    hätten, sei sozusagen der 16-jährigen Amtszeit einer frü-
    heren Bundesregierung geschuldet.


    (Katrin Dagmar Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das meiste!)


    Ich habe gerade über die Neuverschuldung gesprochen,
    jetzt sage ich etwas zur Gesamtverschuldung. Ich habe
    mir die Zahlen noch einmal genau angesehen. Sie haben
    im Jahre 1998 eine Gesamtverschuldung des Bundes von
    685 Milliarden Euro übernommen. Das war eine relativ
    hohe Verschuldung, das ist wahr. Große Teile davon ha-
    ben etwas mit der deutschen Einheit zu tun. Gut, dass Sie
    das heute von diesem Platz aus einmal gesagt haben. Das
    war lange überfällig.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Vier Jahre später liegt die Bundesschuld bei 725 Milliar-
    den Euro. Ohne die UMTS-Lizenzerlöse von 50 Milliar-
    den Euro läge sie bei 775 Milliarden Euro. Das sind fast
    100 Milliarden Euro mehr, als Sie 1998 übernommen ha-
    ben. Im Jahre 2003 wird die Verschuldung weiter anstei-
    gen, nach Ihrer eigenen Finanzplanung mindestens auf
    744 Milliarden Euro. Ohne UMTS-Lizenzerlöse lägen
    wir bei fast 800 Milliarden Euro Verschuldung allein des
    Bundes. Hören Sie bitte endlich auf, zu erzählen, dass Sie
    die Gesamtverschuldung des Bundes senken. Sie steigt
    weiter an, und zwar in unverantwortlicher Weise.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Nun beklagen Sie vor diesem Hintergrund nicht ohne

    Anlass den Verfall der Steuerbasis. Ja, Herr Eichel, da-
    mit haben Sie in der Tat Recht. Die Steuerbasis wird im-
    mer schmaler und das hat im Wesentlichen damit zu tun,
    dass Sie im Jahre 2000 eine Steuerreform gemacht haben,
    vor der wir Sie gewarnt haben, bei der Sie sich aber über
    alle Warnungen hinweggesetzt haben. Tatsache ist, dass
    Sie seit dem Jahre 2001 einen massiven Einbruch der Kör-
    perschaftsteuer zu verzeichnen haben, der eben nicht über
    die Kapitalertragsteuer zurück in den Bundeshaushalt
    fließt. Das ist rund ein Drittel; zwei Drittel fehlen den
    Ländern und dem Bund auf Dauer.

    Außerdem, Herr Eichel, hat Sie im Jahre 2000 niemand
    dazu gezwungen, bereits versteuerte Unternehmens-
    gewinne im Nachhinein zu entlasten. Wenn Sie es schon
    gemacht haben, dann war es von nicht zu überbietender
    Naivität, zu glauben, dass die Unternehmen, die solche
    Eigenkapitalbestände haben, diese über einen Zeitraum
    von 15 Jahren ausschütten und nicht sofort. Das war
    schlicht und ergreifend naiv. Ich weiß nicht, ob Sie zu
    Hause einen Hund haben, Herr Eichel. Aber wenn Sie ei-
    nen haben, fahren Sie einmal am Wochenende nach
    Hause, halten Sie ihm eine Wurst vor und sagen Sie ihm:
    „Das ist jetzt für vier Wochen.“


    (Heiterkeit bei der CDU/CSU und der FDP)

    So ähnlich haben Sie sich in der Steuerpolitik verhalten.
    Es war von nicht zu überbietender Naivität, was Sie da ge-
    macht haben.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Mit dem, was heute hier vorgelegt wird, wird ein wei-

    terer Betrug am Wähler vorbereitet.

    (Ute Kumpf [SPD]: Ein bisschen mehr Vor sicht mit den Worten, Herr Merz!)


    Ich will Ihnen dies anhand eines konkreten Details Ihres
    Haushaltsplanentwurfs für das Jahr 2003 nachweisen.
    Herr Bundeskanzler, Sie haben vor etwa einem halben
    Jahr von dieser Stelle aus versprochen, ein Programm zur
    finanziellen Förderung der Ganztagsbetreuung in den
    Schulen in Deutschland aufzulegen.


    (Katrin Dagmar Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das ist auch richtig! – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir halten unsere Versprechen!)


    Vor der Wahl haben Sie viermal 1 Milliarde Euro für die
    Schulen in Deutschland, beginnend mit dem Jahr 2003,
    versprochen. In den Bundeshaushaltsplan des Jahres 2003
    stellen Sie aber nicht 1 Milliarde Euro, sondern 300 Mil-
    lionen Euro ein. Dies ist der erste Teil.

    Der zweite Teil wird viel gravierender werden: Es be-
    findet sich eine Verwaltungsvereinbarung mit den Län-
    dern in Vorbereitung, die den Ländern nach der gegen-
    wärtigen Planung – ich betone: gegenwärtig, sie ist nicht
    abgeschlossen – nur erlauben soll, von diesen Zuschüssen
    des Bundes neue Gebäude zu errichten.


    (Hans Eichel, Bundesminister: Das ist falsch!)

    Der Wunsch der Länder, davon etwa auch Bibliotheken fi-
    nanzieren zu können, ist bisher von Ihnen abgelehnt wor-
    den.


    (Hans Eichel, Bundesminister: Falsch! Alles falsch!)


    Was Sie hier machen, ist typisch für sozialdemokrati-
    sche Politik: Beton statt Bücher, Suppenküchen statt Bi-
    bliotheken. So kommt man in Deutschland in der Bil-
    dungspolitik nicht weiter.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Sie stellen sich heute Morgen hier allen Ernstes hin und
    sagen, dass die Politik der Steuersenkung der rot-grünen
    Bundesregierung fortgesetzt werde. Wer das als Fernseh-
    zuschauer oder als Zuhörer an den Radiogeräten mitbe-
    kommen hat, muss dies angesichts der tatsächlichen Lage
    in den Unternehmen und den privaten Haushalten gera-
    dezu als blanken Hohn empfunden haben.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Gleichzeitig mit dieser Behauptung legen Sie hier ein

    Steuergesetz vor. Sie haben es euphemistisch Steuer-
    vergünstigungsabbaugesetz genannt. Wenn man Ihnen
    zugehört hat, hat man zwischenzeitlich den Eindruck be-
    kommen, dass jeder, der nicht 100 Prozent Steuern zahlt,
    irgendwelche Subventionen bekommt. Dies ist ungefähr
    Ihre Denkweise, die dahinter steckt. Sie legen ein Steuer-
    vergünstigungsabbaugesetz vor, mit dem insgesamt
    41 Steuererhöhungen verbunden sein sollen.

    Herr Bundeskanzler, was hat sich eigentlich nach der
    Wahl geändert? Sie haben vor der Wahl mehrfach – ich
    könnte Ihnen reihenweise Zitate vortragen – gesagt und
    Sie haben damals Recht gehabt: Dies ist nicht die Zeit für
    Steuererhöhungen. Die konjunkturelle Lage der Bundesre-
    publik Deutschland ist ungeeignet für Steuererhöhungen.

    Friedrich Merz

    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002
    Friedrich Merz
    – Was hat sich daran eigentlich mit dem 22. Septem-
    ber 2002 geändert?


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Es ist noch schlimmer geworden!)


    Wir haben heute einen Gesetzentwurf vorliegen, der mehr
    als 40 Steuererhöhungen umfasst, und hier sitzt der
    Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokratischen Partei
    Deutschlands, der nichts Besseres zu tun hat, als am letz-
    ten Sonntag noch einmal anzukündigen, dass es im nächs-
    ten Jahr fröhlich weitergeht. Was ist in diesem Land ei-
    gentlich los?


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Jetzt diskutiert die gesamte Republik über die Wieder-

    einführung der Vermögensteuer.Herr Bundeskanzler, wie
    ist eigentlich Ihre Meinung dazu? Vor zwei Jahren haben
    Sie richtigerweise und klugerweise gesagt: Die Wiederein-
    führung der Vermögensteuer werden wir Sozialdemokraten
    nicht betreiben. – Was hat sich seitdem eigentlich geändert,
    außer dass jetzt ganz offensichtlich – dies durchzieht sämt-
    liche Gesetzgebungsverfahren, die wir hier beraten, wie ein
    roter Faden – auf die Politik der Sozialdemokraten – weni-
    ger der Grünen – von Teilen der deutschen Gewerkschaften
    ein so dominanter Einfluss ausgeübt wird, dass ganz offen-
    sichtlich die Resozialdemokratisierung der gesamten Wirt-
    schaftspolitik auf der Tagesordnung steht? Ist es das, Herr
    Bundeskanzler, was sich geändert hat?

    Ich höre, dass Sie morgen hier eine längere Erklärung
    abgeben wollen, dass Sie auch etwas zu all den Dingen,
    die sich in den letzten Tagen zugetragen haben, sagen
    möchten. Es wäre gut, wenn Sie auch zu diesem Thema
    etwas sagen würden und diese unselige Debatte über die
    Vermögensteuer in Deutschland möglichst schnell been-
    den würden.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Herr Bundeskanzler, wenn Sie noch Argumente zum

    Thema Vermögensteuer brauchen – –

    (Ute Berg [SPD]: Brauchen wir nicht, danke!)


    – Ich weiß, dass dies in Ihren Reihen ignoriert wird. Aber
    was macht es eigentlich für einen Sinn, eine Vermögen-
    steuer zu erheben, von der diejenigen, die sich damit be-
    schäftigen, wissen müssten, dass sie von Beziehern unterer
    Einkommen ohnehin nicht erhoben werden kann – darüber
    darf kein Streit bestehen –, dass sie aber von den Bezie-
    hern der obersten Einkommen in dieser Republik gar
    nicht erhoben werden darf, weil deren Belastung durch
    Einkommensteuer,


    (Ute Kumpf [SPD]: Das stimmt doch gar nicht mehr!)


    Solidaritätszuschlag und bei dem einen oder anderen noch
    durch Kirchensteuer bereits bei über 50 Prozent liegt?


    (Joachim Poß [SPD]: Das ist die merzsche Interpretation!)


    Wie wollen Sie, meine Damen und Herren von den Sozi-
    aldemokraten, das den Menschen in Deutschland eigent-
    lich erklären?


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Wenn Sie ein Problem damit haben, das zu erklären,
    dann fällt es Ihnen vielleicht leichter, einen Blick auf die
    Betriebe in diesem Land zu richten. Wie wollen Sie den
    Menschen in Deutschland eigentlich erklären, dass nach
    Ihrem Konzept einer betrieblichen Vermögensteuer, das da
    so langsam aus dem Nebel auftaucht, jenseits eines Frei-
    betrages von 2,5 Millionen Euro – das ist kleiner Mittel-
    stand; das sind nicht die Unternehmen der Großindustrie;
    ein Betriebsvermögen von 2,5 Millionen Euro haben Sie
    schon mit einem Betriebsgrundstück und ein paar Maschi-
    nen; da ist man ganz schnell bei 2,5 Millionen Euro –
    1 Prozent Vermögensteuer bezahlt werden muss, selbst
    dann, wenn das Unternehmen keinen Gewinn abwirft,
    selbst dann, wenn das Unternehmen tiefrote Zahlen
    schreibt? Und bei solchen Debatten in Deutschland wun-
    dern Sie sich noch darüber, dass die Stimmung in diesem
    Land so ist, wie sie ist! Kein Land auf dieser Welt käme
    auf die Idee, am Rande einer Rezession eine solche De-
    batte zu führen, wie Sie sie hier führen. Herr Bundeskanz-
    ler, beenden Sie dieses Schauspiel noch morgen, damit es
    in diesem Land endlich wieder aufwärts gehen kann!


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich mache Ihnen ohnehin zum Vorwurf, dass Sie of-

    fenkundig kein Gespür für die psychologische Lage einer
    Volkswirtschaft haben.


    (Katrin Dagmar Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das müssen Sie gerade sagen! Der Oberangstmacher der Republik!)


    Man kann über vieles diskutieren, auch über viele Vor-
    schläge, aber ein Land, das sich – ich sage es noch einmal –
    am Rande einer Rezession befindet, kann doch nicht allen
    Ernstes klaglos eine Regierung hinnehmen, die nichts
    Besseres zu tun hat, als nach der Bundestagswahl wo-
    chenlang nur über höhere Belastungen der Menschen in
    diesem Land zu sprechen. Da kann man sich doch nicht
    darüber wundern, dass die Stimmung so ist, wie sie ge-
    genwärtig ist!


    (Ute Kumpf [SPD]: Herr Merz, was wollen Sie denn eigentlich?)


    Sie täuschen die Menschen und die Menschen merken,
    dass sie von dieser Regierung getäuscht werden, wenn Sie
    über die Absenkung der Sozialversicherungsbeiträge re-
    den. Herr Eichel, auch Sie haben es eben von dieser Stelle
    aus wieder getan.


    (Ute Kumpf [SPD]: Was ist denn Ihr Vorschlag, Herr Merz?)


    Die Absenkung der Sozialversicherungsbeiträge findet
    doch nicht statt. Gestern hat die größte deutsche Ersatz-
    krankenkasse beschlossen, dass die Beiträge zum 1. Ja-
    nuar auf über 15 Prozent angehoben werden. Die Renten-
    versicherungsbeiträge liegen doch nur deshalb noch
    gerade eben unter 20 Prozent, weil Sie sie mit der Öko-
    steuer künstlich heruntersubventionieren. In Wahrheit lä-
    gen sie mittlerweile bei knapp 22 Prozent. Im Portemon-
    naie der Arbeitnehmer und Betriebe macht sich alles das
    bemerkbar, egal, was auf dem Etikett steht, ob „Sozial-
    versicherungsbeitrag“ oder „Steuer“. Die Belastung der
    Menschen hat einen historischen Höchststand in Deutsch-
    land erreicht.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)



    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    748


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 749

    Sie wissen, dass das so ist, Herr Eichel, und reden hier
    trotzdem anders, also wider besseres Wissen.

    Sie sprechen jetzt auch über die Dienstwagenbesteue-
    rung.Meine Damen und Herren von den Sozialdemokra-
    ten, das ist doch Ihr Wählerpotenzial! Es sind doch nicht
    die Fahrer von Dienstwagen der S-Klasse, sondern es sind
    die Außendienstmitarbeiter, die unselbstständigen Han-
    delsvertreter, die Menschen, die einen Polo oder einen
    Golf fahren, die jetzt 50 Prozent mehr Steuern für die pri-
    vate Nutzung ihrer Fahrzeuge bezahlen sollen, also dafür,
    dass sie nach einem 12- oder 14-Stunden-Tag abends mit
    dem Dienstwagen privat nach Hause fahren dürfen. Be-
    greifen Sie denn nicht, was Sie mit diesem Unfug für die
    gesamte deutsche Automobilindustrie anrichten? Wann
    waren Sie das letzte Mal in Hannover und haben mit dem
    Vorstand von VW gesprochen?


    (Ute Kumpf [SPD]: Er war in Stuttgart, bei Daimler!)


    Die müssten Ihnen, Herr Bundeskanzler, doch längst ge-
    sagt haben, dass das wirtschaftspolitisch ein Ei ist, das Ih-
    nen von denen, die das vorgeschlagen haben, ins Nest ge-
    legt worden ist.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Jetzt reden Sie über die Wertzuwachssteuer bei Ak-

    tien- und bei Grundstücksverkäufen. Natürlich ist es
    wahr, dass es in vielen anderen Industrienationen eine so
    genannte Capital-Gains-Besteuerung gibt. Aber dieses
    Argument, Herr Eichel, können Sie nicht verwenden;
    denn in den Ländern, in denen eine solche Steuer erhoben
    wird, ist die Durchschnittsbelastung des Einkommens sig-
    nifikant niedriger als in Deutschland. Deswegen werden
    alle diejenigen, die abhauen können, schon angesichts der
    Ankündigung, dass Sie so etwas einführen, mit ihrem
    Wertpapierbesitz dieses Land verlassen und sie werden je-
    denfalls bei dieser Bundesregierung nie wiederkommen,
    weil selbst dann, wenn Sie die Steuer doch nicht ein-
    führen, jedes Vertrauen zerstört ist und man nicht weiß, ob
    das Thema in diesem Land nicht zwölf Monate später
    wieder auf den Tisch kommt.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Dann haben Sie den Vorschlag gemacht, die Eigen-

    heimzulage zu korrigieren. Man kann über das Thema re-
    den – beim Altbaubestand insbesondere in den neuen Län-
    dern gibt es durchaus Probleme –, aber stellen Sie bitte
    nicht allen Ernstes die Behauptung auf, dass sich für Fa-
    milien mit Kindern nichts ändert. Was Sie hier machen,
    ist eine glatte Täuschung der Öffentlichkeit. Bei Altbau-
    ten müssten diejenigen, die heute zwei Kinder haben,
    mindestens acht Kinder haben, damit sich nichts ändert


    (Heiterkeit bei der CDU/CSU)

    – das kann man ja noch schaffen –; aber bei Neubauten
    müssten diejenigen, die nicht schlechter gestellt werden
    wollen, mindestens 46 Kinder haben.


    (Heiterkeit bei der CDU/CSU und der FDP)

    Das bekommt keiner von uns in diesem Lande hin. Des-
    halb bedeutet dieser Vorschlag eine Täuschung der Öf-
    fentlichkeit.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Deswegen will er die Türkei dabeihaben!)


    Sie haben mit beredten Worten über die Ausnahmen bei
    der Mehrwertsteuer gesprochen. Man kann, wie bei je-
    der Steuerart, natürlich über Ausnahmen und niedrigere
    Sätze nachdenken. Ich will Sie, Herr Bundeskanzler, aber
    daran erinnern, dass Sie am 12. Oktober des Vorjahres –
    das ist etwas länger als ein Jahr her – eine Betriebsver-
    sammlung bei der Lufthansa in Frankfurt besucht und dort
    vor laufenden Kameras öffentlich erklärt haben, dass Sie,
    Gerhard Schröder, der Bundeskanzler der Bundesrepublik
    Deutschland, dafür stehen, dass die deutsche Lufthansa
    im internationalen Vergleich insbesondere ihren Wettbe-
    werbern gegenüber durch Maßnahmen Ihrer Bundesre-
    gierung nicht schlechter gestellt wird.

    Ich stelle Ihnen die Frage: Warum lassen Sie zu, dass
    jetzt für den gesamten Flugverkehr über dem Territorium
    der Bundesrepublik Deutschland einschließlich der Luft-
    hansa doch eine Ausnahme aufgestellt wird, indem Sie
    das Mehrwertsteuerprivileg streichen? Man kann darüber
    reden, aber wenn man solche Änderungen vornimmt,
    dann müssen sie für alle in Europa gelten. Es darf keine
    einseitige Belastung der größten deutschen Fluggesell-
    schaft entstehen. Das ist eine Belastung, Herr Bundes-
    kanzler, von der Sie noch vor einem Jahr ausdrücklich
    auf dieser Betriebsversammlung gesagt haben, dass sie
    mit Ihnen nicht entsteht. Warum steht sie nun in dem Ent-
    wurf des Gesetzes, das wir heute hier in erster Lesung be-
    raten?


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)


    Meine Damen und Herren, der Bundesfinanzminister
    hat an dieser Stelle zum wiederholten Male etwas über
    die Finanzen der Länder und Kommunen gesagt. Ich teile
    seine Einschätzung: Die Länder und Kommunen befin-
    den sich hinsichtlich ihrer Finanzen in einer außer-
    gewöhnlich schwierigen Lage. Aber mit dem Verweis
    darauf, dass 55 Prozent des Gesamthaushaltes Länder-
    haushalte und kommunale Haushalte betreffen, kommen
    Sie nicht durch. Die andere Seite der Medaille ist doch,
    dass Länder und Gemeinden von der Gesetzgebung, die
    der Bund macht, weitgehend abhängig sind. Die Länder
    verfügen über keine nennenswerten eigenen Steuer-
    quellen und sie haben praktisch keine eigenen Steuer-
    hebemöglichkeiten; bis auf ganz geringfügige eigene
    Steuereinnahmequellen geht es den Gemeinden ähnlich.
    Sie sind abhängig von der Gesetzgebung des Bundes und
    dieser Bundesregierung.

    Damit sind wir an dem entscheidenden Punkt, der uns
    trennt: Sie rufen uns hier und an anderer Stelle immer wie-
    der dazu auf, wir sollten Alternativen vorlegen, wie die
    Haushaltsprobleme gelöst werden können.


    (Ute Kumpf [SPD]: Wo sind denn Ihre, Herr Merz? – Weitere Zurufe von der SPD)


    – Wenn Sie, meine Damen und Herren, nicht so laut da-
    zwischenrufen würden, dann könnten Sie mich auch ver-
    stehen. Ich sage Ihnen, welche Alternative besteht. Wir
    begeben uns mit Ihnen nicht in einen Wettbewerb um die

    Friedrich Merz

    Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002
    Friedrich Merz
    Frage, wer in diesem Land die Steuern am meisten erhöht.
    Das werden wir nicht tun.


    (Katrin Dagmar Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Was ist denn Ihr Vorschlag? Sie sagen immer nur, was Sie nicht wollen, Herr Merz!)


    Die gegenwärtige Lage unserer Volkswirtschaft ist voll-
    kommen ungeeignet für eine Debatte über Steuererhö-
    hungen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Das Gegenteil ist richtig. Wir müssen diesem Land und

    insbesondere den mittelständischen Unternehmen wieder
    eine Perspektive geben und Steuern senken. Davon, was
    Sie über Steuersenkungen in den Jahren 2004 und 2005
    gesagt haben, Herr Eichel, glaube ich Ihnen kein einziges
    Wort, solange nicht das Jahr 2004 begonnen hat; denn Sie
    haben mit den gleichen Worten von dieser Stelle aus und
    auch schon in Bonn erklärt, dass eine Steuersatzsenkung
    zum 1. Januar 2003 in Kraft treten soll.


    (Katrin Dagmar Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Herr Merz, das ist jetzt aber wirklich peinlich! Das ist unglaublich!)


    Es musste nur ein Ereignis eintreten – das war die Flut –,
    die Ihnen Alibi genug war, diese Steuersenkung auszuset-
    zen. Ich sage Ihnen voraus: Wenn Sie zu diesem Zeitpunkt
    überhaupt noch im Amt sein sollten – über Ihre Ablösung
    wird ja offen diskutiert –, dann wird Ihnen aus diesen Rei-
    hen spätestens in der zweiten Jahreshälfte 2003 eine De-
    batte aufgezwungen werden, dass nicht auch die Senkun-
    gen für 2004 und 2005 außer Kraft gesetzt werden oder
    gar nicht stattfinden. Ich glaube Ihnen kein Wort.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Das Entscheidende, Herr Eichel, ist doch, dass wir

    endlich wieder zu Wachstum und Beschäftigung auf dem
    ersten Arbeitsmarkt kommen müssen. Deswegen sage
    ich Ihnen, was unser Vorschlag hierzu ist. Ich mache Ih-
    nen das konkrete Angebot, dieses unselige Gesetz gegen
    die Scheinselbstständigkeit noch vor dem Jahreswechsel
    ersatzlos zu streichen. Sie haben dafür unsere uneinge-
    schränkte Zustimmung. Machen Sie es!


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Wir müssen einen Niedriglohnsektor schaffen. So, wie

    Sie mit den Hartz-Vorschlägen umgehen, geht das nicht.

    (Katrin Dagmar Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Warum sind Sie dann dagegen?)


    Ich schlage Ihnen vor: Kehren Sie an dieser Stelle auch
    beim Thema Zeitarbeit zu dem zurück, was Ihnen Hartz
    vorgeschlagen hat! Wenn Sie das Konzept im Verhältnis
    1 : 1 umsetzen, werden Sie nicht an unserem Widerstand
    scheitern.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Ich schlage Ihnen des Weiteren vor, dass wir wenigstens

    für ältere Arbeitslose in Deutschland eine intelligente Lö-
    sung für die Änderung des Kündigungsschutzgesetzes
    finden. Wir haben dazu konkrete Vorschläge gemacht.

    Herr Bundeskanzler, Sie sprechen offensichtlich wie-
    der mit einigen Unternehmens- und Verbandsvertretern –

    mit den Gewerkschaftsvorsitzenden reden Sie ohnehin
    täglich – und wollen das Bündnis für Arbeit wiederbele-
    ben. Ich mache Ihnen den Vorschlag, diese Gespräche
    dazu zu nutzen, betriebliche Bündnisse für Arbeit in
    Deutschland einzuführen.


    (Ute Kumpf [SPD]: Alte Hüte!)

    Das wäre ein Beitrag zu einer wirklichen Flexibilisierung
    und Mobilisierung unseres Arbeitsmarkts.


    (Ute Kumpf [SPD]: Das existiert doch schon längst!)


    Es wäre die Rückkehr zu Wachstum und Beschäftigung in
    Deutschland.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)