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ID1418702000

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Tagesordnungspunkt 1: Abgabe einer Regierungserklärung: Terror- anschläge in den USA und Beschlüsse des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen sowie der NATO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18301 A Gerhard Schröder, Bundeskanzler . . . . . . . . . 18301 B Friedrich Merz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 18305 A Dr. Peter Struck SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18307 B Dr. Guido Westerwelle FDP . . . . . . . . . . . . . . 18309 D Kerstin Müller (Köln) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18312 A Roland Claus PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18315 A Gernot Erler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18316 D Michael Glos CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 18318 C Dr. Ludger Volmer, Staatsminister AA . . . . . . 18320 D Dr. Wolfgang Gerhardt FDP . . . . . . . . . . . . . . 18322 D Rudolf Scharping, Bundesminister BMVg . . . 18324 B Dr. Angela Merkel CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 18325 C Gert Weisskirchen (Wiesloch) SPD . . . . . . . . 18327 D Otto Schily, Bundesminister BMI . . . . . . . . . 18329 C Wolfgang Bosbach CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 18332 D Cem Özdemir BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 18335 C Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . 18337 A Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18337 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18340 A Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 18341 A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Uwe Jens (SPD) zur namentlichen Abstim- mung über den Entschließungsantrag zu der Regierungserklärung des Bundeskanzlers zu den Terroranschlägen in den USA und den Be- schlüssen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18341 C Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten (CDU/CSU) zur namentlichen Abstimmung über den Ent- schließungsantrag zu der Regierungserklärung des Bundeskanzlers zu den Terroranschlägen in den USA und den Beschlüssen des Sicher- heitsrates der Vereinten Nationen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18342 B Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) zur namentlichen Abstimmung über den Entschließungsantrag zu der Regierungser- klärung des Bundeskanzlers zu den Terroran- schlägen in den USA und den Beschlüssen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18342 C Plenarprotokoll 14/187 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 187. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 19. September 2001 I n h a l t : Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Irmingard Schewe-Gerigk und Christian Simmert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstimmung über den Ent- schießungsantrag zu der Regierungserklärung des Bundeskanzlers zu den Terroranschlägen in den USA und den Beschlüssen des Sicherheits- rates der Vereinten Nationen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18342 C Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Christa Nickels, Ulrike Höfken, Grietje Bettin, Sylvia Voß und Steffi Lemke (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstim- mung über den Entschließungsantrag zu der Regierungserklärung des Bundeskanzlers zu den Terroranschlägen in den USA und den Be- schlüssen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18343 A Anlage 7 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Wolfgang Gehrcke (PDS) zur namentlichen Abstimmung über den Entschließungsantrag zu der Regierungserklärung des Bundeskanz- lers zu den Terroranschlägen in den USA und den Beschlüssen des Sicherheitsrates der Ver- einten Nationen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18343 B Anlage 8 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Ilja Seifert (PDS) zur namentlichen Ab- stimmung über den Entschließungsantrag zu der Regierungserklärung des Bundeskanzlers zu den Terroranschlägen in den USA und den Beschlüssen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18343 C Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 187. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 19. September 2001II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 187. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 19. September 2001
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    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 187. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 19. September 2001 Vizepräsidentin Anke Fuchs 18340 (C)(A) Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 187. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 19. September 2001 18341 (C) (D) (A) (B) Altmann (Aurich), BÜNDNIS 90/ 19.09.2001 Gila DIE GRÜNEN Brandt-Elsweier, Anni SPD 19.09.2001 Brinkmann (Hildes- SPD 19.09.2001 heim), Bernhard Caesar, Cajus CDU/CSU 19.09.2001 Dr. Doss, Hansjürgen CDU/CSU 19.09.2001 Fischer (Frankfurt), BÜNDNIS 90/ 19.09.2001 Joseph DIE GRÜNEN Frankenhauser, CDU/CSU 19.09.2001 Herbert Dr. Friedrich CDU/CSU 19.09.2001 (Erlangen), Gerhard Friedrich (Altenburg), SPD 19.09.2001 Peter Götz, Peter CDU/CSU 19.09.2001 Haupt, Klaus FDP 19.09.2001 Hauser (Bonn), CDU/CSU 19.09.2001 Norbert Hohmann, Martin CDU/CSU 19.09.2001 Hornung, Siegfried CDU/CSU 19.09.2001 Jung (Düsseldorf), SPD 19.09.2001 Volker Dr. Küster, Uwe SPD 19.09.2001 Lehn, Waltraud SPD 19.09.2001 Lensing, Werner CDU/CSU 19.09.2001 Lewering, Eckhart SPD 19.09.2001 Nolte, Claudia CDU/CSU 19.09.2001 Rehbock-Zureich, SPD 19.09.2001 Karin Dr. Riesenhuber, CDU/CSU 19.09.2001 Heinz Dr. Schmidt-Jortzig, FDP 19.09.2001 Edzard Schmitt (Berg), Heinz SPD 19.09.2001 Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 19.09.2001 Hans Peter Dr. Schuchardt, Erika CDU/CSU 19.09.2001 Schulhoff, Wolfgang CDU/CSU 19.09.2001 Späte, Margarete CDU/CSU 19.09.2001 Steiger, Wolfgang CDU/CSU 19.09.2001 Stünker, Joachim SPD 19.09.2001 Weisheit, Matthias SPD 19.09.2001 Dr. Wodarg, Wolfgang SPD 19.09.2001 Wolf, Aribert CDU/CSU 19.09.2001 Wolff (Wolmirstedt), SPD 19.09.2001 Waltraud Dr. Zöpel, Christoph SPD 19.09.2001 Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Uwe Jens (SPD) zur nament- lichen Abstimmung über den Entschließungsantrag zu der Regierungserklärung des Bundeskanzlers zu den Terroranschlägen in den USA und den Be- schlüssen des Sicherheitsrates der Vereinten Natio- nen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) Warum ich mit „Nein“ gestimmt habe. Auf einem Transparent vor der amerikanischen Bot- schaft der USA in Berlin steht die Aufforderung: „De- mocratic civilized revenge“. Dass auf die menschenver- achtenden Anschläge der Terroristen in New York und Washington eine unmissverständliche gezielte Antwort gegeben werden muss, steht für mich außer Frage. Auch ich unterstreiche die Erklärung der NATO sowie die Resolution des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 12. September 2001. Es ist gut, dass die Bundesrepu- blik Deutschland bei ihrer besonderen Vergangenheit in diese Vertragswerke eingebunden ist. Nur so hat sie die Möglichkeit der Einflussnahme, die genutzt werden muss. Leider ist die Sprache, die von führenden Politikern in diesen hektischen Tagen benutzt wird, verwirrend oder verräterisch. Die Sichtweise des stellvertretenden Vertei- digungsministers der USA auf „ending states“ macht be- sorgt. Das Wort „Krieg“ im Zusammenhang mit den ter- roristischen Verbrechen liefert „Wasser auf die Mühlen“ der Terroristen. Diese Terroristen sind Verbrecher, müssen zur Verantwortung gezogen und dürfen nicht zu Kriegs- gegnern hochstilisiert werden. Es besteht die Gefahr einer „selffulfilling prophecy“. entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht In der vorliegenden Entschließung (Punkt 7) wird nun auf die „uneingeschränkte Solidarität“ verwiesen und die „Bereitstellung militärischer Fähigkeiten“ in Aussicht ge- stellt. Diese Begriffe beinhalten zum Beispiel die Mög- lichkeit der Bereitstellung von Bundeswehrsoldaten zum direkten Einsatz in Afghanistan oder dem Irak und ande- res mehr. Hiermit würde für mich der „Rubikon“ zur Ter- rorismusbekämpfung überschritten werden. Die Gefahr, dass wir – wie 1914 – in einen Weltkrieg „hineinschlid- dern“, ist im Bereich des Möglichen. Davor will ich war- nen. Auch wenn ein möglicher Militäreinsatz der Bun- deswehr im Parlament noch einmal zusätzlich zur Abstimmung gestellt werden muss, könnten diese Begriffe später als Hinweise auf diese Option ausgelegt werden. Für mich ist diese Problematik – wie auch der Mazedonieneinsatz der Bundeswehr – eine Gewissens- frage. Bekanntlich soll man den Anfängen wehren und bei wichtigen Entscheidungen stets das Ende bedenken. Ich bin sicher, dass eine denkbare weitere Abstimmung im Parlament zu konkreten Bundeswehreinsätzen dann für andere ebenfalls auch zur Gewissensfrage wird. Aufgrund meiner Erfahrung und Erkenntnis liegt diese Reiz- schwelle niedriger. Wichtig zur Bekämpfung des Terrorismus in der Welt sind aus meiner Sicht ebenfalls enge Kooperation zwi- schen USA, Russland, China und allen friedliebenden Staaten; die Einhaltung internationaler Verträge und Ab- sprachen; das stärkere Engagement der großen In- dustrienationen zur Verhinderung von grauenhaften krie- gerischen Konflikten sowie wirklich politische und wirtschaftliche Hilfe für die ärmsten und sich entwi- ckelnden Länder in der Welt. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten (CDU/CSU) zur namentlichen Abstimmung über den Entschließungsantrag zu der Regierungs- erklärung des Bundeskanzlers zu den Terroran- schlägen in den USA und den Beschlüssen des Si- cherheitsrates der Vereinten Nationen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) Bei allem Erschrecken über den Terroranschlag muss man nüchtern feststellen: Wir befinden uns nicht im Krieg. Amerika gehört unsere volle Solidarität und auch die Unterstützung im Kampf gegen den Terrorismus, un- abhängig von der Frage des Bündnisfalles. Es kann aber keinen Automatismus für von den USA getroffene mili- tärische Einsätze für die Bundeswehr geben. Der Bundes- tag hat jeweils die Maßnahmen, die die Bundeswehr zu er- greifen hat, zu bestimmen. Es wäre für uns Abgeordnete sicherlich leichter, eine generelle Zustimmung zu erteilen, doch so einfach können und dürfen wir es uns nicht machen. Ich stimme der gemeinsamen Resolution zu, um damit zu demonstrieren, dass Bündnis keine einseitige Angele- genheit ist und Solidarität keine Einbahnstraße. Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Antje Vollmer (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen Ab- stimmung über den Entschließungsantrag zu der Regierungserklärung des Bundeskanzlers zu den Terroranschlägen in den USA und den Beschlüs- sen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) Ich habe mich in der Abstimmung der Stimme enthal- ten, da ich die in Absatz 7 des Entschließungsantrages im- plizierte Öffnung zu einer militärischen Bekämpfung des internationalen Terrorismus in der Sache für nicht erfolg- versprechend halten kann. Bei meiner jahrzehntelangen Beschäftigung mit den Ursachen des Terrorismus, seinen Täterbiografien, seiner potenziellen Eskalationsgefahr und den vorliegenden internationalen Erfahrungen mit militärischer Terrorismusbekämpfung habe ich die Erkenntnis gewonnen, dass der Terrorismus militärisch nicht besiegbar ist. Umso mehr unterstütze ich die sonsti- gen in dem Antrag genannten positiven Ansätze und Stra- tegien, insbesondere alle Bemühungen der Bundesre- gierung und insbesondere des Bundesaußenministers, den Zentralkonflikt der islamischen Welt im Nahen Osten politisch zu befriedigen. Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Irmingard Schewe-Gerigk und Christian Simmert (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstimmung über den Entschließungsantrag zu der Regie- rungserklärung des Bundeskanzlers zu den Ter- roranschlägen in den USA und den Beschlüssen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen so- wie der NATO (Drucksache 14/6920) Wir haben in der Fraktionssitzung vom 12. September 2001 dem Beschluss des Parteirates von Bündnis 90/Die Grünen zugestimmt und teilen seine Intention: solidarisch im NATO-Bündnis auf eine besonnene und effiziente Strategie in der Bekämpfung des Terrorismus hinzuwir- ken. „Angesichts der terroristischen Angriffe auf US-Bür- gerinnen und Bürger können wir der Inanspruchnahme des Bündnisfalles nicht widersprechen.“ Mit dieser Zu- stimmung zum Bündnisfall haben wir den Weg eröffnet, über verschiedene Konsultationsprozesse auf die USA einzuwirken und ein besonnenes und angemessenes Ver- halten zu erreichen. Diesen Weg haben wir beschritten und wir halten ihn für richtig. Der heute zu beschließende interfraktionelle Antrag zur Erklärung der Bundesregierung betreffend „Terroran- schläge in den USA und Beschlüsse des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen sowie der NATO“ eröffnet aus un- serer Sicht hingegen den Weg zu einem Vorratsbeschluss zur Zustimmung für „uneingeschränkte Solidarität“, aus der die Zustimmung für militärische Unterstützung resul- tieren kann, und aus der wiederum eine Zustimmung zu Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 187. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 19. September 200118342 (C) (D) (A) (B) möglichen Einsätzen der Bundeswehr abgeleitet werden kann. Augenblicklich fehlen die Informationen über kon- krete Handlungsanforderungen. Die Grundlage, auf der über die „uneingeschränkte Solidarität“ entschieden wer- den soll, ist also nicht geklärt. Auf der anderen Seite muss der Deutsche Bundestag den USA weiterhin Unterstützung und Solidarität entge- genbringen. Darüber hinaus muss die Bundesrepublik Deutschland weiterhin zur friedlichen Lösung des Nah- ostkonfliktes beitragen. Auch dies macht der Antrag deut- lich. In Abwägung dieser Punkte werden wir uns in der Ab- stimmung über den Antrag enthalten. Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO derAbgeordneten Christa Nickels, Ulrike Höfken, Grietje Bettin, Sylvia Voß und Steffi Lemke (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstimmung über den Entschließungsantrag zu der Regierungserklärung des Bundeskanzlers zu den Terroranschlägen in den USA und den Be- schlüssen des Sicherheitsrates der Vereinten Na- tionen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) Der Terrorakt, der das amerikanische Volk tief getrof- fen hat, ist auf das Schärfste zu verurteilen. Den Hin- terbliebenen, Verletzten und Geschädigten gilt unsere ganze Solidarität und Anteilnahme. Wir stimmen dem interfraktionellen Entschließungsan- trag des Deutschen Bundestages in der Gewissheit zu, dass die von der Bundesregierung bekundete uneingeschränkte Solidarität mit den Vereinigten Staaten von Amerika kei- nen Raum für eine Geisteshaltung von Rache und Vergel- tung eröffnet und dass die Erkenntnis, dass Terrorismus mit militärischen Mitteln nicht zu besiegen ist, Eingang in die Strategie zu dessen Bekämpfung findet. Anlage 7 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Wolfgang Gehrcke (PDS) zur namentlichen Abstimmung über den Entschlie- ßungsantrag zu der Regierungserklärung des Bundeskanzlers zu den Terroranschlägen in den USA und den Beschlüssen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen sowie der NATO (Druck- sache 14/6920) Ich habe wie die große Mehrheit meiner Fraktion dem Entschließungsantrag der Fraktionen von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP nicht zugestimmt – weil unsere Sorgen, dass die NATO in ihrer Erklärung vom 12. September 2001 die Priorität beim Militär angesiedelt hat, nicht ausgeräumt wurden – im Gegenteil –; weil wir befürchten, dass aus der Bereitstellung geeigneter militäri- scher Fähigkeiten der Einsatz dieser Fähigkeiten werden wird; weil in der Entschließung nicht ein Wort zur Be- kämpfung der sozialen Ursachen des Terrorismus – Hun- ger, Armut, Unterdrückung, eine sozial ungerechte und nicht demokratische Weltwirtschaftsordnung – gesagt wird, was bedauerlich und unverständlich ist. Andere Punkte des Entschließungsantrages – genauer gesagt: sieben von zehn Punkten – finden meine Zustim- mung ebenso wie die meiner Fraktion. Deshalb haben sich einige Abgeordnete der PDS der Stimme enthalten. Ihre Abwägung ist anders ausgefallen, auch wenn sie unsere Kritik, die ich dargelegt habe, vollständig und ohne Ein- schränkung teilen. Anlage 8 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Ilja Seifert (PDS) zur na- mentlichenAbstimmung überden Entschließungs- antrag zu der Regierungserklärung des Bundes- kanzlers zu den Terroranschlägen in den USA und den Beschlüssen des Sicherheitsrates derVereinten Nationen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) Ich habe mich der Stimme enthalten. Ich möchte das hier kurz begründen: Die Punkte 1 bis 5 sowie 8 und 9 des von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP vorgelegten Antrags finden meine Zustimmung. Punkt 6 will feststellen, dass unter Umständen „der ter- roristische Angriff vom 11. September 2001 gegen die Vereinigten Staaten als Handlung im Sinne des Artikels 5 des Washingtoner Vertrages zu gelten“ habe. Diese Mei- nung teile ich nicht, zumal ja das Bundesverfassungs- gericht noch nicht entschieden hat, ob die Zustimmung der Bundesregierung zur 1999 erfolgten Änderung des NATO-Vertrages rechtskräftig war. Im Punkt 7 wird unter anderem „die Bereitstellung ge- eigneter militärischer Fähigkeiten“ zur Unterstützung der Bekämpfung des internationalen Terrorismus unterstützt. Das lehne ich aber ab. Um weder die positiven Aspekte zu negieren noch die aus meiner Sicht abzulehnenden Punkte zu ignorieren, enthalte ich mich bewusst der Stimme. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 187. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 19. September 2001 18343 (C) (D) (A) (B) Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Wolfgang Gerhardt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident!
    Meine Damen und Herren! Wir brauchen drei Haltungen,
    wenn wir die Herausforderungen bewältigen wollen. Wir
    brauchen zuallererst ein freiheitliches Bewusstsein. Nie-
    mand muss meine Fraktion, die Freien Demokraten, da-
    rüber belehren. Es ist bare Selbstverständlichkeit, dass
    zum Erhalt des freiheitlichen Bewusstseins in den trans-
    atlantischen Beziehungen das gehört, was für uns in der
    Bundesrepublik Deutschland Staatsräson war. Das kann
    man nur wiederholen. Das bedarf überhaupt keiner weite-
    ren Bemerkungen.


    (Beifall bei der FDP)


    Ich repräsentiere eine Partei, die auch in Zeiten, in de-
    nen es in der Bundesrepublik Deutschland viele kritische
    Stimmen von Kolleginnen und Kollegen und von den Me-
    dien gegen die Supermacht Amerika mit Wirkungen, die
    wir noch immer spüren, gab, wusste: Die Bundesrepublik
    Deutschland wird ihre eigene Rolle weltweit nicht geach-
    tet finden, wenn sie sich nicht als Partner der Vereinigten
    Staaten von Nordamerika sieht und sich nicht europäisch
    einbettet. Das ist die Voraussetzung; hierbei geht es um

    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 187. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 19. September 2001

    Staatsminister Dr. Ludger Volmer

    18322


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    das freiheitliche Bewusstsein. Wenn Sie jetzt nach Ame-
    rika blicken, spüren Sie, dass dies in dieser Nation tief
    verankert ist.

    Es ist mir bitter aufgestoßen, dass jemand von einem
    „schießwütigen Cowboy“ gesprochen hat. Das ist in der
    gegenwärtigen Lage so unpassend, wie es nur sein kann.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


    Wer sich die Gesichter der Rettungskräfte in New York
    ansieht, diese Charaktere wahrnimmt und sieht, dass sie
    die amerikanische Fahne in den größten Trümmern auf-
    stellen, der kann nur ahnen, welche Kraft in diesem Land
    steckt. Diese Kraft muss mit uns zusammen weltweit für
    Menschenwürde und Frieden nutzbar gemacht werden.
    Darauf kommt es jetzt an.

    Dieses Land hat eine gewaltige ökonomische Kraft:
    Sein Anteil am weltweiten Bruttosozialprodukt liegt bei
    30 Prozent, der Anteil an den Internetverbindungen liegt
    bei 40 Prozent. Weil das Land – wie Paul Kennedy
    schreibt – so international ist, stellt es 70 Prozent der No-
    belpreisträger seit 1975. Es bestreitet 36 Prozent der welt-
    weiten Rüstungsausgaben – mehr als die folgenden neun
    Staaten zusammen. Jeder von uns spürt, dass die ameri-
    kanische Führung einsieht, dass es allein mit einem Ko-
    loss, einer Militärmaschinerie und purer Kraft nicht geht.
    Wenn es eine komplette Veränderung über den Atlantik
    hinweg gegeben hat, dann die, dass die Amerikaner
    spüren, dass ihnen ihre eigene Kraft nichts nützt, wenn sie
    keine Verbündeten haben. Das ist eine wichtige Erkennt-
    nis.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Deshalb kommt es auf uns an, und zwar mehr, als wir
    vielleicht vermutet haben, und mehr, als manche von uns
    mögen oder uns auch zutrauen. Bei den Haushaltsbera-
    tungen werden wir deshalb eine andere Diskussion als
    bisher führen müssen. Es wird eine Auseinandersetzung
    mit der Bundesregierung und auch mit dem Bundesver-
    teidigungsminister stattfinden müssen. Angesichts dieser
    Lage kann der Haushalt so nicht bestehen bleiben. Darü-
    ber werden wir zu diskutieren haben.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


    In dieser Situation müssen wir – der Bundeskanzler hat
    es auch getan – der Öffentlichkeit ehrlicherweise sagen:
    Wir werden bei allen ökonomischen Anstrengungen,
    allem freiheitlichen Bewusstsein und aller Armuts-
    bekämpfung am Ende nicht darum herumkommen, auch
    militärische Mittel einzusetzen, und zwar gegen Men-
    schen, die – entgegen dem, was wir uns als „Gutmen-
    schen“ in Deutschland so oft vorstellen – absolut nicht
    therapierbar sind. Die Gegner sind nicht fest lokalisierbar.
    Es handelt sich nicht um die traditionelle staatliche Aus-
    einandersetzung. Die Situation ist auch nicht die gleiche
    wie bei Pearl Harbor. Damals wusste man noch, gegen
    wen man anzutreten hatte. Jetzt handelt es sich um eine
    Auseinandersetzung, die viele Kräfte in vielen politischen
    Bereichen beanspruchen wird. Am Ende werden notwen-
    digerweise auch die militärische Kraft und die militäri-
    schen Fähigkeiten eingesetzt werden müssen; denn zu un-

    serer Verantwortung für die Sicherheit der Bundesbürger
    in Deutschland einschließlich der ausländischen Mitbür-
    gerinnen und Mitbürger gehört die Fähigkeit, diejenigen
    zu bekämpfen, die das Leben von Menschen bedrohen.

    In manchen Reden, die ich in den letzten Tagen gehört
    habe, habe ich dieses eine Wort vermisst. Hier diskutiert
    niemand wie im Generalstab oder in Kriegsszenarien. Wer
    aber Verantwortung hat, muss unseren Mitbürgern sagen:
    Wenn wir dieser Menschen habhaft werden und sie
    bekämpfen wollen, müssen wir in der Lage sein, militäri-
    sche Fähigkeiten zu entwickeln. Das ist eine bare Selbst-
    verständlichkeit.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)


    Deshalb kommt es darauf an, die Öffentlichkeit nicht mit
    falschen Bildern vertraut zu machen. Wir müssen uns mit
    Entschlossenheit gegen solche menschlichen Charaktere
    wehren, in welchen Gesellschaften – einschließlich der
    der Bundesrepublik Deutschland – sie sich auch immer
    befinden. Wir können sie nicht alle in psychiatrische An-
    stalten einweisen und glauben, sie therapieren zu können.

    Diplomatische Mittel werden im Übrigen nur dann
    wirkungsvoll eingesetzt werden können, wenn dahinter
    militärische Fähigkeiten stehen. Es gibt Menschen auf
    dieser Welt, die durch einen Botschafterbesuch nicht da-
    von zu überzeugen sind, ihre Meinung zu ändern. Auch
    gibt es Bedrohungen, die durch schlichte Verhandlungen
    und Diplomatie nicht hinwegzudiskutieren sind.

    In dieser großen, weltweiten Allianz gegen den Terro-
    rismus haben sich in anderen Ländern Führungseliten öf-
    fentlich zu dieser Allianz bekannt, deren Gesellschaften
    jedoch schwanken. Niemand weiß, ob sie morgen noch
    zur Allianz stehen, oder ob dort emotionale, soziale oder
    religiöse Bewegungen die Oberhand gewinnen, die vom
    Bekenntnis zur Allianz nichts halten. Oft sind sie fana-
    tisch und haben mit Problemen zu kämpfen, die wir uns
    überhaupt nicht vorstellen können.

    Nein, es wird keine sauberen, schnellen und klaren
    Siege geben, wie dies Paul Kennedy ausgedrückt hat.
    Dies wünschen sich die Amerikaner; denn bisher war es
    für sie in der Geschichte immer so. Aber es wird nicht
    mehr so sein. Es wird einer unendlichen Anstrengung der
    freien Gesellschaften bedürfen, um diesem Phänomen,
    das eine dramatische Bedrohung der Freiheit von Men-
    schen und Menschenwürde in diesem beginnenden Jahr-
    tausend darstellt, zu begegnen.

    Hier wird sich erweisen müssen, ob die Bundesrepu-
    blik Deutschland nach einer unglaublichen Entwicklung
    ökonomischer, freiheitlicher und demokratischer Stabi-
    lität in der Lage ist, nach der größten Katastrophe des letz-
    ten Jahrhunderts die größte Herausforderung ohne Panik,
    mit Standing, mit freiheitlichem Bewusstsein, dem Be-
    kenntnis zu ihren Verfassungsgrundsätzen, aber auch dem
    Bekenntnis, den Feinden von Demokratie im Ernstfall
    entgegenzutreten, zu bewältigen, ob sie sich dessen be-
    wusst ist und in der Lage ist, ihre innere und wirtschaftli-
    che Stabilität zu bewahren.

    Zum Abschluss, Herr Bundeskanzler, zu den Haus-
    haltsberatungen: Es reicht heute, nach diesem Ereignis

    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 187. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 19. September 2001

    Dr. Wolfgang Gerhardt

    18323


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    nicht mehr aus, nur über die Probleme der Wirtschaft zu
    diskutieren. Es gibt keine Wachstumsrate in den Vereinig-
    ten Staaten. Die Konjunktur schwächelt und die Katastro-
    phe tut ihr Übriges dazu. Sie dürfen nicht nur woanders hin-
    schauen. Wenn wir jetzt einen Beitrag leisten wollen, dann
    müssen wir alle Anstrengungen unternehmen, ökonomisch
    und beschäftigungsdynamisch nach vorn zu kommen. Ge-
    rade weil die Vereinigten Staaten jetzt so betroffen sind, ha-
    ben wir – lassen Sie es mich so ausdrücken – ein Stück wirt-
    schaftspolitische, ökonomische Führungsverantwortung in
    den freiheitlichen Gesellschaften. Wir sind keine beliebige
    Volkswirtschaft.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Deshalb wird dies nicht nur eine Haushaltsberatung
    mit Blick auf die Sicherheit. Es wird auch keine Haus-
    haltsberatung in der Weise, wie sie der Finanzminister
    einmal in einer Weltlage angenommen hat, die anders war
    als die heutige. Es wird eine Beratung, bei der zuallererst
    die Regierung die Frage beantworten muss, ob sie wirk-
    lich glaubt, mit diesem Haushalt den ökonomischen und
    sicherheitspolitischen Beitrag der Bundesrepublik
    Deutschland angesichts der Veränderung der Weltlage
    leisten zu können. Ich sage Ihnen: Es wäre klug, wenn uns
    das Kabinett angesichts der Ereignisse einen neuen Haus-
    halt vorlegen würde.


    (Dr. Peter Struck [SPD]: Das ist doch Unsinn!)


    Der vorliegende wird der Lage in keinem Bereich mehr
    gerecht.


    (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Während der Haushaltsdebatte dürfen diese Ereignisse
    nicht vergessen werden. Die Debatte wird vonseiten der
    Freien Demokratischen Partei aber eine klare Präzision
    erfahren, was wir nach diesen Anschlägen politisch und
    ökonomisch in Deutschland für notwendig erachten. Das
    ist unsere Pflicht. Heute haben Sie unsere Unterstützung,
    aber demnächst müssen wir uns wieder mit Ihnen ausei-
    nander setzen. Das ist notwendig. Nichtsdestoweniger
    finden Sie uns bei den von Ihnen abgegebenen Erklärun-
    gen gegenüber den Vereinigten Staaten von Nordamerika
    an Ihrer Seite.

    Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


    (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)




Rede von Dr. Rudolf Seiters
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Ich erteile
nunmehr das Wort dem Bundesminister der Verteidigung,
Rudolf Scharping.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Rudolf Scharping


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zwei Gefühle
    beschäftigen die Menschen in Deutschland besonders
    stark: das Gefühl des Mitempfindens, der Solidarität, des
    Zusammenstehens auf der einen Seite und das Gefühl von
    Angst, Unsicherheit, Sorge vor Terror und Krieg auf der
    anderen Seite. Das Zweite berührt die Sorgen um die Si-
    cherheit und die Freiheit des eigenen Lebens.

    Wenn wir nicht verstehen – diese Debatte macht ein-
    drücklich deutlich, wie gut wir es verstehen –, dass dieser
    Angriff ein Angriff auf uns alle war, ein Angriff auf unser
    Leben, unsere Würde sowie auf unsere Vorstellungen von
    einem friedlichen Zusammenleben und einem friedlichen
    Austragen von Konflikten, ein kalt geplanter, menschen-
    verachtend ins Werk gesetzter, gut organisierter und leider
    auch wirkungsvoll finanzierter Angriff, dann können wir
    die umfassende Antwort, die jetzt notwendig ist, nicht
    entwickeln.

    Unsere Antwort entscheidet darüber, ob wir die Kraft
    finden, ökonomisch und kulturell, sozial und finanziell
    – auch unter Einsatz militärischer Mittel – dem interna-
    tionalen Terror mit seiner Brutalität, Gewalt und Men-
    schenverachtung eine möglichst enge Grenze zu ziehen.


    (Michael Glos [CDU/CSU]: Er redet wie das Sandmännchen!)


    Sie entscheidet zuletzt auch darüber, ob wir die Entwick-
    lung bestimmen oder ob wir es einem blutigen Terroris-
    mus überlassen wollen, zu entscheiden, wann und wo
    Menschen erneut in den Tod gerissen werden. Es gibt in
    meinen Augen überhaupt keine andere Alternative, als
    diese Grenze umfassend, kraftvoll und wirkungsvoll zu
    ziehen.

    Wenn ich von einer umfassenden Antwort spreche, ist
    dem, was der Bundeskanzler in seiner Regierungser-
    klärung gesagt hat, nichts hinzuzufügen


    (Michael Glos [CDU/CSU]: Dann wäre ich sitzen geblieben!)


    außer einem Gedanken: Das alte Denken in den Katego-
    rien des Ost-West-Konfliktes, einschließlich seiner anti-
    amerikanischen Chiffren und Sentiments, ist endgültig
    passé.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Im Lichte dieser Bedrohung, die nicht neu ist, deren
    Qualität, Umfang und Wirkungsweise jetzt aber so ent-
    setzlich sichtbar geworden sind, wird vielleicht verständ-
    licher, was die Staats- und Regierungschefs der NATO
    schon 1999 in Washington formuliert haben, nämlich dass
    Krisenprävention, umfassende Sicherheitspolitik und, in
    sie eingeschlossen, der Kampf gegen den internationalen
    Terror gemeinsame Aufgaben sind. Insofern geht es nicht
    nur um eine umfassende Antwort, es geht auch um eine
    entschiedene, das heißt zielgerichtete, angemessene und
    maßvolle Antwort.

    Willy Brandt hat in seinen Erinnerungen im Zusam-
    menhang mit Frieden und Friedensbewahrung geschrie-
    ben, dass es gerade für Deutschland nach der Einheit nicht
    mehr darum gehen könne, alleine verbale Beiträge zu leis-
    ten; es gehe um mehr: Wir stehen vor einer Entscheidung,
    die sehr ernst sein wird und sich nicht auf verbale Beiträge
    beschränken kann und darf.

    Das wirft die Frage auf, ob wir gemeinsam die Fähig-
    keiten haben, diese Antwort zu geben. Diese Fähigkeiten
    sind in der Strategie der NATO und in den daraus ent-
    wickelten Anforderungen an die Streitkräfte beschrieben.
    Sie konsequent, ohne zeitlichen Verzug und ohne inhaltli-

    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 187. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 19. September 2001

    Dr. Wolfgang Gerhardt

    18324


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    che Abstriche umzusetzen ist die praktische Verwirkli-
    chung dessen, was unser gemeinsames Interesse an Si-
    cherheit und unser gemeinsamer Wille zur Bewahrung
    von Frieden, Freiheit und rechtsstaatlicher Demokratie
    praktisch bedeuten.

    Die Bundesrepublik Deutschland kann dazu einen Bei-
    trag leisten. Dieser Beitrag wird von ihr erwartet. Nicht
    allein deshalb, sondern auch weil es in unserem ureigens-
    ten Interesse als freiheitlicher Demokratie liegt, dass nicht
    andere nach ihrer menschenverachtenden Ideologie oder
    ihrem menschenverachtenden Fanatismus entscheiden,
    welches freiheitliche und demokratische Land jeweils
    Ziel ihrer Angriffe ist, werden wir ihn leisten.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Es wird im Übrigen nüchtern zu prüfen sein, ob wir den
    schon vorhandenen Fähigkeiten schnell neue hinzufügen
    müssen. Das gilt auch im Sinne der jetzt notwendigen um-
    fassenden Antwort und beschränkt sich beileibe nicht auf
    die Erneuerung der Bundeswehr alleine. Aber dazu wird
    noch an anderer Stelle der Debatte etwas gesagt werden.
    Ich möchte nur deutlich machen: Es geht nicht nur darum,
    die USA – wie manche sagen – zu unterstützen, sondern
    darum, die Chance, die die Tragödie in den USA bietet
    – davon haben einige in dieser Debatte zu Recht gespro-
    chen –, zu nutzen, den jeweiligen nationalen Identitäten
    eine globale und zivilisatorische Identität hinzuzufügen
    und eine gemeinsame Antwort auf jenen mittelalterlichen
    und vordemokratischen Geist zu entwickeln, der sich
    – frei von jeder Vorstellung von der Würde des einzelnen
    Menschen – in Europa mit fürchterlicher Brutalität im
    Dreißigjährigen Krieg und während der faschistischen
    Zeit ausgetobt hat und der sich jetzt kaltblütig der techni-
    schen Möglichkeiten der Zivilisation des 21. Jahrhunderts
    bedient. Diese Antwort muss, wie gesagt, umfassend, ent-
    schieden, klar und angemessen sein.

    Wir alle haben uns in den 50 Jahren, in denen wir in die
    westlichen Demokratien und ihre Gemeinschaften hinein-
    gewachsen sind, nicht vorstellen können, dass der Bünd-
    nisfall der NATO zum ersten Mal wegen und zum Schutz
    der gemeinsamen Werte, ausgelöst durch einen Angriff
    auf die USA, erklärt werden muss. Wir haben uns in den
    letzten 50 Jahren auf die Solidarität der westlichen De-
    mokratien verlassen. Das war gut für Deutschland. Also
    haben die westlichen Demokratien und insbesondere die
    Vereinigten Staaten einen Anspruch darauf, dass wir jetzt
    mehr tun, als sie nur zu unterstützen. Das wäre schon viel.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)


    Aber wir müssen gemeinsam eine Antwort geben, wis-
    send, dass diejenigen, die über mehrere Jahrzehnte für uns
    eingestanden sind, jetzt einen Anspruch darauf haben,
    dass wir mit ihnen gemeinsam für unsere Interessen und
    für unsere Wertvorstellungen eintreten.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Das wird sehr harte und ernste Entscheidungen erfor-
    derlich machen. Ich hoffe – das sage ich auch im Interesse
    der Soldaten und ihrer Familien –, dass der Ernst, die Ent-

    schlossenheit und die Gemeinsamkeit, die in diesen Tagen
    in diesem Hohen Hause sichtbar geworden sind, auch alle
    anderen notwendigen Entscheidungen tragen werden.

    Vielen Dank.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)