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ID1420406100

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Änderung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . . . 20033 A Begrüßung des Vizepräsidenten des spani- schen Abgeordnetenhauses, Herrn Lopez, und seiner Delegation . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20038 C Tagesordnungspunkt I: (Fortsetzung) a) Zweite Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bun- deshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2002 (Haushaltsgesetz 2002) (Drucksachen 14/6800, 14/7537) . . . . 20033 B b) Beschlussempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses zu der Unter- richtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 2001 bis 2005 (Drucksachen 14/6801, 14/7324, 14/7538) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20033 B 16. Einzelplan 04 Bundeskanzler und Bundeskanzleramt (Drucksachen 14/7304, 14/7321) . . . . . . . 20033 B Michael Glos CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 20033 D Gerhard Schröder, Bundeskanzler . . . . . . . . . 20038 C Dr. Guido Westerwelle FDP . . . . . . . . . . . . . . 20048 B Rezzo Schlauch BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 20053 A Hans-Peter Repnik CDU/CSU . . . . . . . . . 20055 D Dr. Guido Westerwelle FDP . . . . . . . . . . . . . . 20057 B Roland Claus PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20057 D Dr. Peter Struck SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20060 A Dr. Angela Merkel CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 20064 C Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 20073 D Dr. Hermann Otto Solms FDP . . . . . . . . . . . . 20076 D Dr. Gregor Gysi PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20078 C Klaus Hagemann SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20080 D Dr. Gregor Gysi PDS . . . . . . . . . . . . . . . . 20081 D Günter Nooke CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 20083 D Lothar Mark SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20085 D Peter Hintze CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 20087 D Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . 20088 D Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20089 C 17. Einzelplan 05 Auswärtiges Amt (Drucksachen 14/7305, 14/7321) . . . . . . . 20092 A Steffen Kampeter CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 20092 A Uta Titze-Stecher SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20094 A Dr. Norbert Lammert CDU/CSU . . . . . . . . . . 20098 B Uta Titze-Stecher SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20099 B Dr. Werner Hoyer FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20099 C Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20102 D Wolfgang Gehrcke PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . 20104 D Volkmar Schultz (Köln) SPD . . . . . . . . . . . . . 20106 D Dr. Andreas Schockenhoff CDU/CSU . . . . . . 20108 A Joseph Fischer, Bundesminister AA . . . . . . . . 20110 A Volker Rühe CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 20113 C Plenarprotokoll 14/204 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 204. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 28. November 2001 I n h a l t : Joseph Fischer (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20116 D Volker Rühe CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 20117 B Gert Weisskirchen (Wiesloch) SPD . . . . . . . . 20118 A Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU . . . . . . 20119 A Dr. Elke Leonhard SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 20120 C Steffen Kampeter CDU/CSU (zur GO) . . . . . 20121 C 18. Einzelplan 14 Bundesministerium der Verteidigung (Drucksachen 14/7313, 14/7321) . . . . . . . 20121 D Dietrich Austermann CDU/CSU . . . . . . . . . . 20122 A Volker Kröning SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20124 D Günther Friedrich Nolting FDP . . . . . . . . . . . 20127 A Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 20128 C Jürgen Koppelin FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20131 B Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 20131 D Dr. Uwe-Jens Rössel PDS . . . . . . . . . . . . . . . 20132 A Paul Breuer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 20133 B Volker Kröning SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . 20134 D Rudolf Scharping, Bundesminister BMVg 20137 A Helmut Rauber CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 20142 B Hildebrecht Braun (Augsburg) FDP . . . . . . . . 20142 C Winfried Nachtwei BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20143 D Heidi Lippmann PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20144 D Manfred Opel SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20145 D Kurt J. Rossmanith CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 20147 B Namentliche Abstimmungen . . . . . . . . . . . 20149 A, B Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20149 D, 20152 C 19. Einzelplan 23 Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Drucksachen 14/7317, 14/7321) . . . . . . . 20154 B Michael von Schmude CDU/CSU . . . . . . . . . 20154 D Dr. Emil Schnell SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20156 C Joachim Günther (Plauen) FDP . . . . . . . . . . . 20159 A Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 20160 C Carsten Hübner PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20162 C Heidemarie Wieczorek-Zeul, Bundesministerin BMZ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20163 D Klaus-Jürgen Hedrich CDU/CSU . . . . . . . . . 20166 C 28. Einzelplan 16 Bundesministerium für Umwelt, Natur- schutz und Reaktorsicherheit (Drucksachen 14/7315, 14/7321) . . . . . . . 20168 B Jochen Borchert CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 20168 C Waltraud Lehn SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20170 C Birgit Homburger FDP . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20173 A Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20175 C Eva Bulling-Schröter PDS . . . . . . . . . . . . 20176 C Birgit Homburger FDP . . . . . . . . . . . . . . . 20177 C Eva Bulling-Schröter PDS . . . . . . . . . . . . . . . 20178 D Jürgen Trittin, Bundesminister BMU . . . . . . . 20180 A Dr. Peter Paziorek CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 20182 C Ulrike Mehl SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20185 A Dr. Christian Ruck CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 20187 B Christoph Matschie SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 20189 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20192 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 20193 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. November 2001II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. November 2001
  • folderAnlagen
    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. November 2001 Vizepräsidentin Anke Fuchs 20192 (C) (D) (A) (B) Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 204. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 28. November 2001 20193 (C) (D) (A) (B) Altmann (Aurich), BÜNDNIS 90/ 28.11.2001 Gila DIE GRÜNEN Beck (Bremen), BÜNDNIS 90/ 28.11.2001 Marieluise DIE GRÜNEN Behrendt, Wolfgang SPD 28.11.2001 Buntenbach, Annelie BÜNDNIS 90/ 28.11.2001 DIE GRÜNEN Follak, Iris SPD 28.11.2001 Frick, Gisela FDP 28.11.2001 Friedrich (Altenburg), SPD 28.11.2001 Peter Girisch, Georg CDU/CSU 28.11.2001 Hauer, Nina SPD 28.11.2001 Heiderich, Helmut CDU/CSU 28.11.2001 Hornung, Siegfried CDU/CSU 28.11.2001 Jünger, Sabine PDS 28.11.2001 Kraus, Rudolf CDU/CSU 28.11.2001 Dr. Küster, Uwe SPD 28.11.2001 Lippmann, Heidi PDS 28.11.2001 Müller (Berlin), PDS 28.11.2001* Manfred Nahles, Andrea SPD 28.11.2001 Roth (Gießen), Adolf CDU/CSU 28.11.2001 Rübenkönig, Gerhard SPD 28.11.2001 Schenk, Christina PDS 28.11.2001 Scherhag, Karl-Heinz CDU/CSU 28.11.2001 Schlee, Dietmar CDU/CSU 28.11.2001 Schultz (Everswinkel), SPD 28.11.2001 Reinhard Dr. Freiherr von CDU/CSU 28.11.2001 Stetten, Wolfgang Dr. Süssmuth, Rita CDU/CSU 28.11.2001 Dr. Thomae, Dieter FDP 28.11.2001 Wiesehügel, Klaus SPD 28.11.2001 Wolf (Frankfurt), BÜNDNIS 90/ 28.11.2001 Margareta DIE GRÜNEN Dr. Zöpel, Christoph SPD 28.11.2001 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Werner Hoyer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsidentin! Liebe
    Kolleginnen und Kollegen! Gerne werde ich mich im
    Laufe meines Beitrages an diesem nachgeholten Be-
    richterstattergespräch beteiligen, weil auch ich mir bezüg-
    lich dieser Frage natürlich Sorgen mache. Ich möchte
    trotzdem zunächst einen politischen Einstieg wählen.

    Spätestens in den letzten zehn Wochen haben wir ge-
    merkt, dass Außenpolitik wieder Konjunktur hat. Es hat
    ja eine ganze Zeit lang so ausgesehen, als wäre die Außen-
    politik so eine Art Sonderthema ohne große innenpoliti-
    sche Relevanz, das in Luxusausschüssen behandelt
    würde. Das ist anders geworden: Nie waren die Schnitt-
    stellen zwischen Außen- und Innenpolitik, speziell zwi-
    schen äußerer und innerer Sicherheit,


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das muss gerade auch in der Haushaltsdebatte gesagt werden!)


    nicht zuletzt auch zwischen Außenpolitik, Außenwirt-
    schaftspolitik und Binnenwirtschaft so deutlich wie zur-
    zeit. Und das ist auch gut so.

    Überzogene Erwartungen für eine friedliche Welt – die
    haben wir ja alle mehr oder weniger nach 1990 gehabt –
    sind nun brutal korrigiert worden. Die Einschläge kom-
    men näher; das spüren die Bürgerinnen und Bürger. Des-
    wegen hat Vertrauen in außen- und sicherheitspolitische
    Handlungsfähigkeit und Kompetenz plötzlich wieder ei-
    nen hohen Stellenwert. Natürlich – das haben wir heute
    Morgen debattiert – heißt das nun keineswegs, dass die
    lieben Kolleginnen und Kollegen von der Koalition und
    vor allem in der Regierung nicht bald wieder von den Bin-
    nenthemen eingeholt würden. Dazu ist die Bilanz auf dem
    Gebiet der Arbeitslosigkeit, bei Wachstum und Stabilität
    einfach zu katastrophal.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)





    Dr. Norbert Lammert

    20099


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Aber nach dem 11. September werden Außen- und Si-
    cherheitspolitik und, wie ich hoffe, auch Europa- und Ent-
    wicklungspolitik auf der Themenrangliste nicht wieder so
    sehr abrutschen, wie es eine Zeit lang gedroht hat. Das soll
    der FDP nur recht sein. Seit Walter Scheel, Hans-Dietrich
    Genscher und Klaus Kinkel wird außenpolitische Kom-
    petenz auf das Engste mit der FDP verbunden. Das wird
    so bleiben und das werden wir nutzen.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    In einer Krisensituation wie nach dem Desaster von
    NewYork undWashington schlägt die Stunde der Exeku-
    tive. Sie hat diese genutzt.Abgesehen von der PDS hat die
    Opposition, ganz sicher wir Liberalen, sie dabei unter-
    stützt. Wir haben dies aus voller Überzeugung getan: zum
    einen, weil der Terroranschlag vom 11. September einAn-
    schlag auf die Grundwerte der gesamten freien Welt war,
    dem man nun auch entschlossen und geschlossen entge-
    gentreten muss; zum anderen, weil dies auch nicht die
    Stunde kleinkarierter parteipolitischer Taktiererei war und
    ist. Insofern hat der Bundeskanzler zunächst einmal Glück
    gehabt. Aber nicht nur die wirtschaftlichen Realitäten
    werden ihn einholen, sondern auch die strukturellen Defi-
    zite seiner Regierung; denn die sind ja durch das Kri-
    senmanagement der letzten Wochen nicht plötzlich ver-
    schwunden, sie sind eher noch deutlicher geworden.

    Da ist der Verteidigungsminister, dem in diesem
    Sommer sein „sound judgement“, sein gesundes Urteils-
    vermögen, abhanden gekommen ist. Die Herausforderun-
    gen der letzten Wochen haben ihn im wahrsten Sinne des
    Wortes zunächst einmal über Wasser gehalten. Aber in ei-
    ner Phase, in der die Soldaten der Bundeswehr mögli-
    cherweise in den gefährlichsten Einsatz ihrer bisherigen
    Geschichte geschickt werden, ist der Inhaber der Befehls-
    und Kommandogewalt nur begrenzt handlungsfähig,


    (Dr. Karl-Heinz Hornhues [CDU/CSU]: Stimmt!)


    weil er a) nachhaltig Vertrauen und Autorität verloren
    hat – und das nicht nur national und innerparteilich, son-
    dern auch international –, weil jetzt b) alle Fehler einer
    verfehlten und halbherzigen Bundeswehrreform sichtbar
    werden und er c) jetzt auch noch das Pech hat, dass Frau
    Fugman-Heesing mit ihrem Abgang als Chefin der unse-
    ligen GEBB die Finanzierungsillusion zum Platzen ge-
    bracht hat, die Herr Scharping im Hinblick auf seinen ka-
    tastrophal unterfinanzierten Haushalt möglicherweise
    selber noch gehegt hat.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Christian Schmidt [Fürth] [CDU/CSU]: Das schafft doch wieder einen Versorgungsposten für Herrn Runde!)


    Als Zweites kommt dem Bundeskanzler dann noch
    sein außenpolitischer Berater durch eine Affäre abhan-
    den, deren Peinlichkeit und Armseligkeit den Verdacht
    nahe legen, dass hier nur ein Tropfen das Fass zum Über-
    laufen gebracht hat, das längst randvoll mit Pleiten, Pech
    und Pannen war. Armes Deutschland!


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Die dritte internationale Schwächung haben ihm dann
    die Grünen beigebracht. Die Welt hat mit Staunen beob-
    achtet, dass die deutsche Handlungsfähigkeit wochenlang
    an dem seidenen Faden der Ungewissheit hing, ob es dem
    Bundeskanzler mit seiner erpresserischen Verbindung ei-
    ner Abstimmung über eine Sachfrage mit dem Stellen der
    Vertrauensfrage gelingen würde, einer hinreichendenAn-
    zahlgrünerKollegendochnochdasGewissenabzukaufen.

    Das heißt doch, dass alle unsere Partner wissen: Jede
    weitere außenpolitische Entscheidung von einiger Trag-
    weite kann diese deutsche Regierung zum Kippen brin-
    gen. Oder gilt für den Rest der Legislaturperiode wirklich
    schon die Devise von Ministerpräsident Gabriel aus Nie-
    dersachsen: „Die Grünen lassen wir jetzt nicht mehr in der
    Voliere fliegen; wir gehen zur Käfighaltung über: Ein
    bisschen Flattern dürfen sie noch, aber in der Koalition
    bleiben müssen sie schon.“


    (Beifall bei Abgeordneten der FDP)

    Herr Fischer hat seine grünen Truppen in Rostock nur

    dadurch an der Fahnenflucht hindern können, dass er die
    zentrale deutsche Rolle beim politischen und wirtschaft-
    lichen Wiederaufbau Afghanistans in der weltweiten prä-
    ventiven Entwicklungspolitik in den Vordergrund gestellt
    hat. Aber es ist schon erbärmlich, dass von der Bundes-
    luftwaffe – offenbar wieder aus Rücksicht auf grüne Be-
    findlichkeiten – deutsche humanitäre Hilfe und militäri-
    sches Material für unsere amerikanischen Freunde von
    Ramstein gerade einmal bis in die Türkei geflogen wer-
    den. Die Reststrecke überlassen wir dann vorsichtshalber
    doch lieber wieder den anderen.


    (Uta Titze-Stecher [SPD]: Herr Kollege, die Debatte über den Einzelplan 14 ist hinterher!)


    Lassen Sie mich zu einigen grundsätzlichen Erwägun-
    gen kommen, die mir bei der Analyse der Entwicklung der
    Außenpolitik der letzten Monate und Jahre aufgefallen
    sind:

    Erstens. Wir sind uns in diesem Hohen Hause einig,
    dass wir uns nicht auf die militärische Dimension der
    Konfliktlösung reduzieren dürfen und wollen. Was uns
    Liberale und die Mehrheit des Hauses auf der einen Seite
    und die PDS und einen Teil der Grünen auf der anderen
    Seite trennt, ist, dass wir der Meinung sind, dass man die
    Augen vor der Notwendigkeit, auch militärisch handeln
    zu können und repressiv vorgehen zu müssen, nicht ver-
    schließen darf.


    (Beifall bei der FDP)

    Aber der transkulturelle Dialog, eine ganz neue An-

    strengung, die festgefahrene Rüstungsbegrenzungs-,
    Abrüstungs- und Proliferationspolitik wieder flottzuma-
    chen – da höre ich übrigens von dieser Bundesregierung
    verdammt wenig –,


    (Beifall bei Abgeordneten der FDP)

    und ein sehr viel größeres Engagement in der Entwick-
    lungszusammenarbeit, das muss zweifellos im Vorder-
    grund stehen.

    All dies weist – Kollegin Titze-Stecher hat zu Recht da-
    rauf hingewiesen – den Vereinten Nationen eine bedeu-




    Dr. Werner Hoyer
    20100


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    tende Rolle zu. Viele haben ja schon geglaubt, die Stunde
    des Multilateralismus habe endlich geschlagen. Aus dem
    sehr besonnenen amerikanischen Verhalten, aus dem ge-
    zielten Streben nach einer globalen Antiterrorkoalition
    und einem UN-Sicherheitsratsbeschluss und last, but not
    least nach dem Begleichen eines Teils der Beitragsrück-
    stände der USA haben manche den Schluss gezogen, die
    Amerikaner hätten ihr Verhältnis zur UNO und zum Mul-
    tilateralismus geändert. Schön wär’s! Ich warne vor die-
    ser Interpretation.


    (Beifall des Abg. Wolfgang Gehrcke [PDS])

    Amerika wird sich nach dem tiefsten Schock, der brutals-
    ten Verletzung seines Selbstverständnisses und Selbstbe-
    wusstseins seit Pearl Harbor von niemandem abhängig
    machen. Das ist für uns umso mehr ein Anlass, an der
    Stärkung des Multilateralismus zu arbeiten. Wir haben
    hier eine andere Interessenlage.


    (Beifall bei der FDP sowie der Abg. Uta TitzeStecher [SPD])


    Das heißt, wir müssen unsere amerikanischen Freunde da-
    von überzeugen, dass es in unser aller Interesse liegt, sich
    den UN nicht nur dann zuzuwenden, wenn einem gerade
    ein Sicherheitsratsbeschluss nützlich erscheinen mag.

    Zweitens. Was mich noch mehr beunruhigt, ist die
    Konsequenz für die nordatlantische Allianz. Die USA
    haben nicht einen Moment daran gedacht, in der gegen-
    wärtigen Situation die NATO mit ihren tief integrierten
    militärischen Strukturen und mit ihren Potenzialen zu nut-
    zen. Aus Sicht der USA mag das verständlich sein, weil
    sie 90 bis 95 Prozent der Leistung erbringen müssen. Sie
    haben es deshalb nicht besonders gern, wenn die anderen
    in ihrer Umständlichkeit auch noch mitreden wollen.

    Für uns Deutsche ist die Interessenlage eine andere.
    Wir müssen daran interessiert sein, das wichtigste Bünd-
    nis, dem wir je angehört haben und das das erfolgreichste
    Bündnis in der gesamten Geschichte ist, zu stärken und zu
    erhalten.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Passen wir auf, dass nach den hoffentlich erfolgreichen
    Bemühungen um Afghanistan und gegen den Terrorismus
    am Ende das wichtigste und erfolgreichste Militärbündnis
    aller Zeiten nicht als Verlierer auf der Strecke bleibt!


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Drittens. Ähnliches gilt für die Europäische Union.

    Wo war sie eigentlich in den letzten Wochen und Mo-
    naten?


    (Christian Schmidt [Fürth] [CDU/CSU]: Gute Frage!)


    Natürlich ist die ESVP noch nicht da; das weiß ich auch.
    Gemeinsames militärisches Handeln ist also noch nicht
    möglich. Aber auch politisch war die EU ein ziemlicher
    Ausfall. Die Bundesregierung hat dazu durchaus beige-
    tragen.


    (Beifall bei Abgeordneten der FDP)


    Zum einen holen uns die versäumten Reformen von Niz-
    za ein. Zum anderen – das ist noch gefährlicher – grassie-
    ren das Kontaktgruppensyndrom und die Versuchung, zu
    klassischer nationalstaatlicher Machtpolitik in Ad-hoc-
    Koalitionen zurückzukehren, wie das die so genannten
    Großen – Berlin, Paris und London – so gerne betreiben.

    Das unterminiert den europäischen Integrationspro-
    zess. Dessen Logik hat immer darin bestanden, die Klei-
    nen mit an Bord zu nehmen, damit sie ihre Interessen bei
    Fragen einbringen können, bei denen sie sonst aufgrund
    ihrer geringeren Machtfülle keine Rolle spielen würden.
    Es gehörte zu den wichtigsten Prinzipien deutscher Euro-
    papolitik, dieser Logik immer den notwendigen Stellen-
    wert einzuräumen.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Das missglückte Dreiertreffen von Gent


    (Christian Schmidt [Fürth] [CDU/CSU]: Dinner for three!)


    und der misslungene Versuch, ein weiteres Treffen in
    London zu organisieren, haben erheblichen Schaden an-
    gerichtet. Wir werden zu Laeken und zur Europapolitik in
    der nächsten Sitzungswoche noch ausführlich diskutie-
    ren. Deshalb möchte ich es bei diesen Bemerkungen be-
    lassen.

    Ich möchte aber noch einen Punkt anführen. Wir haben
    unter Bauchschmerzen Nizza aus zwei Gründen zuge-
    stimmt: Erstens wollten wir nicht einen Funken des Ver-
    dachts aufkommen lassen, wir würden denjenigen in die
    Hände spielen wollen, die mit der Osterweiterung oh-
    nehin nichts im Sinn haben. Zweitens hatten und haben
    wir die starke Erwartung, dass von Laeken ein starkes und
    sehr konkretes Aufbruchsignal sowohl hinsichtlich der
    Reform der Institutionen als auch hinsichtlich der Verfas-
    sungsdebatte im Rahmen des Post-Nizza-Prozesses aus-
    geht.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)

    Hoffen wir, dass die Bundesregierung alles unternimmt,
    damit wir nach Laeken nicht schon wieder vor einem
    Scherbenhaufen enttäuschter Erwartungen stehen.

    Der Bundeskanzler und auch Sie, Herr Bundesaußen-
    minister, haben doch völlig Recht: Nach dem 11. Septem-
    ber ist Europa wichtiger als zuvor. Wir brauchen mehr Eu-
    ropa und nicht weniger. Eine solche Katastrophe wie die
    vom 11. September kann auch eine Katalysatorfunktion
    haben, indem ein in sich nicht mehr bewegliches System,
    das völlig festgefahren ist, plötzlich durch diesen externen
    Schock wieder beweglich gemacht werden kann. Nutzen
    wir also diesen weiß Gott großen externen Schock!

    Vierzehn Minuten erlauben leider keine geschlossene
    Tour d’Horizon der Außenpolitik im Rahmen der Haus-
    haltsdebatte. Deswegen will ich mich auf zwei Punkte
    konzentrieren.

    Der erste Punkt ist die auswärtige Kulturpolitik. Ich
    bedanke mich für die Bemerkungen, die hierzu schon ge-
    macht worden sind. Wir haben den Ansatz der Bundesre-
    gierung ganz bewusst an zwei Stellen qualitativ verändert.
    Wir haben im Konsens der Berichterstatterinnen und




    Dr. Werner Hoyer

    20101


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Berichterstatter, für den ich mich insbesondere bei dir,
    liebe Uta, bedanken möchte,


    (Beifall bei der FDP, der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    die du dort sehr segensreich gewirkt hast, zwei Akzente
    gesetzt. Der erste Akzent liegt auf einer stärkeren Interna-
    tionalisierung unserer Hochschulen durch eine Stärkung
    der Stipendiumprogramme für ausländische Studierende.

    Der zweite Akzent bezieht sich auf die Auslandsschu-
    len. Die Auslandsschulen sind ein Juwel in unserer Hand.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Sie sind von größter bildungspolitischer, kulturpoliti-
    scher, aber eben auch von friedenspolitischer, außenpoli-
    tischer und außenwirtschaftspolitischer Bedeutung. Man-
    che von ihnen pfeifen aber aus dem letzten Loch.
    Deswegen brauchen wir auf diesem Gebiet eine Offen-
    sive. Wir haben hier einen ersten Ansatz entwickelt, für
    den ich sehr dankbar bin. Wir müssen weiter vorankom-
    men. Wir brauchen in den nächsten Jahren eine große
    Initiative zur Stärkung der Auslandsschulen. Sonst wer-
    den mehr und mehr Kinder deutscher Diplomaten,
    Wirtschaftsvertreter oder Journalisten lieber internatio-
    nale Schulen besuchen als unsere eigenen und sonst wird
    es mit der Anerkennung der Abschlüsse unserer Aus-
    landsschulen noch schwieriger werden.

    Zum Goethe-Institut ist eben das Wichtigste gesagt
    worden. Das Goethe-Institut hat natürlich kein Monopol
    auf auswärtige Kulturpolitik, aber es ist der wichtigste
    und der größte Mittler. Eine weitere Schließung von
    Goethe-Instituten kommt für uns nicht infrage. Im Ge-
    genteil, gerade da, wo wir gegenwärtig Krisen haben,
    brauchen wir mehr und nicht weniger Institute.

    Aber die eigentliche Sauerei, die hier passiert ist, ist
    das Einkassieren der Fusionsrendite durch den Finanzmi-
    nister. Ich bin sehr dankbar, dass hier auf den letzten Me-
    tern der Versuch gemacht wird – ich hoffe da auf das
    Wohlwollen der Koalition –, das noch zu korrigieren. Hier
    müssen wir als Parlament unsere Meinung durchsetzen.


    (Beifall bei der FDP – Zustimmung bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)


    Mit uns ist ohnehin schon im Zusammenhang mit der Fu-
    sion von Goethe-Institut und Inter Nationes übel Schlitten
    gefahren worden. Ich denke daran, wie mit uns umgegan-
    gen worden ist, als es um die Besetzung der Organe der
    Aufsichtsgremien des fusionierten Instituts ging.


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

    Zum Schluss zum Haus selbst. Es ist ein sehr schönes

    Haus und es ist verständlich, dass Herr Fischer so sehr um
    sein Haus kämpft.


    (V o r s i t z: Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms)


    Dieses Haus verlässt niemand gerne; ich weiß, wovon ich
    rede. Aber es wäre viel wichtiger, Herr Minister, Sie wür-
    den nicht um Ihr Haus, sondern für Ihr Haus kämpfen. Die
    wesentlichen Strukturprobleme, gerade im Personalbe-
    reich, lösen Sie nicht, wenn Ihr Hauptansinnen ist, sich als

    Musterschüler bei der Konsolidierung des Haushalts zu
    gerieren. Es gibt kein Haus, in dem so viele Mitar-
    beiterinnen und Mitarbeiter – bei denen ich mich für die
    Bewältigung ihrer irrsinnig großen Arbeitslast sehr herz-
    lich bedanken möchte –


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    mit einer so schlechten Stellenstruktur auskommen müs-
    sen. Das war immer so, Herr Fischer. Wir haben aber in
    jedem Haushalt, wenn auch in kleinen Schritten, Verbes-
    serungen erzielt. Sie verzichten jedoch von vornherein da-
    rauf, mit dem Finanzminister zu kämpfen. Das halte ich
    für einen großen Fehler.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Wir haben seitens des Parlaments ein paar Verbesse-
    rungen durchgebracht, aber auch im Haushalt muss dem
    Stellenwert des Internationalen und der Außenpolitik
    mehr Rechnung getragen werden. Sonst haben Sie ein
    Glaubwürdigkeitsproblem nicht nur in Ihrer Menschen-
    rechtspolitik und in vielen anderen Politikbereichen, son-
    dern auch im eigenen Hause.

    Herzlichen Dank.

    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)




Rede von Dr. Hermann Otto Solms
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Als
nächster Redner hat der Kollege Helmut Lippelt von
Bündnis 90/Die Grünen das Wort.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Helmut Lippelt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich
    habe mich den Vormittag über und noch mehr bei der letz-
    ten Rede gefragt, warum die FDP eigentlich so sauer ist.


    (UtaTitze-Stecher [SPD]:Verlobung geplatzt! – Weiterer Zuruf von der SPD: Verschmähte Liebe!)


    Herr Westerwelle stolzierte wie ein Storch hier herum und
    sprach von „grünen Fröschen“, die er gern an die Wand
    werfen, vielleicht lieber noch fressen wolle.


    (Ulrich Irmer [FDP]: Er doch nicht! Der Außenminister!)


    – Ich zitiere Westerwelle; von ihm kam dieser Spruch.

    (Walter Hirche [FDP]: Sie sind doch grün vom Krötenschlucken! – Dr. Karl-Heinz Hornhues [CDU/CSU]: Was ist denn das für ein Niveau?)


    Dann haben Sie, Herr Präsident, über den „Unterwer-
    fungsparteitag“ gesprochen und Sie, Herr Hoyer, haben
    von einem seidenen Faden und einem Gewissen, das uns
    in Rostock abgekauft worden sei, geredet.

    Herr Solms, Sie haben ja unseren Kollegen Oswald
    Metzger angesprochen,


    (Dr. Karl-Heinz Hornhues [CDU/CSU]: Herr Kollege Lippelt, Sie dürfen den Präsidenten nicht kritisieren! Seien Sie vorsichtig!)





    Dr. Werner Hoyer
    20102


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    sich bei ihm für die schöne Arbeit bedankt und bedauert,
    dass Sie ihn nicht mehr sehen. Ich glaube, Sie werden ihn
    noch länger sehen, aber mich nach der nächsten Wahl
    nicht mehr. Deshalb kann ich zum Schluss ja einmal sa-
    gen, was mich bei dieser allgemeinen Einschätzung im-
    mer sehr geärgert hat.

    Ich habe vor 20 Jahren den zweiten Parteitag der Grü-
    nen geleitet, auf dem wir das Friedensmanifest von 1981
    verabschiedet haben.


    (Zuruf von der PDS: Das waren noch schöne Zeiten!)


    – Ihr habt euch nicht weiterentwickelt, deshalb könnt ihr
    das jetzt so sagen. – Zentrale Sätze waren: Nicht dem
    Osten, nicht dem Westen, sondern untereinander loyal.
    – Wir sind loyal nicht zu Regierungen, sondern wir sind
    loyal zu Bewegungen. – Dabei dachten wir an Solidar-
    nosc, die wir besucht haben, wo ich selten oder eigentlich
    nie einen FDP-Abgeordneten getroffen habe, von den an-
    deren Parteien durchaus. Wir dachten an die Charta 77,
    wir dachten an die russischen Dissidenten. Es ist ja kein
    Zufall, dass die grünen Kontakte sehr stark waren.
    Warum? Weil wir von einer Situation ausgingen, in der
    zwei Militärblöcke, mit hundertfachem Overkill gerüstet,
    einander gegenüberstanden, und weil wir wussten, dass
    die Raketen, die hier stationiert werden sollten, das, was
    sie vorgaben, nicht leisten konnten, nämlich das Land und
    die Bevölkerung zu schützen. Denn in dem Moment, in
    dem man sie wirklich hätte einsetzen müssen, wären Land
    und Volk draufgegangen.

    Nun will ich nicht vergangene Streitigkeiten noch ein-
    mal führen. Ich will nicht den Streit führen, den Sie vor
    20 Jahren mit Vorgängern von mir geführt haben. Eines
    will ich Ihnen aber sagen: Sie sollten sehr vorsichtig sein
    und, bezogen auf die Grünen, nicht immer sagen, dass
    sich bei denen jemand verbiegt und an seinem Sessel
    klebt. Nein, wir sind einen sehr konkret nachzuzeichnen-
    den Weg von einer Friedensbewegung hin zu einer Frie-
    denspolitik gegangen, wie sie heute hier von den Grünen
    vertreten wird und wie sie in dem Hause, welchem Sie so
    sehr nachtrauern, hoffentlich noch sehr lange vertreten
    werden wird.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Werner Hoyer [FDP]: Jetzt geht es Ihnen besser! – Ulrich Irmer [FDP]: Das musste doch einmal gesagt werden!)


    – Ja, das musste gerade Ihnen gesagt werden.

    (Walter Hirche [FDP]: Sagen Sie uns doch ein mal etwas über Ihre SPD-Zeit!)

    – Mit großem Vergnügen könnte ich dazu etwas sagen;
    weshalb denn nicht? Wissen Sie – – Naja, gut.


    (Lachen bei der CDU/CSU)

    – Ich sage es einmal so: Ich bin gerne in der SPD gewe-
    sen und wäre nie in die FDP, die Partei der Besserver-
    dienenden, gegangen.


    (Zuruf von der FDP: Wir hätten Sie auch nicht gewollt!)


    Ich war gerne in der SPD, habe aber auch sehr gerne die
    Grünen mitbegründet.

    Im vorigen Jahr hat der Kollege Lamers hier bemerkt,
    dass der Haushalt 05 leider nur die Hälfte dessen umfasst,
    was die Engländer oder die Franzosen für ihreAußenpoli-
    tik ausgeben. In Deutschland sind es 0,77 Prozent des Ge-
    samtvolumens. Anderorts sind es 1,35 Prozent und
    1,31 Prozent. Das ist richtig. Er hat aber vergessen hinzu-
    zufügen, dass dieser Haushalt vor zehn Jahren ein Volu-
    men in Höhe von 1 Prozent imVerhältnis zum Gesamtvo-
    lumen aufwies. Es ist bis zum Eintritt der rot-grünen
    Regierung auf genau diesen bedauerlichenWert gesunken.

    Ich habe nun nachgerechnet und festgestellt, dass wir
    von den 0,77 Prozent jetzt bei 0,87 Prozent angekommen
    sind. Wenn ich das umrechne, erkenne ich, dass das einem
    Anstieg von 13 Prozent entspricht. Ich bin trotzdem der
    Meinung von Herrn Lamers, dass das immer noch zu we-
    nig ist. Ich bin auch der Meinung, dass die Außenpolitik
    dieses Deutschlands vergleichbar ausgestattet sein muss
    wie die Außenpolitik Englands und Frankreichs.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    In diesem Jahr wurde ein wesentlicher Anfang gemacht.
    Wir hoffen auf die Regierung, die Opposition und unsere
    eigenen Fraktionen, damit dieser Anteil in den nächsten
    Jahren sukzessive weiter gesteigert wird.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Die Anhebung, die wir in diesem Jahr erreicht haben,
    geht nur in geringem Umfang auf die Zusatzmittel nach
    dem 11. September zurück. Ihre Erhöhung entspricht
    mehr den Erwartungen, dass sich Deutschland verstärkt
    international engagiert. Der deutsche Außenminister und
    die deutsche Diplomatie zeigten sich solchen Erwartun-
    gen gewachsen: Ich erinnere an den Fischer-Plan zur Be-
    endigung des Kosovo-Kriegs, an den von Deutschland
    initiierten Stabilitätspakt, an die vom Außenminister nicht
    gesuchte, dann aber entschieden aufgenommene Vermitt-
    lungstätigkeit im Nahost-Konflikt und an die intensive
    Beteiligung Deutschlands bei der Suche nach einer Post-
    Taliban-Lösung, die nun dazu geführt hat, dass Deutsch-
    land Gastgeber der ersten Konferenz der verschiedenen
    afghanischen Gruppierungen auf dem Petersberg ist.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Ich denke, es ist gut, dass Deutschland in der Lage war,

    in diesem Jahr mit knapp 100 Millionen DM für die hu-
    manitäre Hilfe in Afghanistan ein Viertel der Gesamt-
    mittel, die in der EU aufgebracht worden sind, zur Verfü-
    gung zu stellen. Ich finde es auch gut, dass der deutsche
    Außenminister auf dem Petersberg jetzt 160 Millionen
    DM als deutschen Anteil an einer zukünftigen Wiederauf-
    bauhilfe für Afghanistan in Aussicht stellen konnte. Dies
    alles ist gut und richtig. Wir müssen der Außenpolitik ei-
    nen größeren Handlungsspielraum geben; denn wir wis-
    sen, dass eine gute Außenpolitik zugleich eine gute Prä-
    vention bedeutet und eine gute Prävention zugleich eine
    gute Friedenspolitik ist.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)





    Dr. Helmut Lippelt

    20103


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Deshalb sollten wir uns alle einig sein, den Etat in Zukunft
    weiter aufzubessern, und zwar über das Niveau dieses
    Jahres hinaus.

    Ich möchte jetzt noch drei Bemerkungen anschließen:
    Erstens. Wir erleben gegenwärtig einen tief greifenden

    Umbruch derAllianzen. Seit dem Jahr der Gründung der
    UN selbst waren sich deren Mitglieder im Sicherheitsrat
    noch nie so einig wie jetzt, wo es um die Bekämpfung des
    internationalen Terrorismus geht. Deshalb erleben wir un-
    ter diesem Stichwort jetzt auch eine Phase entschiedener
    Setzung internationalen Rechts. Das sage ich gerne in
    Richtung PDS; denn daraus müsste für deren Verhalten ei-
    gentlich auch etwas folgen.

    Dabei ist die neue Bestimmung der Position Russ-
    lands, seine Öffnung zum und seine bewusste Veranke-
    rung im Westen, politisch besonders wichtig. Dies ist von
    uns allen in der Rede Putins vor dem Plenum des Bun-
    destages besonders deutlich wahrgenommen worden.

    Dennoch werden wir weiter verlangen müssen, dass
    Russland den Krieg in Tschetschenien beendet, und zwar
    politisch,


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


    und ihn nicht dem Stichwort „Bekämpfung des Terroris-
    mus“ subsumiert. Der Weg dahin ist jetzt endlich einge-
    schlagen worden durch ein erstes Gespräch zwischen dem
    Bevollmächtigten Putins und einem Bevollmächtigten des
    gewählten tschetschenischen Präsidenten Maschadow.

    Wir werden auch darauf bestehen müssen, dass es wei-
    ter Pressefreiheit für regimekritische Journalisten gibt.


    (Steffen Kampeter [CDU/CSU]: Das ist doch in allen Staaten dieser Welt eine Selbstverständlichkeit!)


    Es darf nicht sein, dass nach der Zerschlagung des Sen-
    ders NTV nun auch noch der letzte regimekritische Sen-
    der TV-6, bei dem eine Reihe jener kritischen Journalisten
    Unterschlupf gefunden hat, zur Schließung gezwungen
    wird.


    (Christian Schmidt [Fürth] [CDU/CSU]: Das ist eine berechtigte Forderung!)


    Ich komme zum zweiten Punkt. Wenn die Suche nach
    den Hauptverantwortlichen für die Mega-Attentate in
    Washington und New York beendet ist, was, wie wir alle
    hoffen, bald der Fall sein wird, und die Zerschlagung der
    Terrororganisation al-Qaida gelungen ist, wird in den
    USA die Diskussion über die Komplizenschaft des iraki-
    schen Diktators immer lauter werden. Wer die in der
    Presse zutage tretenden Indizien nicht überliest, wird un-
    schwer feststellen können, dass sich die Beweise dafür
    häufen. Da aber zugleich die politischen Bedenken gegen
    eine militärische Intervention im Irak nicht geringer wer-
    den, muss jetzt umso intensiver nach einer politischen Lö-
    sung gesucht werden, und zwar – dies mit der gebotenen
    Vertraulichkeit – über alle zur Verfügung stehenden arabi-
    schen und russischen Kanäle.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Während sich nämlich der Iran in die Antiterrorkoalition
    einbringt und Libyen den Weg aus früherer Verstrickung
    in die Förderung terroristischer Aktivitäten zu neuer in-
    ternationaler Verbindlichkeit und Glaubwürdigkeit sucht,
    hat Saddam Hussein erneut Inspektionen bei Aufhebung
    der gegen sein Land verhängten Sanktionen abgelehnt.

    Ich denke, im Rahmen der deutschen und auch der eu-
    ropäischen Diplomatie müssen alle Kanäle genutzt wer-
    den, bevor wir vor der Frage stehen, ob wir auch hier Waf-
    fentreue zeigen müssen; dies hat Herr Glos heute früh
    bereits gefolgert. Ich denke, da liegt der Unterschied zwi-
    schen uns und Ihnen: Sie wissen, dass in den USA über
    Somalia und den Irak diskutiert wird, und Ihre erste Frage
    ist: Sind wir im weltweiten militärischen Kampf gegen
    den Terrorismus auch dabei? Wir hingegen werden inten-
    siv nach politischen Lösungen suchen. Wir wollen nicht
    den militärischen Weg einschlagen.


    (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)


    Ich denke aber, dies ist ein Problem, das innerhalb der
    Koalition gelöst werden muss. Sie sind immer schnell da-
    rauf bedacht, mit Ja zu stimmen, und ärgern sich, wenn
    wir Ihnen aus bestimmten Gründen Schwierigkeiten ma-
    chen, dort zuzustimmen, wo Sie gerne zugestimmt hätten.
    Sie sollten hier vielleicht etwas umdenken und eine
    größere Nachdenklichkeit über die Art der Mittel, die hier
    einzusetzen sind, an den Tag legen.

    Meine abschließende Bemerkung möchte ich zu Laeken
    machen, wo in zwei Wochen der Europäische Rat zusam-
    mentritt. Ich bin Mitglied der Parlamentarischen Versamm-
    lung des Europarats. Ich finde es bedauerlich, dass auf der
    Agenda für den Konvent und später für die Regierungs-
    konferenz zwar die Anhebung der Grundrechte-Charta auf
    eine verbindliche Form steht, dass aber nicht der Beitritt der
    EU zur Europäischen Menschenrechtskonvention ansteht.
    Ich glaube aber, dass dies zusammen behandelt werden
    sollte. Das ist sehr wichtig, damit das Europa der 800 Mil-
    lionen, das Europa des Europarats, nicht zu einer anderen
    Entität wird als das EU-Europa.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Dr. Karl-Heinz Hornhues [CDU/CSU]: Sehr wahr!)


    Herzlichen Dank.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)