Rede:
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Metadaten
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    Nachträgliche Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeordneten Dr. Günter Rexrodt und Peter Zumkley . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18345 A Wahl des Abgeordneten Kurt Palis als stell- vertretendes Mitglied in die Parlamentarische Versammlung des Europarates . . . . . . . . . . . . 18345 B Wahl der Abgeordneten Gisela Schröter als ordentliches Mitglied in den Verwaltungsrat der Filmförderanstalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18345 B Wahl des Abgeordneten Ulrich Kasparick als Schriftführer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18345 B Wahl des Abgeordneten Werner Lensing für eine weitere Amtszeit als Mitglied des Kura- toriums „Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18345 B Tagesordnungspunkt 1: a) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Bekämpfung von Steuer- verkürzungen bei der Umsatzsteuer und anderen Steuern (Steuerverkür- zungsbekämpfungsgesetz – StVBG) (Drucksache 14/6883) . . . . . . . . . . . . . 18345 C b) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Fortentwicklung des Un- ternehmensteuerrechts (Unterneh- mensteuerfortentwicklungsgesetz – UntStFG) (Drucksache 14/6882) . . . . . . . . . . . . . 18345 D c) Erste Beratung des von der Bundes- regierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Steueränderungsgesetz 2001 – StÄndG 2001) (Drucksache 14/6877) . . . . . . . . . . . . . 18345 D d) Antrag der Abgeordneten Gerda Hasselfeldt, Heinz Seiffert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU: Mehr Wirtschaftswachs- tum durch mehr Gerechtigkeit im Unternehmensteuerrecht (Drucksache 14/6887) . . . . . . . . . . . . . 18346 A e) Beschlussempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses – zu dem Antrag des Bundesministeri- ums der Finanzen: Entlastung der Bundesregierung für das Haus- haltsjahr 1999 – Vorlage der Haushaltsrechnung und Vermö- gensrechnung des Bundes (Jah- resrechnung 1999) – zu der Unterrichtung durch den Bundesrechnungshof: Bemerkun- gen des Bundesrechnungshofes 2000 zur Haushalts- und Wirt- schaftsführung (einschließlich der Feststellungen zur Jahres- rechnung des Bundes 1999) (Drucksachen 14/3141, 14/4226, 14/4571 Nr. 1.2, 14/6521) . . . . . . . . . . . . . . . . . 18346 A Hans Eichel, Bundesminister BMF . . . . . . . . 18346 B Hansgeorg Hauser (Rednitzhembach) CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18349 C Detlev von Larcher SPD . . . . . . . . . . . . . 18351 C Christine Scheel BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18352 A Plenarprotokoll 14/188 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 188. Sitzung Berlin, Dienstag, den 25. September 2001 I n h a l t : Carl-Ludwig Thiele FDP . . . . . . . . . . . . . . . . 18354 C Dr. Barbara Höll PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18356 A Lydia Westrich SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18357 A Norbert Barthle CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 18359 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18362 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 18363 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 188. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 25. September 2001II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 188. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 25. September 2001
  • folderAnlagen
    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 188. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 25. September 2001 Norbert Barthle 18362 (C)(A) Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 188. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 25. September 2001 18363 (C) (D) (A) (B) Adam, Ulrich CDU/CSU 25.09.2001* Altmann (Aurich), BÜNDNIS 90/ 25.09.2001 Gila DIE GRÜNEN Behrendt, Wolfgang SPD 25.09.2001* Bierwirth, Petra SPD 25.09.2001 Bindig, Rudolf SPD 25.09.2001* Dr. Blüm, Norbert CDU/CSU 25.09.2001 Bühler (Bruchsal), CDU/CSU 25.09.2001* Klaus Deligöz, Ekin BÜNDNIS 90/ 25.09.2001 DIE GRÜNEN Doss, Hansjürgen CDU/CSU 25.09.2001 Frankenhauser, CDU/CSU 25.09.2001 Herbert Götz, Peter CDU/CSU 25.09.2001 Haack (Extertal), SPD 25.09.2001* Karl-Hermann Häfner, Gerald BÜNDNIS 90/ 25.09.2001 DIE GRÜNEN Dr. Hornhues, CDU/CSU 25.09.2001* Karl-Heinz Hornung, Siegfried CDU/CSU 25.09.2001* Jäger, Renate SPD 25.09.2001* Dr. Kolb, Heinrich L. FDP 25.09.2001* Kors, Eva-Maria CDU/CSU 25.09.2001 Lintner, Eduard CDU/CSU 25.09.2001* Dr. Lippold CDU/CSU 25.09.2001 (Offenbach), Klaus W. Lörcher, Christa SPD 25.09.2001* Lotz, Erika SPD 25.09.2001* Dr. Lucyga, Christine SPD 25.09.2001* Maaß (Wilhelmshaven), CDU/CSU 25.09.2001* Erich Mertens, Angelika SPD 25.09.2001 Michels, Meinolf CDU/CSU 25.09.2001* Müller (Berlin), PDS 25.09.2001* Manfred Müller (Völklingen), SPD 25.09.2001 Jutta Neumann (Gotha), SPD 25.09.2001* Gerhard Nolte, Claudia CDU/CSU 25.09.2001 Ohl, Eckhard SPD 25.09.2001 Ostrowski, Christine PDS 25.09.2001 Rehbock-Zureich, SPD 25.09.2001 Karin Dr. Schäfer, Hansjörg SPD 25.09.2001 Schloten, Dieter SPD 25.09.2001* Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 25.09.2001* Hans Peter von Schmude, Michael CDU/CSU 25.09.2001* Siebert, Bernd CDU/CSU 25.09.2001* Dr. Solms, Hermann FDP 25.09.2001 Otto Steiger, Wolfgang CDU/CSU 25.09.2001 Sterzing, Christian BÜNDNIS 90/ 25.09.2001 DIE GRÜNEN Wiesehügel, Klaus SPD 25.09.2001 Wolf, Aribert CDU/CSU 25.09.2001 Zierer, Benno CDU/CSU 25.09.2001 * für die Teilnahme an den Sitzungen des Europäischen Parlaments entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Frau Prä-
    sidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! –
    Nein, Frau Hasselfeldt, dieses Thema steht morgen auf
    der Tagesordnung. Dann werde ich mit großem Vergnü-
    gen berichten.


    (Zuruf von der CDU/CSU: Fragt sich, für wen!)


    Bereiten Sie sich schon einmal darauf vor! Die Gelegen-
    heit will ich heute Abend, fast unter Ausschluss der Öf-
    fentlichkeit, nicht verschenken.


    (Beifall bei der SPD – Zuruf von der CDU/ CSU: Zu verschenken haben Sie ja nichts!)


    Ich bitte Sie um Verständnis dafür, dass ich – nicht als
    Missachtung des Parlaments – unmittelbar nach meiner
    Rede gehen muss, damit ich pünktlich beim Bundespräsi-
    denten aus Anlass des Essens mit dem russischen Präsi-

    denten erscheinen kann. Ich muss mir noch einen
    schwarzen Anzug anziehen.


    (Jochen-Konrad Fromme [CDU/CSU]: Keine Steuererhöhungen vereinbaren!)


    – Vorsicht, in diesem Spiel gibt es auch noch sehr ver-
    schiedene Varianten.

    Meine Damen und Herren, unsere steuerpolitische Bi-
    lanz kann sich sehen lassen. Mit der Steuerreform 2000
    ist das größte Steuersenkungsprogramm im Bereich der
    direkten Besteuerung seit 40 Jahren erfolgreich umgesetzt
    worden.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Lachen bei der CDU/CSU)


    – Sind Sie unruhig? – Die Steuerzahler werden im
    Zeitraum von 1998 bis 2005 insgesamt um 100 Milliar-
    den DM jährlich nachhaltig entlastet. Familien, Arbeit-
    nehmer und die mittelständische Wirtschaft sind die
    Hauptgewinner der Reform.


    (Lachen bei der CDU/CSU)


    Denn für uns ist Gerechtigkeit keine Leerformel. Wir ha-
    ben sie konkret in der Steuerpolitik umgesetzt.


    (Beifall bei der SPD – Zuruf von der CDU/ CSU: Haben Sie schon einmal etwas von Scheingewinnen gehört?)


    Daran ändern auch die maßvollen Steuererhöhungen
    – über die wir morgen diskutieren – nichts, die wir für die
    Finanzierung der Maßnahmen zur Erhöhung der inneren
    und äußeren Sicherheit im Kampf gegen den Terrorismus
    benötigen.

    Durch die deutliche Senkung der Steuersätze für Kapi-
    talgesellschaften und das Halbeinkünfteverfahren bei der
    Körperschaftsteuer ist unser Steuersystem endlich wieder
    international wettbewerbsfähig und europatauglich.


    (Beifall bei der SPD – Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Verriestert haben Sie es!)


    Durch die Beseitigung der Gewerbesteuer als Kosten-
    faktor für die Personengesellschaften und Einzelunter-
    nehmer wird eine nachhaltige Entlastung des Mittelstan-
    des, wie er ihn seit fünfzig Jahren gefordert hat, erreicht.


    (Beifall bei der SPD)


    Mit der Senkung der Steuersätze bei der Einkommen-
    steuer erhält er ebenfalls eine Entlastung.


    (Beifall bei der SPD)


    Das Steuerrecht ist einfacher, transparenter und ge-
    rechter geworden.


    (Zurufe von der CDU/CSU)


    – Sie werden sich noch wundern, was „Vereinfachung“
    heißt. Es bedeutet immer den Abbau von Steuersubven-
    tionen. Das müssten Sie eigentlich wissen. – Es wird in
    Zukunft den Wachstumsmotor unterstützen. Aber es
    bleibt selbstverständlich viel zu tun. Die vorliegenden
    Gesetzentwürfe zum Steuerrecht sind kleine, aber wich-
    tige Schritte auf diesem Weg. Für weitere hohe Steuerent-

    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 188. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 25. September 2001

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    lastungen ist augenblicklich kein finanzieller Spielraum
    vorhanden; denn mit mir wird es kein Zurück in die Ver-
    schuldungspolitik früherer Regierungen geben.


    (Beifall bei der SPD)


    Aber wir können noch eine Menge tun: Modernisie-
    rung und Vereinfachung müssen nun die Schwerpunkte
    der Steuerpolitik sein. Deshalb werden wir noch in dieser
    Legislaturperiode auf verschiedenen Feldern aktiv; denn
    es gibt keine Reformpause. Wir gehen die Aufgaben wei-
    ter energisch an. Das schafft bei Bürgern und Unterneh-
    men Vertrauen.

    Zunächst zur Unternehmensbesteuerung und ihrer
    Fortentwicklung: Auch für die Zukunft wird die Steuer-
    politik der Wirtschaft einen attraktiven Rahmen im sich
    verschärfenden globalen Wettbewerb bieten. Deshalb
    dürfen wir nicht rasten. Das Ziel der Bundesregierung ist
    es, die mit der Unternehmensteuerreform erreichte gute
    Position des Standortes Deutschland weiter zu festigen
    und auszubauen. Dabei gilt es, sowohl für den Mittelstand
    als auch für die Großunternehmen die wichtigen steuerli-
    chen Rahmenbedingungen so zu justieren, dass ein Be-
    stehen im internationalen Wettbewerb nachhaltig gesi-
    chert ist.

    Mit der Fortentwicklung des Unternehmensteuer-
    rechts verfolgen wir folgende Ziele: Wir schaffen weiter-
    gehende Erleichterungen für Umstrukturierungen ins-
    besondere von mittelständischen Unternehmen. Das
    Steuerrecht machen wir für die internationalen Verflech-
    tungen der Wirtschaft fit. Wir sichern eine gleichmäßige
    Besteuerung durch den Ausschluss von Gestaltungen. Wir
    gewährleisten Rechtssicherheit durch Klarstellung bei der
    Anwendung der Steuergesetze.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    Grundlage des Gesetzentwurfs ist der Bericht des
    Bundesfinanzministeriums an den Finanzausschuss des
    Deutschen Bundestages vom 18. April dieses Jahres zu
    Fragen der Fortentwicklung des Unternehmensteuerrechts.
    Der Bericht basiert auf Überlegungen einer Experten-
    gruppe aus Wirtschaft, Wissenschaft, Finanzverwaltung
    der Länder, von Steuerberatern und den kommunalen Spit-
    zenverbänden. So haben wir ein vernünftiges Fundament
    für die Diskussion gelegt. Die Vorschläge des Berichts be-
    treffen kurzfristig zu realisierende Maßnahmen, aber auch
    mittelfristig umzusetzende Entwicklungsperspektiven aus
    den Bereichen Umstrukturierung von Unternehmen, Er-
    gebnisverrechnung zwischen verbundenen Unternehmen
    und Besteuerung von Auslandsbeziehungen.

    Der Entwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung
    des Unternehmensteuerrechts greift die kurzfristig zu ver-
    wirklichenden Maßnahmen auf. Wir erleichtern die
    Umstrukturierung von Personenunternehmen im mittel-
    ständischen Bereich. Die Einführung einer Reinvestiti-
    onsrücklage für Personenunternehmen bei der Veräuße-
    rung von Beteiligungen an Kapitalgesellschaften ist eine
    weitere Mittelstandskomponente. Damit entlasten wir den
    Mittelstand um weitere 150 Millionen Euro. Auch er-
    leichtern wir die Umstrukturierung von Kapitalgesell-
    schaften im grenzüberschreitenden Bereich. Dies nützt
    dem Zusammenwachsen der Volkswirtschaften in Europa

    und dem offensiven Hineingehen der deutschen Wirt-
    schaft in den europäischen Binnenmarkt.


    (Beifall bei der SPD)


    Weitere Maßnahmen betreffen vor allem gesetzliche
    Klarstellungen zum Systemwechsel nach dem Steuersen-
    kungsgesetz.

    Der Gesetzentwurf, meine Damen und Herren, zum
    Unternehmensteuerrecht ist ausgewogen. Er berück-
    sichtigt die Interessen der Wirtschaft nach stärkerer
    Flexibilisierung des Unternehmensteuerrechts sowie der
    Länder und Kommunen nach Sicherung des Steuerauf-
    kommens. Hier bin ich auf Ihre Position gespannt. Das ist
    kein einfaches, aber ein notwendiges Thema.


    (Beifall bei der SPD)


    Eines zeigt er deutlich: Für den Mittelstand haben wir,
    wie sich das schon bei der Steuerreform grundlegend ge-
    zeigt hat, immer ein offenes Ohr;


    (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Aber zugeknöpfte Taschen!)


    denn vor allem in der mittelständischen Wirtschaft wer-
    den die Weichen für Ausbildung und Beschäftigung ge-
    stellt.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Auch auf anderen Feldern müssen wir reagieren. So ist
    eine Verhinderung von Steuerbetrug unabdingbar, um
    die steuerehrlichen Bürger und die steuerehrlichen Unter-
    nehmen im Wettbewerb nicht gegenüber denjenigen zu
    benachteiligen, die steuerbetrügerisch sind.


    (Beifall bei der SPD sowie der Abg. Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


    An dieser Stelle hoffe ich sehr, dass wir uns nicht wie-
    der mit einigen Ausflüchten um die notwendigen Dinge,
    die die Steuerverwaltung braucht, drücken; denn es darf
    nicht sein, dass man jemandem die Möglichkeit gibt, noch
    schnell seine Unterlagen in Ordnung zu bringen oder sich
    davonzumachen.

    Im Fall des Umsatzsteuerbetrugs geht es um solche
    Summen, dass nicht mit tagelangen Voranmeldungen ge-
    arbeitet werden kann. Ein Telefonanruf vor dem Erschei-
    nen der Prüfer muss genügen. Andernfalls werden wir
    – ich sage es mit allem Nachdruck – unser Ziel nicht er-
    reichen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Der rasche technische Wandel, die internationale Ar-
    beitsteilung und die zunehmende Digitalisierung von
    Daten führen dazu, dass sich Bürger und Unternehmen
    zum Teil drastisch gewandelten Lebens- und Erwerbsbe-
    dingungen gegenübersehen. Wir müssen dabei dafür
    Sorge tragen, dass internationale Arbeitsteilung und mo-
    derne Techniken nicht dazu genutzt werden, um unsere
    Steuerbasis schleichend zu unterhöhlen. Der Umsatzsteu-
    erbetrug hat ganz erhebliche Ausmaße angenommen.
    Für Deutschland muss mit Umsatzsteuerausfällen im

    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 188. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 25. September 2001

    Bundesminister Hans Eichel

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    zweistelligen Milliardenbereich gerechnet werden. Steuer-
    ehrliche Unternehmen sind in ihrer Wettbewerbsfähigkeit
    beeinträchtigt und Arbeitsplätze sind bedroht. Die Betrü-
    ger nutzen das bestehende Umsatzsteuersystem bewusst
    aus, sind bestens organisiert und kennen die Abläufe in
    der Finanzverwaltung sehr genau.

    Wir haben auf diesem Gebiet ein äußerst liberales
    Recht. Auch will ich nicht in die Liquidität der Unterneh-
    men eingreifen. Insofern bleiben wir sehr viel maßvoller
    als alle anderen Länder in Europa. Man muss aber auch
    zugreifen können und darf Steuerunehrlichen nicht die
    Chance eröffnen, vor einer Verfolgung zu fliehen.


    (Beifall bei der SPD – Hansgeorg Hauser [Rednitzhembach] [CDU/CSU]: Dann sollten Sie den Gesetzentwurf zurücknehmen!)


    Ich bin mit meinen Finanzministerkollegen aus den
    Ländern darin einig, dass für eine wirkungsvolle Bekämp-
    fung des Umsatzsteuerbetruges neben der Verbesserung
    des Verwaltungsvollzugs gesetzgeberische Maßnahmen
    unverzichtbar sind. Die Maßnahmen zur Verbesserung
    des Verwaltungsvollzugs haben wir in Abstimmung mit
    den Ländern zum Teil bereits umgesetzt. Die not-
    wendigen gesetzlichen Änderungen enthält der vorlie-
    gende Gesetzentwurf.

    Folgende Regelungen sind besonders wichtig:

    Erstens: Abgabe monatlicher Voranmeldungen bei
    Neugründungen. Kurzlebige betrügerische Unternehmen
    können nur dann rechtzeitig aufgedeckt werden, wenn die
    Finanzverwaltung die notwendigen Informationen über
    solche Firmen frühzeitig erhält. Neu gegründete Unterneh-
    men sollen deshalb künftig im Jahr der Gründung und dem
    darauf folgenden Jahr ihre Umsätze monatlich melden.

    Zweitens: Vorsteuererstattung gegen freiwillige Si-
    cherheitsleistung. Die nahezu nur in Deutschland prakti-
    zierte schnelle Auszahlung von Vorsteuerbeträgen zieht
    Steuerhinterzieher an. Sie kommen sehr schnell an das
    Geld. Um das Haushaltsrisiko zu reduzieren, ohne die Li-
    quidität der Unternehmen allzu sehr zu belasten, soll bei
    Zweifeln an der Berechtigung des Vorsteuerabzugs die
    Auszahlung der Vorsteuer künftig mit Zustimmung des
    Steuerpflichtigen gegen Sicherheitsleistung möglich sein.
    Andere Länder – ich weise darauf hin – zahlen erst sehr,
    sehr viel später oder nur einmal im Jahr aus. Das wollten
    wir unseren Unternehmen nicht zumuten.

    Drittens: Haftung für schuldhaft nicht abgeführte
    Steuer. Künftig sollen Unternehmer, die wissen oder den
    Umständen nach wissen müssen, dass sie in einen Karus-
    sellbetrug involviert sind, für den Umsatzsteuerausfall in
    Haftung genommen werden können, der durch das Ka-
    russellgeschäft entstanden ist. Nur steuerunehrliche Un-
    ternehmer werden davon betroffen sein.

    Viertens: Allgemeine Nachschau – ich habe es eben
    schon angedeutet – für die Umsatzsteuer; das betone ich.
    Für Umsatzsteuerzwecke ist die Möglichkeit, unangekün-
    digt Unternehmen in Augenschein zu nehmen, zwingend
    erforderlich.


    (Gerda Hasselfeldt [CDU/CSU]: Schnüffelstaat!)


    – Was decken Sie da eigentlich, Frau Kollegin
    Hasselfeldt? Mit einem Umsatzsteuerausfall von über
    20 Milliarden DM – dies hat der Rechnungshof festge-
    stellt – ist eine Größenordnung erreicht, die es notwendig
    macht gegenzusteuern. Überlegen Sie sich, was Sie da
    decken!


    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)


    Wir könnten uns noch manche Steuersenkung leisten,
    wenn wir das Steuerrecht voll durchsetzten. Das ist meine
    Zielsetzung.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Es kann doch nicht wahr sein, dass der Ehrliche der
    Dumme ist. Das kann doch nicht unser gemeinsames Ziel
    sein.

    Nach geltendem Recht müssen Prüfungen außerhalb
    des Strafverfahrens angemeldet werden. Die Anmeldung
    gibt zwangsläufig Gelegenheit – übrigens ist auch das ge-
    meinsame Überzeugung der Länderfinanzminister –, ei-
    nen ordnungsgemäßen Geschäftsbetrieb vorzutäuschen.
    Eine effektive Kontrolle ist damit derzeit nicht gewähr-
    leistet. Im Bereich des Zolls und der Verbrauchsteuern hat
    sich die Nachschau – dort haben wir sie nämlich – seit lan-
    gem bewährt.


    (Hansgeorg Hauser [Rednitzhembach] [CDU/CSU]: Aber in anderen Formen!)


    Fünftens: Wegfall der Anhörung vor Weitergabe von
    Informationen ins Ausland. Ein schneller und zeitnaher
    Auskunftsaustausch über die Grenze ist im europäischen
    Binnenmarkt dringend erforderlich. Die Anhörungs-
    pflicht im Bereich der Umsatzsteuer soll künftig entfallen.

    Sechstens: Meldung von Neugründungen beim Fi-
    nanzamt. Speziell zur effektiveren Aufdeckung von kurz-
    lebigen betrügerischen Unternehmen, den so genannten
    Phönixfirmen, benötigen die Finanzämter schneller als
    bisher Informationen über die Aufnahme von unterneh-
    merischer Tätigkeit. Die Unternehmen sollen daher künf-
    tig ihre Tätigkeit unmittelbar beim Finanzamt anmelden.

    Siebtens: Hinzuziehung von Bediensteten anderer
    Mitgliedstaaten. Wir müssen enger mit unseren europä-
    ischen Partnern zusammenarbeiten. Deswegen erleich-
    tern wir die Kontakte mit den Finanzbehörden der ande-
    ren europäischen Länder.

    Achtens: bessere Koordinierung zwischen Bund und
    Ländern. Die umsatzsteuerlichen Ermittlungen der Bun-
    desländer werden wir besser koordinieren. Dazu wird
    das Bundesamt für Finanzen beauftragt, zur Identifizie-
    rung prüfungswürdiger Sachverhalte Informationen zu-
    sammenzuführen und auszuwerten.

    Diese Modernisierungsoffensive im Bereich der Um-
    satzsteuer


    (Hansgeorg Hauser [Rednitzhembach] [CDU/ CSU]: Ein frommer Wunsch seit Jahren!)


    sichert das Steueraufkommen und schützt den steuer-
    ehrlichen Unternehmer vor betrügerischen Mitbewerbern,

    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 188. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 25. September 2001

    Bundesminister Hans Eichel

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    die nur aufgrund von Vorsteuermanipulationen preiswerter
    anbieten können.


    (Hansgeorg Hauser [Rednitzhembach] [CDU/ CSU]: Der wird doch in Haftung genommen!)


    Ich habe übrigens gestern ein Gespräch mit dem Präsi-
    denten des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks ge-
    führt, der in diesem Punkt vollständig meine Position teilt.


    (Zuruf von der CDU/CSU: Nein, nein!)


    Es muss Schluss damit sein, dass der steuerunehrliche Un-
    ternehmer einen Wettbewerbsvorteil gegenüber dem steu-
    erehrlichen Unternehmer hat.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Hansgeorg Hauser [Rednitzhembach] [CDU/CSU]: Der Steuerehrliche wird in Haftung genommen!)


    Die vorgeschlagenen Regelungen sollen im Übrigen in
    den nächsten vier Jahren zu Mehreinnahmen – ich
    wünschte, es wären noch mehr; wir müssen erst einmal
    schauen, was wir wirklich hinbekommen – von 10 Milli-
    arden Euro führen. Für mich ist noch wichtiger: Dies ist
    ein konkreter Schritt hin zu mehr Steuergerechtigkeit.

    Nun zum Steueränderungsgesetz 2001. Mit dem
    Steueränderungsgesetz wird die Klarheit der Steuerge-
    setze erhöht.


    (Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU – Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Unheimlich klar!)


    Viele Änderungen sind hier eher technischer Natur, aber
    sie tragen zu einer besseren Transparenz bei. Ihre Umset-
    zung ist deshalb wichtig.

    Neben der redaktionellen und inhaltlichen Bereinigung
    steuerrechtlicher Vorschriften wird das Steuerrecht auch an
    die höchstrichterliche Rechtsprechung sowie an das Recht
    der Europäischen Union angepasst. Zudem tragen die Än-
    derungen zu einer Vereinfachung des Steuerrechts und der
    Beseitigung überflüssiger Verwaltungsvorschriften bei.


    (Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Jetzt wird es noch einfacher!)


    Nun zu der Fortsetzung der Euroumstellung. Es wer-
    den, soweit noch nicht geschehen, steuerrechtliche Vor-
    schriften auf den Euro umgestellt oder bereits umgerech-
    nete und geglättete Eurobeträge an zwischenzeitliche
    Gesetzesänderungen angepasst. Auch hier wollen wir, wie
    beim Steuer-Euro-Glättungsgesetz, das Vertrauen der
    Bürger in den Euro dadurch stärken, dass nahe am Um-
    rechnungswert zugunsten der Steuerpflichtigen geglättet
    wird. Die Umsetzung europäischen Rechts und die Um-
    stellung auf das Eurobargeld müssen zum 1. Januar 2002
    im Gesetz vollzogen sein. Daher ist es notwendig, das Ge-
    setzgebungsverfahren noch in diesem Jahr abzuschließen.

    Meine Damen und Herren, das sind die drei Entwürfe,
    die ich Ihnen vorzustellen hatte. Ich denke, sie alle dienen
    dem Ziel, zu einem einfacheren, gerechteren, moderneren
    Steuerrecht zu kommen. Ich bitte Sie herzlich um Ihre
    Zustimmung.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)




Rede von: Unbekanntinfo_outline
Für die Fraktion der
CDU/CSU spricht jetzt der Kollege Hansgeorg Hauser.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hansgeorg Hauser


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)


    Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und
    Kollegen! Bei allem Respekt davor, dass Sie, Herr Minis-
    ter, die Sitzung gleich verlassen müssen: Den Text hätte
    auch Ihre Staatssekretärin vorlesen können. Sie hat uns
    schon heute Vormittag eine Kostprobe Ihrer Vorlesung
    gegeben. Ich denke, das ist kein guter Stil.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Dr. Uwe Küster [SPD]: Ziemlich billig, Herr Hauser!)


    Wir wollen alles anders und besser machen, versprach
    diese rot-grüne Regierung. Jetzt, nach drei Jahren, stellt
    die Fachwelt auf dem Gebiet des Steuerrechts fest: Das
    Chaos wächst. In 35 Monaten hat diese Bundesregierung
    37 neue Steuergesetze vorgelegt,


    (Carl-Ludwig Thiele [FDP]: Unglaublich!)

    dazu über 60 Rechtsverordnungen und Richtlinien.


    (Heinz Seiffert [CDU/CSU]: Fleißig sind sie!)

    Viele davon waren Nachbesserungsgesetze


    (Gerda Hasselfeldt [CDU/CSU]: Eine Reparatur nach der anderen!)


    und Klarstellungsschreiben, ohne die manche Vorschrift
    nicht umsetzbar bzw. verständlich gewesen wäre. Wenn
    man sich mit Leuten aus der Praxis unterhält, dann kommt
    permanent die Klage, dass sie bei vielen geänderten
    Vorschriften – ich darf nur das Stichwort „§ 2 b EStG“ und
    ähnliche Dinge nennen – bis heute nicht in der Lage
    sind – auch die Finanzverwaltung ist dazu nicht in der
    Lage –, diese Änderungen umzusetzen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

    Jetzt sind die Gesetze Nr. 38, 39 und 40 dran, wie üblich

    mit fantasievollen Namen. Die nächsten sind auch schon in
    Arbeit. Es geht darum, Geld für mehr Sicherheitsmaß-
    nahmen zu beschaffen, die man in den Vorjahren unter
    dem Vorwand des Sparzwanges gestrichen hatte.


    (Ludwig Eich [SPD]: Eben weil Sie nicht gespart haben!)


    – Hören Sie zu, Herr Kollege! Dann würden Sie nicht sol-
    che dummen Bemerkungen machen. Es geht darum,
    Sicherheitsmaßnahmen zu finanzieren. Diese Sicherheits-
    maßnahmen sind vorher unter dem Vorwand des Spar-
    zwanges deutlich eingeschränkt worden.

    Über die Fragwürdigkeit dieser Nacht-und-Nebel-Ak-
    tion wird noch zu sprechen sein.


    (Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es war zwar Nacht, aber kein Nebel!)


    Jedenfalls wird diese für den Finanzminister sehr be-
    queme Art, die ihm die Mühe des Einsparens und Um-
    schichtens im Haushalt erspart, für die Entwicklung der
    Verbraucherpreise problematisch sein.


    (Peter Rauen [CDU/CSU]: Er kann nur den Leuten in die Tasche greifen!)


    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 188. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 25. September 2001

    Bundesminister Hans Eichel

    18349


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Die Inflationsrate wird nach Aussage des Statistischen
    Bundesamtes um 0,4 Prozent steigen.

    Frau Staatssekretärin – sie ist leider nicht mehr da –,


    (Zuruf von der CDU/CSU: Zigarettenpause!)


    auch noch so schöne Erklärungen, dass das Statistische
    Bundesamt den Warenkorb anders beschreibe usw., wer-
    den nicht davon ablenken können, dass die Inflationsrate
    deutlich ansteigen wird.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Carl-Ludwig Thiele [FDP])


    Das Vertrauen in die Finanzpolitik geht verloren, urteilt
    der Finanzwissenschaftler Professor Peffekoven.

    Heute geht es um die Änderung steuerlicher Vorschrif-
    ten durch das Steueränderungsgesetz 2001, um die Fort-
    entwicklung der Unternehmensteuerreform und um das
    Gesetz zur Bekämpfung von Steuerverkürzungen bei der
    Umsatzsteuer und anderen Steuern, von dem im Folgen-
    den die Rede ist.

    Um es klar zu sagen: Wir unterstützen sinnvolle Maß-
    nahmen zur Bekämpfung von Steuerverkürzungen. Dabei
    geht es nicht nur um die Sicherung der Steuereinnahmen
    des Staates, sondern auch – da stimme ich dem Minister
    voll zu – um die gerechte, gleichmäßige Besteuerung und
    um die Wettbewerbsgleichheit.

    Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf allerdings wird
    deutlich über das Ziel hinaus geschossen und die Verant-
    wortlichkeit völlig aus der Balance gebracht. Nachdem
    der Minister den Eindruck erwecken will, dass Verbände
    hier zustimmen, beispielsweise der ZDH, darf ich Ihnen
    aus den Kernaussagen des ZDH nur einen Punkt vorlesen:
    Die vorgeschlagenen verfahrensrechtlichen Einschrän-
    kungen des Vorsteuerabzugs schießen unseres Erachtens
    aber deutlich über das Ziel hinaus, indem sie auch dem
    steuerehrlichen Unternehmer unverhältnismäßige Lasten
    aufbürden.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Lothar Mark [SPD]: Lesen Sie einmal alles vor!)


    – Das könnte ich auch, aber die Zeit ist mir dafür jetzt zu
    schade. Der Tenor ist genau der gleiche.

    Drei Vorschriften sind nach unserer Auffassung gründ-
    lich missraten: erstens die Einführung einer Sicherheits-
    leistung bei der Vorsteuererstattung, zweitens die Haftung
    des Leistungsempfängers für die schuldhaft nicht abge-
    führte Steuer, drittens die allgemeine Nachschau.

    Bei der Begründung des Gesetzes führt das Ministe-
    rium schweres Geschütz auf. Wir haben es gerade wieder
    gehört: Die Steuerausfälle durch Betrug betrügen über
    20 Milliarden DM.


    (Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 23 Milliarden DM!)


    Diese Summe muss uns gründlich erläutert werden, ein-
    schließlich der Berechnungs- und Datengrundlagen.


    (Beifall bei der CDU/CSU)


    Vermutlich handelt es sich nämlich um übernommene
    Schätzungen aus anderen Ländern, die bei uns so nicht
    zutreffen.

    Mit der lapidaren Begründung, dass „das Vorsteuer-
    abzugsrecht ... in hohem Maße betrugsanfällig“ sei, kann
    künftig die Vorsteuererstattung „im Einvernehmen mit
    dem Unternehmer von einer Sicherheitsleistung abhängig
    gemacht werden“. Das „Einvernehmen mit dem Unter-
    nehmer“ geht wohl nach dem Motto: Vogel, friss oder
    stirb!

    Eine Fülle ungeklärter Fragen drängt sich auf. Der Er-
    stattungsfall muss „zweifelhaft“ sein. In welchen Punkten
    denn? Die Überprüfung muss „notwendig“ sein. Welche
    Überprüfung? In welchem Umfang? Wie hoch muss die
    Sicherheitsleistung sein? Davon steht im Gesetz kein
    Wort.

    Völlig übersehen wird, dass nicht nur Kosten für eine
    Bankbürgschaft entstehen, sondern auch der Kreditrah-
    men eines Unternehmens betroffen ist und damit Liqui-
    ditätsengpässe entstehen können. Gerade für Existenz-
    gründer und mittelständische Unternehmer mit geringer
    Eigenkapitalausstattung und hoher Fremdkapitalquote
    wird die Bereitstellung von Sicherheitsleistungen kaum
    möglich sein. Wo bleibt da Ihr neu entdecktes Herz für die
    mittelständischen Unternehmer? Sie haben sich doch zum
    Anwalt dieser Klientel gemacht. Das ist mit Sicherheit
    schiefgegangen.

    Auch eine Prüfung der Werthaltigkeit wäre nötig; trotz-
    dem wird dazu nichts gesagt. Bei den neuen Anforderun-
    gen des § 18 KWG wird dies sehr zeitaufwendig sein.

    Neu ist auch die Haftung des Leistungsempfängers
    für die schuldhafte Nichtabführung der Umsatzsteuer aus
    der ausgestellten Rechnung. Dabei muss der Vorsteuerab-
    zugsberechtigte Kenntnis von der schuldhaften Nichtab-
    führung haben. Es reicht aber auch schon aus, wenn der
    Unternehmer den Umständen nach hätte wissen müssen,
    dass diese Steuer nicht abgeführt wurde.


    (Zuruf von der SPD: Das greift!)


    Diese Vorschrift bringt jeden rechtstreuen und ehrlichen
    Unternehmer mit einem Bein ins Gefängnis, denn die
    Haftung erstreckt sich auf alle Stufen der Umsatzsteuer.
    Hier gilt das Motto: „Den Letzten beißen die Hunde“, weil
    die Verwaltung den Betrüger nicht fassen kann. Diese
    Regelung hat mit Rechtsstaatlichkeit nichts zu tun.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


    Ich frage Sie: Was ist beispielsweise mit dem Finanz-
    beamten, der nach den Umständen eines Falles hätte wis-
    sen müssen, dass etwas nicht mit rechten Dingen zugeht,
    und trotzdem erstattet? Diese Überreglementierung miss-
    achtet den Grundsatz der zurückhaltenden Eingriffsver-
    waltung und den rechtsstaatlichen Schutz des Bürgers und
    wird von uns strikt abgelehnt.

    Auch die Einführung einer allgemeinen Nachschau
    atmet den Geist des Obrigkeitsstaates, der eigenes Unver-
    mögen kaschiert


    (Christine Scheel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Steuerhinterzieher schützen!)


    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 188. Sitzung. Berlin, Dienstag, den 25. September 2001

    Hansgeorg Hauser (Rednitzhembach)


    18350


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    und mit unangemeldeten Prüfungen massiv in die persön-
    liche Sphäre des Unternehmers eingreift und so der Kri-
    minalisierung rechtschaffener Bürger Vorschub leistet.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Lothar Mark [SPD]: Wieso ist das persönliche Sphäre?)


    – Natürlich ist das eine persönliche Sphäre.

    Die Finanzverwaltung besitzt mit den Instrumenten der
    allgemeinen Betriebsprüfung und der Umsatzsteuerson-
    derprüfung bereits weit gehende Möglichkeiten zur Über-
    prüfung umsatzsteuerrechtlicher Tatbestände. Außerdem
    hat die Steuerfahndung eine umfangreiche Machtfülle,
    um Steuerkriminalität zu bekämpfen.

    Wenn Sie wie ich in meiner Kundschaft einmal einen
    solchen Fall miterlebt hätten, sähen Sie, wie die Steuer-
    fahndung zuschlägt und welche Möglichkeiten sie hat.
    Deswegen braucht man hier keine neuen Instrumente. Der
    überfallartige Charakter der Nachschau wird allein damit
    begründet, dass eine Ankündigung steuerunehrlichen
    Unternehmen die Zeit gäbe, Vorkehrungen zu treffen, ge-
    genüber den Steuerbehörden einen normalen Geschäftsbe-
    trieb vorzutäuschen und den Geschäftsbetrieb einzustellen.
    Diese allgemeine Nachschau stellt eine Art Steuerfahndung
    ohne konkreten Anfangsverdacht dar, da die Voraussetzun-
    gen, unter denen die Sicherstellung einer gleichmäßigen
    Festsetzung und Erhebung der Steuer gefährdet ist, weder
    näher definiert noch überhaupt genau zu definieren sind.

    Auch der Übergang von der Nachschau zur Außenprü-
    fung ist zweifelhaft geregelt. Die Ausdehnung der Rechte
    der Finanzverwaltung ist eine Fortsetzung der Eingriffe des
    Staates in Unternehmen. Durch das so genannte Steuersen-
    kungsgesetz werden ab dem 1. Januar 2002 mit dem Da-
    tenzugriff durch den Betriebsprüfer bereits neue Mitwir-
    kungspflichten im Rahmen der Außenprüfung geschaffen.
    Vor allem der weitgehend selbstständige Zugriff der Prüfer
    auf Unternehmensdatenbestände kann zur Belastung des
    Prüfungsnehmers führen. Das in der Zwischenzeit ergan-
    gene Anwendungsschreiben – auch das ist wieder ein Ka-
    pitel für sich – lässt mehr Fragen offen, als es beantwortet.