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    Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . 173 A Zusatztagesordnungspunkt 1: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: Bestimmung des Verfahrens für die Berechnung der Stellenanteile der Frak- tionen (Drucksache 15/18) . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 2: Antrag der Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN: Bestim- mung des Verfahrens für die Berechnung der Stellenanteile der Fraktionen (Drucksache 15/17) . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 3: Antrag der Fraktionen der SPD, CDU/ CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- NEN und der FDP: Einsetzung von Aus- schüssen (Drucksache 15/19) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 B Wilhelm Schmidt (Salzgitter) SPD . . . . . . . . 173 B Ronald Pofalla CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 174 C Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 C Rainer Funke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 B Tagesordnungspunkt 1: Fortsetzung der Aussprache zur Regie- rungserklärung des Bundeskanzlers Wolfgang Clement, Bundesminister BMWA 177 B Friedrich Merz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 184 A Dr. Thea Dückert BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 D Rainer Brüderle FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 A Ludwig Stiegler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 D Dagmar Wöhrl CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 195 D Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 A Ernst Hinsken CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 199 D Gudrun Kopp FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 D Dr. Rainer Wend SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 A Karl-Josef Laumann CDU/CSU . . . . . . . . . . 203 B Klaus Brandner SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 C Petra Pau fraktionslos . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 A Hans Eichel, Bundesminister BMF . . . . . . . . 208 C Dietrich Austermann CDU/CSU . . . . . . . . . . 214 D Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 A Dr. Günter Rexrodt FDP . . . . . . . . . . . . . . . . 221 B Joachim Poß SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 D Bartholomäus Kalb CDU/CSU . . . . . . . . . . . 227 A Christine Scheel BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 C Dr. Hermann Otto Solms FDP . . . . . . . . . . . . 233 A Plenarprotokoll 15/5 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 5. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 30. Oktober 2002 I n h a l t : Jörg-Otto Spiller SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 D Dr. Michael Meister CDU/CSU . . . . . . . . . . 236 C Dr. Gesine Lötzsch fraktionslos . . . . . . . . . . 241 A Dr. h. c. Manfred Stolpe, Bundesminister BMVBW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 B Arnold Vaatz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 245 B Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 C Horst Friedrich (Bayreuth) FDP . . . . . . . . . . 250 B Annette Faße SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 A Eduard Oswald CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 255 A Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 A Dirk Fischer (Hamburg) CDU/CSU . . . . . . . 258 C Edelgard Bulmahn, Bundesministerin BMBF 261 A Georg Schirmbeck CDU/CSU . . . . . . . . . 262 B Angelika Volquartz CDU/CSU . . . . . . . . 262 D Katherina Reiche CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 265 B Grietje Bettin BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 268 B Ulrike Flach FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 C Jörg Tauss SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 A Hans-Josef Fell BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 273 B Renate Schmidt, Bundesministerin BMFSFJ 274 C Dr. Maria Böhmer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 277 B Nicolette Kressl SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 279 C Eckart von Klaeden CDU/CSU . . . . . . . . 280 A Irmingard Schewe-Gerigk BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 C Ina Lenke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 D Nicolette Kressl SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 C Ina Lenke FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 B Maria Eichhorn CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 287 A Ekin Deligöz BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 289 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 D Berichtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 A Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . . 293 A Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 30. Oktober 2002II (A) (B) (C) (D) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 30. Oktober 2002 173 5. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 30. Oktober 2002 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    (A) (B) (C) (D) 290 (A) (C) Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 30. Oktober 2002 291 Berichtigung 4. Sitzung, Seite 11 (B), Zweiter Absatz, der ersten Satz ist wie folgt zu lesen: „Sie, Herr Kollege Struck, drohen die erforderliche Strategiediskussion vollkommen zu verschlafen und laufen Gefahr, diese wie unser Engage- ment mit KSK in Afghanistan vor unserer deutschen Bevölkerung verheimlichen zu wollen.“ Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 30. Oktober 2002 293 (C)(A) van Essen, Jörg FDP 30.10.2002 Fischer (Frankfurt), BÜNDNIS 90/ 30.10.2002 Joseph DIE GRÜNEN Koschyk, Hartmut CDU/CSU 30.10.2002 Möllemann, Jürgen W. FDP 30.10.2002 Niebel, Dirk FDP 30.10.2002 Nolting, Günther FDP 30.10.2002 Friedrich Dr. Nüßlein, Georg CDU/CSU 30.10.2002 Otto (Frankfurt), FDP 30.10.2002 Hans-Joachim Pieper, Cornelia FDP 30.10.2002 Schauerte, Hartmut CDU/CSU 30.10.2002 Schröter, Gisela SPD 30.10.2002 entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage zum Stenografischen Bericht Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dagmar G. Wöhrl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)


    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kol-

    lege Stiegler, ich wünsche Ihnen auch in Ihrem neuen Amt

    Ludwig Stiegler




    DagmarWöhrl
    eine glückliche Hand. Ich habe während Ihrer Rede eben
    versucht, herauszufinden, warum Ihr Kollege Ude, der
    Münchener Oberbürgermeister, Ihnen ein Einreiseverbot
    erteilt hat.


    (Beifall des Abg. Dr. Peter Ramsauer [CDU/ CSU] – Dr. Peter Ramsauer [CDU/CSU]: Daran muss erinnert werden!)


    Letztlich habe ich mir das aber nicht erklären können.
    Vielleicht teilen Sie mir später den Grund mit.

    Meine sehr verehrten Damen und Herren, eines müs-
    sen wir der rot-grünen Koalition lassen: Sie haben eine
    enorme Geschwindigkeit an den Tag gelegt. Ich kann es
    wirklich nicht fassen, in welcher Rekordzeit Sie es ge-
    schafft haben, Ihren Wahlsiegerbonus zu verspielen,


    (Peter Dreßen [SPD]: Den muss man erst mal haben! Woher wollen Sie das wissen?)


    die Bürger zu enttäuschen und die Wirtschaft zu frustrie-
    ren. Ich hätte auch nicht gedacht, dass nach der Wahl ein
    Aufkleber mit dem Text „Jammert mir nichts vor, ich habe
    CDU gewählt“ unwahrscheinlichen Absatz findet.


    (Peter Dreßen [SPD]: Wunschdenken ist das!)

    Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie haben uns

    einen Koalitionsvertrag vorgelegt, der nicht nur über-
    hastet erstellt wurde. Er ist mutlos, er ist kraftlos. Er ba-
    siert auf Zahlen, die nicht mehr aktuell sind. Er geht von
    einem viel zu niedrigen Defizit und viel zu hohen Wachs-
    tumsraten aus. Er ist nichts anderes als ein wirres Knäuel
    von irgendwelchen Notmaßnahmen, ein heilloses Durch-
    einander, ein hektischer Versuch, notdürftig selbst produ-
    zierte Haushaltslöcher zu schließen.

    Notwendige echte Reformen fehlen vollständig. Kein
    einziger Punkt darin führt zu mehr Arbeitsplätzen. Alles
    geht in nur eine Richtung: mehr Schulden, mehr Steuern,
    mehr Abgaben. Es zeigt sich uns ein Dokument der Vi-
    sionslosigkeit, wie es schlimmer nicht sein kann.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Ludwig Stiegler [SPD]: Danke für die Krokodilstränen!)


    Der Fehlstart, den Sie jetzt hinlegen, ist noch viel
    schlimmer als Ihr Fehlstart 1998. Das ist doch alles ein
    chaotisches Hin und Her: Finanzpläne werden beschlos-
    sen und danach wieder relativiert oder total aufgehoben.
    Keiner weiß, woran er ist. Was ist jetzt mit den Spekula-
    tionsgewinnen? Was ist jetzt mit der Eigenheimzulage?
    Was ist mit der Spendenabzugsfähigkeit? Klären Sie doch
    endlich einmal auf! Sie hätten besser Ihre Überlegungen
    angestellt, noch bevor Sie das alles in einen Koalitions-
    vertrag geschrieben haben. Sie sind doch nur noch ein Re-
    paraturbetrieb.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


    Jeder Punkt auf Ihrer Streichliste ist beliebig angreif-
    bar.


    (Ludwig Stiegler [SPD]: Diese Rede haben Sie schon einmal gehalten!)


    Warum? – Weil Sie kein Konzept haben. Sie haben keine
    Strategie und Sie können nichts weiter als ratlose Flick-
    schusterei.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Klaus Brandner [SPD]: Sagen Sie doch mal etwas zu Ihrem Konzept! Erzählen Sie uns doch mal etwas Inhaltliches, Frau Wöhrl! Klären Sie uns doch mal auf!)


    – Warten Sie ab, lieber Kollege!
    Wo sind denn Ihre Impulse? Wo ist denn die Auf-

    bruchstimmung, die wir brauchen? Wo ist die Hoffnung,
    die vor allem kleine und mittlere Betriebe brauchen, da-
    mit wir aus diesem Wirtschaftskoma wieder herauskom-
    men? Sie haben doch das Vertrauen schon ganz am An-
    fang zutiefst enttäuscht.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Das ist das große Problem; denn wir alle wissen, dass
    Wirtschaftspolitik zu 50 Prozent Psychologie ist.

    Nicht nur die Stimmung des Mittelstandes ist im
    Keller: Der Ifo-Geschäftsklima-Index sinkt nun zum
    fünften Mal in Folge.


    (Ludwig Stiegler [SPD]: Und die Welt geht übermorgen unter!)


    Die aktuelle Herbstumfrage von Creditreform zeigt,

    (Ludwig Stiegler [SPD]: Der Himmel stürzt ein!)

    dass die Investitionsbereitschaft der kleinen und mitt-
    leren Betriebe drastisch gesunken ist; der entsprechende
    Wert liegt bei 25,8 Prozent, ein Rückgang um 17,4 Pro-
    zent zum letzten Jahr. Die DIHK-Umfrage hat ergeben:
    Ein Drittel aller mittelständischen Betriebe will Arbeits-
    plätze abbauen, von der Schaffung neuer Arbeitsplätze
    ganz zu schweigen. Sie machen genau das Gegenteil von
    dem, was nötig wäre, was ökonomisch intelligent wäre.
    Ihnen fehlen nicht nur die Fantasie und die Kraft, sondern
    Sie sind auch noch beratungsresistent, meine Damen und
    Herren.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)


    In ihrem Herbstguthaben fordern die Wirtschaftsexper-
    ten zu Recht, weder die Steuern noch die Sozialabgaben
    zu erhöhen, um die Wachstumskräfte nicht zu schwä-
    chen. Das ist ja auch logisch. Es ist doch sonnenklar:
    Wenn eine Wirtschaft am Boden liegt, wenn die Konjunk-
    tur daniederliegt, darf man auf die Belastungen nicht noch
    draufsatteln, sondern man muss entlasten, um einen Wirt-
    schaftsaufschwung zu bekommen. Und was machen Sie?


    (Ludwig Stiegler [SPD]: Nur schwarz malen und schwarz reden!)


    Sie produzieren ein grandioses Steuererhöhungspro-
    gramm auf breiter Front.

    Meine Damen und Herren von der Regierung, so wer-
    den Sie keinen Beitrag zu dem EU-Beschluss von Lissabon
    2000 leisten, wonach angestrebt wird, Europa in zehn Jah-
    ren zum dynamischsten Wirtschaftsraum der ganzen Welt


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    196


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)






    zu machen. Im Gegenteil, Ihr Programm ist kontrapro-
    duktiv. Sie arbeiten daran, dass es nicht so sein wird.


    (Klaus Brandner [SPD]: Jetzt sagen Sie uns mal etwas zu Ihrem Programm! – Ludwig Stiegler [SPD]: Bitte stürzen Sie sich nicht aus dem Fenster vor lauter Verzweiflung!)


    Tatsache ist doch, dass schon vorher Steuererhöhungen
    beschlossene Sache waren: 12 Milliarden Euro zum 1. Ja-
    nuar 2003. In der nächsten Stufe der Ökosteuer in Höhe
    von 2,8 Milliarden Euro kommt die Erhöhung von Ta-
    baksteuer und Versicherungsteuer ebenso hinzu wie die
    Verschiebung der Steuerreform mit einem Volumen von
    6,3 Milliarden Euro. Jetzt folgt noch die Mehrbelastung
    im Zusammenhang mit den Beschlüssen aus der Koaliti-
    onsvereinbarung. Allein der Bund wird in den nächsten
    vier Jahren den Arbeitnehmern und den Betrieben 30Mil-
    liarden Euro mehr aus der Tasche ziehen. Sie werden gna-
    denlos geschröpft.

    Wir haben ein großes Problem mit unserer Binnen-
    konjunktur, weil keine Kaufkraft mehr vorhanden ist.
    Wenn Sie den Menschen immer mehr Geld aus der Tasche
    ziehen, werden Sie nicht zu einer Stärkung der Kaufkraft
    beitragen.

    Sie planen die Abschaffung der Ökosteuerermäßigung
    für das produzierende Gewerbe. Haben Sie denn verges-
    sen, warum das damals vereinbart worden ist? Das hing
    damit zusammen, dass diese Betriebe keinen Wettbe-
    werbsnachteil gegenüber ihren ausländischen Mitbewer-
    bern erleiden sollten. Das war der Grund. Das hing damit
    zusammen, dass von diesem Bereich der Wirtschaft eine
    Selbstverpflichtung betreffend Energieeinsatz und Pro-
    duktion übernommen worden ist. Alles vergessen! „Pacta
    sunt servanda“ hat es einmal geheißen.


    (Zuruf des Abg. Ludwig Stiegler [SPD])

    – Sie wissen es auch, Herr Stiegler. Sie sind doch Jurist.
    Vielleicht sollten Sie sich ab und zu einmal daran erinnern.

    Zum Thema Mindeststeuer. Sie suggerieren nach
    draußen, steuerfaule Unternehmen müssten sich im Inte-
    resse des Gemeinwohls auch beteiligen.


    (Ludwig Stiegler [SPD]: Was hat denn der Stoiber im Wahlkampf gesagt?)


    Lügen Sie hier doch nicht so!

    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Was Sie damit auf den Weg bringen, ist nichts weiter als
    ein bürokratisches Monster. Es belastet Existenzgründer,
    es belastet forschungsintensive Projekte. Damit bekom-
    men wir eines nicht hin, was wir doch alle wollen, näm-
    lich mehr Selbstständigkeit.


    (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Die SPD nicht!)


    Wir wollen mehr Selbstständigkeit, die auch Arbeitsplätze
    schafft. Wir wollen wieder einen Innovationsgeist in un-
    serem Unternehmen Deutschland haben.

    Wie soll denn ein Existenzgründer motiviert werden,
    wenn man ihm sagt: „Wenn du deine Anfangsverluste

    nicht in den ersten sieben Jahren wieder hereinholst,
    bleibst du drauf sitzen“? Da ist es doch nicht motivierend,
    sich selbstständig zu machen! Das ist doch unsinnig.

    Ich erinnere Sie daran, dass Sie vor der Wahl im Zu-
    sammenhang mit der Eigenheimzulage von einer gesell-
    schaftspolitischen Aufgabe gesprochen haben. Sie haben
    dieser Zulage einen hohen gesellschaftspolitischen Stel-
    lenwert gegeben. Was ist jetzt? Es gibt eine erneute Kür-
    zung, nachdem Sie schon in der letzten Legislaturperiode
    gekürzt haben. Diese Kürzung jetzt bedeutet praktisch das
    Aus. Privaten Bauherren wird jeglicher Investitionsreiz
    genommen. Es ist ein Tiefschlag gegen die Bauwirtschaft
    ohnegleichen. Dabei liegt der Wohnungsbau ohnehin
    schon am Boden und die Beschäftigtenzahl in diesem Be-
    reich geht nach unten. Allein in diesem Jahr ist da mit ei-
    nem Verlust von 60 000 Jobs zu rechnen.


    (Michael Glos [CDU/CSU]: Ein Skandal!)

    Das alles geschieht vor dem Hintergrund einer ohnehin

    schon schlechten Lage des Mittelstandes. Völlig zu Recht
    ist die geringe Eigenkapitalquote des Mittelstands – sie
    liegt zum Teil unter 5 Prozent – angesprochen worden.
    Für den Mittelstand gilt aber noch etwas anderes: Der
    Mittelstand arbeitet immens personalintensiv. Dort sind
    die meisten Menschen in Brot und Arbeit. Wenn Sie die
    Arbeit teurer machen, indem Sie die Sozialversicherungs-
    beiträge nach oben schrauben, wie im Koalitionsvertrag
    geplant, und die Lohnnebenkosten erhöhen, dann – das
    wissen Sie genau – führt das zu einer zusätzlichen Belas-
    tung in dem Bereich, die viele Betriebe in der Zukunft
    nicht mehr werden tragen können.

    Es drohen Insolvenzen und das wissen Sie. Wenn man
    schon weiß, dass Insolvenzen drohen, dann muss man
    eine Wirtschaftspolitik machen, die das verhindert, und
    darf nicht noch weiter draufsatteln nach dem Motto: Na
    ja, wenn es noch ein paar Insolvenzen mehr werden, dann
    macht das auch nichts. – Das ist Ihre Politik. Das ist eine
    falsche Politik.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Allein durch die Pleitewelle in diesem Jahr haben
    310 000 Menschen ihre Arbeitsplätze verloren. Daran
    hängen Schicksale. Daran hängen Familien. Das muss
    man bedenken, wenn man Gesetze auf den Weg bringt.

    Ihre Koalitionsvereinbarung könnte man als eine ganz
    große Tarnkappe bezeichnen. Sie tarnen Steuererhöhun-
    gen als Sparmaßnahmen, aber Sie sparen nicht. Statt zu
    sparen machen Sie genau das Gegenteil. Sie betreiben
    eine massive Verschuldungspolitik – weg von Ihrem so
    genannten Konsolidierungspfad, den Sie immer so sehr
    proklamiert haben. Dabei ist es doch notwendig, unser
    Land mit Reformen fit zu machen. Jetzt haben Sie die
    Chance dazu. Wann hat man die beste Chance, Reformen
    anzugehen? Das ist doch am Anfang und nicht am Ende
    einer Legislaturperiode der Fall. Sie dagegen erwecken
    die längst begrabene Politik des Deficitspending zum Le-
    ben. Hallo, Lafontaine ist wieder da – na, wunderbar! Ich
    frage mich, warum Sie ihn nicht gleich in Ihr Kabinett ge-
    holt haben.

    Die staatlichen Ausgabenprogramme, die Sie jetzt
    auf den Weg bringen, zeugen wirklich nicht von einem

    DagmarWöhrl




    DagmarWöhrl
    wirtschaftspolitischen Neuanfang. Ihre Politik orientiert
    sich – wie alles, was Sie bisher angepackt haben – ganz
    einfach an dem Motto: Nach mir die Sintflut!


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Klaus Brandner [SPD]: Und jetzt das Konzept von Ihnen!)


    Glauben Sie denn wirklich allen Ernstes, dass die
    Schornsteine wieder rauchen werden, wenn man dem
    Wirtschaftskreislauf ein paar Finanzmittel zuführt? So
    geht es wirklich nicht. Hinter Ihrem Vorgehen steht der für
    Sie typische Glaube an die Allmacht des Staates.


    (Beifall der Abg. Marie-Luise Dött [CDU/ CSU] – Klaus Brandner [SPD]: Wann kommt denn das Konzept von Ihnen?)


    Sie schaffen kein Wachstum, indem Sie den Menschen
    und den Betrieben mehr Geld aus der Tasche ziehen, neue
    Schulden machen und die „Maastricht-Latte“ reißen.


    (Hubertus Heil [SPD]: Jetzt kommen Ihre Alternativen!)


    Sie dürfen die Leistungsträger in diesem Land nicht
    verprellen; vielmehr sollten Sie darüber nachdenken, wie
    wir das Vertrauen der Investoren zurückgewinnen, damit
    es wieder zu den notwendigen Investitionen kommt. Ich
    habe bereits angesprochen, wie wichtig psychologische
    Faktoren in der Wirtschaftspolitik sind. Verlässlichkeit
    spielt zum Beispiel eine große Rolle. Ein Unternehmer
    will sich auf die Gesetzgebung verlassen können.

    Wachstum und mehr Arbeitsplätze schaffen wir nur
    durch kreatives Sparen, durch eine Entriegelung des Ar-
    beitsmarktes und durch steuerliche Entlastungen. Der
    Mittelstand braucht Luft zum Atmen:


    (Hubertus Heil [SPD]: Luft haben wir genug!)

    ein modifiziertes Günstigkeitsprinzip, ein modernes Kün-
    digungsrecht, bei dem die Lage von Problemgruppen mit
    bedacht ist – ich erinnere an ältere Arbeitslose und Lang-
    zeitarbeitslose, die auf dem Arbeitsmarkt wirklich keine
    guten Chancen haben.

    Darüber hinaus brauchen wir die Öffnung des Nied-
    riglohnsektors. Hören Sie doch auf mit dem Alibigesetz,
    das Sie zur Erleichterung der Beschäftigung von Haus-
    haltshilfen auf den Weg bringen wollen! Das sind doch
    Peanuts, das ist doch ein Tropfen auf den heißen Stein.
    Es handelt sich nur um eine Neuregulierung. Neue
    Streichfälle sind vorprogrammiert. Wir brauchen einen
    Niedriglohnsektor auf breiter Basis.

    Wir müssen zum Abbau von Einstellungshemmnissen
    kommen. Wir müssen dafür sorgen, dass wieder investiert
    wird; denn nur so werden auch zukünftig neue Jobs ent-
    stehen. Das Wichtigste ist: Wir brauchen eine neue Wirt-
    schaftsdynamik, Herr Stiegler, und keinen neuen Messias
    à la Hartz. Ich sage ganz offen, wie es ist: Von Hartz ist
    hier ja nur noch in der Form die Rede, dass man ankün-
    digt, die von ihm aufgestellten Forderungen im Verhältnis
    eins zu eins in die Praxis umzusetzen. Sein Papier wird
    hier als Bibel für den Arbeitsmarkt dargestellt. Das Ende
    der Massenarbeitslosigkeit wird verkündet. Was hier ab-
    läuft, ist doch ein Riesenbluff. Es wird kein Wunder ge-

    schehen und es werden keine Jobs vom Himmel herun-
    terregnen. Das wissen Sie ganz genau. Die Umsetzung
    dieses Konzepts wird bei weitem nicht das erfüllen, was
    Sie versprechen.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Es gibt einen ganz unverdächtigen Zeugen, nämlich

    Wilhelm Schickler. Von ihm kommt die Idee der Perso-
    nalserviceagenturen. Er, der Präsident des Landesarbeits-
    amtes Hessen, rechnet mit einer Vermittlung von bes-
    tenfalls 375 000 Menschen, und zwar innerhalb von
    fünf Jahren.


    (Peter Dreßen [SPD]: Das ist doch auch ein Wort!)


    Was verspricht Hartz? Die Vermittlung von 520 000Men-
    schen, und das pro Jahr. Ich stelle mir schon die Frage, wie
    er auf diese Zahl kommt. Diese Wunderwaffe wird nicht
    funktionieren.


    (Michael Glos [CDU/CSU]: Genau so ist es! – Volker Kauder [CDU/CSU]: Das haben Wunderwaffen an sich, dass sie nicht funktionieren!)


    Das Hartz-Konzept hat einen Geburtsfehler: Es be-
    kämpft die Symptome und nicht die Ursachen. Durch eine
    Vermittlungsoffensive allein kann der Arbeitsmarkt nicht
    gesunden. Zwei Drittel der Arbeitslosigkeit sind struktu-
    rell bedingt. Da helfen nur Strukturreformen. Sie müssen
    den Mut und die Kraft haben, diese Reformen anzugehen.
    Haben Sie doch endlich den Mut, das zu tun, was die Men-
    schen erwarten!


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Es hilft nur eine Reform des Arbeitsrechts, die zur Ent-
    bürokratisierung führt. Das wissen Sie auch.

    Wir brauchen nicht nur Jobvermittler, sondern auch
    Jobschaffer. Das sind nun einmal die kleinen und mittle-
    ren Unternehmen. Sie vergraulen durch höhere Steuern
    und höhere Abgaben geradezu die vielen kleinen Leis-
    tungsträger in unserem Land, also diejenigen, die hier
    Arbeitsplätze schaffen wollen. Das Herbstgutachten be-
    stätigt das. Es heißt dort:

    Die Vorschläge der Hartz-Kommission können die
    hoch gesteckten Erwartungen auf eine rasche Entlas-
    tung am Arbeitsmarkt nicht erfüllen. Sie können eine
    ursachengerechte Therapie nicht ersetzen.

    Das sagt nicht die Opposition, das entstammt dem Herbst-
    gutachten.

    Herr Clement, ich glaube, es nützt auch nichts, wenn
    Sie den Gutachtern vorwerfen, sie verstünden nicht, wo-
    von sie reden.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich habe das Gefühl, dass diese rot-grüne Regierung
    selbst nicht weiß, was sie redet, und vor allem nicht weiß,
    was sie tut. Was Sie hier als neuen Fahrplan für Ihre
    zweite Amtszeit vorlegen, das ist dilettantisch, das ist
    konfus, das ist konzeptionslos. Sie versuchen zu galop-
    pieren, aber Sie galoppieren leider in die falsche Rich-
    tung. Denn Ihre Richtung heißt – auch wenn Sie es hun-
    dertmal anders beteuern –: abwärts. Sie können sich ja
    ruhig abwärts bewegen, aber Sie reißen leider andere mit.


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)


    198


    (A)



    (B)



    (C)



    (D)






    Deshalb ist das ein Problem, das uns alle hier im Hause
    angeht. Dagegen werden wir uns wehren.

    Vielen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)




Rede von Dr. Norbert Lammert
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

Das Wort hat der Kollege Werner Schulz, Bünd-

nis 90/Die Grünen.

Werner Schulz (Berlin) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
NEN):

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Entschul-
digen Sie, liebe Kollegin Wöhrl, aber angesichts der Viel-
zahl der von Ihnen schräg angesprochenen Themen und
angesichts des Kompliments, das Sie uns am Ende erteilt
haben, wir würden eine wirre und konfuse Politik betrei-
ben, muss man wohl sagen: Das war eine echte „Wöhrl-
Pool-Rede“, die Sie gerade gehalten haben.


(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


Ich bin im Gegensatz zu Ihnen der Auffassung, dass der
neue Wirtschafts- und Arbeitsminister mit seiner Ein-
stiegsrede schon eine Kostprobe für mehr Wirtschafts-
dynamik und politischen Führungswillen geliefert hat.
Möglicherweise hat Ihr Kollege Merz das phonetisch
falsch verstanden. Herr Clement hat nicht von „Wermut“,
sondern von „mehr Mut“ gesprochen. Merz ist ja ein
Mutexperte, er hat ein Buch geschrieben: „Mut zur Zu-
kunft“. Mut ohne Handlungskonzept führt allerdings in
die Abenteuerliteratur.

Es ist schwierig, wenn wir unterschiedliche Wahrneh-
mungen schon bei der Ausgangslage haben. Dann ist die
Diskussion schräg und wird unredlich. Ich empfehle Ihnen,
sich den IfW-Bericht noch einmal genau anzuschauen.
Dort wird eben nicht von einer Rezession gesprochen, son-
dern von einer „fragilen Konjunkturerholung“ – aufgrund
all der Umstände, die in der Weltwirtschaft zu verzeich-
nen sind: Börseneinbrüche, restriktive Kreditlinien bei
den Banken und dergleichen mehr. Dagegen ist von den
Strukturdefiziten, die man natürlich auch in Deutschland
feststellen kann, nicht allein die Rede. Wer das nicht
glaubt, möge sich die Expertise von EU-Kommissar
Pedro Solbes anschauen. Dort werden ähnliche Feststel-
lungen getroffen.

Ich sage Ihnen gleich zu Anfang – weil Angela Merkel
in ihrer gestrigen Rede die Wiederentdeckung des Politi-
schen gepriesen hat –: Ich würde mich freuen, wenn es
auch zur Wiedererweckung der Mitverantwortung käme.
Bislang tun Sie so, als sei nach vier Jahren Rot-Grün alles
im Argen und hätten Sie im Grunde genommen mit all
dem, was bisher passiert ist, nichts zu tun.

Wir würden in einer solch schwachen Konjunktur-
phase sehr gern antizyklische Wirtschaftspolitik betrei-
ben – wenn uns nicht ein so massiver Schuldenberg hin-
terlassen worden wäre, wenn wir nicht im Zuge der
deutschen Einheit diesen exorbitanten Anstieg der Lohn-
nebenkosten von 35 auf 42 Prozent, wo im Grunde die ge-
samten Kosten der deutschen Einheit versteckt sind, zu

verzeichnen gehabt hätten. – Sie schütteln den Kopf, aber
es ist leider so: Sie haben die Beiträge zur Arbeitslosen-
versicherung, zur Rentenversicherung und zur Kranken-
versicherung im Zuge der deutschen Einheit erhöht.


(Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Den Bundeszuschuss haben Sie vergessen!)


Wie schwierig es ist, angesichts des demographischen
Wandels davon herunterzukommen, haben wir in den
letzten vier Jahren erlebt. Die Lohnnebenkosten sind
leicht zurückgegangen. Aber wir haben längst nicht das
Ziel erreicht, das wir uns vorgenommen hatten.

Im Übrigen belegt auch der Ifo-Geschäftsklimaindex,
dass der mangelnde Optimismus der Unternehmen nicht
auf die rot-grüne Wirtschaftspolitik zurückzuführen ist,
sondern auf die weltweit unsichere Situation, auf die welt-
politischen Unsicherheiten und möglicherweise auch auf
die bereits getätigten Investitionen. Es gibt also eine In-
vestitionszurückhaltung, einen Attentismus, der uns zu
schaffen macht.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Norbert Lammert


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)


    Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen

    Hinsken?

    Werner Schulz (Berlin) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ-
    NEN):

    Aber gern, bitte.