Rede:
ID1402015300

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Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 14020

  • date_rangeDatum: 23. Februar 1999

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 14/20 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 20. Sitzung Bonn, Dienstag, den 23. Februar 1999 I n h a l t : Erweiterung der Tagesordnung........................ 1383 B Zusatztagesordnungspunkt 1: Abgabe einer Erklärung der Bundes- regierung zu den gewalttätigen Aktionen aus Anlaß der Verhaftung des PKK- Vorsitzenden Abdullah Öcalan ................. 1383 B Otto Schily, Bundesminister BMI.................... 1383 B Erwin Marschewski CDU/CSU ....................... 1387 A Günter Graf (Friesoythe) SPD ..................... 1388 A Ludwig Stiegler SPD ....................................... 1389 B Dr. Guido Westerwelle F.D.P. ......................... 1391 B Cem Özdemir BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.. 1393 A Petra Pau PDS.................................................. 1394 B Uta Zapf SPD................................................... 1395 B Ruprecht Polenz CDU/CSU............................. 1396 D Dr. Ludger Volmer, Staatsminister AA ........... 1398 B Tagesordnungspunkt 1: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Feststellung des Bundeshaus- haltsplans für das Haushaltsjahr 1999 (Haushaltsgesetz 1999) (Drucksache 14/300) .................................. 1399 D b) Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht über den Stand und die voraus- sichtliche Entwicklung der Finanzwirt- schaft (Drucksache 14/350) ....................... 1399 D Oskar Lafontaine, Bundesminister BMF ......... 1400 A Friedrich Merz CDU/CSU............................... 1409 D Joachim Poß SPD ........................................ 1412 D Volker Kröning SPD.................................... 1414 B Ingrid Matthäus-Maier SPD ............................ 1416 B Dr. Christa Luft PDS ................................... 1420 B Dr. Günter Rexrodt F.D.P................................ 1420 C Ingrid Matthäus-Maier SPD ............ 1421 D, 1437 D Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN................................................................. 1424 B Bartholomäus Kalb CDU/CSU.................... 1425 B Hartmut Schauerte CDU/CSU..................... 1428 D Dr. Uwe-Jens Rössel PDS ............................... 1430 D Hans Georg Wagner SPD ................................ 1432 B Jürgen Koppelin F.D.P. .............................. 1433 D Bartholomäus Kalb CDU/CSU........................ 1437 A Dietrich Austermann CDU/CSU ..................... 1437 B Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN ............................................................ 1440 B Jörg Tauss SPD............................................ 1442 B Dr. Konstanze Wegner SPD ............................ 1443 A Gerda Hasselfeldt CDU/CSU .......................... 1445 A Dr. Barbara Höll PDS...................................... 1447 A Fritz Schösser SPD .......................................... 1448 A Susanne Jaffke CDU/CSU............................... 1450 C Edelgard Bulmahn, Bundesministerin BMBF . 1451 B Steffen Kampeter CDU/CSU........................... 1454 C II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 20. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 23. Februar 1999 Dr. Peter Eckart SPD ....................................... 1457 A Jürgen W. Möllemann F.D.P. ......................... 1458 B Matthias Berninger BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN................................................................. 1460 B Jürgen W. Möllemann F.D.P. ..................... 1461 C Maritta Böttcher PDS....................................... 1463 A Jörg Tauss SPD................................................ 1464 B Dr. Gerhard Friedrich (Erlangen) CDU/CSU .. 1467 B Hans-Josef Fell BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 1469 A Thomas Rachel CDU/CSU .............................. 1470 B Jürgen Trittin, Bundesminister BMU............... 1472 A Jochen Borchert CDU/CSU ............................. 1473 B Ulrike Mehl SPD ............................................. 1475 A Jürgen Koppelin F.D.P. ................................... 1476 D Waltraud Lehn SPD..................................... 1478 B Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN................................................................. 1479 A Eva Bulling-Schröter PDS............................... 1480 C Christoph Matschie SPD.................................. 1481 B Dr. Klaus Lippold (Offenbach) CDU/CSU ..... 1482 D Michael Müller (Düsseldorf) SPD................... 1485 A Nächste Sitzung .............................................. 1486 C Berichtigung ................................................... 1486 B Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten .......... 1487 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 20. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 23. Februar 1999 1383 (A) (C) (B) (D) 20. Sitzung Bonn, Dienstag, den 23. Februar 1999 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Berichtigung 19. Sitzung, Seite 1327 A, 3. Absatz. Der Satzanfang ist zu lesen: „Wie das Sein das Bewußtsein verän- dert, ...“ Michael Müller (Düsseldorf) Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 20. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 23. Februar 1999 1487 (A) (C) (B) (D) Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Baumeister, Brigitte CDU/CSU 23.1.99 Brudlewsky, Monika CDU/CSU 23.1.99 Diemers, Renate CDU/CSU 23.1.99 Ehlert, Heidemarie PDS 23.1.99 Erler, Gernot SPD 23.1.99 Fischer (Frankfurt), Joseph BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 23.1.99 Frick, Gisela F.D.P. 23.1.99 Hasenfratz, Klaus SPD 23.1.99 Hempelmann, Rolf SPD 23.1.99 Dr. Luther, Michael CDU/CSU 23.1.99 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Michels, Meinolf CDU/CSU 23.1.99 Dr. Protzner, Bernd CDU/CSU 23.1.99 Rauber, Helmut CDU/CSU 23.1.99 Roth (Augsburg), Claudia BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 23.1.99 Rupprecht, Marlene SPD 23.1.99 Schindler, Norbert CDU/CSU 23.1.99 Sebastian, Wilhelm-Josef CDU/CSU 23.1.99 Verheugen, Günter SPD 23.1.99 Dr. Waigel, Theodor CDU/CSU 23.1.99 Willner, Gert CDU/CSU 23.1.99 Wissmann, Matthias CDU/CSU 23.1.99 Wohlleben, Verena SPD 23.1.99
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Jochen Borchert


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Sehr geehrte Frau
    Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
    Die erste Haushaltsdebatte am Beginn einer Legislatur-
    periode bietet Gelegenheit, Bilanz zu ziehen und gleich-
    zeitig die Vorhaben der jetzigen Regierung zu bewerten.

    Der Umweltschutz ist in den vergangenen Jahren in
    Deutschland konsequent weiterentwickelt worden. Wir
    haben in vielen Bereichen einen international anerkann-
    ten hohen Standard erreicht. Wichtige Umweltschutzge-
    setze konnten gegen den Widerstand der damaligen Op-
    position verabschiedet werden. An diesen Erfolgen der
    Umweltpolitik der CDU/CSU, an den Erfolgen von An-
    gela Merkel werden wir auch die Umweltpolitik der rot-
    grünen Bundesregierung messen.

    Eine erste Meßlatte für die lautstarken Forderungen
    des jetzigen Bundesministers im Wahlkampf, aber auch
    für die Umsetzung der Koalitionsvereinbarung ist der
    Haushalt. Herr Minister Trittin hat darauf hingewiesen,
    daß der Etat des Einzelplans 16 um 6,7 Prozent sinkt.
    Der Rückgang ist auf Veränderungen in der Energie-
    politik zurückzuführen. Ich will diesen Bereich jetzt

    ausklammern. Ich komme noch auf ihn zurück. Ich will
    zunächst die Ausgabenentwicklung im Stammhaushalt
    – das ist der Verwaltungs- und Programmhaushalt – ge-
    nauer beleuchten.

    Im Stammhaushalt steigen die Ausgaben im Ver-
    gleich zu 1998 um rund 90 Millionen DM. Das klingt
    gut, ist aber nur auf den ersten Blick erfreulich; denn
    von den Mehrausgaben entfallen 88,7 Millionen auf den
    Verwaltungshaushalt für Baumaßnahmen. Für den Pro-
    grammhaushalt, also für die inhaltliche Arbeit, für Um-
    welt- und Naturschutz sowie für Reaktorsicherheit und
    Strahlenschutz, bleiben kümmerliche 1,3 Millionen DM
    übrig. Das ist eine Steigerung um ganze 0,3 Prozent.
    Hier hilft auch der Hinweis auf einzelne Titel nichts.
    Natürlich kann man einzelne Titel überproportional an-
    heben, indem man bei anderen Titeln kürzt. Bei den Be-
    ratungen zum Haushalt 1998 haben die Kollegen vom
    Bündnis 90/Die Grünen noch massive Anhebungsanträ-
    ge gestellt. Bisher ist davon in diesen Beratungen nichts
    übriggeblieben. Das zeigt: Kaum in der Regierungsver-
    antwortung, bleibt von früheren lautstarken Forderungen
    nicht einmal ein grünes Feigenblatt übrig.

    Wenn ich den Programmhaushalt als Meßlatte für die
    umweltpolitischen Ankündigungen der rotgrünen Koali-
    tion und des Bundesumweltministers nehme, dann muß
    man feststellen, daß der Titel „Ankündigungsminister“,
    den eine Zeitung verwendet hat, für Herrn Trittin noch
    ein Ehrentitel ist.

    Was macht der Bundesminister mit dem stark ge-
    wachsenen Verwaltungshaushalt? In welche Baumaß-
    nahmen will er investieren? – Er erfüllt sich einen
    Wunsch, nämlich den Wunsch, möglichst schnell mit
    möglichst vielen – am Ende wahrscheinlich mit allen –
    Mitarbeitern nach Berlin zu ziehen. Das Bundesum-
    weltministerium gehört zu jenen Bonn-Berlin-Ressorts,
    für die festgelegt worden war, daß 10 Prozent der Mitar-
    beiter ihren ständigen Dienstsitz in Berlin haben. Das
    Bundeskabinett hat beschlossen, diesen Anteil auf
    25 Prozent zu erhöhen. Von dieser Möglichkeit macht
    nur das Bundesumweltministerium Gebrauch.


    (Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Unerhört!)


    Mit seinem Haushalt verstößt der Bundesminister gleich
    zweimal gegen Geist und Inhalt des Berlin/Bonn-
    Gesetzes: Zum einen verstößt er dagegen, indem er die
    Anzahl der Mitarbeiter am zweiten Dienstsitz von 10 auf
    25 Prozent aufstockt, also um mehr als das Doppelte.
    Zum anderen verstößt er dagegen, indem er ausgerech-
    net die Abteilung „Internationale Zusammenarbeit“
    komplett nach Berlin verlegt. Wie soll Bonn da zu
    einem internationalen Zentrum ausgebaut werden? Es
    droht damit die Gefahr, daß ein „Rutschbahneffekt“
    eintritt, durch den die für Bonn gefundene Lösung völlig
    aufgehoben wird.

    Der geplante Ausstieg aus der Kernenergie, das
    vorgesehene Ende der Wiederaufarbeitung und das fak-
    tische Verbot der Endlagerung sind aus unserer Sicht
    entscheidende Fehlschritte der rotgrünen Umweltpolitik.
    Grundlage dieser tiefgreifenden Veränderung der Ener-
    gieversorgung ist sicherlich der langgehegte Wunsch,

    Bundesminister Jürgen Trittin






    (B)



    (A) (C)



    (D)


    nun endlich im Interesse des grünen Selbstverständnis-
    ses die Energiepolitik umzugestalten. Diese Verände-
    rungen werden vorgenommen, ohne daß alternative
    Konzepte vorliegen. Vorgesehene Schritte werden stän-
    dig verändert. Ich will daran erinnern, daß Grundlage
    des bisherigen Entsorgungskonzepts Beschlüsse der
    Bundesregierung und der Ministerpräsidenten aus dem
    Jahre 1979 waren. Es waren überwiegend sozialdemo-
    kratische Regierungen, die damals diese Entscheidung
    getroffen haben. Als Grundlage für die Veränderung
    dieser Konzeption gibt es bisher nur die Koalitionsver-
    einbarung, aber keinen Beschluß und keine Abstimmung
    zwischen Bund und Ländern. Die damit verbundenen
    Risiken werden nicht diskutiert, etwa die Regreßansprü-
    che der bisherigen Standortbetreiber. Zusammen mit den
    möglichen Schadenersatzansprüchen aus den Verände-
    rungen in der Energiepolitik drohen in diesem Bereich
    erhebliche Risiken.

    Bis heute ist nicht klar, wie die weiteren Schritte der
    Koalition aussehen. Sie, Herr Bundesminister – da bin
    ich sicher –, werden weiter unverdrossen Beschlüsse,
    Gesetzesvorlagen vorbereiten, Maßnahmen verkünden –
    und der Bundeskanzler wird dies alles dann immer wie-
    der in den Papierkorb werfen. Er hat doch in Vilshofen
    deutlich erklärt: „Die Richtlinien der Energiepolitik be-
    stimmt Gerhard Schröder und nicht Jürgen Trittin. Und
    wer‘s nicht glauben will, muß fühlen.“

    Herr Minister, ich habe den Eindruck, langsam fühlen
    Sie es: In dem neuesten Entwurf zur Änderung des
    Atomgesetzes verzichten Sie von selbst auf ein aus-
    drückliches Verbot der Wiederaufarbeitung. Hatten Sie
    vorher immer verkündet, daß ein sofortiger gesetzlicher
    Stopp der Wiederaufarbeitung notwendig sei, haben Sie
    bis vor wenigen Tagen betont, daß der Stopp ab dem
    Jahr 2000 schon ein Kompromiß sei, so nennen Sie jetzt
    nicht einmal mehr einen Stichtag.

    Die Medien können nun nicht mehr melden: Schröder
    nimmt Trittin Atompolitik aus der Hand. Vielmehr gilt
    nun: Trittin überläßt Schröder Atompolitik. – Es wäre
    nur konsequent, die entsprechenden Kapitel aus dem
    Einzelplan 16 dann in den Einzelplan 04, Bundeskanzler
    und Bundeskanzleramt, zu verlagern, wenn dort die Ent-
    scheidungen getroffen werden. Ich hoffe, daß bis zur
    zweiten und dritten Lesung aus haushaltspolitischer
    Sicht eine Grundlage für die Veränderung in Kapitel
    16 06 besteht.

    Bei den politischen Festlegungen der rotgrünen
    Koalition gibt es keine neuen Tatbestände, weder zur
    Nutzung der Kernenergie noch zur Sicherheit der Kern-
    kraftwerke. Die von Anfang an hohen Sicherheitsanfor-
    derungen in Deutschland haben dazu geführt, daß die
    deutsche Industrie die wohl besten und sichersten
    Kraftwerke hat. Heute wird in Deutschland ein Drittel
    des Stroms in Kernkraftwerken erzeugt. Wer aus der
    Kernenergie aussteigen will, der muß die Frage beant-
    worten, wie er die Kernenergie ersetzen will und welche
    ökologischen Konsequenzen damit verbunden sind.

    Herr Bundesminister, ich glaube nicht, daß man, wie
    Sie es formuliert haben, die 19 Kernkraftwerke „von
    heute auf morgen abschalten könnte, ohne einen Versor-

    gungseinbruch zu erreichen“. In anderen Fällen, für je-
    den noch so kleinen Eingriff in den Naturhaushalt, wird
    zu Recht eine Umweltverträglichkeitsprüfung gefordert.
    Aber beim Ausstieg aus der Kernenergie wird so getan,
    als sei dies alles zum Nulltarif, ohne ökologische Aus-
    wirkungen zu haben.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD)


    – Ich weiß, daß Sie das nicht gern hören. – Sie werden
    die Kernkraftwerke nicht durch Windräder und Sonnen-
    kollektoren und auch nicht durch die allergrößten Spar-
    anstrengungen ersetzen können.


    (Zuruf von der SPD: Sie Schlaumeier!)

    Sie können sie nur durch den Import von Strom aus
    Kernkraftwerken in den Nachbarländern oder durch
    Kraftwerke auf der Basis von Kohle oder Gas ersetzen.

    In diesem Bereich führt die Steuerreform, durch
    Eingriffe bei den Rückstellungen der Energieversor-
    gungsunternehmen, zum Beispiel bei der Steinkohle
    bei Rückstellungen für Bergschäden und Rekultivie-
    rungsmaßnahmen, bei der Braunkohle bei Rückstellun-
    gen für Rekultivierungsmaßnahmen, zu einer massiven
    Verteuerung der Produktion, die das Erschließen neuer
    Kohlefelder zu einem finanziellen Abenteuer werden
    läßt.


    (Zuruf von der SPD: Ist das auch im Atomgesetz?)


    – Wenn Sie zugehört hätten, hätten Sie mitbekommen,
    daß ich gesagt habe: durch die Steuerreform. Ich weiß,
    daß Ihnen der Zusammenhang nicht paßt. – Ganz ne-
    benbei werden möglicherweise auch noch die Pläne für
    Garzweiler II über die Steuerreform platt gemacht.


    (Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Schön wär's!)


    Deswegen muß deutlich ausgesprochen werden, was
    Ihre Zielsetzung dabei ist.

    Wenn die Kernkraftwerke in Deutschland durch
    Kohle- oder Gaskraftwerke ersetzt werden, dann steigen
    die CO2-Emissionen um über 100 Millionen Tonnenpro Jahr. Unter ökologischen Kosten-Nutzen-Abwägun-
    gen ist dies ein Rückfall in die umweltpolitische Stein-
    zeit.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Damit werden die Erfolge der Klimaschutzpolitik in
    Deutschland zunichte gemacht, und es werden alle in-
    ternationalen Absprachen zur Reduzierung der CO2-Emissionen hinfällig.

    Meine Damen und Herren, dies betrifft nicht nur
    Deutschland, sondern ganz Europa. Auch die von der
    Europäischen Union bei den Klimaschutzkonferenzen
    zugesagten Verminderungen müssen schwerpunktmäßig
    von Deutschland eingehalten werden. Deswegen müssen
    wir uns hier international abstimmen. Nach dem Aus-
    stieg aus der Kernenergie wäre die vereinbarte Vermin-
    derung der CO2-Emissionen nicht nur, wie Sie, HerrMinister, gesagt haben, eine Herkules-Aufgabe, sondern

    Jochen Borchert






    (A) (C)



    (B) (D)


    unmöglich – zumal Sie, Herr Minister, mit Verlaub ge-
    sagt, alles andere als ein Herkules sind.


    (Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Eher Aphrodite!)


    Da paßt schon eher, wie es heute die „Hessi-
    sche/Niedersächsische Allgemeine“ geschrieben hat, das
    Bild vom „Ritter von der traurigen Gestalt“.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Von welcher Gestalt sind Sie denn?)


    Es bleibt dabei: Rotgrüne Politik führt zu einem ver-
    stärkten Verbrauch begrenzter fossiler Rohstoffe und
    damit zu einer weiteren Gefährdung des Klimas. Das ist
    weder umweltverträglich noch generationenverträglich.
    Dies ist unverantwortlich. Für den Haushalt des Bun-
    desumweltministers heißt das: Der Ausstieg aus der
    Kernenergie wird verschoben, aber Umweltpolitik findet
    mit diesem Haushalt nicht statt.

    Vielen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)




Rede von: Unbekanntinfo_outline
Für die SPD-
Fraktion spricht jetzt unsere Kollegin Ulrike Mehl.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Ulrike Mehl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Liebe Kolle-
    ginnen und Kollegen! Herr Borchert, Sie sind ja in einer
    neuen Situation. Es sind erst wenige Monate ins Land
    gegangen, seitdem wir die neue Regierung haben.


    (Dietmar Schütz [Oldenburg] [SPD]: 100 Tage!)

    Auch Sie müssen sich mit neuen Themen befassen. Ich
    gestehe Ihnen gerne zu, daß wir im Laufe der nächsten
    Jahre noch intensiver darüber diskutieren müssen. Dann
    ist vielleicht auch klarer nachvollziehbar, was wir tat-
    sächlich wollen und warum unsere Politik besser sein
    wird als die der alten Regierung.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Die Mehrheit von SPD und Bündnisgrünen im Deut-
    schen Bundestag hat mit diesem Haushalt das erste Mal
    Gelegenheit, eine neue, ökologisch-soziale Politik in ei-
    nem Haushaltsplan zu verwirklichen. Dabei müssen wir
    natürlich – leider – kleinere Brötchen backen, als es uns
    recht sein kann. Das ist aber nicht verwunderlich, weil
    man nach 16 Jahren konservativer Politik eine neue
    Politik nicht von heute auf morgen und schon gar nicht
    durch einen Haushaltsplan einleiten kann. Die konser-
    vativ-gelbe Koalition hat uns eine katastrophale Haus-
    haltslage hinterlassen,


    (Widerspruch bei der CDU/CSU)

    die wir jetzt leider berücksichtigen müssen. Auch wir
    können das Geld nicht einfach drucken. Je flacher das
    finanzpolitische Fahrwasser ist, desto vorsichtiger müs-
    sen wir zunächst einmal mit den Spielräumen für Ver-
    änderungen umgehen und selbige ausloten, damit wir
    nicht so wie Sie Schiffbruch erleiden.

    Wir haben uns vorgenommen, endlich eine Nachhal-
    tigkeitsstrategie für Deutschland zu entwickeln und um-
    zusetzen, um den Verpflichtungen der Agenda 21 nach-
    zukommen. Dies ist um so wichtiger, wenn man sich an-
    schaut, was sich – Gott sei Dank nicht jedes Jahr – ereig-
    net: Das drohende Hochwasser ist noch lange nicht ab-
    gewendet, und auf Umwelteingriffe zurückzuführende
    Ereignisse in den Gebirgen, die Menschen treffen, müs-
    sen wir auf der Grundlage von Überlegungen zur Nach-
    haltigkeitsstrategie behandeln.

    Wir werden bei dem Thema ein ganz besonderes
    Augenmerk auf die Umweltbildung richten, damit die
    Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie sich nicht nur in
    Insider-Kreisen abspielt, sondern von der Gesellschaft
    insgesamt getragen wird. Die Umweltpolitik der alten
    Bundesregierung hat dagegen – das ist eben auch schon
    einmal sehr richtig von Herrn Minister Trittin dargelegt
    worden – zu einer Stimmung im Land geführt, die um-
    weltpolitische Arbeit insgesamt, um es vorsichtig auszu-
    drücken, äußerst schwierig macht. Unter Ihrer Führung
    ist die Umwelt- und Naturschutzpolitik zu einer schein-
    baren Verhinderungspolitik verkommen. Wir werden
    hart daran arbeiten müssen, deutlich zu machen, daß die
    Verknüpfung von Ökologie und Ökonomie im Gegenteil
    eine ganz große Zukunftschance für unser Land ist, die
    wir nutzen müssen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Dazu gehört auch der Einstieg in die ökologische
    Steuerreform, mit der Umweltbelastung und Ressour-
    cenverbrauch teurer und Arbeit durch Senkung der
    Lohnnebenkosten billiger wird. Auch wenn zugegebe-
    nermaßen bei diesem ersten Schritt noch viele Wünsche
    offenbleiben – das geht uns auch so –, so ist es trotzdem
    ein absolut richtiger und wesentlicher Schritt in die
    richtige Richtung.

    Wir steigen, wie wir eben schon gehört haben, aus
    der Risikotechnologie Kernenergie aus.


    (Dr. Klaus W. Lippold [Offenbach] [CDU/ CSU]: Wann denn?)


    Das ist aber nicht alles. Wir fördern den Einstieg in
    eine neue, langfristig umweltverträgliche Energie, wie
    zum Beispiel die Solarenergie, und wir fördern konse-
    quent die Energieeinsparung. Wenn wir in den Jahren
    von 1974 bis 1998 21 Milliarden DM nicht in die Kern-
    energie, sondern konsequent in regenerative Energien
    und in Energieeinsparung gesteckt hätten – dafür sind
    im gleichen Zeitraum nur 5 Milliarden DM ausgegeben
    worden –,


    (Dr. Klaus W. Lippold [Offenbach] [CDU/ CSU]: Wieviel in die Kohle?)


    dann wären wir heute schon ein ganzes Stück weiter.

    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)


    Immerhin haben wir eine Kurskorrektur eingeleitet.

    Jochen Borchert






    (B)



    (A) (C)



    (D)


    Es kommt jetzt nicht nur auf die Einsparung im
    Kernenergiebereich oder auf die Tatsache an, daß der
    Stammhaushalt des BMU um 1,1 Prozent auf 730 Mil-
    lionen DM steigen wird, sondern es kommt wesentlich
    darauf an, für welche Zwecke die Mittel eingestellt wer-
    den. Ich halte es für eine sehr gute Investition, wenn
    zum Beispiel die Fördermittel für den Naturschutz über-
    proportional um 5,9 Millionen DM erhöht werden oder
    wenn die erhöhte Mittelbereitstellung für Naturschutz-
    verbände festgeschrieben wird; denn was die Verbände
    an guter, praktischer Arbeit im Bereich des Naturschut-
    zes leisten, ist ohnehin kaum zu bezahlen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Es ist gut, daß im Bundeshaushalt 1999 insgesamt
    rund 8,7 Milliarden DM als Umweltausgaben veran-
    schlagt werden. Umweltschutz ist bekanntermaßen ein
    Querschnittsgebiet und muß sich deshalb in allen Res-
    sorts niederschlagen. Gerade deshalb ist es wichtig, daß
    wir klare Kriterien für diese Zuordnung entwickeln. Wir
    wollen nämlich nicht wie die alte Bundesregierung
    lediglich Zahlen aneinanderreihen, sondern wir wollen
    mittelfristig den Haushalt als Ganzes unter ökologisch-
    sozialen Gesichtspunkten anlegen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Deshalb werden wir unter anderem das Umweltrecht
    in einem zusammenhängenden Umweltgesetzbuch zu-
    sammenführen – dieser Prozeß ist bereits eingeleitet –,
    aber ohne substantielle Verluste und mit verbesserten
    Bürgerbeteiligungsrechten. Darin liegt der qualitative
    Unterschied.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Wir werden ein Marktanreizprogramm zur Förderung
    erneuerbarer Energien, das aus der Ökosteuer gegen-
    finanziert wird, im Haushalt des Bundesministeriums für
    Wirtschaft und Technologie einrichten, um den regene-
    rativen Energien endlich den Vorsprung zu verschaffen,
    den sie brauchen. Wir werden verstärkt Mittel für Pro-
    gramme im Rahmen der Umweltforschung einsetzen,
    die beim Bundesministerium für Bildung und Forschung
    angesiedelt sind. In Zahlen ausgedrückt handelt es sich
    um ein Plus von 5,5 Prozent, also von 340 Millionen
    DM. Wir werden den Bundesverkehrswegeplan über-
    arbeiten und ökologisch fragwürdige Projekte streichen.


    (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

    Wir werden auch auf eine ökologisch verträgliche
    Landwirtschaft hinarbeiten und das Bundesnatur-
    schutzgesetz so weiterentwickeln, wie wir uns das vor-
    genommen haben.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU/CSU)


    – Dabei können Sie konstruktiv mitarbeiten. Darauf
    freue ich mich schon. – Wir haben deshalb den Ausver-
    kauf von Schutzgebieten in den großen Biosphären-
    reservaten und Nationalparks im Osten Deutschlands

    bereits gestoppt. Gab es vorher nur Ankündigungen, so
    erfolgt jetzt durch uns die Umsetzung.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    Diese Auflistung ist natürlich nur ein kleiner Quer-
    schnitt der Aufgaben, die vor uns liegen. Ich habe ver-
    sucht, deutlich zu machen, daß die Aufgabe der Um-
    weltpolitik nicht darin besteht, Fehlerkorrekturen oder
    Schadensbegrenzung zu betreiben. Umweltpolitik muß
    in Zukunft in Deutschland, in Europa und auch auf in-
    ternationaler Ebene selbstverständlich in alle Politikbe-
    reiche integriert werden, und das nicht nur auf dem Pa-
    pier, wie es bisher der Fall war. Sie muß selbstbewußt
    einen Zielführungsanspruch erheben, denn ohne einen
    längerfristigen Wertewandel in unserer Gesellschaft
    werden wir das Ziel einer umweltverträglichen nachhal-
    tigen Entwicklung nicht erreichen.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)


    In diesem Bereich wird dem Prozeß der Nachhaltig-
    keitsstrategie und der Umsetzung der Agenda 21 eine
    zentrale und wesentliche Aufgabe zukommen.

    Deshalb gilt – auch in dieser Haushaltsdebatte –:
    mehr Qualität statt Quantität.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)