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  • tocInhaltsverzeichnis
    Tagesordnungspunkt 1: Abgabe einer Regierungserklärung: Terror- anschläge in den USA und Beschlüsse des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen sowie der NATO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18301 A Gerhard Schröder, Bundeskanzler . . . . . . . . . 18301 B Friedrich Merz CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 18305 A Dr. Peter Struck SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18307 B Dr. Guido Westerwelle FDP . . . . . . . . . . . . . . 18309 D Kerstin Müller (Köln) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18312 A Roland Claus PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18315 A Gernot Erler SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18316 D Michael Glos CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 18318 C Dr. Ludger Volmer, Staatsminister AA . . . . . . 18320 D Dr. Wolfgang Gerhardt FDP . . . . . . . . . . . . . . 18322 D Rudolf Scharping, Bundesminister BMVg . . . 18324 B Dr. Angela Merkel CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 18325 C Gert Weisskirchen (Wiesloch) SPD . . . . . . . . 18327 D Otto Schily, Bundesminister BMI . . . . . . . . . 18329 C Wolfgang Bosbach CDU/CSU . . . . . . . . . . . . 18332 D Cem Özdemir BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 18335 C Namentliche Abstimmung . . . . . . . . . . . . . . . 18337 A Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18337 C Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18340 A Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 18341 A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Uwe Jens (SPD) zur namentlichen Abstim- mung über den Entschließungsantrag zu der Regierungserklärung des Bundeskanzlers zu den Terroranschlägen in den USA und den Be- schlüssen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18341 C Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten (CDU/CSU) zur namentlichen Abstimmung über den Ent- schließungsantrag zu der Regierungserklärung des Bundeskanzlers zu den Terroranschlägen in den USA und den Beschlüssen des Sicher- heitsrates der Vereinten Nationen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18342 B Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) zur namentlichen Abstimmung über den Entschließungsantrag zu der Regierungser- klärung des Bundeskanzlers zu den Terroran- schlägen in den USA und den Beschlüssen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18342 C Plenarprotokoll 14/187 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 187. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 19. September 2001 I n h a l t : Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Irmingard Schewe-Gerigk und Christian Simmert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstimmung über den Ent- schießungsantrag zu der Regierungserklärung des Bundeskanzlers zu den Terroranschlägen in den USA und den Beschlüssen des Sicherheits- rates der Vereinten Nationen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18342 C Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Christa Nickels, Ulrike Höfken, Grietje Bettin, Sylvia Voß und Steffi Lemke (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstim- mung über den Entschließungsantrag zu der Regierungserklärung des Bundeskanzlers zu den Terroranschlägen in den USA und den Be- schlüssen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18343 A Anlage 7 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Wolfgang Gehrcke (PDS) zur namentlichen Abstimmung über den Entschließungsantrag zu der Regierungserklärung des Bundeskanz- lers zu den Terroranschlägen in den USA und den Beschlüssen des Sicherheitsrates der Ver- einten Nationen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18343 B Anlage 8 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Ilja Seifert (PDS) zur namentlichen Ab- stimmung über den Entschließungsantrag zu der Regierungserklärung des Bundeskanzlers zu den Terroranschlägen in den USA und den Beschlüssen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18343 C Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 187. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 19. September 2001II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 187. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 19. September 2001
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    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 187. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 19. September 2001 Vizepräsidentin Anke Fuchs 18340 (C)(A) Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 187. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 19. September 2001 18341 (C) (D) (A) (B) Altmann (Aurich), BÜNDNIS 90/ 19.09.2001 Gila DIE GRÜNEN Brandt-Elsweier, Anni SPD 19.09.2001 Brinkmann (Hildes- SPD 19.09.2001 heim), Bernhard Caesar, Cajus CDU/CSU 19.09.2001 Dr. Doss, Hansjürgen CDU/CSU 19.09.2001 Fischer (Frankfurt), BÜNDNIS 90/ 19.09.2001 Joseph DIE GRÜNEN Frankenhauser, CDU/CSU 19.09.2001 Herbert Dr. Friedrich CDU/CSU 19.09.2001 (Erlangen), Gerhard Friedrich (Altenburg), SPD 19.09.2001 Peter Götz, Peter CDU/CSU 19.09.2001 Haupt, Klaus FDP 19.09.2001 Hauser (Bonn), CDU/CSU 19.09.2001 Norbert Hohmann, Martin CDU/CSU 19.09.2001 Hornung, Siegfried CDU/CSU 19.09.2001 Jung (Düsseldorf), SPD 19.09.2001 Volker Dr. Küster, Uwe SPD 19.09.2001 Lehn, Waltraud SPD 19.09.2001 Lensing, Werner CDU/CSU 19.09.2001 Lewering, Eckhart SPD 19.09.2001 Nolte, Claudia CDU/CSU 19.09.2001 Rehbock-Zureich, SPD 19.09.2001 Karin Dr. Riesenhuber, CDU/CSU 19.09.2001 Heinz Dr. Schmidt-Jortzig, FDP 19.09.2001 Edzard Schmitt (Berg), Heinz SPD 19.09.2001 Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 19.09.2001 Hans Peter Dr. Schuchardt, Erika CDU/CSU 19.09.2001 Schulhoff, Wolfgang CDU/CSU 19.09.2001 Späte, Margarete CDU/CSU 19.09.2001 Steiger, Wolfgang CDU/CSU 19.09.2001 Stünker, Joachim SPD 19.09.2001 Weisheit, Matthias SPD 19.09.2001 Dr. Wodarg, Wolfgang SPD 19.09.2001 Wolf, Aribert CDU/CSU 19.09.2001 Wolff (Wolmirstedt), SPD 19.09.2001 Waltraud Dr. Zöpel, Christoph SPD 19.09.2001 Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Uwe Jens (SPD) zur nament- lichen Abstimmung über den Entschließungsantrag zu der Regierungserklärung des Bundeskanzlers zu den Terroranschlägen in den USA und den Be- schlüssen des Sicherheitsrates der Vereinten Natio- nen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) Warum ich mit „Nein“ gestimmt habe. Auf einem Transparent vor der amerikanischen Bot- schaft der USA in Berlin steht die Aufforderung: „De- mocratic civilized revenge“. Dass auf die menschenver- achtenden Anschläge der Terroristen in New York und Washington eine unmissverständliche gezielte Antwort gegeben werden muss, steht für mich außer Frage. Auch ich unterstreiche die Erklärung der NATO sowie die Resolution des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 12. September 2001. Es ist gut, dass die Bundesrepu- blik Deutschland bei ihrer besonderen Vergangenheit in diese Vertragswerke eingebunden ist. Nur so hat sie die Möglichkeit der Einflussnahme, die genutzt werden muss. Leider ist die Sprache, die von führenden Politikern in diesen hektischen Tagen benutzt wird, verwirrend oder verräterisch. Die Sichtweise des stellvertretenden Vertei- digungsministers der USA auf „ending states“ macht be- sorgt. Das Wort „Krieg“ im Zusammenhang mit den ter- roristischen Verbrechen liefert „Wasser auf die Mühlen“ der Terroristen. Diese Terroristen sind Verbrecher, müssen zur Verantwortung gezogen und dürfen nicht zu Kriegs- gegnern hochstilisiert werden. Es besteht die Gefahr einer „selffulfilling prophecy“. entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht In der vorliegenden Entschließung (Punkt 7) wird nun auf die „uneingeschränkte Solidarität“ verwiesen und die „Bereitstellung militärischer Fähigkeiten“ in Aussicht ge- stellt. Diese Begriffe beinhalten zum Beispiel die Mög- lichkeit der Bereitstellung von Bundeswehrsoldaten zum direkten Einsatz in Afghanistan oder dem Irak und ande- res mehr. Hiermit würde für mich der „Rubikon“ zur Ter- rorismusbekämpfung überschritten werden. Die Gefahr, dass wir – wie 1914 – in einen Weltkrieg „hineinschlid- dern“, ist im Bereich des Möglichen. Davor will ich war- nen. Auch wenn ein möglicher Militäreinsatz der Bun- deswehr im Parlament noch einmal zusätzlich zur Abstimmung gestellt werden muss, könnten diese Begriffe später als Hinweise auf diese Option ausgelegt werden. Für mich ist diese Problematik – wie auch der Mazedonieneinsatz der Bundeswehr – eine Gewissens- frage. Bekanntlich soll man den Anfängen wehren und bei wichtigen Entscheidungen stets das Ende bedenken. Ich bin sicher, dass eine denkbare weitere Abstimmung im Parlament zu konkreten Bundeswehreinsätzen dann für andere ebenfalls auch zur Gewissensfrage wird. Aufgrund meiner Erfahrung und Erkenntnis liegt diese Reiz- schwelle niedriger. Wichtig zur Bekämpfung des Terrorismus in der Welt sind aus meiner Sicht ebenfalls enge Kooperation zwi- schen USA, Russland, China und allen friedliebenden Staaten; die Einhaltung internationaler Verträge und Ab- sprachen; das stärkere Engagement der großen In- dustrienationen zur Verhinderung von grauenhaften krie- gerischen Konflikten sowie wirklich politische und wirtschaftliche Hilfe für die ärmsten und sich entwi- ckelnden Länder in der Welt. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten (CDU/CSU) zur namentlichen Abstimmung über den Entschließungsantrag zu der Regierungs- erklärung des Bundeskanzlers zu den Terroran- schlägen in den USA und den Beschlüssen des Si- cherheitsrates der Vereinten Nationen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) Bei allem Erschrecken über den Terroranschlag muss man nüchtern feststellen: Wir befinden uns nicht im Krieg. Amerika gehört unsere volle Solidarität und auch die Unterstützung im Kampf gegen den Terrorismus, un- abhängig von der Frage des Bündnisfalles. Es kann aber keinen Automatismus für von den USA getroffene mili- tärische Einsätze für die Bundeswehr geben. Der Bundes- tag hat jeweils die Maßnahmen, die die Bundeswehr zu er- greifen hat, zu bestimmen. Es wäre für uns Abgeordnete sicherlich leichter, eine generelle Zustimmung zu erteilen, doch so einfach können und dürfen wir es uns nicht machen. Ich stimme der gemeinsamen Resolution zu, um damit zu demonstrieren, dass Bündnis keine einseitige Angele- genheit ist und Solidarität keine Einbahnstraße. Anlage 4 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Antje Vollmer (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen Ab- stimmung über den Entschließungsantrag zu der Regierungserklärung des Bundeskanzlers zu den Terroranschlägen in den USA und den Beschlüs- sen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) Ich habe mich in der Abstimmung der Stimme enthal- ten, da ich die in Absatz 7 des Entschließungsantrages im- plizierte Öffnung zu einer militärischen Bekämpfung des internationalen Terrorismus in der Sache für nicht erfolg- versprechend halten kann. Bei meiner jahrzehntelangen Beschäftigung mit den Ursachen des Terrorismus, seinen Täterbiografien, seiner potenziellen Eskalationsgefahr und den vorliegenden internationalen Erfahrungen mit militärischer Terrorismusbekämpfung habe ich die Erkenntnis gewonnen, dass der Terrorismus militärisch nicht besiegbar ist. Umso mehr unterstütze ich die sonsti- gen in dem Antrag genannten positiven Ansätze und Stra- tegien, insbesondere alle Bemühungen der Bundesre- gierung und insbesondere des Bundesaußenministers, den Zentralkonflikt der islamischen Welt im Nahen Osten politisch zu befriedigen. Anlage 5 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Irmingard Schewe-Gerigk und Christian Simmert (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstimmung über den Entschließungsantrag zu der Regie- rungserklärung des Bundeskanzlers zu den Ter- roranschlägen in den USA und den Beschlüssen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen so- wie der NATO (Drucksache 14/6920) Wir haben in der Fraktionssitzung vom 12. September 2001 dem Beschluss des Parteirates von Bündnis 90/Die Grünen zugestimmt und teilen seine Intention: solidarisch im NATO-Bündnis auf eine besonnene und effiziente Strategie in der Bekämpfung des Terrorismus hinzuwir- ken. „Angesichts der terroristischen Angriffe auf US-Bür- gerinnen und Bürger können wir der Inanspruchnahme des Bündnisfalles nicht widersprechen.“ Mit dieser Zu- stimmung zum Bündnisfall haben wir den Weg eröffnet, über verschiedene Konsultationsprozesse auf die USA einzuwirken und ein besonnenes und angemessenes Ver- halten zu erreichen. Diesen Weg haben wir beschritten und wir halten ihn für richtig. Der heute zu beschließende interfraktionelle Antrag zur Erklärung der Bundesregierung betreffend „Terroran- schläge in den USA und Beschlüsse des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen sowie der NATO“ eröffnet aus un- serer Sicht hingegen den Weg zu einem Vorratsbeschluss zur Zustimmung für „uneingeschränkte Solidarität“, aus der die Zustimmung für militärische Unterstützung resul- tieren kann, und aus der wiederum eine Zustimmung zu Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 187. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 19. September 200118342 (C) (D) (A) (B) möglichen Einsätzen der Bundeswehr abgeleitet werden kann. Augenblicklich fehlen die Informationen über kon- krete Handlungsanforderungen. Die Grundlage, auf der über die „uneingeschränkte Solidarität“ entschieden wer- den soll, ist also nicht geklärt. Auf der anderen Seite muss der Deutsche Bundestag den USA weiterhin Unterstützung und Solidarität entge- genbringen. Darüber hinaus muss die Bundesrepublik Deutschland weiterhin zur friedlichen Lösung des Nah- ostkonfliktes beitragen. Auch dies macht der Antrag deut- lich. In Abwägung dieser Punkte werden wir uns in der Ab- stimmung über den Antrag enthalten. Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO derAbgeordneten Christa Nickels, Ulrike Höfken, Grietje Bettin, Sylvia Voß und Steffi Lemke (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur namentlichen Abstimmung über den Entschließungsantrag zu der Regierungserklärung des Bundeskanzlers zu den Terroranschlägen in den USA und den Be- schlüssen des Sicherheitsrates der Vereinten Na- tionen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) Der Terrorakt, der das amerikanische Volk tief getrof- fen hat, ist auf das Schärfste zu verurteilen. Den Hin- terbliebenen, Verletzten und Geschädigten gilt unsere ganze Solidarität und Anteilnahme. Wir stimmen dem interfraktionellen Entschließungsan- trag des Deutschen Bundestages in der Gewissheit zu, dass die von der Bundesregierung bekundete uneingeschränkte Solidarität mit den Vereinigten Staaten von Amerika kei- nen Raum für eine Geisteshaltung von Rache und Vergel- tung eröffnet und dass die Erkenntnis, dass Terrorismus mit militärischen Mitteln nicht zu besiegen ist, Eingang in die Strategie zu dessen Bekämpfung findet. Anlage 7 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Wolfgang Gehrcke (PDS) zur namentlichen Abstimmung über den Entschlie- ßungsantrag zu der Regierungserklärung des Bundeskanzlers zu den Terroranschlägen in den USA und den Beschlüssen des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen sowie der NATO (Druck- sache 14/6920) Ich habe wie die große Mehrheit meiner Fraktion dem Entschließungsantrag der Fraktionen von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP nicht zugestimmt – weil unsere Sorgen, dass die NATO in ihrer Erklärung vom 12. September 2001 die Priorität beim Militär angesiedelt hat, nicht ausgeräumt wurden – im Gegenteil –; weil wir befürchten, dass aus der Bereitstellung geeigneter militäri- scher Fähigkeiten der Einsatz dieser Fähigkeiten werden wird; weil in der Entschließung nicht ein Wort zur Be- kämpfung der sozialen Ursachen des Terrorismus – Hun- ger, Armut, Unterdrückung, eine sozial ungerechte und nicht demokratische Weltwirtschaftsordnung – gesagt wird, was bedauerlich und unverständlich ist. Andere Punkte des Entschließungsantrages – genauer gesagt: sieben von zehn Punkten – finden meine Zustim- mung ebenso wie die meiner Fraktion. Deshalb haben sich einige Abgeordnete der PDS der Stimme enthalten. Ihre Abwägung ist anders ausgefallen, auch wenn sie unsere Kritik, die ich dargelegt habe, vollständig und ohne Ein- schränkung teilen. Anlage 8 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Dr. Ilja Seifert (PDS) zur na- mentlichenAbstimmung überden Entschließungs- antrag zu der Regierungserklärung des Bundes- kanzlers zu den Terroranschlägen in den USA und den Beschlüssen des Sicherheitsrates derVereinten Nationen sowie der NATO (Drucksache 14/6920) Ich habe mich der Stimme enthalten. Ich möchte das hier kurz begründen: Die Punkte 1 bis 5 sowie 8 und 9 des von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP vorgelegten Antrags finden meine Zustimmung. Punkt 6 will feststellen, dass unter Umständen „der ter- roristische Angriff vom 11. September 2001 gegen die Vereinigten Staaten als Handlung im Sinne des Artikels 5 des Washingtoner Vertrages zu gelten“ habe. Diese Mei- nung teile ich nicht, zumal ja das Bundesverfassungs- gericht noch nicht entschieden hat, ob die Zustimmung der Bundesregierung zur 1999 erfolgten Änderung des NATO-Vertrages rechtskräftig war. Im Punkt 7 wird unter anderem „die Bereitstellung ge- eigneter militärischer Fähigkeiten“ zur Unterstützung der Bekämpfung des internationalen Terrorismus unterstützt. Das lehne ich aber ab. Um weder die positiven Aspekte zu negieren noch die aus meiner Sicht abzulehnenden Punkte zu ignorieren, enthalte ich mich bewusst der Stimme. Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 187. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 19. September 2001 18343 (C) (D) (A) (B) Druck: MuK. Medien- und Kommunikations GmbH, Berlin
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    Rede von Roland Claus


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)

    Herr Präsident! Meine sehr ver-
    ehrten Damen und Herren! Die Bilder des unfassbaren
    Leids wird niemand vergessen. Wir alle erleben in diesen
    Tagen, dass sehr viele Bürgerinnen und Bürger ihre Trauer
    und Wut, ihre Solidarität mit dem amerikanischen Volk
    eben auch mit dem Ruf nach Besonnenheit und auch mit
    der Angst vor Krieg verbinden. Die Politik ist wie selten
    zuvor in die Pflicht genommen.

    Herr Bundeskanzler, ich finde, Sie haben Recht: Es
    geht in der Tat um die Kultur dieser einen immer mehr zu-
    sammenwachsenden Welt. Die weinende Schülerin vor
    der Hedwigs-Kathedrale, die mir in Erinnerung bleibt, ist
    nicht weniger solidarisch mit den Vereinigten Staaten, nur
    weil sie uns Politikern zuruft: „Kein Krieg!“. Ich denke,
    wir sind uns einig: Wenn der globalisierte Terror den glo-
    balisierten Krieg zur Folge hätte, dann hätte nicht die Zi-
    vilisation, dann hätte der Terror obsiegt.


    (Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Die Logik des Todes ist die Logik der Terroristen. Sie darf
    aber nicht die Logik einer freien und gerechten Welt
    werden.


    (Beifall der Abg. Dr. Heidi Knake-Werner [PDS])


    Der Kampf gegen den globalisierten Terrorismus ist
    gewinnbar, ein Krieg aber nie.


    (Beifall bei der PDS)

    Herr Bundeskanzler, ich weiß um die Last, die Sie in

    diesen Tagen zu tragen haben. Ihre Regierungserklärung
    verdient Respekt. Aber lassen Sie mich dennoch nachfra-
    gen. Ich unterstelle Ihnen bekanntlich nicht, dass Sie der
    kriegerischen Vergeltung das Wort reden. Aber warum ei-
    gentlich haben Sie kein Wort zur Rede des Bundespräsi-

    denten Johannes Rau auf der Berliner Kundgebung ge-
    funden?


    (Beifall bei der PDS)

    Dann war da noch das Wort von Frau Merkel an die

    Adresse des Bundespräsidenten, wir dürften uns nicht ins
    „Hinterzimmer der Gemütlichkeit“ zurückziehen. Solche
    Sätze lassen leider ahnen, wohin die in Sprache gebettete
    Verächtlichmachung von Besonnenheit und Zurückhal-
    tung führen kann.


    (Beifall bei der PDS)

    Frau Merkel, wir wollen auch keine Spirale der Wortge-
    walt.

    Über alle Parteigrenzen hinweg besteht große Einig-
    keit darüber, dass der 11. September einen tiefen Ein-
    schnitt in der Geschichte darstellt. Wenn das richtig ist
    – wie auch ich finde –, bedarf es aber auch ganz neuer
    Antworten auf neue globale Herausforderungen. Ich habe
    momentan jedoch das Gefühl, dass auf diese Zäsur nicht
    mit wirklich neuen, sondern immer noch mit ziemlich al-
    ten Überlegungen reagiert wird. Wenn die militärische
    Vergeltung im Mittelpunkt steht, ist das alt. Wenn in der
    Innenpolitik nach Einschränkung individueller Freiheiten
    gerufen wird, ist das alt. Dies alles ist in der Vergangen-
    heit schon da gewesen


    (Michael Glos [CDU/CSU]: In der DDR!)

    und es hat nichts genutzt.


    (Beifall bei der PDS)

    Die Welt braucht eine neue Sicherheitsarchitektur.

    Den globalisierten Terrorismus kann die Völkergemein-
    schaft nur gemeinsam wirksam bekämpfen. Zivile Kon-
    fliktlösungen müssen Vorrang haben und die Gefahren ei-
    ner Spirale der Gewalt müssen eingedämmt werden.


    (Beifall bei der PDS)

    Indem wir dies sagen, wissen wir natürlich, dass die Er-

    greifung der Schuldigen nicht ohne repressive Maßnah-
    men vonstatten gehen kann. Über das Maß dieser Repres-
    sion kann aber erst entschieden werden, wenn die
    Schuldigen ausgemacht sind und ihr Aufenthaltsort aus-
    findig gemacht wurde. Solche repressiven Maßnahmen
    müssen dann mit den Betreffenden, so auch den arabi-
    schen Staaten, und nicht gegen sie vereinbart werden.


    (Beifall bei der PDS)

    Ein militärischer Schlag, dem Unschuldige zum Opfer

    fallen, wird nicht nur das Leben dieser Unschuldigen kos-
    ten, er wird auch seinerseits wieder neue Rufe nach Rache
    und Vergeltung hervorbringen. Dies und nichts anderes
    hat Gregor Gysi gemeint, als er überlegt hat, wie denn die
    Verantwortlichen für den Terror zu ergreifen sind. Ich will
    Ihnen sagen: Auch diese Frage ist der Linken natürlich
    nicht egal.


    (Beifall der Abg. Dr. Heidi Knake-Werner [PDS])


    Meine Damen und Herren, auch wir meinen: Die Welt
    darf nicht in Gut und Böse aufgeteilt werden. Kein Volk
    dieser Erde ist ein Schurkenvolk; keine Religion der Welt
    ist eine Schurkenreligion. Pauschale Feindbilder werden

    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 187. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 19. September 2001

    Kerstin Müller (Köln)


    18315


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    pauschale Hassreaktionen hervorbringen. Das kann nie-
    mand wollen.

    Die technische und logistische Realisierung der An-
    schläge von New York und Washington zeigt: Dagegen
    hilft keine Armee; dagegen hilft kein Raketen-
    schutzschild. Eher ist zu befürchten, dass in der Logik des
    Wahnsinns der Gegenschlag bereits kalkuliert ist. Staat-
    liche Unterstützung von Terror muss geächtet und mit
    politischen und ökonomischen Mitteln überwunden wer-
    den. Entschiedener als zuvor haben wir darüber nachzu-
    denken, wie endlich die Waffenexporte eingeschränkt und
    die Finanzstrukturen des internationalen Terrorismus zer-
    schlagen werden können.


    (Beifall bei der PDS)

    Auch wir – ich will das noch einmal betonen – haben

    keine fertigen Rezepte für die Lösung der komplizierten
    Probleme. Nur: Es muss doch auch in Deutschland legi-
    tim sein, vor einer Spirale der Gewalt zu warnen, ohne des
    Antiamerikanismus verdächtigt zu werden. Es sind in der
    Gesellschaft sehr viele, die wie wir vor dieser Spirale der
    Gewalt warnen: Kirchen, Gewerkschaften, Verbände,
    Friedensorganisationen. Unter den Besorgten sind ganz
    Junge genauso wie auch die Älteren, die aus eigener Er-
    fahrung wissen, was Krieg wirklich bedeutet.

    Der Terror darf keine Gewalt über uns gewinnen. Jetzt
    muss sich erweisen, wie zivilisiert die zivilisierte Welt ist.
    In Berlin leben Zehntausende muslimischer Mitbürgerin-
    nen und Mitbürger als Mitbürger, wie gesagt, nicht als
    Feindbilder.

    Es ist nicht unsolidarisch oder antiamerikanisch, wenn
    sich die PDS-Fraktion entschlossen hat, den Beschluss
    des NATO-Rats nicht mitzutragen. Es muss erlaubt sein,
    sich dem Vorrang oder dem Übermaß des Militärischen zu
    entziehen.


    (Beifall bei der PDS)

    Eine Kriegsrhetorik wie die von der Notwendigkeit ei-

    nes – ich zitiere – „Kreuzzuges“, die der Präsident der
    Vereinigten Staaten jetzt gewählt hat, macht es schwer,
    kritisch solidarisch zu sein. Es ist die Verantwortung der
    NATO-Verbündeten, hier klare Antworten einzuholen.
    Wir dürfen doch fragen: Was eigentlich ist das Ziel eines
    Militärschlages? Was soll an seinem Ende stehen? Mit
    welchem Ergebnis kommt man aus ihm wieder heraus? –
    Es bleibt uns die Hoffnung, dass aus militärischer Rheto-
    rik nicht analoge Militärpolitik wird.

    Neues Denken von Sicherheitspolitik verdient eine
    Chance. Nein, die Terroristen sind weder Repräsentanten
    noch die Stimme des in bitterer Armut lebenden Teils der
    Welt. Nichts rechtfertigt ihre Anschläge. Dennoch muss
    es zu einer neuen Sicherheitsarchitektur der Welt gehören,
    mehr für Entwicklung und sozialen Ausgleich zu tun,


    (Beifall bei der PDS sowie des Abg. Hans Georg Wagner [SPD])


    damit dem Terror der Nährboden entzogen wird. Gemein-
    sames Handeln aller Staaten gegen den Terrorismus ist
    nur in einem solidarischen Verbund aller Staaten möglich.

    Die NATO ist nur in einem Teil der Welt ein solcher
    Verbund. Die Hälfte der Welt kann nicht die Antworten

    für die ganze Welt geben. Die UNO hat eine Antiterror-
    konvention beschlossen, die, wenn sie weltweit ratifiziert
    wird, Grundlage für entschiedene weltweite Schritte ge-
    gen den Terrorismus sein kann.


    (Beifall bei der PDS)


    Friede muss gerecht sein und sich mit Wohlstand
    – sei er auch relativ – verbinden. Wer Sicherheit will, der
    muss sich real für eine gerechte Welt und für eine neue
    Weltwirtschaftsordnung einsetzen. Friede muss auch in-
    nerhalb der Gesellschaft freiheitlich und demokratisch
    sein. Es geht um das Gemeinwohl. Also muss die Ge-
    meinschaft mehr Mittel für soziale, kulturelle und bil-
    dungspolitische Integration aufbringen. Mehr Transpa-
    renz, eine starke Zivilgesellschaft und interkultureller
    Austausch sind Markenzeichen eines modernen Weges zu
    mehr Sicherheit.

    Natürlich sehen auch wir die Notwendigkeit, Maßnah-
    men zur Verbesserung der Flugsicherheit zu ergreifen und
    zu wirksameren Formen der Terrorismusbekämpfung im
    Landesinnern zu gelangen. Aber Bürgerrechte, Demokra-
    tie und Weltoffenheit dürfen nicht im Zeichen des Zorns
    abgebaut werden.


    (Beifall bei der PDS)


    Es genügt auch nicht, bei den geplanten Maßnahmen nur
    in Kategorien der Repression zu denken. Es ist doch an-
    gebracht, zur gemeinsamen Terrorismusprävention mit
    nicht deutschen Verbänden und Vereinen in der Bundes-
    republik in Beratung zu treten und dieses Thema auf die
    Tagesordnung zu setzen.

    Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben es in dieser
    Legislaturperiode noch ein Jahr miteinander zu tun. Wie
    auch immer sich jede und jeder heute entscheidet, ich habe
    die Hoffnung, dass wir uns ganz am Anfang dieser Kon-
    flikte so verhalten, dass wir uns nach diesem Jahr immer
    noch in die Augen sehen können. Ebenso wie ich keinem
    Abgeordneten unterstelle, unbedacht oder gar kriegslüs-
    tern zu sein, sollten Sie einer kritischen Minderheit im
    Hause nicht unlautere oder unerlaubte Motive unterstellen.


    (Beifall bei der PDS sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Wenn wir dem globalisierten Terror mit globalisierter
    Vernunft und globalisierter Gerechtigkeit begegnen, dann
    kann Friede sein.

    Ich danke Ihnen.


    (Beifall bei der PDS)




Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Ich erteile dem Kolle-
gen Gernot Erler, SPD-Fraktion, das Wort.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. h.c. Gernot Erler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Liebe Kollegin-
    nen und Kollegen! Die Terrorakte vom 11. September
    sind eine einzige große Herausforderung – gemessen an
    der Zahl der Opfer, gemessen an dem Umfang der Zer-
    störungen, gemessen an der Symbolkraft der Ziele,
    gemessen an der Inszenierung, die die Medien der Ver-
    einigten Staaten zwang, die eigene Verwundung abzu-

    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 187. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 19. September 2001

    Roland Claus

    18316


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    bilden und in die ganze Welt zu versenden, gemessen auch
    an dem Umstand, dass die Täter womöglich noch in der
    Selbstgewissheit des Gelingens ihrer Untat diese mit
    spekulativen Börsengewinnen verbunden haben.

    Es gibt kein erkennbares, definierbares Ziel dieser An-
    schläge, nein es handelt sich um die Herausforderung an
    sich. Wir erkennen, dass uns die Verwundung und die
    Demütigung der stärksten Macht innerhalb der Welt-
    gemeinschaft als rein zerstörerischer Selbstzweck gegen-
    übertritt. Diese Herausforderung hat eine ungeheure
    Spannung über die ganze Welt gelegt. Sie hat Amerika
    und die ganze Weltgemeinschaft mit hinein in eine sehr
    ernste Bewährungsprobe gestellt. Wir alle stehen mitten
    in dieser Prüfung: die Bundesregierung, die Lan-
    desregierungen, der Bundestag, unsere Sicherheitsorgane,
    die seit einer Woche Enormes leisten, bis an die Grenze
    der Belastbarkeit gehen und denen wir dafür Dank und
    Vertrauen aussprechen müssen, aber auch jeder Einzelne.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Liebe Kolleginnen und Kollegen, der vorgelegte Ent-
    schließungsantrag vergewissert sich noch einmal der
    Empfindungen, die wir in dieser Woche geteilt haben, und
    der Schritte, die wir in diesen sieben Tagen gemeinsam
    gegangen sind. Eigentlich ist der Entschließungsantrag
    die kürzeste Zusammenfassung dieser Tage nach dem
    Schock. Da ist die Rede von „Bewunderung“: ein seltenes
    Wort in der parlamentarischen Arbeit, aber ehrlich ge-
    meint. Sie bezieht sich auf die menschliche Antwort, die
    Amerika auf die eigene Verwundung gegeben hat, auf die-
    ses Aufbäumen der amerikanischen Gesellschaft, für das
    exemplarisch Bürgermeister Giuliani richtige Worte fand,
    und auf diese tausendfache spontane Hilfsbereitschaft
    und die Zeichen von Menschlichkeit. Das ist eine ein-
    drucksvolle Antwort, die beste Antwort auf die brutalen,
    menschenverachtenden Gewalttaten gewesen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Der Entschließungsantrag würdigt auch die ungezähl-
    ten spontanen Gesten in Deutschland: in jedem Dorf, in
    jeder Stadt, bei jedem Zusammentreffen von Menschen in
    diesen Tagen. Diese haben von den Menschen her eine
    Verbundenheit und Anteilnahme demonstriert, die – das
    müssen wir bekennen – keiner von uns durch noch so gut
    gewählte Worte hätte zum Ausdruck bringen können. Ich
    kann nur sagen: Das hat gut getan – uns, aber auch denen,
    denen diese Zeichen gelten.

    Der Entschließungsantrag würdigt auch die politischen
    Reaktionen in dieser Woche nach der Herausforderung:
    die bemerkenswerten Beschlüsse der Vereinten Nationen,
    die Beschlussfassung der Allianz und das, was Bund und
    Länder zum Schutz aller Bürger in unserem Land im In-
    neren getan haben und tun werden.

    Alle diese Maßnahmen konnten aber eines nicht ver-
    hindern: Nach all den Zeichen der Anteilnahme und Ver-
    bundenheit verbreitet sich doch um uns herum jetzt Angst
    aus vor dem, was kommen könnte. Es ist die Angst vor
    dem Krieg; sie schlägt sich in jeder Diskussion, in zahl-
    reichen Anrufen, Briefen und Appellen nieder, die uns Ab-
    geordnete täglich erreichen.

    Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist unsere Pflicht,
    diese Angst ernst zu nehmen – und wir tun das; ich versi-
    chere das. Es ist aber auch unsere Pflicht als Abgeordnete,
    Antworten in der Sache auf diese Sorgen und Befürch-
    tungen zu geben. Ich will das ein Stück weit versuchen
    und dabei auch zeigen: Es gibt auch Hoffnung. Ich wende
    mich der politischen Reaktion in den Vereinigten Staaten
    zu. Hätten wir überrascht sein können, wenn die verwun-
    dete Großmacht noch mitten im ersten Schmerz ausgeteilt
    hätte, sozusagen einen zwangsweise ungenauen Befrei-
    ungsschlag geführt hätte? Ich bin froh, dass es nicht pas-
    siert ist.


    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


    Wir hören jetzt einige Worte, die uns erschrecken, auch
    wenn wir ihre nach innen gerichtete Funktion erkennen.
    Entscheidend ist aber: In der Praxis, faktisch, passiert et-
    was ganz anderes. Wir sind Zeuge der Bildung eines brei-
    ten Bündnisses, einer großen Allianz gegen den Terro-
    rismus, die auf Dauer angelegt ist, die Russland, China
    und auch arabische und islamisch orientierte Staaten ein-
    bezieht, ja sogar solche, bei denen hiermit eine Umkehr
    verbunden sein könnte. Diese große Allianz ist keine, die
    sich zum Krieg hinwendet, sondern eine, die auf umfas-
    sende politische, diplomatische, ökonomische und kul-
    turelle Mittel setzt. Wir sagen ganz entschieden: Das ist
    der richtige Weg. Wir unterstützen diesen Weg. Es gibt
    uns Hoffnung, dass Amerika in diesem Moment der Er-
    schütterung die Umsicht und die Kraft zeigt, diesen Weg
    einzuschlagen.

    Wir wollen, dass diese große Allianz gegen die Geißel
    der Gewaltanwendung und des Terrorismus von Dauer ist.
    Wir wollen aber auch noch etwas anderes: Die Stunde ei-
    ner großen Gefahr ist manchmal auch die Geburtsstunde
    einer großen Vision, einer umwälzenden Erinnerung. Er
    selbst und seine schwarzen Brüder und Schwestern in
    Amerika waren in größter Bedrängnis, als Martin Luther
    King unter dem Motto „I have a dream“ die Konturen ei-
    ner besseren Gesellschaft, einer besseren Welt zeichnete.
    Dieser Traum hatte nachhaltige politische Auswirkungen.

    Wir haben die Chance, aus der Allianz gegen etwas –
    gegen den Terrorismus –, die sich jetzt bildet, eine Allianz
    für etwas zu machen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Wir müssen eine umfassende Umkehr heraus aus der Ge-
    waltanwendung in der internationalen Politik organisie-
    ren. Jede bessere Weltordnung beginnt mit diesem Weg,
    mit dieser Entscheidung. Der Schreck, der uns allen in die
    Glieder gefahren ist, muss neue Kräfte für diese Umkehr
    wecken. Deswegen ist es in der Tat ein Zeichen der Hoff-
    nung, dass Yassir Arafat jetzt und gerade jetzt einen um-
    fassenden einseitigen Waffenstillstand ausgerufen hat und
    dass die israelische Regierung mit dem Stopp aller offen-
    siven militärischen Aktionen geantwortet hat.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 187. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 19. September 2001

    Gernot Erler

    18317


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Eine Antwort auf die Kriegsangst ist also aufzuzeigen:
    Es gibt Hoffnung. Es gibt gute Ansätze. Wir sind ent-
    schlossen, diese zu verfolgen. Aber es gibt für uns als Ab-
    geordnete noch eine andere Pflicht. Wir müssen denjeni-
    gen, die Angst vor dem Schlimmen haben, das noch
    passieren kann, klarmachen, dass etwas sehr Schlimmes,
    etwas sehr Gefährliches schon passiert ist. Der Ernstfall
    ist schon da. Er lauert nicht erst vor der nächsten Tür. Die-
    ser Ernstfall ist am 11. September eingetreten.

    Dieser Triumph der Gewalt und diese Verhöhnung aller
    Gebote internationalen und menschlichen Zusammenle-
    bens dürfen so nicht stehen bleiben, dürfen keinen Be-
    stand haben. Sie müssen auch eine direkte Beantwortung
    finden. Die Vereinten Nationen wissen, warum sie eine
    umfassende internationale Anstrengung verfolgen, um die
    Täter zu stellen und zu bestrafen und die, die sie schützen
    und unterstützen, zur Rechenschaft zu ziehen. Das ist
    keine moralische Frage, sondern eine sicherheitspoliti-
    sche Frage. Die Vereinten Nationen haben mit der Formel
    „Bedrohung des Weltfriedens und der internationalen Si-
    cherheit“ ihr Signal für die höchste Alarmstufe gegeben.

    Wenn dieser Triumph der Gewalt Bestand hat, dann
    wird das Beispiel Schule machen, dann wird es Zulauf zu
    den Netzen des Terrorismus geben, dann wird es neue An-
    schläge geben, dann werden der Hydra der menschenver-
    achtenden Gewaltaktionen tausend Arme wachsen. Das
    dürfen wir nicht zulassen.


    (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


    Das Problem besteht jetzt darin, verschiedene Dinge
    miteinander zu verknüpfen: die Täter zu stellen und sie zu
    bestrafen, ihre Netze unter Druck zu setzen, ihren Triumph
    zu vereiteln – aber das alles so, dass diese große Allianz, die
    ich erwähnt habe, Bestand hat.

    Ich habe am Tag nach den Attentaten eine E-Mail von
    Dale Fuller erhalten, einem 21-jährigen amerikanischen
    Studenten, der zehn Monate als Praktikant in meinem
    Büro gearbeitet hat. Er hat seinen Bericht darüber, wie er
    in Minneapolis diesen Tag erlebt hat, mit folgenden Sät-
    zen beschlossen:

    Ich hoffe, dass Gott uns allen hilft und dass es keinen
    Krieg gibt. Aber wir müssen etwas gegen diese Ter-
    roristen machen. Denkt an uns in Amerika! Unsere
    Herzen und unser Land sind verletzt.

    Das sind einfache Worte. Sie umschreiben aber die ganze
    Komplexität unserer Aufgaben. Wir müssen die Täter
    stellen. Wir müssen etwas gegen den Terrorismus ma-
    chen. Wir müssen dem verwundeten Amerika helfen.
    Aber wir müssen gleichzeitig den Krieg verhindern und
    diese große Allianz bewahren.

    Politik ist manchmal sehr schwer. Aber ich sage all de-
    nen, die jetzt Befürchtungen und Angst haben: Wir bitten
    euch um Vertrauen und wir bitten euch auch darum, uns
    bei dieser schwierigen Aufgabe zu begleiten.

    Vielen Dank.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)