Rede:
ID1402015100

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Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 14020

  • date_rangeDatum: 23. Februar 1999

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 14/20 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 20. Sitzung Bonn, Dienstag, den 23. Februar 1999 I n h a l t : Erweiterung der Tagesordnung........................ 1383 B Zusatztagesordnungspunkt 1: Abgabe einer Erklärung der Bundes- regierung zu den gewalttätigen Aktionen aus Anlaß der Verhaftung des PKK- Vorsitzenden Abdullah Öcalan ................. 1383 B Otto Schily, Bundesminister BMI.................... 1383 B Erwin Marschewski CDU/CSU ....................... 1387 A Günter Graf (Friesoythe) SPD ..................... 1388 A Ludwig Stiegler SPD ....................................... 1389 B Dr. Guido Westerwelle F.D.P. ......................... 1391 B Cem Özdemir BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.. 1393 A Petra Pau PDS.................................................. 1394 B Uta Zapf SPD................................................... 1395 B Ruprecht Polenz CDU/CSU............................. 1396 D Dr. Ludger Volmer, Staatsminister AA ........... 1398 B Tagesordnungspunkt 1: a) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes über die Feststellung des Bundeshaus- haltsplans für das Haushaltsjahr 1999 (Haushaltsgesetz 1999) (Drucksache 14/300) .................................. 1399 D b) Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht über den Stand und die voraus- sichtliche Entwicklung der Finanzwirt- schaft (Drucksache 14/350) ....................... 1399 D Oskar Lafontaine, Bundesminister BMF ......... 1400 A Friedrich Merz CDU/CSU............................... 1409 D Joachim Poß SPD ........................................ 1412 D Volker Kröning SPD.................................... 1414 B Ingrid Matthäus-Maier SPD ............................ 1416 B Dr. Christa Luft PDS ................................... 1420 B Dr. Günter Rexrodt F.D.P................................ 1420 C Ingrid Matthäus-Maier SPD ............ 1421 D, 1437 D Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN................................................................. 1424 B Bartholomäus Kalb CDU/CSU.................... 1425 B Hartmut Schauerte CDU/CSU..................... 1428 D Dr. Uwe-Jens Rössel PDS ............................... 1430 D Hans Georg Wagner SPD ................................ 1432 B Jürgen Koppelin F.D.P. .............................. 1433 D Bartholomäus Kalb CDU/CSU........................ 1437 A Dietrich Austermann CDU/CSU ..................... 1437 B Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN ............................................................ 1440 B Jörg Tauss SPD............................................ 1442 B Dr. Konstanze Wegner SPD ............................ 1443 A Gerda Hasselfeldt CDU/CSU .......................... 1445 A Dr. Barbara Höll PDS...................................... 1447 A Fritz Schösser SPD .......................................... 1448 A Susanne Jaffke CDU/CSU............................... 1450 C Edelgard Bulmahn, Bundesministerin BMBF . 1451 B Steffen Kampeter CDU/CSU........................... 1454 C II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 20. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 23. Februar 1999 Dr. Peter Eckart SPD ....................................... 1457 A Jürgen W. Möllemann F.D.P. ......................... 1458 B Matthias Berninger BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN................................................................. 1460 B Jürgen W. Möllemann F.D.P. ..................... 1461 C Maritta Böttcher PDS....................................... 1463 A Jörg Tauss SPD................................................ 1464 B Dr. Gerhard Friedrich (Erlangen) CDU/CSU .. 1467 B Hans-Josef Fell BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 1469 A Thomas Rachel CDU/CSU .............................. 1470 B Jürgen Trittin, Bundesminister BMU............... 1472 A Jochen Borchert CDU/CSU ............................. 1473 B Ulrike Mehl SPD ............................................. 1475 A Jürgen Koppelin F.D.P. ................................... 1476 D Waltraud Lehn SPD..................................... 1478 B Dr. Reinhard Loske BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN................................................................. 1479 A Eva Bulling-Schröter PDS............................... 1480 C Christoph Matschie SPD.................................. 1481 B Dr. Klaus Lippold (Offenbach) CDU/CSU ..... 1482 D Michael Müller (Düsseldorf) SPD................... 1485 A Nächste Sitzung .............................................. 1486 C Berichtigung ................................................... 1486 B Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten .......... 1487 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 20. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 23. Februar 1999 1383 (A) (C) (B) (D) 20. Sitzung Bonn, Dienstag, den 23. Februar 1999 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Berichtigung 19. Sitzung, Seite 1327 A, 3. Absatz. Der Satzanfang ist zu lesen: „Wie das Sein das Bewußtsein verän- dert, ...“ Michael Müller (Düsseldorf) Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 20. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 23. Februar 1999 1487 (A) (C) (B) (D) Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Baumeister, Brigitte CDU/CSU 23.1.99 Brudlewsky, Monika CDU/CSU 23.1.99 Diemers, Renate CDU/CSU 23.1.99 Ehlert, Heidemarie PDS 23.1.99 Erler, Gernot SPD 23.1.99 Fischer (Frankfurt), Joseph BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 23.1.99 Frick, Gisela F.D.P. 23.1.99 Hasenfratz, Klaus SPD 23.1.99 Hempelmann, Rolf SPD 23.1.99 Dr. Luther, Michael CDU/CSU 23.1.99 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Michels, Meinolf CDU/CSU 23.1.99 Dr. Protzner, Bernd CDU/CSU 23.1.99 Rauber, Helmut CDU/CSU 23.1.99 Roth (Augsburg), Claudia BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 23.1.99 Rupprecht, Marlene SPD 23.1.99 Schindler, Norbert CDU/CSU 23.1.99 Sebastian, Wilhelm-Josef CDU/CSU 23.1.99 Verheugen, Günter SPD 23.1.99 Dr. Waigel, Theodor CDU/CSU 23.1.99 Willner, Gert CDU/CSU 23.1.99 Wissmann, Matthias CDU/CSU 23.1.99 Wohlleben, Verena SPD 23.1.99
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Liebe Kolleginnen
    und Kollegen, die unterbrochene Sitzung ist wieder er-
    öffnet.

    Wir setzen die Haushaltsberatungen fort und kommen
    zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für
    Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Einzel-
    plan 16.

    Ich erteile zunächst dem Bundesminister für Umwelt,
    Naturschutz und Reaktorsicherheit, Jürgen Trittin, das
    Wort.

    Jürgen Trittin, Bundesminister für Umwelt, Natur-
    schutz und Reaktorsicherheit: Frau Präsidentin! Meine
    Damen und Herren! Ich möchte vorweg eine Bemerkung
    zum Haushaltsvolumen machen. Sie wissen, der Haus-
    halt des Umweltministeriums ist ein kleiner Haushalt.
    Wir haben es aber in Zeiten knapper Kassen geschafft,
    diesen kleinen Haushalt noch um 6,7 Prozent auf 1,131
    Milliarden DM zu senken.

    Das hat gute Gründe. Der Atomausstieg spart uns
    Geld.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Im Hinblick auf die Endlagerung nehmen wir Kürzun-
    gen in Höhe von 34,9 Prozent vor; denn auf Grund der
    Entwicklung der Volumina gibt es heute nicht mehr den
    Bedarf für zwei verschiedene Endlagerstandorte. Des-
    wegen wollen wir die Erkundung am Standort Gorleben
    unterbrechen. Weitere Standorte sollen an Hand neu zu
    entwickelnder Kriterien untersucht werden. Das Plan-
    feststellungsverfahren für Schacht Konrad werden wir in
    Übereinstimmung mit der niedersächsischen Landes-
    regierung zu einer Entscheidung führen, die nur den
    notwendigen Umfang umfaßt. Ich sage ausdrücklich: In
    die Konzeption für diese Unterbrechungsarbeiten – da
    geht es beispielsweise um die Frage, was mit dem End-
    lager in Morsleben wird – werden wir nachdrücklich die
    Vertretung der dort beschäftigten Kolleginnen und Kol-
    legen der DBE, die Betriebsräte einbeziehen, weil wir
    vermeiden möchten, daß auf diese Art und Weise unnö-
    tig Arbeitsplätze verloren gehen. Man muß sich dann
    auch über Alternativen unterhalten und etwa Menschen,
    die heute in Gorleben tätig sind, in Morsleben tätig wer-
    den lassen.

    Die Energiewende, die die Bundesregierung an-
    strebt, bildet den Schlüssel zu einer modernen Produk-
    tions- und Konsumtionsweise. Wir wollen einen neuen
    Energiemix ohne Atomkraft erreichen. Mit dem Aus-
    stieg aus der Atomkraft verknüpfen wir den Einstieg in
    eine andere, in eine dezentrale Energieversorgung, die
    von einer höheren Effizienz in Verbrauch und Produk-
    tion und von einem erheblich größeren Anteil an erneu-
    erbaren Energien wie Wind, Sonne, Biomasse und
    Geothermie geprägt ist. Gerade weil wir es besonders
    ernst nehmen, das Klimareduktionsziel bis zum Jahre
    2005 zu erreichen, ist es unser Ziel, den Anteil an erneu-
    erbaren Energien zu verdoppeln.

    Die notwendigen Anreize zur sparsamen und effizi-
    enten Energienutzung geben wir mit der ökologischen

    Steuer- und Abgabenreform. Die stufenweise Anhe-
    bung der Belastung des Energieverbrauchs verknüpfen
    wir mit einer Senkung der Sozialversicherungsbeiträge.
    Dies erleichtert mehr Beschäftigung und belohnt um-
    weltfreundliches Handeln.

    Sie finden gerade in diesem Zusammenhang eine
    Reihe von Maßnahmen auch in anderen Bereichen des
    Haushalts. Wir stellen allein für 1999 210 Millionen DM
    zur Förderung erneuerbarer Energien zur Verfügung,
    werden also in neun Monaten exakt das Zehnfache des-
    sen ausgeben, was Ihre Regierung in einem ganzen Jahr
    zur Förderung erneuerbarer Energien ausgegeben hat.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Wir wollen darüber hinaus über Darlehen für die In-
    stallation von rund 100 000 Photovoltaikanlagen die
    Sonnenenergie in diesem Lande fördern. Das Investi-
    tionsvolumen für dieses 100 000-Dächer-Programm
    liegt bei 2,5 Milliarden DM; der Förderanteil, der hier
    einfließt, beträgt rund 40 Prozent.

    Schließlich wollen wir die Darlehensprogramme für
    Altbausanierung auf hohem Niveau fortführen. Die an-
    deren Programme kann man auch quantifizieren. Insge-
    samt werden durch den Bundeshaushalt Umweltschutz-
    kredite in Höhe von 11,6 Milliarden DM zur Verfügung
    gestellt.

    Jedes dieser Förderprogramme wird mit erheblichen
    Arbeitsplatzeffekten einhergehen: im Bauhandwerk,
    bei den Anlagenbauern, in Ingenieurbüros und in der
    Energiewirtschaft. Allein mit der Nutzung der Wind-
    energie, wo wir inzwischen weltweit spitze sind, was die
    installierte Leistung angeht, bestreitet Deutschland be-
    reits 1 Prozent, Schleswig-Holstein gar 14 Prozent der
    Stromversorgung.

    Ich möchte auf einen weiteren Aspekt hinweisen:
    Trotz der schwierigen finanziellen Rahmenbedingungen
    ist es möglich geworden, auch neue Prioritäten zu set-
    zen. Hervorheben möchte ich hier insbesondere die Er-
    höhung von Fördermitteln für den Naturschutz; sie
    steigen um 5,9 Millionen DM auf 77,3 Millionen DM.
    Das ist eine Erhöhung um 8,2 Prozent. Eine deutliche
    Steigerung gibt es auch bei den Projektfördermitteln für
    die Umwelt- und Naturschutzverbände, die zur ökologi-
    schen Modernisierung in vielen Lebensbereichen einen
    wichtigen Beitrag leisten. Der Ansatz für die Umwelt-
    und Naturschutzverbände steigt um 23 Prozent.

    Beide Beispiele zeigen unsere Priorität für den Natur-
    schutz. Der Naturschutz ist in diesem Lande vielen
    Anfeindungen ausgesetzt. Er hat keine wirtschaftliche
    Lobby. Aber Naturschutz darf sich nicht reduzieren las-
    sen, und Naturschutzverbände sollten nicht dargestellt
    werden – wie ich es neulich in der Zeitung gelesen habe
    – als eine Ansammlung von „grünen Froschzählern“.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)


    Ein moderner Naturschutz muß sicherstellen, daß
    Flächennutzung insgesamt natur-, umwelt- und land-
    schaftsverträglich erfolgt. Deshalb streben wir ein groß-






    (A) (C)



    (B) (D)


    flächiges Biotopverbundsystem an, das etwa 10 Pro-
    zent der Landesfläche umfaßt. Es gibt in der Bundes-
    republik das Vorurteil, hier sei durch Unterschutzstel-
    lung faktisch gar nichts mehr möglich. Ich will Sie an
    dieser Stelle darauf verweisen: Im europäischen Ver-
    gleich, was die ausgewiesene Fläche nach der FFH-
    Richtlinie und der Vogelschutzrichtlinie angeht, liegt die
    Bundesrepublik Deutschland nach 16 Jahren konserva-
    tiv-liberaler Regierung auf einem beschämenden vor-
    letzten Platz. Mehrere Länder, zum Beispiel Spanien
    und Italien, weisen fast 15 Prozent aus. Das leichtwie-
    gende Argument, die hätten in diesem Bereich nichts zu
    tun, weil dünn besiedelt, widerlegen die dichtbesiedelten
    Niederlande. Sie haben mittlerweile 20 Prozent ihrer
    Fläche ausgewiesen.

    Meine Damen und Herren, hier Neues zu leisten ist
    eine unserer Zielsetzungen. Das ist übrigens auch einer
    der Gründe, warum wir die Privatisierung von Natur-
    schutzflächen bereits im Dezember durch Erlaß des
    Bundesfinanzministers gestoppt haben.


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Diese Flächen werden als Bestandteile des geplanten
    Biotopsystems benötigt. Wir wollen sie nicht privaten
    Investoren und ihren besonderen Vorlieben ausliefern.

    Ich habe in dieser kurzen Einbringungsrede nur eini-
    ge Beispiele genannt, deren Verwirklichung vor uns
    liegt. Ich denke, sie machen deutlich, daß eine ökologi-
    sche Modernisierung für diese Regierung nicht bloße
    Rhetorik bleibt. Mit allem Nachdruck: Zu einer nach-
    haltigen, zukunftsfähigen Entwicklung gibt es keine Al-
    ternative!


    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)




Rede von: Unbekanntinfo_outline
Für die CDU/CSU-
Fraktion spricht jetzt unser Kollege Jochen Borchert.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Jochen Borchert


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Sehr geehrte Frau
    Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
    Die erste Haushaltsdebatte am Beginn einer Legislatur-
    periode bietet Gelegenheit, Bilanz zu ziehen und gleich-
    zeitig die Vorhaben der jetzigen Regierung zu bewerten.

    Der Umweltschutz ist in den vergangenen Jahren in
    Deutschland konsequent weiterentwickelt worden. Wir
    haben in vielen Bereichen einen international anerkann-
    ten hohen Standard erreicht. Wichtige Umweltschutzge-
    setze konnten gegen den Widerstand der damaligen Op-
    position verabschiedet werden. An diesen Erfolgen der
    Umweltpolitik der CDU/CSU, an den Erfolgen von An-
    gela Merkel werden wir auch die Umweltpolitik der rot-
    grünen Bundesregierung messen.

    Eine erste Meßlatte für die lautstarken Forderungen
    des jetzigen Bundesministers im Wahlkampf, aber auch
    für die Umsetzung der Koalitionsvereinbarung ist der
    Haushalt. Herr Minister Trittin hat darauf hingewiesen,
    daß der Etat des Einzelplans 16 um 6,7 Prozent sinkt.
    Der Rückgang ist auf Veränderungen in der Energie-
    politik zurückzuführen. Ich will diesen Bereich jetzt

    ausklammern. Ich komme noch auf ihn zurück. Ich will
    zunächst die Ausgabenentwicklung im Stammhaushalt
    – das ist der Verwaltungs- und Programmhaushalt – ge-
    nauer beleuchten.

    Im Stammhaushalt steigen die Ausgaben im Ver-
    gleich zu 1998 um rund 90 Millionen DM. Das klingt
    gut, ist aber nur auf den ersten Blick erfreulich; denn
    von den Mehrausgaben entfallen 88,7 Millionen auf den
    Verwaltungshaushalt für Baumaßnahmen. Für den Pro-
    grammhaushalt, also für die inhaltliche Arbeit, für Um-
    welt- und Naturschutz sowie für Reaktorsicherheit und
    Strahlenschutz, bleiben kümmerliche 1,3 Millionen DM
    übrig. Das ist eine Steigerung um ganze 0,3 Prozent.
    Hier hilft auch der Hinweis auf einzelne Titel nichts.
    Natürlich kann man einzelne Titel überproportional an-
    heben, indem man bei anderen Titeln kürzt. Bei den Be-
    ratungen zum Haushalt 1998 haben die Kollegen vom
    Bündnis 90/Die Grünen noch massive Anhebungsanträ-
    ge gestellt. Bisher ist davon in diesen Beratungen nichts
    übriggeblieben. Das zeigt: Kaum in der Regierungsver-
    antwortung, bleibt von früheren lautstarken Forderungen
    nicht einmal ein grünes Feigenblatt übrig.

    Wenn ich den Programmhaushalt als Meßlatte für die
    umweltpolitischen Ankündigungen der rotgrünen Koali-
    tion und des Bundesumweltministers nehme, dann muß
    man feststellen, daß der Titel „Ankündigungsminister“,
    den eine Zeitung verwendet hat, für Herrn Trittin noch
    ein Ehrentitel ist.

    Was macht der Bundesminister mit dem stark ge-
    wachsenen Verwaltungshaushalt? In welche Baumaß-
    nahmen will er investieren? – Er erfüllt sich einen
    Wunsch, nämlich den Wunsch, möglichst schnell mit
    möglichst vielen – am Ende wahrscheinlich mit allen –
    Mitarbeitern nach Berlin zu ziehen. Das Bundesum-
    weltministerium gehört zu jenen Bonn-Berlin-Ressorts,
    für die festgelegt worden war, daß 10 Prozent der Mitar-
    beiter ihren ständigen Dienstsitz in Berlin haben. Das
    Bundeskabinett hat beschlossen, diesen Anteil auf
    25 Prozent zu erhöhen. Von dieser Möglichkeit macht
    nur das Bundesumweltministerium Gebrauch.


    (Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Unerhört!)


    Mit seinem Haushalt verstößt der Bundesminister gleich
    zweimal gegen Geist und Inhalt des Berlin/Bonn-
    Gesetzes: Zum einen verstößt er dagegen, indem er die
    Anzahl der Mitarbeiter am zweiten Dienstsitz von 10 auf
    25 Prozent aufstockt, also um mehr als das Doppelte.
    Zum anderen verstößt er dagegen, indem er ausgerech-
    net die Abteilung „Internationale Zusammenarbeit“
    komplett nach Berlin verlegt. Wie soll Bonn da zu
    einem internationalen Zentrum ausgebaut werden? Es
    droht damit die Gefahr, daß ein „Rutschbahneffekt“
    eintritt, durch den die für Bonn gefundene Lösung völlig
    aufgehoben wird.

    Der geplante Ausstieg aus der Kernenergie, das
    vorgesehene Ende der Wiederaufarbeitung und das fak-
    tische Verbot der Endlagerung sind aus unserer Sicht
    entscheidende Fehlschritte der rotgrünen Umweltpolitik.
    Grundlage dieser tiefgreifenden Veränderung der Ener-
    gieversorgung ist sicherlich der langgehegte Wunsch,

    Bundesminister Jürgen Trittin






    (B)



    (A) (C)



    (D)


    nun endlich im Interesse des grünen Selbstverständnis-
    ses die Energiepolitik umzugestalten. Diese Verände-
    rungen werden vorgenommen, ohne daß alternative
    Konzepte vorliegen. Vorgesehene Schritte werden stän-
    dig verändert. Ich will daran erinnern, daß Grundlage
    des bisherigen Entsorgungskonzepts Beschlüsse der
    Bundesregierung und der Ministerpräsidenten aus dem
    Jahre 1979 waren. Es waren überwiegend sozialdemo-
    kratische Regierungen, die damals diese Entscheidung
    getroffen haben. Als Grundlage für die Veränderung
    dieser Konzeption gibt es bisher nur die Koalitionsver-
    einbarung, aber keinen Beschluß und keine Abstimmung
    zwischen Bund und Ländern. Die damit verbundenen
    Risiken werden nicht diskutiert, etwa die Regreßansprü-
    che der bisherigen Standortbetreiber. Zusammen mit den
    möglichen Schadenersatzansprüchen aus den Verände-
    rungen in der Energiepolitik drohen in diesem Bereich
    erhebliche Risiken.

    Bis heute ist nicht klar, wie die weiteren Schritte der
    Koalition aussehen. Sie, Herr Bundesminister – da bin
    ich sicher –, werden weiter unverdrossen Beschlüsse,
    Gesetzesvorlagen vorbereiten, Maßnahmen verkünden –
    und der Bundeskanzler wird dies alles dann immer wie-
    der in den Papierkorb werfen. Er hat doch in Vilshofen
    deutlich erklärt: „Die Richtlinien der Energiepolitik be-
    stimmt Gerhard Schröder und nicht Jürgen Trittin. Und
    wer‘s nicht glauben will, muß fühlen.“

    Herr Minister, ich habe den Eindruck, langsam fühlen
    Sie es: In dem neuesten Entwurf zur Änderung des
    Atomgesetzes verzichten Sie von selbst auf ein aus-
    drückliches Verbot der Wiederaufarbeitung. Hatten Sie
    vorher immer verkündet, daß ein sofortiger gesetzlicher
    Stopp der Wiederaufarbeitung notwendig sei, haben Sie
    bis vor wenigen Tagen betont, daß der Stopp ab dem
    Jahr 2000 schon ein Kompromiß sei, so nennen Sie jetzt
    nicht einmal mehr einen Stichtag.

    Die Medien können nun nicht mehr melden: Schröder
    nimmt Trittin Atompolitik aus der Hand. Vielmehr gilt
    nun: Trittin überläßt Schröder Atompolitik. – Es wäre
    nur konsequent, die entsprechenden Kapitel aus dem
    Einzelplan 16 dann in den Einzelplan 04, Bundeskanzler
    und Bundeskanzleramt, zu verlagern, wenn dort die Ent-
    scheidungen getroffen werden. Ich hoffe, daß bis zur
    zweiten und dritten Lesung aus haushaltspolitischer
    Sicht eine Grundlage für die Veränderung in Kapitel
    16 06 besteht.

    Bei den politischen Festlegungen der rotgrünen
    Koalition gibt es keine neuen Tatbestände, weder zur
    Nutzung der Kernenergie noch zur Sicherheit der Kern-
    kraftwerke. Die von Anfang an hohen Sicherheitsanfor-
    derungen in Deutschland haben dazu geführt, daß die
    deutsche Industrie die wohl besten und sichersten
    Kraftwerke hat. Heute wird in Deutschland ein Drittel
    des Stroms in Kernkraftwerken erzeugt. Wer aus der
    Kernenergie aussteigen will, der muß die Frage beant-
    worten, wie er die Kernenergie ersetzen will und welche
    ökologischen Konsequenzen damit verbunden sind.

    Herr Bundesminister, ich glaube nicht, daß man, wie
    Sie es formuliert haben, die 19 Kernkraftwerke „von
    heute auf morgen abschalten könnte, ohne einen Versor-

    gungseinbruch zu erreichen“. In anderen Fällen, für je-
    den noch so kleinen Eingriff in den Naturhaushalt, wird
    zu Recht eine Umweltverträglichkeitsprüfung gefordert.
    Aber beim Ausstieg aus der Kernenergie wird so getan,
    als sei dies alles zum Nulltarif, ohne ökologische Aus-
    wirkungen zu haben.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD)


    – Ich weiß, daß Sie das nicht gern hören. – Sie werden
    die Kernkraftwerke nicht durch Windräder und Sonnen-
    kollektoren und auch nicht durch die allergrößten Spar-
    anstrengungen ersetzen können.


    (Zuruf von der SPD: Sie Schlaumeier!)

    Sie können sie nur durch den Import von Strom aus
    Kernkraftwerken in den Nachbarländern oder durch
    Kraftwerke auf der Basis von Kohle oder Gas ersetzen.

    In diesem Bereich führt die Steuerreform, durch
    Eingriffe bei den Rückstellungen der Energieversor-
    gungsunternehmen, zum Beispiel bei der Steinkohle
    bei Rückstellungen für Bergschäden und Rekultivie-
    rungsmaßnahmen, bei der Braunkohle bei Rückstellun-
    gen für Rekultivierungsmaßnahmen, zu einer massiven
    Verteuerung der Produktion, die das Erschließen neuer
    Kohlefelder zu einem finanziellen Abenteuer werden
    läßt.


    (Zuruf von der SPD: Ist das auch im Atomgesetz?)


    – Wenn Sie zugehört hätten, hätten Sie mitbekommen,
    daß ich gesagt habe: durch die Steuerreform. Ich weiß,
    daß Ihnen der Zusammenhang nicht paßt. – Ganz ne-
    benbei werden möglicherweise auch noch die Pläne für
    Garzweiler II über die Steuerreform platt gemacht.


    (Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Schön wär's!)


    Deswegen muß deutlich ausgesprochen werden, was
    Ihre Zielsetzung dabei ist.

    Wenn die Kernkraftwerke in Deutschland durch
    Kohle- oder Gaskraftwerke ersetzt werden, dann steigen
    die CO2-Emissionen um über 100 Millionen Tonnenpro Jahr. Unter ökologischen Kosten-Nutzen-Abwägun-
    gen ist dies ein Rückfall in die umweltpolitische Stein-
    zeit.


    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Damit werden die Erfolge der Klimaschutzpolitik in
    Deutschland zunichte gemacht, und es werden alle in-
    ternationalen Absprachen zur Reduzierung der CO2-Emissionen hinfällig.

    Meine Damen und Herren, dies betrifft nicht nur
    Deutschland, sondern ganz Europa. Auch die von der
    Europäischen Union bei den Klimaschutzkonferenzen
    zugesagten Verminderungen müssen schwerpunktmäßig
    von Deutschland eingehalten werden. Deswegen müssen
    wir uns hier international abstimmen. Nach dem Aus-
    stieg aus der Kernenergie wäre die vereinbarte Vermin-
    derung der CO2-Emissionen nicht nur, wie Sie, HerrMinister, gesagt haben, eine Herkules-Aufgabe, sondern

    Jochen Borchert






    (A) (C)



    (B) (D)


    unmöglich – zumal Sie, Herr Minister, mit Verlaub ge-
    sagt, alles andere als ein Herkules sind.


    (Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Eher Aphrodite!)


    Da paßt schon eher, wie es heute die „Hessi-
    sche/Niedersächsische Allgemeine“ geschrieben hat, das
    Bild vom „Ritter von der traurigen Gestalt“.


    (Beifall bei der CDU/CSU – Albert Schmidt [Hitzhofen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Von welcher Gestalt sind Sie denn?)


    Es bleibt dabei: Rotgrüne Politik führt zu einem ver-
    stärkten Verbrauch begrenzter fossiler Rohstoffe und
    damit zu einer weiteren Gefährdung des Klimas. Das ist
    weder umweltverträglich noch generationenverträglich.
    Dies ist unverantwortlich. Für den Haushalt des Bun-
    desumweltministers heißt das: Der Ausstieg aus der
    Kernenergie wird verschoben, aber Umweltpolitik findet
    mit diesem Haushalt nicht statt.

    Vielen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)