Rede:
ID1501200200
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Metadaten- insert_drive_fileAus Protokoll: 15012
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tocInhaltsverzeichnisErweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . 733 A Tagesordnungspunkt 1: a) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bun- deshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2003 (Haushaltsgesetz 2003) (Drucksache 15/150) . . . . . . . . . . . . . . 733 D b) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung eines Nachtrags zum Bundeshaushaltsplan für das Haushaltsjahr 2002 (Nach- tragshaushaltsgesetz 2002) (Drucksache 15/149) . . . . . . . . . . . . . . 733 D c) Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht über den Stand und die voraussichtliche Ent- wicklung der Finanzwirtschaft des Bundes (Drucksache 15/151) . . . . . . . . . . . . . . 734 A in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 2: Erste Beratung des von den Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zum Abbau von Steuervergünstigungen und Ausnahmeregelungen (Steuervergüns- tigungsabbaugesetz – StVergAbG) (Drucksache 15/119) . . . . . . . . . . . . . . . . . 734 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 1: Antrag der Abgeordneten Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Andreas Pinkwart, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: Weniger Staat – weniger Steuern (Drucksache 15/122) . . . . . . . . . . . . . . . . 734 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Abgeordneten Dr. Hermann Otto Solms, Jürgen Koppelin, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der FDP: Keine Erhöhung der Mehrwertsteuer (Drucksache 15/123) . . . . . . . . . . . . . . . . 734 B Hans Eichel, Bundesminister BMF . . . . . . . . 734 C Friedrich Merz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 745 C Joachim Poß SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 750 D Dr. Günter Rexrodt FDP . . . . . . . . . . . . . . . . 754 A Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 755 D Dietrich Austermann CDU/CSU . . . . . . . . . . 758 D Walter Schöler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 762 D Dr. Hermann Otto Solms FDP . . . . . . . . . . . . 766 A Anja Hajduk BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 768 A Dr. Gesine Lötzsch fraktionslos . . . . . . . . . . 770 B Bartholomäus Kalb CDU/CSU . . . . . . . . . . . 771 C Jörg-Otto Spiller SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 773 C Dr. Hermann Otto Solms FDP . . . . . . . . . 776 A Dr. Michael Meister CDU/CSU . . . . . . . . . . 776 D Lothar Binding (Heidelberg) SPD . . . . . . . . . 779 C Plenarprotokoll 15/12 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 12. Sitzung Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 I n h a l t : Tagesordnungspunkt 7: a) Beratung des Antrags der Bundesregie- rung: Beteiligung bewaffneter deut- scher Streitkräfte an dem NATO- geführten Einsatz auf mazedoni- schem Territorium zur weiteren Sta- bilisierung des Friedensprozesses und zum Schutz von Beobachtern internationaler Organisationen im Rahmen der weiteren Implementie- rung des politischen Rahmenabkom- mens vom 13. August 2001 auf der Grundlage des Ersuchens des maze- donischen Präsidenten Trajkovski vom 21. November 2002 und der Re- solution 1371 (2001) des Sicherheits- rates der Vereinten Nationen vom 26. September 2001 (Drucksache 15/127) . . . . . . . . . . . . . . 782 A b) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 18. Februar 2002 zwischen derRegie- rung der Bundesrepublik Deutsch- land und derRegierung derRepublik Polen über die Zusammenarbeit der Polizeibehörden und derGrenzschutz- behörden in den Grenzgebieten (Drucksache 15/11) . . . . . . . . . . . . . . . 782 B c) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 26. Juli 2001 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen Republik über den Bau einer Grenz- brücke an der gemeinsamen Staats- grenze in Anbindung an die Bundes- straße B 20 und die Staatsstraße I/26 (Drucksache 15/12) . . . . . . . . . . . . . . . 782 C d) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des inter- nationalen Insolvenzrechts (Drucksache 15/16) . . . . . . . . . . . . . . . 782 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Weitere Überweisung im vereinfachten Verfahren (Ergänzung zu TOP 7): Beratung des Antrags der Bundesregie- rung: Fortsetzung der Beteiligung be- waffneter deutscher Streitkräfte an dem Einsatz einer Internationalen Sicher- heitsunterstützungstruppe in Afghanis- tan auf Grundlage der Resolutionen 1386 (2001) vom 20. Dezember 2001, 1413 (2002) vom 23. Mai 2002 und 1444 (2002) vom 27. November 2002 des Si- cherheitsrates der Vereinten Nationen (Drucksache 15/128) . . . . . . . . . . . . . . . . 782 C Tagesordnungspunkt 8: a) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelüber- sicht 1 zu Petitionen (Drucksache 15/57) . . . . . . . . . . . . . . . 782 D b) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelüber- sicht 2 zu Petitionen (Drucksache 15/58) . . . . . . . . . . . . . . . 783 A c) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelüber- sicht 3 zu Petitionen (Drucksache 15/59) . . . . . . . . . . . . . . . 783 A d) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelüber- sicht 4 zu Petitionen (Drucksache 15/61) . . . . . . . . . . . . . . . 783 A e) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses Sammelüber- sicht 5 zu Petitionen (Drucksache 15/62) . . . . . . . . . . . . . . . 783 B Jürgen Trittin, Bundesminister BMU . . . . . . . 783 B Dr. Peter Paziorek CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 784 D Elke Ferner SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 787 A Birgit Homburger FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . 789 B Horst Kubatschka SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 790 C Arnold Vaatz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 792 A René Röspel SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 793 A Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 794 B Dr. Christian Eberl FDP . . . . . . . . . . . . . . . . 795 C Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker SPD . . . . . . 796 D Albrecht Feibel CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 798 C Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 800 C Dr. Peter Paziorek CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 801 D Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 802 B Edelgard Bulmahn, Bundesministerin BMBF 802 B Dr. Maria Böhmer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 805 D Ekin Deligöz BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 806 C Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 807 C Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002II Hans-Josef Fell BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 809 C Christoph Hartmann (Homburg) FDP . . . . . 811 A Ulla Burchardt SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 812 B Katherina Reiche CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 815 B Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 817 B Eckart von Klaeden CDU/CSU . . . . . . . . 818 C Grietje Bettin BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 819 B Cornelia Pieper FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 820 D Ulrich Kasparick SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 822 B Marion Seib CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 823 B Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 825 B Cornelia Pieper FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 825 D Renate Schmidt, Bundesministerin BMFSFJ 826 A Ina Lenke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 829 B Maria Eichhorn CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 829 D Ekin Deligöz BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 832 B Ina Lenke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 833 A Otto Fricke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 833 D Christel Humme SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 835 A Antje Tillmann CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 837 A Irmingard Schewe-Gerigk BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 840 A Klaus Haupt FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 841 B Marlene Rupprecht (Tuchenbach) SPD . . . . 842 C Thomas Dörflinger CDU/CSU . . . . . . . . . . . 844 C Zusatztagesordnungspunkt 4: Erste Beratung des vom Bundesrat einge- brachten Entwurfs eines Gesetzes zurAuf- hebung des Gesetzes zur Modulation von Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Än- derung des GAK-Gesetzes (Drucksache 15/108) . . . . . . . . . . . . . . . . 846 D Renate Künast, Bundesministerin BMVEL . . 847 A Gerda Hasselfeldt CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 848 D Matthias Weisheit SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 850 B Peter H. Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 851 C Hans-Michael Goldmann FDP . . . . . . . . . . . 852 B Gabriele Hiller-Ohm SPD . . . . . . . . . . . . . . . 853 D Ursula Heinen CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 855 A Matthias Berninger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 855 D Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 857 A Gudrun Kopp FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 859 D Waltraud Wolff (Wolmirstedt) SPD . . . . . . . 860 A Helmut Heiderich CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 861 C Cornelia Behm BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 863 B Albert Deß CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 864 B Peter H. Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 865 B Michael Müller (Düsseldorf) SPD . . . . . . . . 866 B Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 868 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 869 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 III (A) (B) (C) (D) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 733 12. Sitzung Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 Beginn: 10.00 Uhr
-
folderAnlagen(A) (C) 868 Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 869 (C)(A) Adam, Ulrich CDU/CSU 03.12.2002* Borchert, Jochen CDU/CSU 03.12.2002 Bury, Hans Martin SPD 03.12.2002 Büttner (Schönebeck), CDU/CSU 03.12.2002 Hartmut Dr. Däubler-Gmelin, SPD 03.12.2002 Herta Eymer (Lübeck), Anke CDU/CSU 03.12.2002 Gradistanac, Renate SPD 03.12.2002 Gröhe, Hermann CDU/CSU 03.12.2002 Großmann, Achim SPD 03.12.2002 Hörster, Joachim CDU/CSU 03.12.2002* Hofbauer, Klaus CDU/CSU 03.12.2002 Kubicki, Wolfgang FDP 03.12.2002 Lintner, Eduard CDU/CSU 03.12.2002* Dr. Lucyga, Christine SPD 03.12.2002* Möllemann, Jürgen W. FDP 03.12.2002 Dr. Pinkwart, Andreas FDP 03.12.2002 Rauber, Helmut CDU/CSU 03.12.2002** Schild, Horst SPD 03.12.2002 Dr. Stadler, Max FDP 03.12.2002 Wellenreuther, Ingo CDU/CSU 03.12.2002 * für die Teilnahme an den Sitzungen der Westeuropäischen Union ** für die Teilnahme an den Sitzungen der Parlamentarischen Ver- sammlung des OSZE entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage zum Stenografischen Bericht Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
-
insert_commentVorherige Rede als Kontext
Rede von Hans Eichel
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Her-
ren! Deutschland steht am Anfang des 21. Jahrhunderts vor
großen Herausforderungen: die deutsche Einheit zu ge-
stalten – wir sind auf halbem Wege; wir brauchen noch eine
halbe Generation; die Einheit zu vollenden haben wir uns
mit dem Solidarpakt II vorgenommen –, die europäische
Einheit mit zu gestalten, offensiv in den Binnenmarkt hin-
einzugehen – das wird eine Menge von Verhaltensänderun-
gen auch in unserem Lande erfordern –, die Situation
Deutschlands und vor allem die Situation der deutschen
Wirtschaft in einer globalisierten Welt zu stärken – dies al-
les vor dem Hintergrund einer alternden Gesellschaft.
In der Mitte dieses Jahrhunderts wird sich die Zahl der
Älteren, die dann Rentenempfänger sein werden, im Ver-
hältnis zu der Zahl derer, die dann Beitragszahler sein
werden, verdoppelt haben. Dies wirft schwerwiegende
Fragen nach der Generationengerechtigkeit in unserer Ge-
sellschaft auf, die nicht einfach zu beantworten sind.
Deutschland braucht deshalb am Beginn des 21. Jahr-
hunderts tief greifende Reformen.Die Regierung Schröder
hat damit begonnen. Wir waren dabei erfolgreich.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei der CDU/CSU)
– Meine Damen und Herren, man muss immer wieder da-
ran erinnern: Wenn Sie mit der Haushaltskonsolidierung
begonnen hätten, hätten wir heute eine Reihe von Proble-
men weniger.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
Die Haushaltskonsolidierung können Sie an Zahlen
ablesen. 1999, als ich das Amt antrat, waren 21,4 Prozent
unserer Steuern für Zinsen zu zahlen. Wir sind im nächs-
ten Jahr bei 19 Prozent. Diese Differenz von 2,4 Prozent-
punkten ist der Konsolidierungsgewinn der letzten vier
Jahre. Er wurde mühselig erarbeitet, und zwar von uns
und nicht von Ihnen. Sie haben das nicht zuwege ge-
bracht.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
Wir haben, entgegen der Mär, die Sie noch immer ver-
breiten, obwohl der Wahlkampf längst vorbei ist, auf der
Ausgabenseite konsolidiert. Der Bundeshaushalt 1998
hatte am Bruttoinlandsprodukt einen Anteil von 12,1 Pro-
zent. Der Bundeshaushalt des Jahres 2003 hat einen An-
teil von 11,3 Prozent. Das sind 0,8 Prozentpunkte bzw.
16 Milliarden Euro weniger. Das ist die Konsolidierung
auf der Ausgabenseite, die Sie nicht zuwege gebracht ha-
ben.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
Der Staat spart bei sich selber. Im Bereich des öffentli-
chen Dienstes haben schon Sie damit begonnen – das will
ich an dieser Stelle gerne sagen – und wir haben das konse-
quent weitergeführt: 1998 hatten wir 314000 Beschäftigte
beim Bund, im Jahre 2002 noch 288000. Die Zahl der Be-
schäftigten im öffentlichen Dienst des Bundes liegt im wie-
dervereinigten Deutschland also unter der Zahl, die die alte
(A)
(B)
(C)
(D)
734
(A)
(B)
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(D)
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 735
Bundesrepublik vor der Wiedervereinigung an Beschäftig-
ten aufzuweisen hatte. Das ist unser Konsolidierungserfolg.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
Wir haben die entscheidende Rentenstrukturreform
gemacht: Neben die umlagefinanzierte Rente tritt die kapi-
talgedeckte Eigenvorsorge, die steuerlich gefördert wird.
(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Und so ist die Rente sicher?)
Das war eine grundlegende Weichenstellung. Kein ande-
res großes Land auf dem Kontinent hat bisher eine solche
Rentenstrukturreform geschafft.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Bei allen Problemen, die wir in diesem Winter bekom-
men werden – ich komme noch darauf zu sprechen –, will
ich daran erinnern: Wir haben Arbeitslosigkeit abgebaut
und Beschäftigung aufgebaut.
(Lachen bei der CDU/CSU und der FDP – Volker Kauder [CDU/CSU]: Das ist eine Lachnummer!)
– Sie wollen das alles vergessen. Lassen wir einmal die
Zahlen sprechen: Von 1994 auf 1998 ist die Zahl der Er-
werbstätigen in Deutschland, und zwar immer zum ersten
Halbjahr, um 106 000 gestiegen und von 1998 auf 2002
um 1,3Millionen. Das ist der Zugewinn an Beschäftigung
in unserer Regierungszeit.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Mit Ihren Statistiktricks!)
Wir haben die Erwerbstätigenquote in Deutschland spür-
bar erhöht: Im Jahr 1994 lag sie bei 64,7 Prozent, im Jahr
1998 – damals haben wir die Regierung übernommen –
bei 63,9 Prozent und im vergangenen Jahr – das sind die
neuesten Zahlen – bei 65,7 Prozent. Das ist die Bilanz un-
serer Beschäftigungspolitik. Dass wir im Winter Proble-
me bekommen, weiß ich auch, aber man muss auch erken-
nen, dass wir weiter vorangekommen sind als Sie.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
Wir sind durch die Wachstumsschwäche in 2001 und in
2002 zurückgeworfen worden. Aber wir als die größte
Volkswirtschaft in der Europäischen Union mit der stärks-
ten Exportverflechtung aller großen Volkswirtschaften in
der Europäischen Union sind durch die bisherige Wachs-
tumsschwäche der Weltwirtschaft besser hindurchge-
kommen als die beiden anderen großen Industrienationen
dieser Erde. Japan hatte 2001 minus 0,1 Prozent zu ver-
zeichnen, die USA– sie werden von Ihnen immer als Vor-
bild propagiert – plus 0,3 Prozent und Deutschland – die
Zahlen waren auch nicht gerade toll – plus 0,6 Prozent.
Das ist doppelt so viel wie die Vereinigten Staaten. Das ist
unsere Lage in der Weltwirtschaft.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Michael Glos [CDU/CSU]: Eichel doppelt so gut wie die USA!)
Wir haben das im Bundeshaushalt im Jahr 2001 trotz
2 Prozent weniger Wachstum, als alle Institute vorausge-
sagt haben, mit einer Punktlandung verkraftet.
(Michael Glos [CDU/CSU]: Bruchlandung!)
Die Probleme im vergangenen Jahr, die mir die Diskus-
sion um den blauen Brief im Frühjahr eingetragen haben,
waren nicht vom Bund gemacht; die Länderhaushalte sind
im vergangenen Jahr aus dem Ruder gelaufen. Das ist die
Wahrheit.
(Beifall der Abg. Krista Sager [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])
Im Jahr 2002 allerdings, im zweiten Jahr der Wachstums-
schwäche, konnten wir nichts mehr daran ändern, dass es
auch den Bundeshaushalt getroffen hat, und zwar, anders
als die Länderhaushalte, die nur auf der Einnahmeseite
getroffen sind, auf der Einnahmeseite wie auch, weil wir
für den Arbeitsmarkt und die sozialen Sicherungssysteme
verantwortlich sind, auf der Ausgabenseite.
Man muss deutlich sagen: Die Veränderungsrate beim
Defizit in Deutschland lag von 2001 auf 2002 bei 1 Prozent.
Ich vergleiche das mit dem, was 2001 in Europa war und
was 2002 nach den Prognosen der Europäischen Kom-
mission sein wird. Das Defizit ist um 1 Prozentpunkt von
2,8 auf 3,8 Prozent gestiegen. Dabei kommt heraus, dass
acht Länder in der Europäischen Union eine weitaus stär-
kere Zielverfehlung als Deutschland haben. Diese Länder
aber hatten günstigere Ausgangsbedingungen. Bei uns war
dies nicht der Fall. Das ist unser Problem. Das heißt, wir sind
bei der Konsolidierung in einer Phase erwischt worden, als
wir noch keinen ausgeglichenen Haushalt hatten. Das ist
größtenteils der „Erfolg“ Ihrer Politik in den 90er-Jahren.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
Bei acht Ländern ist die Abweichung in der Wachstums-
abschwächung auf den Staatshaushalt zum Teil drama-
tisch stärker durchgeschlagen als bei uns: Luxemburg,
Schweden, Irland, Österreich, Großbritannien, Frank-
reich, Finnland und Dänemark. All diese Länder haben
eine stärkere Abweichung als wir. Ihr dauerndes Gerede,
wir seien das Schlusslicht in Europa, ist schlicht Unfug.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
In diesem Winter wird die Arbeitslosigkeit, wie ich
fürchte, wieder deutlich über 4 Millionen steigen. Herr
Hundt sprach heute Morgen von 4,3 Millionen Arbeitslo-
sen. Aber auch dann gilt: Es sind 500 000Arbeitslose we-
niger als im Winter 1997/98, als Sie die Verantwortung
trugen. Das wollen wir nicht vergessen. Wir lassen es
auch nicht zu, dass es vergessen wird.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das heißt nicht, dass man nicht alles dagegen tun muss.
Aber das heißt auch, alles dagegen zu tun, was Sie an
Falschmünzerei in die öffentliche Debatte in Deutschland
bringen. Mit uns nicht!
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Sie haben allen Grund, von Falschmünzerei zu reden!)
Bundesminister Hans Eichel
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002
Bundesminister Hans Eichel
Auch wenn die Ausgangslage schwieriger geworden
ist, bleibt es dabei: 2006 wird es einen ausgeglichenen ge-
samtstaatlichen Bundeshaushalt geben.
(Volker Kauder [CDU/CSU]: Sagen Sie die Wahrheit!)
2003 werden wir alle Anstrengungen unternehmen – un-
ser Konzept beweist dies –, um wieder unter die Defizit-
grenze von 3 Prozent zu kommen.
(Beifall des Abg. Lothar Mark [SPD])
Sie und Ihre Landesregierungen werden daran gemessen
werden, ob Sie dazu Ihren Beitrag leisten. Dem werden
Sie nicht mehr lange ausweichen können.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Sie sind doch schon bald im Ruhestand!)
Diesen Kurs einzuhalten – so schwierig das auch ist –
ist die entscheidende Voraussetzung dafür, dass wir
unserer Verpflichtung im Rahmen des europäischen
Stabilitäts- und Wachstumspaktes und für unsere ge-
meinsame Währung nachkommen. Damit geben wir der
Europäischen Zentralbank die Möglichkeit, mit der
Geldpolitik zum Wachstum beizutragen. Voraussetzung
dafür ist die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte.
Dies ist auch gegenüber unseren Kindern und Enkeln
angesichts einer alternden Gesellschaft unsere Verant-
wortung.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Der Weg freilich wird anstrengender. Der Nachtrags-
haushalt 2002 bringt – natürlich hat mir das keine Freude
gemacht – eine massive Erhöhung der Neuverschuldung
über das hinaus, was ich geplant hatte: von 21,1 auf
34,6Milliarden Euro. Im Rahmen von Art. 115 des Grund-
gesetzes liegt dem eine Störung des gesamtwirtschaft-
lichen Gleichgewichts zugrunde.
(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sie sind eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts!)
Es gibt keinen anderen vernünftigen Weg. Als sich die
Situation abzeichnete, wäre andernfalls ein Gegensteuern
in einem sich abflachenden Wirtschaftswachstum nur
noch durch das Stilllegen einer Reihe von Investitions-
vorhaben möglich gewesen. Ich kenne keinen Ökonomen
(Zurufe von der CDU/CSU: Das stimmt!)
– Sie können noch nicht einmal bis zum Ende zuhören –,
insbesondere nicht unter denen, die intensiv am europä-
ischen Stabilitäts- und Wachstumspakt festhalten, wie
auch ich das tue, die das für eine vernünftige Alternative
gehalten hätten.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Hier gilt, dass die automatischen Stabilisatoren wir-
ken müssen. Das heißt, dass man in einer konjunkturel-
len Schwächephase die Mindereinnahmen, die sich
durch geringere Steuereinnahmen ergeben, und die
Mehrausgaben, die man für den Arbeitsmarkt braucht,
hinnehmen muss, um in der nächsten Aufschwungphase
umso konsequenter zu konsolidieren. Genau das machen
wir.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Bei dieser Gelegenheit möchte ich einige Sätze zu der
unsäglichen Diskussion sagen, die heute Morgen in dem
von Herrn Altmaier geäußerten Vorwurf der Bilanzfäl-
schung gipfelte.
(Zurufe von der CDU/CSU: Ja!)
Ich weiß nicht, ob Ihnen noch bewusst ist, wohin Sie sich
mit einer solchen Verrohung der politischen Sprache in
diesem Land begeben.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der CDU/ CSU)
Glauben Sie, dass es besser würde, wenn ich mit dem Be-
griff „Verleumder“ antworten würde?
(Zuruf von der CDU/CSU: Das haben Sie doch gemacht!)
Wer so die Politik in diesem Lande gestaltet, hat zwar
nicht dieselbe ökonomische Basis wie die Weimarer Re-
publik geschaffen, aber er hat einen fundamentalen Feh-
ler von Weimar wiederholt, nämlich sich selber, die poli-
tische Klasse insgesamt, kaputtzumachen. Das aber tun
Sie!
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
Hans Mommsen hat mit seinem Artikel in der „Süddeut-
schen Zeitung“ sehr Recht. Mir ist bekannt, dass es in
Ihren Reihen viele gibt, die das auch nicht in Ordnung fin-
den. Sie sollten langsam dafür sorgen, dass Sie sich in Ih-
rer Partei durchsetzen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Michael Glos [CDU/CSU]: Wenn der Aufstand der Anständigen kommt, seid ihr weg!)
Es ist wirklich abenteuerlich. Alle Fakten werden mo-
natlich vom Bundesfinanzministerium veröffentlicht.
(Widerspruch bei der CDU/CSU)
Der verehrte neue stellvertretende CDU/CSU-Vorsit-
zende, Herr Böhr,
(Michael Glos [CDU/CSU]: Den haben Sie überhaupt nicht zu verehren! Das ist unsere Baustelle!)
forderte kürzlich eine gläserne Bundesregierung. Zu
diesem Zweck müssten vierteljährlich Einnahmen, Aus-
gaben und andere Daten veröffentlicht werden. Aber,
meine Damen und Herren, bereits seit August 2001 wird
auf meine Entscheidung hin monatlich veröffentlicht, wie
sich die Steuereinnahmen und Ausgaben entwickeln und
wie die Finanzierungssalden beim Bund und bei den Län-
dern aussehen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
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Prognosen allerdings erstellen wir nur dreimal im Jahr
(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Aber richtige!)
– dabei bleibt es auch, und zwar im Wahljahr wie in allen
anderen Jahren –, und zwar im Mai und November im Zu-
sammenhang mit den beiden Steuerschätzungen und im
Januar für den Jahreswirtschaftsbericht und das Stabilitäts-
programm.
Was Ihre negative Einschätzung angeht, gebe ich zu,
dass ich sie nicht in dem Maße teile, weil nämlich,
(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Wahlkampf war!)
als wir im Frühjahr das Wachstum für 2002 auf drei Vier-
tel Prozent geschätzt haben, alle wirtschaftswissenschaft-
lichen Forschungsinstitute darüber lagen. Ich möchte
aus dem Frühjahrsgutachten der Forschungsinstitute zi-
tieren:
Das Bruttoinlandsprodukt wird im Jahresverlauf
2002 um 2 1/4 Prozent steigen, im Jahresdurchschnitt
wegen der niedrigen Ausgangsbasis jedoch nur um
0,9 Prozent.
(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Das können Sie alles im Untersuchungsausschuss vortragen!)
Noch im August lagen fast alle Wirtschaftsforschungs-
institute über unseren Voraussagen: Ifo 0,7 Prozent, das
Hamburgische Welt-Wirtschafts-Archiv 0,7 Prozent, das
Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung
0,6 bis 0,7 Prozent, das Institut für Weltwirtschaft 1,2 Pro-
zent. Das einzige Institut, das unter unseren Voraussagen
lag, war das DIWmit 0,6 Prozent. Aber auch das DIW ist
ausdrücklich von einer Beschleunigung in der zweiten
Jahreshälfte ausgegangen. Das Institut für Wirtschaftsfor-
schung Halle ist von 0,9 Prozent ausgegangen, der Inter-
nationale Währungsfonds ebenfalls von 0,9 Prozent, die
OECD von 0,7 Prozent, Deutsche Bank 1,2 Prozent,
Dresdner Bank 1 Prozent und wir sind von drei Viertel
Prozent ausgegangen. Dass es im Herbst zu einer drama-
tisch schnellen Abwärtsentwicklung gekommen ist, ist
wohl wahr. Aber auch das ist klar: Der deutsche Finanz-
minister kann nur dann feststellen: „Wir reißen die 3 Pro-
zent“, wenn es zweifelsfrei feststeht und er muss auch die
internationalen Konsequenzen eines solchen Schritts be-
denken.
(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Sie wollten den blauen Brief vermeiden!)
Das würde sicherlich jeder tun, der dieses Amt innehat.
Für mich war hinsichtlich des Eingangs der tatsächli-
chen Steuern von September – denn das war der Abbruch
in 2001 – klar: Wenn wir 2002 unter den 3 Prozent hätten
bleiben wollen, hätten die Steuern deutlich über das Vor-
jahresergebnis hinausgehen müssen, wie im Oktober ge-
schehen. Im September war das allerdings nicht der Fall
und damit war kein Aufholen möglich.
(Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Fragen Sie mal in Ihrer eigenen Fraktion nach dem Unsinn!)
Das, was Sie mit dem beabsichtigen, was sie jetzt ver-
anstalten, liegt klar auf der Hand, übrigens auch für die
Finanzminister aller Bundesländer. Der Untersuchungs-
ausschuss wird eine spannende Veranstaltung werden.
Denn Sie haben in der Opposition eine Doppelstrategie
verfolgt: Herr Merz hat immer gesagt, dass alles mies sei,
während Frau Merkel und Herr Stoiber für das Verkünden
der Wohltaten zuständig waren. Wenn das, was Sie in
Ihrem 100-Tage-Programm versprochen haben, tatsäch-
lich umgesetzt worden wäre, dann hätten im Vergleich zu
unseren Entscheidungen 21 Milliarden Euro zusätzlich
ausgegeben werden müssen. Das ist 1 Prozent vom Brut-
toinlandsprodukt. Frau Merkel, hat Ihnen denn Herr
Merz, als Sie drei Wochen vor der Bundestagswahl dieses
Programm vorgestellt haben, niemals aus seiner Sicht die
Lage der Staatsfinanzen dargestellt und Sie nicht darauf
hingewiesen, dass ein solches Programm zur Folge habe,
dass man die 3-Prozent-Grenze erheblich verfehlen
werde? Das ist doch eine spannende Frage.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
Ich frage auch: Was hat denn der verehrte Kollege
Faltlhauser seinem Ministerpräsidenten über die Ent-
wicklung der Finanzlage gesagt oder hat er es ihm gar
nicht gesagt? Oder hat Herr Stoiber das, was Herr
Faltlhauser gesagt hat, nicht ernst genommen? Wenn ich
mir die Entwicklungsgeschichte des Untersuchungsaus-
schusses anschaue, dann kann ich nur sagen: Ich freue
mich auf ihn.
(Lachen bei der CDU/CSU und der FDP – Friedrich Merz [CDU/CSU]: Das spürt man richtig!)
Frau Merkel, Sie hätten sich nicht ausgerechnet von Herrn
Koch – ich weiß, wovon ich rede –,
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
der seinen Wahlkampf in Hessen mit Schwarzgeld und ei-
ner unsäglichen Kampagne gewonnen hat,
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
einen solchen Untersuchungsausschuss einreden lassen
dürfen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
Verehrte Frau Koch
(Widerspruch bei der CDU/CSU)
– Entschuldigung, das tut mir Leid –, sehr verehrte Frau
Merkel, es wird beabsichtigt, mit diesem Untersuchungs-
ausschuss nicht nur eine bestimmte Hauptwirkung, son-
dern auch gewisse Nebenwirkungen zu erzielen. Die be-
absichtigte Hauptwirkung soll natürlich sein, bis zum
2. Februar 2003 nicht sagen zu müssen, was Sie an unse-
rer Stelle täten, obwohl Sie das schon jetzt in den Regie-
rungen der unionsgeführten Bundesländer sagen müssten.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
Bundesminister Hans Eichel
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002
Bundesminister Hans Eichel
Es ist klar, dass nichts, was man jetzt tut, populär sein kann.
Deshalb kann man viele Menschen aufhetzen. Aber erst
dann, wenn sichtbar wird, was Sie machen wollen, wird es
richtig spannend. Sie wollen das, was Sie zu tun beabsich-
tigen, verschleiern und erst nach dem 2. Februar 2003
kundtun. Das ist die Wirklichkeit. Wir sagen dagegen, was
wir zu tun beabsichtigen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
Der Untersuchungsausschuss soll aber noch zwei Ne-
benwirkungen haben, die einkalkuliert sind. Sie wollen
– das ist die erste beabsichtigte Nebenwirkung – von den
Problemen der FDP ablenken; das verstehe ich. Aber die
zweite beabsichtigte Nebenwirkung, sehr verehrte Frau
Merkel, ist ein bisschen problematischer. Um die Fragen,
die ich Ihnen vorhin zu Ihrem Wahlprogramm gestellt
habe, zu beantworten, muss man nichts weiter tun, als sich
die mittelfristige Finanzplanung anzuschauen. Dann er-
kennt man, dass Ihr gesamtes Wahlprogramm und insbe-
sondere Ihr 100-Tage-Programm in den Zeitraum 2003
bis 2006 überhaupt nicht hineinpassen. Hat Ihnen das
Herr Merz auch nicht gesagt?
(Beifall bei der SPD)
Es werden doch auch diesbezüglich entsprechende Fragen
im Untersuchungsausschuss gestellt werden. Vielleicht
wird auch Herr Koch gefragt werden, wie er das so ge-
nannte Familiengeld finanzieren wollte, zu dem er sich
positiv geäußert hat. Er wird dann vielleicht antworten,
dass er aus Loyalität zu seiner Parteivorsitzenden den Vor-
schlag zum Familiengeld unterstützt habe. Das wäre wirk-
lich die perfideste Art.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Als ich den Haushalt 2002 im Bundestag begründet
habe – das habe ich auch vor der Bundespressekonferenz
gesagt –, habe ich gesagt, dass er auf Kante genäht sei.
Aufgrund des zweiten Jahres mit schwachem Wirt-
schaftswachstum seien keine Reserven vorhanden. Wenn
die wirtschaftliche Entwicklung weiter negativ verlaufe,
dann werde das auf den Haushalt durchschlagen.
(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Schwindler!)
Ich habe von Anfang an gesagt – übrigens manchmal nicht
zur Freude meiner eigenen Parteikollegen –, dass dann
nichts mehr zu machen sei.
(Volker Kauder [CDU/CSU]: Wer sich verteidigt, klagt sich an!)
Verehrter Herr Merz, wir reden vielleicht auch noch ein-
mal über die Verantwortung, die Sie als Fraktionsvorsit-
zender hatten, und darüber, welche Anträge, die Ausga-
bensteigerungen zur Folge gehabt hätten, noch im Laufe
des Sommers des vergangenen Jahres eingebracht worden
sind.
(Volker Kauder [CDU/CSU]: Reden Sie doch einmal zum Haushalt!)
Wir haben eine Haushaltssperre verhängt und haben
gesagt: Für die Finanzierung des Wiederaufbaus in den
von der Flutkatastrophe betroffenen Gebieten werden
keine neuen Schulden gemacht. Wir müssen vielmehr die
beabsichtigten Steuersenkungen verschieben. Das haben
wir drei Wochen vor der Bundestagswahl gesagt.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
Hier lasse ich mir von Ihnen keinen einschenken. Es wird
zurückgeschossen; da können Sie sicher sein.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Michael Glos [CDU/CSU]: Was sind das für Ausdrücke! Der Mann ist gefährlich! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)
Angesichts zwei Jahre schwachen Wirtschaftswachs-
tums müssen wir den Haushalt 2003 auf eine neue Basis
stellen.
(Michael Glos [CDU/CSU]: Seit 6 Uhr morgens wird zurückgeschossen! – Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Ein peinlicher Auftritt!)
– Meine Damen und Herren, jetzt weiß ich, warum wir das
Programm zur Kinderbetreuung aufgelegt haben. – Für
den Haushalt 2003 und für die ganze Wahlperiode brau-
chen wir eine neue Grundlage, die in die Basis zwei Jahre
schwaches Wirtschaftswachstum in der Welt und bei uns
einbezieht. Des Weiteren sollten wir von einem niedrige-
ren Wachstum ausgehen. Deswegen habe ich das Durch-
schnittswachstum der letzten zehn Jahre zugrunde gelegt,
nämlich 1,5 Prozent. Dieses Wachstum kann natürlich be-
stritten werden. Aber wir liegen mit dieser Annahme mit-
ten im Prognosespektrum zwischen dem Sachverständi-
genrat mit 1 Prozent, dem Internationalen Währungsfonds
mit 1,75 Prozent und der OECD, die vor wenigen Tagen
unsere Prognose bestätigt hat.
(Hans Michelbach [CDU/CSU]: Falsch!)
Wir senken gegenüber dem Nachtragshaushalt 2002
die Nettokreditaufnahme um 15,7 Milliarden Euro auf
18,9 Milliarden Euro. Das ist eine riesige Kraftanstren-
gung, vergleichbar der, die wir 1999 bei der Einleitung
des Konsolidierungskurses unternommen haben. Das be-
stätigt, dass wir voll auf Kurs bleiben.
(Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Auf Kante!)
Die Ausgabenreduzierung gegenüber dem Nachtrags-
haushalt 2002 beträgt 1,8 Prozent bzw. 3,3 Prozent, wenn
man – das muss man wohl machen – den Hochwasserso-
lidaritätsfonds herausrechnet. Das sind real fast 5 Prozent
weniger Ausgaben als in diesem Jahr, meine Damen und
Herren. Zeigen Sie mir ein Land in Europa, das so konse-
quent den Konsolidierungskurs geht. Damit übererfüllt
der Bund seine Verpflichtungen, die er im Rahmen des na-
tionalen Stabilitätspaktes übernommen hat.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
Der Hauptteil – das gehört zugegebenermaßen zu den
gegenwärtigen Kommunikationsproblemen – wird durch
Ausgabenkürzungen erbracht. Über diesen Teil redet in
der Öffentlichkeit fast niemand. Dass wir in dieser Situa-
tion mit der Umsetzung des Hartz-Konzeptes, zum Bei-
spiel einer schnelleren Vermittlung, keinen Zuschuss zur
Bundesanstalt für Arbeit leisten, bedeutet für alle Betei-
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Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002 739
ligten eine enorme Kraftanstrengung. Dass wir die Ar-
beitslosenhilfe um 2,5 Milliarden Euro kürzen, ist uns
nicht leicht gefallen, denn das bedeutet einen Eingriff in
Besitzstände von Leuten, die nicht viel haben. Wir haben
uns das sorgfältig angesehen und meinen, dass das ver-
tretbar ist. Aber, meine Damen und Herren, wer über die
Dienstwagenbesteuerung jammert, der sollte erst einmal
über die Situation der Arbeitslosenhilfeempfänger reden.
Es ist nicht in Ordnung, was sich in der politischen Dis-
kussion in diesem Lande abspielt.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
Als Finanzminister sage ich übrigens ganz ausdrück-
lich: Diese Eingriffe werden nicht die einzigen sein, die
wir im sozialen Bereich vornehmen müssen. Denn die Al-
terung unserer Gesellschaft wird uns noch vor viele große
Aufgaben stellen. Aber, wer in solch einer Situation im-
mer nur auf die schwächsten Teile der Gesellschaft schaut
und nicht einen Moment lang darüber nachdenkt, welchen
Beitrag auch er leisten müsste, der ist in der politischen
Debatte aus meiner Sicht nicht auf der Seite derer, die sich
um einen sozialen Ausgleich bei diesem notwendigen
Modernisierungsprozess in unserer Gesellschaft be-
mühen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
Wir kürzen die Finanzhilfen weiter, und zwar nicht
nur – das ist auch eine spannende Debatte bei Ihnen – im
Bergbau. Es steht übrigens in der Koalitionsvereinbarung,
dass die Finanzhilfen auch nach Auslaufen der jetzigen
vertraglichen Regelung weiter heruntergefahren werden.
Wir kürzen auch, weil der Wohnungsmarkt etwas anderes
nicht mehr vernünftig erscheinen lässt, zum Beispiel im
Bereich des sozialen Wohnungsbaus. Hier bekommen wir
jedoch von Ihnen wieder Vorwürfe gemacht. Die Bilanz
des Abbaus der Finanzhilfen, also der direkten Subven-
tionen, zeigt Folgendes: 1998 standen in Ihrem Haushalt
11,4 Milliarden Euro. In unserem Haushalt stehen für die-
ses Jahr 8,4 Milliarden Euro und für das nächste Jahr
7,8 Milliarden Euro. Das bedeutet eine Reduzierung der
Finanzhilfen, der direkten Subventionen, von 30 Prozent
im Laufe von fünf Jahren. So etwas haben Sie vorher nie
zuwege gebracht, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
Aber wer über Subventionen redet, der soll nicht nur
über die Ausgabenseite reden. Dort sind nämlich die Sub-
ventionen untergebracht, die insbesondere diejenigen er-
halten, die überhaupt keine Steuern zahlen, weil ihr Ein-
kommen so niedrig ist. Das habe ich eben am Beispiel der
Arbeitslosenhilfe deutlich gemacht.
Wer über Subventionen redet, der muss in der Tat auch
über Vergünstigungen im Steuerrecht reden. Das haben
Sie übrigens in anderem Zusammenhang auch immer ge-
tan. Dort gibt es eine ganze Menge von Vergünstigungen
für diejenigen, die steuerpflichtig sind, aber nicht für die-
jenigen, die ein so niedriges Einkommen haben, dass sie
keine Steuern zahlen. Deshalb muss man sich diese Sub-
ventionen mit ansehen.
Ich beklage, dass die Debatte in Deutschland nur um
diesen Teil geführt wird, der übrigens bei der Reduzierung
der Neuverschuldung um 15,7 Milliarden Euro mit Ab-
stand den kleinsten Teil ausmacht, nämlich beim Bundes-
haushalt gerade etwas über 3 Milliarden Euro. Insgesamt
geht es um 5 Milliarden Euro, weil die Länder und Kom-
munen daran beteiligt sind.
Das geschieht übrigens trotz einer historisch niedrigen
Steuerquote. Damit wir uns richtig verstehen: Auch ich
will, dass die Staatsquote zurückgeführt wird. Ich will
aber eines klar machen: Die Staatsquote kann nur zurück-
geführt werden, indem man die Staatsverschuldung und
damit die Zinslast reduziert. Anderenfalls macht man den
Staat aktionsunfähig.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
Das wollen wir jedenfalls nicht.
Wir haben es zurzeit wieder einmal fast mit einem Ver-
fall der Steuerbasis zu tun. Deswegen steht im Wahlpro-
gramm der Sozialdemokratie als eine von mehreren
Schwerpunktaufgaben der Steuerpolitik für diese Wahl-
periode die Befestigung der Steuerbasis. Ich bin mir ganz
sicher, dass Ihre Finanzminister das keinen Deut anders
sehen.
Erstens. Wir haben einen hohen Umsatzsteuerbetrug.
Ich habe mit den Ländern vor einem Jahr Maßnahmen da-
gegen verabredet, die wir dann hier beschlossen haben.
Ich kann nicht erkennen, dass – mit Ausnahme des größ-
ten deutschen Bundeslandes – die Länder die Maßnah-
men, die wir ihnen möglich gemacht haben, beherzt um-
setzen. Auf diesem Gebiet muss etwas geschehen, damit
der Umsatzsteuerbetrug in Deutschland wirklich bekämpft
wird.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
Zweitens. Das Instrument Kontrollmitteilungen
kennt man in sehr vielen Ländern, und zwar gerade in den
großen, angelsächsischen Ländern. Dieses Instrument
– das ist der Trend – wird international üblich werden.
Warum? – Es gibt doch angesichts des Binnenmarktes und
der Globalisierung nur zwei Wege: Entweder einigt man
sich bei allen für die globalisierte Welt oder den Binnen-
markt wichtigen Steuern auf ein bestimmtes Steuersystem –
dafür gibt es die einfache Prognose, dass das noch Jahr-
zehnte dauern wird, wenn nicht noch länger; ich glaube
gar nicht, dass es dazu kommt – oder man sorgt dafür, dass
jedes Land für seine steuerpflichtigen Bürger seine Ein-
nahmen erhält. Das geht dann nur über Kontrollmitteilun-
gen. Das entspricht der Situation in der Europäischen
Union, in der wir uns einstimmig auf Kontrollmitteilun-
gen verständigt haben.
Ich will auch noch etwas zu der Frage Bankgeheimnis
sagen: Meine Damen und Herren, mich interessiert über-
haupt nicht – das sollte niemanden interessieren –, was auf
dem Konto eines Privatmannes vor sich geht.
(Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das glaube ich nicht!)
Es gibt aber zwei Ausnahmen. Eine Ausnahme besteht
darin, wenn es um kriminelle Aktionen wie beispielsweise
Bundesminister Hans Eichel
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002
Bundesminister Hans Eichel
Geldwäsche geht. Dazu haben wir eine Reihe von Geset-
zen verabschiedet. Ich hoffe, dass wir in diesem Punkt
keinen Streit haben.
(Dietrich Austermann [CDU/CSU]: Wahlbetrug!)
Die zweite Ausnahme besteht darin, wenn es darum
geht, dem Finanzamt steuerpflichtige Vorgänge mitzutei-
len. Das ist nicht streitig in Amerika, das ist nicht streitig
in Großbritannien und das ist nicht streitig in Frankreich.
Warum sollte es in Deutschland streitig sein?
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
Außerdem muss jeder Lohnsteuerzahler sein Einkom-
men offen legen. Das heißt, bei ihm werden die Informa-
tionen zwangsweise offen gelegt. Das geschieht durch die
Gehalts- und Lohnabteilung bei den Unternehmen. Von
dort gehen diese Informationen dann an das Finanzamt.
Wo liegt also das Problem? – Ich kann es nicht erkennen.
Jetzt komme ich zu einem wichtigen Thema im Zu-
sammenhang mit der Spekulationssteuer: Das Bundes-
verfassungsgericht befasst sich damit, weil der Bundesfi-
nanzhof gesagt hat, diese Steuer werde praktisch nicht
vollzogen; 95 Prozent derer, die bei der Veräußerung von
Akten innerhalb eines Jahres Gewinne erzielten, gäben
diese nicht an. Deswegen – so die Argumentation des
Bundesfinanzhofes – ist diese Steuer verfassungswidrig,
weil sie praktisch nicht vollzogen wird.
Es gibt eine einfache Antwort: Dann erheben wir diese
Steuer, wie es in allen großen Ländern dieser Erde üblich
ist. Wie Sie wissen, haben wir – in unserem Steuerpaket
wird das deutlich – noch eine andere Konsequenz gezogen.
Darüber wird man noch diskutieren.
Ich komme zum Thema Körperschaftsteuer. Sie hat-
ten im Wahlkampf Recht, auch wenn Ihr Argument falsch
war: Ja, es kann nicht hingenommen werden, dass die Kör-
perschaftsteuer verfällt. Soweit es um die Ausschüttung
früherer Gewinne geht, ist das kein Problem; denn dieses
Geld fällt unter die Kapitalertragsteuer. Leider können mir,
dem Bundesfinanzminister, und den Finanzministern der
Länder selbst die sachverständigen Steuerschätzer – sie ar-
beiten übrigens nicht nur für die Institute der Bundesbank,
sondern auch für die Länder; sie alle sind neutral – erst von
Steuerschätzung zu Steuerschätzung mitteilen, ob und wie
viel Geld in die Kassen fließt. Erst sagen sie dann, man be-
komme Geld und anschließend teilen sie mit, man be-
komme doch keines. Angesichts dessen verliert man lang-
sam den Glauben an den Sinn dieser Veranstaltung.
Wir haben bereits in dem Bericht an den Finanzaus-
schuss des Bundestages in der vorigen Wahlperiode da-
rauf hingewiesen, dass Regelungsbedarf besteht. Diesen
Bedarf erfüllen wir jetzt. Das heißt mit einem einfachen
Satz – ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendjemand
von Ihnen dem widersprechen will –: Ein Unternehmen,
das Gewinne macht, soll Steuern zahlen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
Es geht dabei überhaupt nicht um Steuern, deren Zahlung
ein Unternehmen in den Bankrott treibt.
Große Unternehmen haben mittlerweile beispielsweise
wunderbare Dokumentationen darüber – solche Doku-
mentationen werden grenzüberschreitend erstellt –, an
welcher Stelle eines Fließbandes eine Schraube fehlerhaft
befestigt worden ist. Wir müssen zum Beispiel über Ver-
rechnungspreise so gut Bescheid wissen, dass wir verhin-
dern können, dass in Deutschland entstandene Gewinne
von der einen auf die andere Seite, also vom Inland ins
Ausland, geschoben werden, weswegen der deutsche Fis-
kus das Nachsehen hat. Ich kann mir nicht vorstellen, dass
Sie das wollen. Das kann niemand wollen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Sie haben im Wahlkampf entsprechende Forderungen er-
hoben. Wir sind auf Ihre Mitwirkung an dieser Stelle ge-
spannt.
Ich komme zum Thema Steuervergünstigungen. Zu-
allererst möchte ich eine Grundsatzbemerkung machen:
Ökonomisch gesehen besteht kein Unterschied zwischen
dem Abbau einer ausgabenseitigen Finanzhilfe und der
Verringerung einer Steuervergünstigung. In beiden Fällen
nimmt man jemandem Geld weg; es handelt sich – das ist
wahr – ökonomisch um denselben Sachverhalt. Wir müs-
sen uns darüber im Klaren sein, dass es sowohl auf der
Einnahmeseite als auch auf der Ausgabenseite Vergünsti-
gungen, zum Beispiel in Form von Subventionen, gibt.
An dieser Stelle setzen wir an, und zwar so, wie Sie es
immer gefordert haben: Steuervereinfachungen durch die
Reduktion der Anzahl von Ausnahmetatbeständen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Elke Wülfing [CDU/CSU]: Sie vergessen das Senken dabei!)
Was wir tun, wird sich übrigens weitestgehend erst im
Jahre 2004 auswirken, wenn es nämlich zur nächsten
Stufe der Steuersenkungen – Verbreiterung der Bemes-
sungsgrundlage und Senkung der Steuersätze – kommen
wird.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
In diesem Zusammenhang möchte ich nur auf wenige
Bereiche hinweisen. Stichwort Umsatzsteuer:Wenn man
der Forderung einiger Gruppen von Lobbyisten nachgibt
und den unteren Mehrwertsteuersatz ausdehnt, dann führt
das gewissermaßen zu einer Zerstörung der Umsatzsteuer.
In Deutschland ist das schon der Fall. Ich erinnere mich
an das, was Sie im vorigen Jahr und noch während dieses
Sommers im Zusammenhang mit Handwerkerrechnun-
gen versucht haben. Wir können den oberen Mehrwert-
steuersatz nur dann halten, wenn nicht alles Mögliche un-
ter den unteren Mehrwertsteuersatz fällt.
Der ursprüngliche Gedanke war sozial; denn Mehr-
wertsteuer zahlen auch diejenigen, deren Einkommen so
gering ist, dass sie keine Lohn- und Einkommensteuer
zahlen. Weil man nicht wollte, dass die niedrigen Ein-
kommen von der Mehrwertsteuer in gleichem Maße be-
troffen sind, hat man dafür gesorgt, dass der Erwerb von
Gütern, deren Konsum der Befriedigung von Grundbe-
dürfnissen dient, nur dem halben – inzwischen ist er ein
bisschen geringer – Mehrwertsteuersatz unterliegt. Auf
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diesen Grundgedanken greifen wir zurück. Die sozialen
Grundbedürfnisse – die Grundnahrungsmittel, kulturelle
Grundbedürfnisse – sowie ab 2005 der öffentliche Perso-
nennah- und Fernverkehr
(Hartmut Schauerte [CDU/CSU]: Und Hundefutter!)
sollen unter den niedrigen Mehrwertsteuersatz fallen. Das
können Sie noch ändern. Ich bin sehr gespannt, wie Sie
auf unsere Politik reagieren. Ich kann niemandem erklä-
ren, wieso zum Beispiel Schnittblumen unter den niedri-
gen Mehrwertsteuersatz fallen, Babywindeln aber nicht.
Man sieht, was passiert – auch in unseren Reihen gab
es eine Diskussion darüber, Stichwort Zahntechniker –,
wenn man einen Bereich des Gesundheitswesens geson-
dert behandeln will. Den ganzen Sommer über hatten
Frau Kollegin Schmidt und ich eine Diskussion darüber,
ob auch die Medikamente unter den niedrigeren Mehr-
wertsteuersatz fallen sollten. Aber dann drängt einer
nach dem anderen hinein. Auch deswegen mussten die
Zahntechniker heraus, damit für die Gesundheitsreform
ein für alle Mal klar gemacht wird: Das Gesundheitssys-
tem hat kein Einnahmeproblem, es hat ein Ausgaben-
problem. Man braucht also nicht zusätzliche Einnahme-
quellen zu suchen, sondern muss im Gesundheitswesen
rationeller arbeiten und für Wettbewerb sorgen. Das ist
die Antwort.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
Nun komme ich zu einer Steuersubvention, zur Eigen-
heimzulage. Ich weiß, das ist nicht einfach.
(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Da haben Sie mit am meisten gelogen!)
Aber, meine Damen und Herren, wie soll man – volks-
wirtschaftlich betrachtet – eigentlich jemandem erklären,
dass in einem Land, in dem im Osten erheblicher Woh-
nungsleerstand besteht und in dem in den meisten Regio-
nen der Wohnungsmarkt zumindest ausgeglichen ist – in
einigen wenigen ist der Wohnungsmarkt auch noch ange-
spannt, was dann regional beantwortet werden mag –,
Jahr für Jahr 10Milliarden Euro an Steuersubventionen in
den Wohnungsmarkt gehen? Wie wollen Sie das jeman-
dem erklären?
(Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Warum lügen Sie die Menschen dann vorher an?)
In Ostdeutschland nehmen wir bereits Geld in die Hand,
um Wohnungen abzureißen. Das hat die Qualität von
Agrarsubventionen: erst Produktion fördern und dann
Vernichtung.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
Reden Sie doch nicht über die Steinkohlesubvention, die
systematisch abgebaut wird, wenn Sie nicht bereit sind,
bei der Änderung der Eigenheimzulage mitzumachen. Sie
haben volkswirtschaftlich kein einziges Argument.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Eckart von Klaeden [CDU/CSU]: Jetzt wird es ja irre!)
Was wohl an dieser Stelle eine Rolle spielen kann – das
ist das positive Argument –: Wir fördern die Eigentums-
bildung. Wir fördern nicht den Neubau. Das bedeutet:
eine Förderung bitte nur bei denen, die es nötig haben, und
wo wir es uns leisten können. Das heißt: Familien mit
Kindern brauchen die Förderung, Familien ohne Kinder
aber nicht.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ebenso klar ist es, dass der Altbau genauso gestellt sein
muss wie der Neubau. Wieso fördern wir den Neubau in
Gebieten mit hohem Wohnungsleerstand? Das macht kei-
nen Sinn. –
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
Das sind die Veränderungen.
Jetzt die andere Seite: Es bleibt bei allen Schwerpunkten,
die wir in der vergangenen Wahlperiode in unserer Haus-
halts- und Finanzpolitik gesetzt haben. Wir machen diese
Konsolidierungsanstrengungen doch auch und zuallererst,
damit unsere Haushalte zukunftsfähiger werden. Wir ma-
chen sie, damit wir weniger Zinsen zahlen müssen, aber
mehr investieren können. Die Investitionen im Haushalt
steigen von diesem auf das nächste Jahr von rund 25 auf
26,8 Milliarden Euro. Wir stoßen darüber hinaus weitere
Investitionen an.
Wir haben die historisch höchsten Verkehrsinvestitio-
nen, verstetigen diese und werden sie im Planungszeit-
raum weiter heraufsetzen.
Wir haben gegenüber Ihrer Regierungszeit die Ausga-
ben für den Bildungsbereich um fast 30 Prozent gestei-
gert, von 2002 auf 2003 wiederum um 3,7 Prozent.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir haben die Ausgaben für die Familien gewaltig er-
höht. Der Bundesbankvizepräsident Jürgen Stark liegt
schief, wenn er uns Vorwürfe macht, weil wir das Kinder-
geld systematisch erhöht haben. Das ist eine Zukunftsin-
vestition.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir gehen weiter bei der Ganztagsbetreuung und ha-
ben in diesen Haushalt eine Anlaufrate eingestellt; denn es
wird Zeit, dass wir bei der Kinderbetreuung den europä-
ischen Standard erreichen. Wir dürfen Frauen nicht vor
die Wahl zwischen Kindern und Beruf stellen. Wir müs-
sen es ihnen möglich machen, beides miteinander zu ver-
binden. Das ist es, was wir brauchen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
Wir setzen den Aufbau Ost auf hohem Niveau fort und
führen dieses Jahr zusätzlich das Stadtumbauprogramm
Ost ein.
Das ist unsere Haushaltspolitik: Sie ist nicht einfach,
aber zielgerichtet. Wir wollen, auch wenn es unter den ge-
gebenen Bedingungen mühselig ist, konsequent den Weg
Bundesminister Hans Eichel
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 12. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 3. Dezember 2002
Bundesminister Hans Eichel
der Konsolidierung unseres Haushaltes gehen, um
Deutschland zukunftsfähig zu machen.
Konsolidierung ist aber nicht nur eine Sache des Bun-
des. Konsolidierung ist eine gesamtstaatliche Aufgabe
und unterliegt einer gesamtstaatlichen Verantwortung von
Bund, Ländern und Gemeinden sowie den sozialen Si-
cherungssystemen. Dabei trägt der Bund die größte Last.
Wer sich das noch einmal verdeutlichen will, braucht sich
nur den letzten Bericht des Bundesrechnungshofes anzu-
sehen. Es ist relativ offenkundig, wie sich der Anteil des
Bundes an den Steuern entwickelt hat, nämlich nach un-
ten, und wie sich der Anteil des Bundes an der Verschul-
dung entwickelt hat, nämlich gewaltig nach oben. Ich
kritisiere das gar nicht. Das waren die Lasten der Wieder-
vereinigung; das ist in Ordnung. Man muss aber wissen,
dass auch andere eine Verantwortung für die Konsolidie-
rung des Staatshaushaltes und dafür, dass wir unseren Ver-
pflichtungen im Rahmen des europäischen Stabilitäts-
und Wachstumspakts nachkommen, haben.
Ich bin froh darüber, dass wir es im März geschafft ha-
ben, im Finanzplanungsrat einen nationalen Stabilitäts-
pakt zwischen Bund, Ländern und Gemeinden zu
schließen. Ich unterstelle auch den guten Willen der Län-
der. Ich will noch einmal ausdrücklich sagen: Ich freue
mich darüber, dass es uns in der vergangenen Woche ge-
lungen ist, gemeinsam festzustellen: 2006 wollen wir ei-
nen ausgeglichenen gesamtstaatlichen Haushalt und 2003
wollen wir das Defizit wieder unter 3 Prozent senken.
Aber dazu muss auch jeder seinen Beitrag leisten.
Das Konzept, das wir auf dem Tisch gelegt haben, führt
dazu.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Es ist ein Konzept, das nicht nur den Bundeshaushalt ein-
bezieht. Denn wer sich auf den mühseligen Weg macht,
Steuervergünstigungen bei den Gemeinschaftsteuern ab-
zubauen, hat natürlich den positiven Nebenaspekt, damit
Ländern und Gemeinden ein Stück zu helfen. Ihre Klagen
über die Situation der Kommunalfinanzen sind nichts
wert, wenn Sie nicht bereit sind, an dieser Stelle mitzu-
wirken. So einfach ist das.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir werden sehen, welche eigenen Beiträge die Länder
und Gemeinden leisten. Ich sage ausdrücklich die Bereit-
schaft des Bundes zu, bei allen Vorschlägen, auch zu Bun-
desleistungsgesetzen – das wird politisch ausgefochten
werden –, mitzumachen, wenn sie vernünftig sind und
wenn es eine gemeinsame Position der Länder ist, um zu
weiteren Ausgabenreduzierungen zu kommen. Das wird
nämlich unsere gemeinsame Aufgabe sein.
Nur eines wird nicht funktionieren: Wir machen das
zugunsten der Länder und die B-Länder, jedenfalls in ih-
rer großen Mehrheit, sagen: Wir wollen den Gewinn dop-
pelt; erstens wollen wir Geld einsparen und zweitens die
anderen noch dafür beschimpfen, dass sie das für uns ma-
chen. – Das wird nicht laufen, sondern es geht nur so, dass
sie sich offen zu ihrer Verantwortung bekennen und klar
sagen: Dieses und jenes wollen wir in Bundesgesetzen
geändert haben. – Dann sind wir verhandlungsbereit. Es
geht ausdrücklich nur so; denn jeder muss seinen Beitrag
zur Gesamtverantwortung leisten.
Übrigens haben sich die Länder ausbedungen, 55 Pro-
zent des ab 2004 erlaubten Defizits machen zu können,
während dem Bund nur 45 Prozent verbleiben. Das ist für
uns ein harter Weg, weil unsere Ausgangslage
viel schlechter ist. Für den Bund ist das ein viel härterer
Konsolidierungspfad als für die Länder. Trotzdem habe
ich zugestimmt. Aber das heißt dann auch: Die Länder tra-
gen 55 Prozent der Verantwortung dafür, dass wir die
Maastricht-Kriterien einhalten. Diese Verantwortung
haben insbesondere Sie, weil Sie die Mehrheit im Bun-
desrat stellen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Sie werden mir also nicht ausweichen können. Ich glaube
auch, dass Ihr Manöver, das vor dem 2. Februar nicht zu
sagen, nicht gelingen wird.
Wir bemühen uns um die Gemeindefinanzen und ha-
ben dazu die Reformkommission eingesetzt. Das ist ein
schwieriges Thema, weil ich sehr genau sehe, dass noch
immer zwei Züge direkt aufeinander zufahren, die zwar
beide dasselbe Ziel haben, nämlich die Kommunalfinan-
zen zu verbessern und damit die Kommunen unabhängi-
ger von Konjunkturschwankungen und investitionsfähi-
ger zu machen – was dringend erforderlich ist –, die aber
in verschiedene Richtungen fahren, weil die Kommunal-
politiker beider großen Parteien ganz überwiegend auf die
Revitalisierung der Gewerbesteuer setzen und die Wirt-
schaftsverbände auf das Gegenteil, nämlich die Abschaf-
fung. Da wird eine große Aufgabe auf uns zukommen, die
nur – das ist meine Prognose – in großem Einvernehmen
zwischen Kommunen und Wirtschaftsverbänden zu lösen
ist. Wenn ich mir die Situation in Bundestag und Bundes-
rat ansehe, wird jeder vor diese Frage gestellt werden.
Ich werde meinen Teil dazu beitragen, dass wir zusam-
menfinden. Deswegen bin ich auch vorsichtig, wenn es
darum geht, selbst eine Position zu beziehen – nicht weil
ich keine hätte, sondern weil ich glaube, dass es meine
Aufgabe ist, beide Positionen aufeinander zuzuführen.
Ich komme zum Hartz-Konzept. Der Übergang der
arbeitsfähigen Sozialhilfeempfänger in die Jobcenter und
die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozial-
hilfe werden an dieser Stelle ein Stück – ich sage: nur ein
Stück – Entlastung der Kommunen bringen; denn ange-
sichts der Lage des Bundes darf es nicht zu einer Lasten-
verschiebung zwischen den Ebenen kommen. Auch hier
wird eine große Aufgabe auf uns zukommen: Wie defi-
nieren wir dann das Arbeitslosengeld II?
Meine Damen und Herren, in diesen Zusammenhang
gehört auch die Reform des Föderalismus. Ich will mit
aller Deutlichkeit sagen: Ich erhoffe mir davon auch ein
paar Effizienzgewinne. Wenn wir vielleicht, wie es sich
jedenfalls andeutet, bei einer Reihe von Mischaufgaben
und Mischfinanzierungen zur Entmischung kommen,
muss dadurch auch das staatliche Handeln effizienter wer-
den. Das muss sich für die Bürger auszahlen. Es kann
nicht einfach nur so sein, dass der Bund, wenn etwas auf