Rede:
ID1411800500

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 2
    1. Herr: 1
    2. Seehofer?: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 14/118 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 118. Sitzung Berlin, Donnerstag, den 14. September 2000 I n h a l t : Entsendung des Abgeordneten Gunter Weißgerber als ordentliches Mitglied in das Kuratorium der „Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR“ . . . . . . . 11285 A Erweiterung der Tagesordnung . . . . . . . . . . . 11285 B Tagesordnungspunkt 1 (Fortsetzung): a) Erste Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bun- deshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2001 (Haushaltsgesetz 2001) (Druck- sache 14/4000) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11285 B b) Unterrichtung durch die Bundesregie- rung: Finanzplan des Bundes 2000 bis 2004 (Drucksache 14/4001) . . . . . . . . . . . . . 11285 B Einzelplan 11 Bundesministerium fürArbeit und So- zialordnung Walter Riester, Bundesminister BMA . . . . . . . 11285 C Dr. Christa Luft PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11290 C Horst Seehofer CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 11290 D Dr. Thea Dückert BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11295 A Dr. Irmgard Schwaetzer F.D.P. . . . . . . . . . . . . . 11298 A Dr. Heidi Knake-Werner PDS . . . . . . . . . . . . . 11300 B Ulla Schmidt (Aachen) SPD . . . . . . . . . . . . . . 11302 B Dr. Klaus Grehn PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11306 A Ulla Schmidt (Aachen) SPD . . . . . . . . . . . . . . 11306 B Hans-Joachim Fuchtel CDU/CSU . . . . . . . . . . 11306 D Ekin Deligöz BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . 11309 A Dirk Niebel F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11310 B Karl-Josef Laumann CDU/CSU . . . . . . . . . . . 11311 C Adolf Ostertag SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11313 C Renate Jäger SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11314 B Wolfgang Meckelburg CDU/CSU . . . . . . . . . . 11316 B Einzelplan 09 Bundesministerium fürWirtschaft undTechnologie Dr. Werner Müller, Bundesminister BMWi . . . 11318 B Gunnar Uldall CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 11321 A Margareta Wolf (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11324 B Rainer Brüderle F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11327 A Hubertus Heil SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11329 C Rolf Kutzmutz PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11330 B Dr. Norbert Wieczorek SPD . . . . . . . . . . . . . . . 11332 A Klaus Brähmig CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 11335 B Dr. Ditmar Staffelt SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11336 D Hubertus Heil SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11337 B Gunnar Uldall CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 11338 C Hartmut Schauerte CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 11339 A Dr. Ditmar Staffelt SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11339 B Dagmar Wöhrl CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 11339 C Einzelplan 16 Bundesministerium für Umwelt, Natur-schutz und Reaktorsicherheit Jürgen Trittin, Bundesminister BMU . . . . . . . 11341 D Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach) CDU/CSU 11343 D Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11346 B Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach) CDU/CSU 11347 A Ulrike Mehl SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11347 C Birgit Homburger F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . 11349 D Eva Bulling-Schröter PDS . . . . . . . . . . . . . . . 11351 C Waltraud Lehn SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11353 A Jochen Borchert CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 11355 B JürgenTrittin BÜNDNIS 90/DIEGRÜNEN . . 11357 B Jochen Borchert CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 11357 C Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11358 A Dr. Peter Paziorek CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 11360 B Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11362 B Marion Caspers-Merk SPD . . . . . . . . . . . . . . . 11363 A Renate Blank CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . 11363 C Dr. Peter Paziorek CDU/CSU . . . . . . . . . . . 11364 D Zusatztagesordnungspunkt: Erste Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung der Bemessungsgrundlage für Zuschlagsteuern (Drucksache 14/3762) . . . . . . . . . . . . . . . . 11365 C Tagesordnungspunkt 3: Abschließende Beratungen ohne Aus- sprache a) Beschlussempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses zu dem Antrag der Präsidentin des Bundesrechnungs- hofes: Rechnung des Bundesrech- nungshofes für das Haushaltsjahr 1999 – Einzelplan 20 – (Drucksachen 14/2868, 14/3974) . . . . 11365 C b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung zu der Unterrichtung durch die Bundesregie- rung: Vorschlag für einen Beschluss des Rates zur Aufhebung der Beschlüsse 75/364/EWG, 7/454/EWG, 78/688/EWG, 78/1028/EWG, 80/156/EWG und 85/434/EWG über die Einsetzung Be- ratender Ausschüsse für die Ausbil- dung der für die allgemeine Pflege ver- antwortlichen Krankenschwestern/ Krankenpfleger, der Zahnärzte, der Tierärzte, der Hebammen, der Apothe- ker und der Ärzte (Drucksachen 14/3050 Nr. 2.2, 14/3607) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11365 D Einzelplan 12 Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen Reinhard Klimmt, Bundesminister BMVBW 11366 A Eduard Oswald CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . 11368 D Matthias Berninger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11371 D Wolfgang Dehnel CDU/CSU . . . . . . . . . . . 11373 D Hans-Michael Goldmann F.D.P. . . . . . . . . . . . 11374 A Dr. Winfried Wolf PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11376 C Annette Faße SPD . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11378 A Dr. Michael Meister CDU/CSU . . . . . . . . . . . 11380 B Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11382 D Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11384 A Dr. Winfried Wolf PDS . . . . . . . . . . . . . . . . 11384 D Renate Blank CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . 11386 A Albert Schmidt (Hitzhofen) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11386 B Dieter Maaß (Herne) SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 11386 C Einzelplan 10 Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Karl-Heinz Funke, Bundesminister BML . . . . 11388 B Josef Hollerith CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . 11391 B Steffi Lemke BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . 11393 A Josef Hollerith CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 11394 C Ulrich Heinrich F.D.P. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11395 C Kersten Naumann PDS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11397 A Peter Bleser CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11398 A Matthias Weisheit SPD . . . . . . . . . . . . . . . . 11398 B Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11399 C Peter Bleser CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11400 A Waltraud Wolff (Wolmirstedt) SPD . . . . . . . . 11400 B Norbert Schindler CDU/CSU . . . . . . . . . . . . . 11402 A Nächste Sitzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11403 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 11405 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 118. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. September 2000II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 118. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. September 2000
  • folderAnlagen
    Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 118. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. September 2000 Norbert Schindler 11403 (C)(A) Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 118. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 14. September 2000 11405 (C)(A) Brudlewsky, Monika CDU/CSU 14.09.2000 Carstensen (Nordstrand), CDU/CSU 14.09.2000 Peter H. Dr. Eid, Uschi BÜNDNIS 90/ 14.09.2000 DIE GRÜNEN Elser, Marga SPD 14.09.2000 Fischer (Frankfurt), BÜNDNIS 90/ 14.09.2000 Joseph DIE GRÜNEN Frick, Gisela F.D.P. 14.09.2000 Hauer, Nina SPD 14.09.2000 Heyne, Kristin BÜNDNIS 90/ 14.09.2000 DIE GRÜNEN Hoffmann (Chemnitz), SPD 14.09.2000 Jelena Dr.-Ing. Jork, Rainer CDU/CSU 14.09.2000 Dr. Kolb, Heinrich L. F.D.P. 14.09.2000 Kolbe, Manfred CDU/CSU 14.09.2000 Dr. Kues, Hermann CDU/CSU 14.09.2000 Dr. Lippelt, Helmut BÜNDNIS 90/ 14.09.2000 DIE GRÜNEN Lüth, Heidemarie PDS 14.09.2000 Marquardt, Angela PDS 14.09.2000 Dr. Protzner, Bernd CDU/CSU 14.09.2000 Schmitz (Baesweiler), CDU/CSU 14.09.2000 Hans Peter Spranger, Carl-Dieter CDU/CSU 14.09.2000 entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich entschuldigt bisAbgeordnete(r) einschließlich Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlage zum Stenographischen Bericht Druck: MuK. Medien-und Kommunikations GmbH, Berlin
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Nun hat das Wort der
    Kollege Horst Seehofer, CDU/CSU-Fraktion.

    Horst Seehofer (CDU/CSU) (von der CDU/CSU mit
    Beifall begrüßt): Herr Präsident! Meine sehr verehrten
    Damen und Herren! Es ist schon sehr enttäuschend, –


    (Zuruf von der CDU/CSU: Ja!)

    – dass der zuständige Minister auf das größte Reformpro-
    jekt, das angeblich für 30 Jahre Sicherheit schaffen soll,
    die Rentenreform, in seiner 30-minütigen Rede ganze
    drei Minuten verwendet.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P. – Peter Dreßen [SPD]: Inhaltsvolle! – Weiterer Zuruf von der SPD: Nicht zugehört!)





    Bundesminister Walter Riester
    11290


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Herr Minister, wenn Sie heute die Vorlage eines Gesetz-
    entwurfs für nächste Woche ankündigen, wäre es auch an
    der Zeit gewesen, der Öffentlichkeit nach zehnmonatiger
    Diskussion endlich mitzuteilen, was Sie in der Renten-
    politik wirklich vorhaben.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich kann allerdings verstehen, dass Sie diesem Thema

    ausweichen; denn die Rentenpolitik ist ohne Zweifel ei-
    ner der großen Schwachpunkte dieser Regierung.


    (Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

    Sie ist mangelhaft und konzeptionslos. Betrachtet man die
    letzten zwei Jahre, so gab es nur Fehlentscheidungen,
    Kehrtwendungen und Wortbrüche.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Erste Fehlentscheidung: Sie nehmen die Rentenreform

    von Norbert Blüm, die den demographischen Faktor
    berücksichtigte und nicht nur kurzfristig, sondern auch
    langfristig mehr Stabilisierung in der Rentenversicherung
    geschaffen hätte, zurück. Das war ein großer Fehler.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Peter Dreßen [SPD]: Rasenmäherpolitik!)


    Viele Experten haben Ihnen damals gesagt: Das wird
    teuer. Jetzt müssen Sie diese Rechnung einlösen. Sie spre-
    chen vom Reformstau, und die große Rentenreform neh-
    men Sie zurück. Es war nicht nur ein großer Fehler, es war
    auch töricht.


    (Hans-Joachim Fuchtel [CDU/CSU]: Zwei Jahre nichts!)


    Meine Damen und Herren, hätten Sie den demographi-
    schen Faktor, der ab 1999 gewirkt hätte, in Kraft gelassen,
    dann hätten Sie die gesetzliche Rente im Jahr 2001 allein
    durch den demographischen Faktor in einer Größenord-
    nung zwischen 5 und 6 Milliarden DM entlastet. Die
    nächste Stufe der Ökosteuer zum 1. Januar 2001, die Sie
    beschlossen haben und gegen deren Aussetzung Sie sich
    wenden, führt zu zusätzlichen Einnahmen von 5,4 Milli-
    arden DM. Das macht das Dilemma deutlich, das Sie mit
    der Rücknahme der Blüm’schen Rentenreform angerich-
    tet haben.


    (Michael Glos [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

    Hätten Sie den Demographiefaktor in Kraft gelassen,

    dann müssten Sie im nächsten Jahr die nächste Stufe der
    Ökosteuer nicht in Kraft treten lassen, weil der De-
    mographiefaktor für die Rentenversicherung finanziell
    die gleiche Wirkung gehabt hätte wie die Ökosteuer.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Meine Damen und Herren, die Regierung hat hier genau
    die Falle aufgestellt, in der sie jetzt selber sitzt.

    Zweiter Fehler: Wortbruch. Es gab große Töne vor der
    Wahl: An die Renten wird nicht herangegangen, die Ren-
    ten werden nicht angetastet. Noch im Februar 1999 hat der
    Bundeskanzler in Bayern erklärt: Ich stehe dafür, dass die
    Renten in Zukunft so steigen wie die Nettolöhne.


    (Dirk Niebel [F.D.P.]: In Vilshofen war das!)


    Wenige Monate später werden die 40-jährige Sozialtradi-
    tion in Deutschland, das Wahlversprechen und das Wort
    des Kanzlers vom Februar 1999 gebrochen, und die Ren-
    tenanpassung wird für zwei Jahre von der Nettolohn-
    entwicklung abgekoppelt. Gestern sprach der Kanzler
    von der Verantwortungsgemeinschaft und der Moral in
    der Politik. Das Verhalten gegenüber den Rentnern in den
    letzten zwei Jahren war unmoralisch und verantwor-
    tungslos.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Dann haben Sie gesagt: Regt euch nicht so stark auf,

    ihr Rentner, wir sichern euch doch den Kaufkraft-
    ausgleich. Das war der dritte Wortbruch.


    (Widerspruch bei der SPD)

    Herr Riester, Sie haben noch im September 1999

    gesagt: Die Rentenanpassungen entsprechen der Preis-
    steigerungsrate in den Jahren 2000 und 2001, und dies
    bedeutet nichts anderes als die Sicherung der Kaufkraft.
    Sie haben also Kaufkraftsicherung für die Rentner ver-
    sprochen. Mit der Rentenerhöhung für dieses Jahr am
    1. Juli 2000 haben Sie das Gegenteil gemacht. Sie haben
    mit dem Trick gearbeitet, dass Sie die Inflationsrate des
    Vorjahres von 0,6 Prozent gewählt haben, –


    (Zuruf von der SPD: Das machen wir immer!)

    – während die Inflationsrate im Juli dieses Jahres bei
    1,9 Prozent lag. Das heißt, die Höhe Ihrer Rentenanpas-
    sung am 1. Juli dieses Jahres war dreimal niedriger als die
    aktuelle Inflationsrate.


    (Gerd Andres [SPD]: Das ist doch unredlich!)

    Sie haben also Ihr Versprechen der Kaufkraftsicherung

    für die Rentner nicht eingelöst.

    (Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)


    Tatsächlich sind also die Renten gekürzt worden. Dies
    trifft insbesondere die Rentner in den neuen Ländern. Was
    macht es für einen Sinn, wenn der Bundeskanzler die Ost-
    problematik zur Chefsache macht, aber sein Arbeitsmi-
    nister die Renten im Osten kürzt? Dies ist die Folge die-
    ser Rentenanpassung.


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)


    Dritter Punkt der Fehlentscheidungen und Wortbrüche:
    Sie machen sich zum Anwalt der Langzeitarbeitslosen,
    aber was haben Sie tatsächlich getan? Sie haben die
    Beiträge zurRentenversicherung für Bezieher von Ar-
    beitslosenhilfe, die der Bund zahlt, fast um die Hälfte
    gekürzt. Arbeitslosenhilfe beziehen aber bekanntlich die
    Menschen, die länger arbeitslos sind. Dies ist auch wieder
    insbesondere in den neuen Ländern ein Problem, wo nicht
    nur die Arbeitslosenquote doppelt so hoch ist wie im Wes-
    ten, sondern wo die Menschen typischerweise auch länger
    arbeitslos sind. Deswegen sind sie von der Absenkung der
    Rentenversicherungsbeiträge für Arbeitslosenhilfebezie-
    her auch besonders betroffen.


    (Zuruf von der CDU/CSU: Leider wahr!)





    Horst Seehofer

    11291


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Sie haben die Beiträge um fast die Hälfte gesenkt. Und
    da machen Sie sich zum Anwalt der Langzeitarbeitslosen?
    Tatsächlich haben Sie für jemanden, der vier oder fünf
    Jahre lang Arbeitslosenhilfe bezieht, die monatliche Rente
    um 100 DM gekürzt. Herr Riester, nehmen Sie diese un-
    soziale Maßnahme zurück!


    (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der F.D.P.)


    Jetzt ist da auch noch dieser soziale und ökologische
    Krüppel der Ökosteuer: Dies ist eine doppelte Ohrfeige
    für die Rentner. Die Rentner zahlen überproportional
    hohe Energiepreise, aber die Senkung der Rentenversi-
    cherungsbeiträge, die Sie der Bürgerschaft immer als aus-
    gleichende Entlastung verkaufen, hat für die Rentnerin-
    nen und Rentner keine Bedeutung, weil sie keine Beiträge
    mehr bezahlen. Die Ökosteuer ist eine reine Strafaktion
    gegen die 18 Millionen Rentnerinnen und Rentner.


    (Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

    Dann sagen Sie, dass für die Aktiven die Beiträge ge-

    senkt werden. Ich habe mir jetzt noch einmal die ver-
    schiedenen Berechnungen besorgt. Der Rentenversiche-
    rungsbeitrag im Jahre 2000 beträgt 19,3 Prozent. Der
    Rentenversicherungsbeitrag im Jahre 2001 beträgt
    19,3 Prozent. Sagen Sie der deutschen Öffentlichkeit die
    Wahrheit, dass im nächsten Jahr die Ökosteuer steigt – Sie
    haben sie beschlossen – und der Rentenversicherungsbei-
    trag gleich bleibt. Dies ist eine Zusatzbelastung, eine
    Strafaktion, und trifft insbesondere die ältere Generation.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Rücknahme der Rentenreform, Wortbruch bei der Net-

    tolohnanpassung, Wortbruch beim Kaufkraftausgleich,
    Strafaktion mit der Ökosteuer und ein Feldzug gegen die
    Langzeitarbeitslosen durch die Kürzung der Rentenver-
    sicherungsbeiträge für Arbeitslosenhilfebezieher! Herr
    Riester, ich bin schon lange auf dem sozialpolitischen Ge-
    biet tätig und traue mir hier wirklich ein Urteil zu. Eines
    steht fest: In der deutschen Sozialgeschichte hat noch kein
    Sozialminister in so kurzer Zeit Jung und Alt hinsichtlich
    der Alterssicherung so verunsichert und die Rentner so
    bestraft, wie Sie das in den letzten zwei Jahren gemacht
    haben, Herr Riester.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Gerd Andres [SPD]: Sie waren doch bei „Nobby“ Staatssekretär, Sie müssten es also besser wissen!)


    Das größte innenpolitische und sozialpolitische Reform-
    projekt ist in der Tat die Rentenreform, wo Sie – ich wie-
    derhole es – den akuten Handlungsbedarf durch die Rück-
    nahme unserer Rentenreform aus dem Jahre 1996/1997
    verschärft haben. Auch hier unterscheiden wir uns funda-
    mental. Wir haben uns – das war der Vorschlag von
    Wolfgang Schäuble und Edmund Stoiber – im November
    1999 bereit erklärt, an die große Tradition anzuknüpfen
    und die Alterssicherung parteiübergreifend und im Kon-
    sens zu lösen. Wir stehen auch zu unserem Vorschlag.
    Dies ist kein Blankoscheck für die Regierung; die Inhalte
    müssen stimmen. Aber hiermit unterscheiden wir uns fun-
    damental von Ihrer – Sie waren damals in der IG-Metall

    an führender Position verantwortlich – und von der Ver-
    haltensweise der Sozialdemokraten.

    Sie waren 1996/97 nicht nur nicht zum Konsens bereit,
    sondern haben mit uns nicht einmal über eine Rentenre-
    form gesprochen, weil Sie damals Blockadepolitik zum
    Schaden unseres Landes betrieben haben. Da unterschei-
    den wir uns entscheidend.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der CDU/CSU: Das ist wahr! – Gerd Andres [SPD]: So ein Quatsch! Das wird durch Wiederholen auch nicht besser! – Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was wahr ist, wissen wir! Was soll werden? – Lachen bei der CDU/CSU)


    – Herr Schlauch, wer laut schreit, hat keine Argumente
    oder, wie wir in Bayern sagen: Die lautesten Kühe geben
    die wenigste Milch.


    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. – Zuruf von der CDU/CSU: Sehr wahr! – Hans Georg Wagner [SPD]: Dann gibt Ihre Fraktion aber überhaupt keine!)


    Herr Schlauch, die wirkliche Reform- und Konsens-
    bremse sitzt in der Regierung. Wir wissen nämlich bis
    zum heutigen Tag nicht – wir haben es auch heute nicht
    erfahren –, was die Regierung jetzt eigentlich will, außer
    allgemeinen Grundsätzen.

    Was wir in den letzten Monaten erlebt haben, waren
    drei völlig unterschiedliche Konzepte zur Rentenreform.
    Das ist jetzt nicht meine Konstruktion als Opposition. Die
    Frau Engelen-Kefer –


    (Walter Riester, Bundesminister: Ach! – Lachen bei der CDU/CSU – Zuruf von der SPD: Sie ist nicht in der Regierung!)


    – hat Ihnen am 4. Juli, ausgerechnet an meinem Geburts-
    tag, einen netten Brief geschrieben, Herr Riester. Ich lese
    jetzt gar nicht vor, was sie zu Demagogie und Diffamie-
    rung geschrieben hat. Ich lese Ihnen nur vor: Ich will gern
    zugestehen, dass wir nicht so flexibel sind wie du, Walter
    Riester. Immerhin ist es dir gelungen, während deiner
    Amtszeit als Minister mindestens drei unterschiedliche
    Rentenkonzepte vorzulegen.


    (Zuruf von der CDU/CSU: Sehr gut!)

    Das war am 4. Juli dieses Jahres. Mittlerweile basteln Sie
    am vierten Konzept, meine Damen und Herren. Sie kön-
    nen froh sein, dass Sie als Partner eine christliche Partei
    haben, die die Tugend der Barmherzigkeit beherrscht.


    (Zuruf von der SPD: Oje!)

    Aber lange hält unser Langmut mit Ihrer Herumstöpselei
    nicht mehr.


    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der SPD)


    Nachdem Sie für nächste Woche ein Rentenreformge-
    setz angekündigt haben – von dem ich prognostiziere,
    dass es erst über- oder überübernächste Woche vorgelegt




    Horst Seehofer
    11292


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    werden wird –, möchte ich Ihnen vorsorglich noch einmal
    klipp und klar sagen, worauf es uns ankommt, –


    (Rezzo Schlauch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt sind wir gespannt!)


    – und zwar etwas konkreter als Sie.
    Herr Riester, was ich an Ihren Einlassungen, auch

    heute wieder, entscheidend bemängele, ist Folgendes. Sie
    haben keine rentenpolitische Konzeption.


    (Lachen bei der SPD – Zuruf von der SPD: Und ihr?)


    Sie verfechten nicht eine Idee, sondern: Wer zuletzt mit
    Ihnen gesprochen hat, hat Recht bei der Rentenreform.
    Das ist Ihre Vorgehensweise.


    (Zuruf von der CDU/CSU: Ganz genau! – Zuruf von der SPD: Jetzt reicht es aber! – Abg. Gerd Andres [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)


    – Nein.



Rede von Dr. h.c. Wolfgang Thierse
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Seehofer?


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Horst Seehofer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Nein. Wir waren ge-
    rade gemeinsam im Fernsehen. Ich weiß, was er sagen
    will.


    (Heiterkeit bei der CDU/CSU)

    Es reicht nicht, Herr Riester, Rentenformeln und Fak-

    toren nur handwerklich abzuarbeiten. Die Menschen wol-
    len von Ihnen endlich wissen, welche rentenpolitische
    Philosophie Sie haben, was Sie mit einer Rentenversiche-
    rung erreichen wollen.


    (Zuruf von der CDU/CSU: So ist es! – Zuruf von der SPD: Sagen Sie doch mal Ihre Vorschläge!)


    Ich muss Ihnen erstens sagen. Das Wichtigste ist, dass
    wir den Menschen sagen: Die Alterssicherung muss auch
    in der Zukunft Lebensstandardsicherung bedeuten. Wer
    ein ganzes Leben lang gearbeitet hat, muss darauf ver-
    trauen können, dass er im Alter seinen Lebensstandard
    wie im aktiven Erwerbsleben fortführen kann.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Das sind keine Selbstverständlichkeiten, meine Damen

    und Herren. Bis 1957, bis zur großen Rentenreform unter
    Konrad Adenauer mit der Handschrift der Union, war die
    gesetzliche Rente mehr oder weniger eine Überlebens-
    hilfe. Erst die Einführung der dynamischen Rente 1957
    hat zu einer Lebensstandardsicherung geführt, das heißt,
    die Rente ist ein Spiegelbild der beruflichen Lebensleis-
    tung. Wir werden alles tun, dass diese Grundphilosophie
    der Lebensstandardsicherung nicht ausgerechnet von So-
    zialdemokraten zerstört wird.

    Es wäre gut, wenn Sie der Öffentlichkeit einmal sagen
    würden, –


    (Hans Georg Wagner [SPD]: Sagen Sie mal Ihren Vorschlag!)


    welches Ziel Sie mit der Rentenreform eigentlich verfol-
    gen. Ist es Armutsvermeidung oder Lebensstandardsiche-
    rung? Wir wollen Lebensstandardsicherung.


    (Hans Georg Wagner [SPD]: Wo sind Ihre Vorschläge?)


    Zweitens. Wir wollen, dass wir mit der Rentenreform
    nicht Altersarmut produzieren. Deshalb halten wir an
    dem Ziel fest, das wir vor der Bundestagswahl in unsere
    Rentenreform geschrieben haben, dass das Rentenniveau
    in der gesetzlichen Rente nicht unter 64 Prozent eines
    Nettodurchschnittsverdienstes sinken darf.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, wenn es darunter sinkt, heißt
    das, dass auch für langjährig Versicherte im Alter Armut
    angesagt ist. Es ist übrigens einer der größten Erfolge der
    dynamischen Rente, dass Altersarmut heute in Deutsch-
    land zwar nicht ausgeschlossen, aber kein Massenphäno-
    men ist.

    Die Höhe des Rentenniveaus ist nicht nur eine mathe-
    matische Größe. Sie ist insbesondere für jene Menschen
    wichtig, die eben nicht 45 oder 40 Versicherungsjahre
    vorweisen können. Dies sind bisher typischerweise
    Frauen; sie kommen vielleicht auf 27 oder 28 Versiche-
    rungsjahre. Herr Riester, die Rentenversicherungsträger
    sagen uns – wir bekommen von Ihnen seit acht Wochen
    keine Berechnungen bezüglich der Rentenreform; des-
    halb muss ich mich auf die Rentenversicherungsträger be-
    rufen –, dass nach Ihren Vorstellungen von einer Renten-
    reform das Rentenniveau nicht, wie gegenüber Ihrer
    eigenen Fraktion versprochen, bei 64 oder 65 Prozent lie-
    gen wird, sondern bei 61 Prozent. Wenn Sie einen Kon-
    sens mit uns wollen, dann müssen Sie uns das erklären.
    Ich sage Ihnen aber heute schon prophylaktisch: Wenn
    Ihre Reform tatsächlich zu einem Rentenniveau von
    61 Prozent führen sollte, dann wird es keinen Rentenkon-
    sens mit uns geben; denn das entspräche einer organisier-
    ten Altersarmut.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Das Dritte hatten Sie eigentlich aufgegeben, aber ich

    habe gehört, dass es unter dem Druck der Gewerkschaf-
    ten und auch Ihrer Fraktion wieder aufleben kann: die be-
    darfsabhängige Grundsicherung. Meine Damen und
    Herren, die gesetzliche Rente muss ein Spiegelbild der
    Lebensarbeitsleistung, muss leistungsbezogen bleiben:
    Wer mehr und wer länger Beiträge einzahlt, muss eine
    höhere Rente bekommen als der, der das nicht tut.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Damit verträgt sich der Gedanke einer bedarfsabhängigen
    Grundsicherung nicht.

    Man muss es der Öffentlichkeit einmal sagen: Bei der
    Grundsicherung handelt es sich nicht um 800 oder
    900 DM, wie es die Grünen in den 80er-Jahren diskutiert
    haben. Sie selbst haben Professor Hauser beauftragt, ein
    Gutachten vorzulegen, aus dem hervorgeht, wie hoch
    die Grundsicherung jetzt wäre. Er kommt zu dem Ergeb-
    nis, dass nach Ihren ursprünglichen Vorstellungen in
    Deutschland an ein Rentnerehepaar mit über 65 Jahren,
    das Bedarf hat, im Monat 2 000 DM plus Kranken- und




    Horst Seehofer

    11293


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von 150 DM, also
    insgesamt 2 150 DM, an Grundsicherung zu zahlen wä-
    ren. Um eine Rente in Höhe von 2 100 DM erhalten zu
    können, muss aber ein Durchschnittsverdiener 45 Jahre in
    die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt haben.
    Wenn Sie also zu diesem Vorschlag zurückkehren – ich
    hoffe es nicht; denn dann gäbe es keinen Konsens –,
    würde jemand, der wenig oder überhaupt nichts in die ge-
    setzliche Rentenversicherung eingezahlt hat, wegen Ihrer
    bedarfsabhän-gigen Grundsicherung am Ende genauso
    viel erhalten wie derjenige, der das ganze Leben hart ge-
    arbeitet, geschuftet und Beiträge eingezahlt hat. Das wäre
    das Ende der guten alten gesetzlichen Rentenversiche-
    rung.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Dass Sie wieder zur Nettolohnanpassung zurückkeh-

    ren wollen, begrüßen wir. Das war immer unsere Forde-
    rung; wir müssen weg von der Willkür. Uns geht es dabei
    gar nicht so sehr um die Größenordnung. Aber es ist schon
    erstaunlich, meine Damen und Herren: Solange die Infla-
    tionsrate bei 0,6 Prozent lag, haben Sie die Anpassung
    nach der Inflationsrate vorgenommen. Jetzt, wo sich die
    Inflationsrate allmählich der Nettolohnentwicklung an-
    nähert, nehmen Sie wieder Abstand davon – weil der
    Spareffekt weg ist.


    (Renate Jäger [SPD]: Was haben Sie denn gefordert?)


    Was sollen die Leute eigentlich denken, wenn die Ren-
    tenanpassung alle halbe Jahre nach neuen Parametern er-
    folgt, je nach Kassenlage und wie es dem Arbeitsminister
    gerade passt? Das zerstört Verlässlichkeit und Vertrauen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Aber Vorsicht, meine Damen und Herren: Der Bundes-

    kanzler hat gesagt, er kehre zu den „Grundzügen“ der Net-
    tolohnanpassung zurück. Es könnte also sein, dass Sie das
    machen, was Sie ursprünglich vorhatten, nämlich eine
    Anpassung nach der Inflationsrate, die Sie dann ein-
    fach Nettolohnanpassung nennen. Solche semantischen
    Schwindel sind ja in den letzten Monaten öfter erfolgt.


    (Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh!)


    Deshalb werden wir uns sehr genau anschauen, was hier
    passiert.

    Es ist ein großer Schwachpunkt, Herr Arbeitsminister,
    dass Sie den Demographiefaktor von Blüm auf Gedeih
    und Verderb nicht wollen, obwohl Sie jetzt eingesehen ha-
    ben, dass Sie vom Inhalt her das Gleiche machen müssen.
    Ich sichere Ihnen zu: Sie können es anders nennen. Aber
    nehmen Sie den Gedanken des Demographiefaktors wie-
    der auf; denn er ist angesichts der Alterspyramide die ge-
    rechteste Lösung, weil er die Lasten auf Jung und Alt ge-
    recht verteilt.

    Sie wollen einen Ausgleichsfaktor, nach dem jeder,
    der ab dem Jahr 2011 in Rente geht, einen jährlichen Ab-
    schlag – deshalb ist es auch kein Ausgleichsfaktor, son-
    dern ein „Kürzungsfaktor“ – von 0,3 Prozent über 20 Jah-
    re hinweg hinzunehmen hat. Das entspricht innerhalb von
    20 Jahren einer Rentenkürzung von 6 Prozentpunkten.

    Die Wirkung ist erstens: Je später man in Rente geht,
    desto höher ist der Abschlag. Die Wirkung ist zweitens,
    dass nur die junge Generation davon betroffen ist.


    (Zuruf von der CDU/CSU: Sehr richtig!)

    Wenn gestern, auch vom Finanzminister und vom Bun-

    deskanzler, so oft gesagt worden ist, die Sozialdimension
    hat eine Gegenwartsfunktion und eine Zukunftsfunktion,
    und man darf in der Gegenwart nicht die Zukunft zulasten
    der kommenden Generationen „verfrühstücken“, dann
    tun Sie jetzt bei der Rente genau das Gegenteil. Von Ihrer
    Rentenreform ist die junge Generation am stärksten be-
    troffen.


    (Zuruf von der CDU/CSU: Leider wahr!)

    Ich fordere Sie auf, dass Sie diesen Ausgleichsfaktor

    – der in Wahrheit ein Kürzungsfaktor ist – aufgeben und
    einen Vorschlag vorlegen, wie Sie die Generationenge-
    rechtigkeit wirklich herstellen wollen und wie Sie auch
    langfristig einen Beitragsatz von 22 Prozent für die junge
    Generation vermeiden wollen; denn es kann nicht sein,
    dass diese junge Generation nach Ihrer Rentenreform die
    höchsten Beiträge, das geringste Rentenniveau, die längs-
    te Lebensarbeitszeit und die höchsten Abschläge hat. Die
    Generationengerechtigkeit muss hergestellt werden!


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ein Letztes. Herr Riester, wir bitten Sie noch einmal

    dringendst – das ist ein dringender Wunsch meiner Frak-
    tion –, nach Möglichkeiten zu suchen, das Solidarprin-
    zip dadurch zu stärken, dass Menschen, die 45 Jahre in die
    Solidargemeinschaft der gesetzlichen Rentenversiche-
    rung eingezahlt haben, in Rente gehen können, ohne dass
    sie einen rentenversicherungsmathematischen Abschlag
    bekommen. Wenden Sie sich dieser Sache noch einmal
    zu. Das ist ein dringender Wunsch meiner Fraktion. Da-
    rüber muss noch einmal gesprochen werden.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Herr Riester, ich rate Ihnen dringend: Nehmen Sie un-

    sere Vorschläge auf. Es sind keine neuen Vorschläge. Wir
    machen sie seit Monaten. Scheibchenweise, Zug um Zug,
    scheinen Sie uns entgegenzukommen. Aber entscheidend
    kommt es darauf an, was Sie schwarz auf weiß vorlegen.


    (Michael Glos [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

    Hören Sie endlich mit dem Zickzackkurs auf, dass Sie

    in sieben Monaten vier Rentenkonzepte vorlegen. Sorgen
    Sie bitte dafür, dass Verlässlichkeit, Beständigkeit und
    Vertrauen in die gesetzliche Rentenversicherung einzie-
    hen. Wir wissen – auch das sagen wir der Öffentlichkeit –,
    dass die Lebensstandardsicherung durch die gesetzliche
    Rente allein nicht mehr gewährleistet werden kann, son-
    dern durch die private Vorsorge ergänzt werden muss. Das
    haben wir früher als Sie gesagt. Aber es muss so ausge-
    staltet werden, dass man es auch gegenüber den Klein-
    verdienern und den Familien mit Kindern verantworten
    kann.

    Wenn Sie hierbei unseren Vorschlägen folgen, dann ha-
    ben Sie uns bei einem Rentenkonsens als verlässlichen
    Partner an Ihrer Seite. Wenn Sie das nicht tun, haben Sie




    Horst Seehofer
    11294


    (C)



    (D)



    (A)



    (B)


    uns in der Rentenpolitik der nächsten Monate als ent-
    schiedenen Gegner.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Ulla Schmidt [Aachen] [SPD]: Damit werden wir leben können!)