Rede:
ID1402015500

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Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 14020

  • date_rangeDatum: 23. Februar 1999

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 14/20 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 20. Sitzung Bonn, Dienstag, den 23. Februar 1999 I n h a l t : Erweiterung der Tagesordnung........................ 1383 B Zusatztagesordnungspunkt 1: Abgabe einer Erklärung der Bundes- regierung zu den gewalttätigen Aktionen aus Anlaß der Verhaftung des PKK- Vorsitzenden Abdullah Öcalan ................. 1383 B Otto Schily, Bundesminister BMI.................... 1383 B Erwin Marschewski CDU/CSU ....................... 1387 A Günter Graf (Friesoythe) SPD ..................... 1388 A Ludwig Stiegler SPD ....................................... 1389 B Dr. Guido Westerwelle F.D.P. ......................... 1391 B Cem Özdemir BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.. 1393 A Petra Pau PDS.................................................. 1394 B Uta Zapf SPD................................................... 1395 B Ruprecht Polenz CDU/CSU............................. 1396 D Dr. Ludger Volmer, Staatsminister AA ........... 1398 B Tagesordnungspunkt 1: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Feststellung des Bundeshaus- haltsplans für das Haushaltsjahr 1999 (Haushaltsgesetz 1999) (Drucksache 14/300) .................................. 1399 D b) Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht über den Stand und die voraus- sichtliche Entwicklung der Finanzwirt- schaft (Drucksache 14/350) ....................... 1399 D Oskar Lafontaine, Bundesminister BMF ......... 1400 A Friedrich Merz CDU/CSU............................... 1409 D Joachim Poß SPD ........................................ 1412 D Volker Kröning SPD.................................... 1414 B Ingrid Matthäus-Maier SPD ............................ 1416 B Dr. Christa Luft PDS ................................... 1420 B Dr. Günter Rexrodt F.D.P................................ 1420 C Ingrid Matthäus-Maier SPD ............ 1421 D, 1437 D Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN................................................................. 1424 B Bartholomäus Kalb CDU/CSU.................... 1425 B Hartmut Schauerte CDU/CSU..................... 1428 D Dr. Uwe-Jens Rössel PDS ............................... 1430 D Hans Georg Wagner SPD ................................ 1432 B Jürgen Koppelin F.D.P. .............................. 1433 D Bartholomäus Kalb CDU/CSU........................ 1437 A Dietrich Austermann CDU/CSU ..................... 1437 B Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN ............................................................ 1440 B Jörg Tauss SPD............................................ 1442 B Dr. Konstanze Wegner SPD ............................ 1443 A Gerda Hasselfeldt CDU/CSU .......................... 1445 A Dr. Barbara Höll PDS...................................... 1447 A Fritz Schösser SPD .......................................... 1448 A Susanne Jaffke CDU/CSU............................... 1450 C Edelgard Bulmahn, Bundesministerin BMBF . 1451 B Steffen Kampeter CDU/CSU........................... 1454 C II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 20. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 23. Februar 1999 Dr. Peter Eckart SPD ....................................... 1457 A Jürgen W. Möllemann F.D.P. ......................... 1458 B Matthias Berninger BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN................................................................. 1460 B Jürgen W. Möllemann F.D.P. ..................... 1461 C Maritta Böttcher PDS....................................... 1463 A Jörg Tauss SPD................................................ 1464 B Dr. Gerhard Friedrich (Erlangen) CDU/CSU .. 1467 B Hans-Josef Fell BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 1469 A Thomas Rachel CDU/CSU .............................. 1470 B Jürgen Trittin, Bundesminister BMU............... 1472 A Jochen Borchert CDU/CSU ............................. 1473 B Ulrike Mehl SPD ............................................. 1475 A Jürgen Koppelin F.D.P. ................................... 1476 D Waltraud Lehn SPD..................................... 1478 B Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN................................................................. 1479 A Eva Bulling-Schröter PDS............................... 1480 C Christoph Matschie SPD.................................. 1481 B Dr. Klaus Lippold (Offenbach) CDU/CSU ..... 1482 D Michael Müller (Düsseldorf) SPD................... 1485 A Nächste Sitzung .............................................. 1486 C Berichtigung ................................................... 1486 B Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten .......... 1487 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 20. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 23. Februar 1999 1383 (A) (C) (B) (D) 20. Sitzung Bonn, Dienstag, den 23. Februar 1999 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Berichtigung 19. Sitzung, Seite 1327 A, 3. Absatz. Der Satzanfang ist zu lesen: „Wie das Sein das Bewußtsein verän- dert, ...“ Michael Müller (Düsseldorf) Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 20. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 23. Februar 1999 1487 (A) (C) (B) (D) Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Baumeister, Brigitte CDU/CSU 23.1.99 Brudlewsky, Monika CDU/CSU 23.1.99 Diemers, Renate CDU/CSU 23.1.99 Ehlert, Heidemarie PDS 23.1.99 Erler, Gernot SPD 23.1.99 Fischer (Frankfurt), Joseph BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 23.1.99 Frick, Gisela F.D.P. 23.1.99 Hasenfratz, Klaus SPD 23.1.99 Hempelmann, Rolf SPD 23.1.99 Dr. Luther, Michael CDU/CSU 23.1.99 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Michels, Meinolf CDU/CSU 23.1.99 Dr. Protzner, Bernd CDU/CSU 23.1.99 Rauber, Helmut CDU/CSU 23.1.99 Roth (Augsburg), Claudia BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 23.1.99 Rupprecht, Marlene SPD 23.1.99 Schindler, Norbert CDU/CSU 23.1.99 Sebastian, Wilhelm-Josef CDU/CSU 23.1.99 Verheugen, Günter SPD 23.1.99 Dr. Waigel, Theodor CDU/CSU 23.1.99 Willner, Gert CDU/CSU 23.1.99 Wissmann, Matthias CDU/CSU 23.1.99 Wohlleben, Verena SPD 23.1.99
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Ulrike Mehl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Liebe Kolle-
    ginnen und Kollegen! Herr Borchert, Sie sind ja in einer
    neuen Situation. Es sind erst wenige Monate ins Land
    gegangen, seitdem wir die neue Regierung haben.


    (Dietmar Schütz [Oldenburg] [SPD]: 100 Tage!)

    Auch Sie müssen sich mit neuen Themen befassen. Ich
    gestehe Ihnen gerne zu, daß wir im Laufe der nächsten
    Jahre noch intensiver darüber diskutieren müssen. Dann
    ist vielleicht auch klarer nachvollziehbar, was wir tat-
    sächlich wollen und warum unsere Politik besser sein
    wird als die der alten Regierung.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Die Mehrheit von SPD und Bündnisgrünen im Deut-
    schen Bundestag hat mit diesem Haushalt das erste Mal
    Gelegenheit, eine neue, ökologisch-soziale Politik in ei-
    nem Haushaltsplan zu verwirklichen. Dabei müssen wir
    natürlich – leider – kleinere Brötchen backen, als es uns
    recht sein kann. Das ist aber nicht verwunderlich, weil
    man nach 16 Jahren konservativer Politik eine neue
    Politik nicht von heute auf morgen und schon gar nicht
    durch einen Haushaltsplan einleiten kann. Die konser-
    vativ-gelbe Koalition hat uns eine katastrophale Haus-
    haltslage hinterlassen,


    (Widerspruch bei der CDU/CSU)

    die wir jetzt leider berücksichtigen müssen. Auch wir
    können das Geld nicht einfach drucken. Je flacher das
    finanzpolitische Fahrwasser ist, desto vorsichtiger müs-
    sen wir zunächst einmal mit den Spielräumen für Ver-
    änderungen umgehen und selbige ausloten, damit wir
    nicht so wie Sie Schiffbruch erleiden.

    Wir haben uns vorgenommen, endlich eine Nachhal-
    tigkeitsstrategie für Deutschland zu entwickeln und um-
    zusetzen, um den Verpflichtungen der Agenda 21 nach-
    zukommen. Dies ist um so wichtiger, wenn man sich an-
    schaut, was sich – Gott sei Dank nicht jedes Jahr – ereig-
    net: Das drohende Hochwasser ist noch lange nicht ab-
    gewendet, und auf Umwelteingriffe zurückzuführende
    Ereignisse in den Gebirgen, die Menschen treffen, müs-
    sen wir auf der Grundlage von Überlegungen zur Nach-
    haltigkeitsstrategie behandeln.

    Wir werden bei dem Thema ein ganz besonderes
    Augenmerk auf die Umweltbildung richten, damit die
    Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie sich nicht nur in
    Insider-Kreisen abspielt, sondern von der Gesellschaft
    insgesamt getragen wird. Die Umweltpolitik der alten
    Bundesregierung hat dagegen – das ist eben auch schon
    einmal sehr richtig von Herrn Minister Trittin dargelegt
    worden – zu einer Stimmung im Land geführt, die um-
    weltpolitische Arbeit insgesamt, um es vorsichtig auszu-
    drücken, äußerst schwierig macht. Unter Ihrer Führung
    ist die Umwelt- und Naturschutzpolitik zu einer schein-
    baren Verhinderungspolitik verkommen. Wir werden
    hart daran arbeiten müssen, deutlich zu machen, daß die
    Verknüpfung von Ökologie und Ökonomie im Gegenteil
    eine ganz große Zukunftschance für unser Land ist, die
    wir nutzen müssen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Dazu gehört auch der Einstieg in die ökologische
    Steuerreform, mit der Umweltbelastung und Ressour-
    cenverbrauch teurer und Arbeit durch Senkung der
    Lohnnebenkosten billiger wird. Auch wenn zugegebe-
    nermaßen bei diesem ersten Schritt noch viele Wünsche
    offenbleiben – das geht uns auch so –, so ist es trotzdem
    ein absolut richtiger und wesentlicher Schritt in die
    richtige Richtung.

    Wir steigen, wie wir eben schon gehört haben, aus
    der Risikotechnologie Kernenergie aus.


    (Dr. Klaus W. Lippold [Offenbach] [CDU/ CSU]: Wann denn?)


    Das ist aber nicht alles. Wir fördern den Einstieg in
    eine neue, langfristig umweltverträgliche Energie, wie
    zum Beispiel die Solarenergie, und wir fördern konse-
    quent die Energieeinsparung. Wenn wir in den Jahren
    von 1974 bis 1998 21 Milliarden DM nicht in die Kern-
    energie, sondern konsequent in regenerative Energien
    und in Energieeinsparung gesteckt hätten – dafür sind
    im gleichen Zeitraum nur 5 Milliarden DM ausgegeben
    worden –,


    (Dr. Klaus W. Lippold [Offenbach] [CDU/ CSU]: Wieviel in die Kohle?)


    dann wären wir heute schon ein ganzes Stück weiter.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)


    Immerhin haben wir eine Kurskorrektur eingeleitet.

    Jochen Borchert






    (B)



    (A) (C)



    (D)


    Es kommt jetzt nicht nur auf die Einsparung im
    Kernenergiebereich oder auf die Tatsache an, daß der
    Stammhaushalt des BMU um 1,1 Prozent auf 730 Mil-
    lionen DM steigen wird, sondern es kommt wesentlich
    darauf an, für welche Zwecke die Mittel eingestellt wer-
    den. Ich halte es für eine sehr gute Investition, wenn
    zum Beispiel die Fördermittel für den Naturschutz über-
    proportional um 5,9 Millionen DM erhöht werden oder
    wenn die erhöhte Mittelbereitstellung für Naturschutz-
    verbände festgeschrieben wird; denn was die Verbände
    an guter, praktischer Arbeit im Bereich des Naturschut-
    zes leisten, ist ohnehin kaum zu bezahlen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Es ist gut, daß im Bundeshaushalt 1999 insgesamt
    rund 8,7 Milliarden DM als Umweltausgaben veran-
    schlagt werden. Umweltschutz ist bekanntermaßen ein
    Querschnittsgebiet und muß sich deshalb in allen Res-
    sorts niederschlagen. Gerade deshalb ist es wichtig, daß
    wir klare Kriterien für diese Zuordnung entwickeln. Wir
    wollen nämlich nicht wie die alte Bundesregierung
    lediglich Zahlen aneinanderreihen, sondern wir wollen
    mittelfristig den Haushalt als Ganzes unter ökologisch-
    sozialen Gesichtspunkten anlegen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Deshalb werden wir unter anderem das Umweltrecht
    in einem zusammenhängenden Umweltgesetzbuch zu-
    sammenführen – dieser Prozeß ist bereits eingeleitet –,
    aber ohne substantielle Verluste und mit verbesserten
    Bürgerbeteiligungsrechten. Darin liegt der qualitative
    Unterschied.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Wir werden ein Marktanreizprogramm zur Förderung
    erneuerbarer Energien, das aus der Ökosteuer gegen-
    finanziert wird, im Haushalt des Bundesministeriums für
    Wirtschaft und Technologie einrichten, um den regene-
    rativen Energien endlich den Vorsprung zu verschaffen,
    den sie brauchen. Wir werden verstärkt Mittel für Pro-
    gramme im Rahmen der Umweltforschung einsetzen,
    die beim Bundesministerium für Bildung und Forschung
    angesiedelt sind. In Zahlen ausgedrückt handelt es sich
    um ein Plus von 5,5 Prozent, also von 340 Millionen
    DM. Wir werden den Bundesverkehrswegeplan über-
    arbeiten und ökologisch fragwürdige Projekte streichen.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Wir werden auch auf eine ökologisch verträgliche
    Landwirtschaft hinarbeiten und das Bundesnatur-
    schutzgesetz so weiterentwickeln, wie wir uns das vor-
    genommen haben.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU/CSU)


    – Dabei können Sie konstruktiv mitarbeiten. Darauf
    freue ich mich schon. – Wir haben deshalb den Ausver-
    kauf von Schutzgebieten in den großen Biosphären-
    reservaten und Nationalparks im Osten Deutschlands

    bereits gestoppt. Gab es vorher nur Ankündigungen, so
    erfolgt jetzt durch uns die Umsetzung.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Diese Auflistung ist natürlich nur ein kleiner Quer-
    schnitt der Aufgaben, die vor uns liegen. Ich habe ver-
    sucht, deutlich zu machen, daß die Aufgabe der Um-
    weltpolitik nicht darin besteht, Fehlerkorrekturen oder
    Schadensbegrenzung zu betreiben. Umweltpolitik muß
    in Zukunft in Deutschland, in Europa und auch auf in-
    ternationaler Ebene selbstverständlich in alle Politikbe-
    reiche integriert werden, und das nicht nur auf dem Pa-
    pier, wie es bisher der Fall war. Sie muß selbstbewußt
    einen Zielführungsanspruch erheben, denn ohne einen
    längerfristigen Wertewandel in unserer Gesellschaft
    werden wir das Ziel einer umweltverträglichen nachhal-
    tigen Entwicklung nicht erreichen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    In diesem Bereich wird dem Prozeß der Nachhaltig-
    keitsstrategie und der Umsetzung der Agenda 21 eine
    zentrale und wesentliche Aufgabe zukommen.

    Deshalb gilt – auch in dieser Haushaltsdebatte –:
    mehr Qualität statt Quantität.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)




Rede von: Unbekanntinfo_outline
Für die F.D.P.-
Fraktion hat jetzt unser Kollege Jürgen Koppelin das
Wort.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. h.c. Jürgen Koppelin


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (F.D.P.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsidentin! Liebe
    Kolleginnen und Kollegen! Auf den Haushalt des Bun-
    desumweltministers konnte man wirklich gespannt sein,
    denn gerade Bündnis 90/Die Grünen haben als Opposi-
    tionspartei zum Haushalt des Umweltministeriums im-
    mer wieder viele Anträge gestellt. Da wurden zum Bei-
    spiel Millionenbeträge für die Klimaforschung gefor-
    dert, Investitionen zur Verminderung der Umweltbela-
    stung, die Finanzierung von Maßnahmen zur Luftrein-
    haltung und zum Gewässerschutz, 20 Millionen DM für
    Zuweisungen zur Sicherung schutzwürdiger Teile von
    Natur und Landschaft, aber auch Mittel für einen Si-
    cherheitsfonds für die Verbesserung der Sicherheit von
    Kernkraftwerken sowjetischer Bauart. Ich finde, es war
    vieles dabei, über das man ganz sachlich und vernünftig
    diskutieren kann.


    (Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Jetzt ist es zu spät!)


    Nur, ein Blick in den Haushalt des Umweltministers,
    den nun Bündnis 90/Die Grünen stellen, zeigt: Nichts,
    aber auch gar nichts von diesen Anträgen findet sich
    dort wieder.


    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Dabei hätten wir doch eigentlich erwarten können, daß
    wir Ihre Anträge – ich will nicht sagen, in dieser Millio-

    Ulrike Mehl






    (A) (C)



    (B) (D)


    nenhöhe, aber doch wenigstens in Ansätzen – dort wie-
    derfinden. Aber nichts davon, keine neuen Punkte. Die-
    ser Haushalt zeichnet sich nicht durch neue Aspekte im
    Umweltbereich aus.

    Ich meine – das hat auch die Rede der Kollegin
    Ulrike Mehl, die ich sehr schätze, gezeigt –, selbst die
    rotgrüne Koalition kann mit diesem Haushalt nicht zu-
    frieden sein. Denn dieser Haushalt zeichnet sich durch
    eines aus, liebe Kollegin Ulrike Mehl: Er zeichnet sich
    durch Mittelmäßigkeit aus; keine Spur von neuen um-
    weltpolitischen Initiativen.


    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU – Ulrike Mehl [SPD]: Das ist ja nun falsch!)


    Wo bleiben neue Aspekte, zum Beispiel hinsichtlich
    der Belange des Umweltschutzes, beim Naturschutz und
    bei allgemeinen Umweltangelegenheiten? Im Bereich
    der kerntechnischen Einrichtungen und des Strahlen-
    schutzes versuchen Sie allerdings mit dem Holzhammer,
    Ihre Ideologie in diesem Haushalt durchzusetzen. Man
    gewinnt den Eindruck, es gibt für den Bundesumwelt-
    minister nur ein Thema, und das ist der Ausstieg aus der
    Atomenergie.


    (Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Nachwachsende Rohstoffe!)


    Doch gerade beim geplanten Ausstieg aus der
    Atomenergie hat sich gezeigt, daß der grüne Umwelt-
    minister Trittin nicht mehr Herr des Verfahrens ist. Des-
    halb sind die Hauptbeschäftigung unseres neuen Um-
    weltministers nicht mehr die Belange der Umwelt, son-
    dern der öffentliche Disput mit dem Bundeskanzler und
    Teilen der Sozialdemokraten.

    Ohne Frage, der Bundeskanzler hat recht mit seiner
    Kritik an Umweltminister Trittin: Politische Inhalte
    müssen auch in der Form stimmen und dürfen nicht nur
    kleine Minderheiten überzeugen. So Bundeskanzler
    Schröder. Der Bundeskanzler weiter: Er hoffe, daß Um-
    weltminister Trittin einmal über manche Kritik nach-
    denke. Diesen Aussagen des Bundeskanzlers können wir
    uns voll anschließen. Es wäre interessant, zu erfahren,
    ob der Umweltminister auch über die Kritik von Bun-
    deskanzler Schröder nachgedacht hat, der in Richtung
    Trittin erklärt, man dürfe nicht den Eindruck erwecken,
    als wolle man nur die eigene Position durchsetzen und
    als schere man sich nicht um das, was in der Gesell-
    schaft gedacht werde.

    In der Öffentlichkeit hat Bundesumweltminister Trit-
    tin auf diese Kritik bereits reagiert. Der Minister sagte,
    die SPD habe sich unter Druck einiger Energiekonzerne
    nicht zur Umsetzung der Absprachen in der Lage gese-
    hen. Kollegin Mehl, ich frage einmal: Stimmt denn diese
    Kritik des Umweltministers? Und ich frage weiter:
    Bleibt der Umweltminister bei seiner Aussage? Es wäre
    sehr interessant, das zu erfahren.


    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Doch irgendwie muß die Kritik des Bundeskanzlers
    beim Umweltminister gesessen haben. Denn heute lese
    ich in der „TAZ“, einer Zeitung, die ja den Grünen nicht

    so fern steht, die Überschrift: „Umweltminister Trittin
    kommt den Atomkonzernen entgegen“. Ich lese die
    „TAZ“ seit einiger Zeit gern.


    (Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Als Meldung heißt es dann:
    Bundesumweltminister Jürgen Trittin hat einem ge-
    setzlichen Verbot der Wiederaufbereitung Ade ge-
    sagt. Die neueste Fassung des seit Monaten stritti-
    gen Entwurfs zur Änderung des Atomgesetzes ent-
    hält das von den AKW-Betreibern heftig bekämpfte
    Wiederaufbereitungsverbot nicht mehr.

    Da wird sich der große Koalitionspartner SPD aber
    freuen, daß Umweltminister Trittin nun auf Linie ge-
    bracht worden ist. Die Frage ist nur, wie lange sie ihn
    auf Linie hält, denn das größte Problem in seinem Hause
    sind mangelnde Abstimmung und ständige Kurskorrek-
    turen. Meine Kollegin Birgit Homburger hat recht: Trit-
    tins Politik ist heute hü und morgen hott.

    Nun können wir gespannt sein, was mit dem neuesten
    Entwurf der Atomgesetznovelle geschieht. Den ersten
    Entwurf kippte der Bundeskanzler nach Aussage des
    Regierungssprechers in wenigen Minuten. Wie das ge-
    schah, hat der Regierungssprecher der staunenden Öf-
    fentlichkeit berichtet: Schröder sei der Entwurf der
    Atomgesetznovelle am Sonntag im Wortlaut vorgelegt
    worden. Der Kanzler habe einen Blick darauf geworfen
    und Nuancen entdeckt, die substantielle Folgen haben
    könnten. Ich meine: Solide Politik aus dem Hause Trittin
    ist es jedenfalls nicht, wenn der Kanzler nur einen Blick
    darauf werfen muß und das Ding in den Mülleimer
    wirft. Dazu habe ich von der Kollegin Ulrike Mehl lei-
    der nichts gehört.

    Der Haushalt des Bundesumweltministers setzt allein
    im Bereich der Kernenergie neue Akzente. Es sind aber
    ideologische Akzente, die mit ungeahnten Folgekosten
    verbunden sind. Wenn Sie nicht die Kritik der Opposi-
    tion annehmen wollen – das merke ich –, dann sollten
    Sie vielleicht die Kritik des niedersächsischen Minister-
    präsidenten Glogowski zur Kenntnis nehmen. Die Be-
    deutung internationaler Verträge sei von vornherein
    falsch beurteilt worden, sagt Glogowski. Auch sei es
    illusorisch gewesen, zu glauben, in Frankreich und
    England würde man etwaige Milliardenverluste einfach
    so wegstecken. Mit Blick auf den Widerspruch der
    Kernkraftwerksbetreiber gegen ein Ende der Wiederauf-
    bereitung von Atommüll sagte Glogowski, für ihn sei
    immer klargewesen, daß man nicht sagen kann, wir ma-
    chen das noch ein Jahr, und die Folgen lassen wir mal
    auf uns zukommen. Das habe nicht funktionieren kön-
    nen. Diese Geschichten hätte sich der Bundesumweltmi-
    nister sparen können, so der niedersächsische Minister-
    präsident. Wo er recht hat, hat er recht. Zur Frage der
    Restlaufzeiten von Atomkraftwerken sagte Glogowski,
    diese müßten von Regierung und Betreibern im Einver-
    nehmen festgelegt werden und wirtschaftlich vertretbar
    sein. Vorzeitige Schließungen lehne er ab. „Wir sind
    derzeit nicht in der Lage“, so der niedersächsische Mi-
    nisterpräsident, „unser Geld für Ideologien rauszu-
    schmeißen.“ Das sind doch gute Worte, denen wir uns

    Jürgen Koppelin






    (B)



    (A) (C)



    (D)


    nur anschließen können. Da Sie unsere Kritik nicht an-
    nehmen, ist es gut, daß Sie einmal Ihre eigenen Leute
    hören.


    (Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Hat Ihnen das Möllemann aufgeschrieben, was Sie erzählen?)


    Die Strategie des Umweltministers ist, die Entsor-
    gungsmöglichkeiten für stark oder schwach radioaktive
    Abfälle so zu verstopfen, daß man glaubt, den Ausstieg
    aus der Atomenergie auf diese Weise beschleunigen zu
    können. Das wird uns aber alle teuer zu stehen kom-
    men.

    Im Vorwort des Haushaltsentwurfs des Bundesmi-
    nisteriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktor-
    sicherheit heißt es, für Umweltangelegenheiten sei die-
    ses Haus ebenfalls zuständig. Das hat mich ein wenig
    überrascht, Herr Bundesminister; denn dann muß ich
    Sie fragen: Was hat Ihr Haus unternommen, um zum
    Beispiel im Fall des Havaristen „Pallas“ tätig zu wer-
    den?


    (Zurufe von der SPD: Oh!)

    Alles deutet darauf hin, daß Ihr Haus, das für den Um-
    weltschutz zuständig ist, im Fall „Pallas“ nichts für den
    Schutz von Menschen, Tieren und Landschaft im Natur-
    park Wattenmeer getan hat. Ölpest an der Nordseeküste,
    Tausende von Tieren sind umgekommen, und Ihr Haus
    zeichnet sich durch Untätigkeit aus.


    (Beifall bei der F.D.P.)

    Sie waren anscheinend so sehr mit der Ökosteuer be-
    schäftigt, daß Sie die Ökologie an der Nordseeküste
    überhaupt nicht interessiert hat. Es war doch sehr schnell
    zu erkennen, daß Ihr Parteifreund, der grüne Lan-
    desumweltminister in Schleswig-Holstein, völlig ver-
    sagte.

    Diese Kritik wird inzwischen nicht nur von den Um-
    weltverbänden, der F.D.P. und der CDU/CSU geteilt,
    nein, inzwischen kommen sogar aus der grünen Land-
    tagsfraktion Stimmen der Kritik am grünen Umweltmi-
    nister. Sie, Herr Bundesumweltminister, haben sich da
    fein herausgehalten. Die Natur, die Ökologie an der
    Nordseeküste blieb dabei auf der Strecke. Sie haben sich
    nicht um sie gekümmert.

    Ich will noch einen Punkt ansprechen, auf den meine
    Kollegin Ulrike Flach aufmerksam gemacht hat.