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ID1400406000

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    Plenarprotokoll 14/4 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 4. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 11. November 1998 I n h a l t : Nachträgliche Glückwünsche zu den Geburts- tagen der Abgeordneten Ulrike Mascher, Wolfgang Behrendt und Werner Lensing .... 131 A Erweiterung der Tagesordnung........................ 131 B Absetzung der Punkte 5 und 8 von der Tages- ordnung............................................................ 131 B Tagesordnungspunkt 3: Antrag der Fraktionen SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, F.D.P. und PDS Bestimmung des Verfahrens für die Be- rechnung der Stellenanteile der Frak- tionen (Drucksache 14/21)......................... 131 C Tagesordnungspunkt 4: Antrag der Fraktionen SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, F.D.P. und PDS Einsetzung von Ausschüssen (Drucksa- che 14/22)................................................... 131 C Tagesordnungspunkt 1: Fortsetzung der Aussprache zur Regie- rungserklärung des Bundeskanzlers ...... 131 D Dr. Hermann Kues CDU/CSU......................... 131 D Walter Riester, Bundesminister BMA ............. 135 C Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU............ 138 B Dr. Irmgard Schwaetzer F.D.P......................... 139 D Dr. Thea Dückert BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN................................................................. 141 D Karl-Josef Laumann CDU/CSU .................144 A, 153 A Dr. Heidi Knake-Werner PDS ......................... 146 D Ulla Schmidt (Aachen) SPD.......................149 B, 153 C Rainer Brüderle F.D.P. .................................... 154 A Annelie Buntenbach BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ........................................................ 155 A Johannes Singhammer CDU/CSU................... 156 D Peter Dreßen SPD ...................................... 157 D Adolf Ostertag SPD......................................... 159 B Karl-Josef Laumann CDU/CSU................. 161 B Tagesordnungspunkt 6 (in Verbindung mit Tagesordnungspunkt 1): Erste Beratung des von den Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der Solidarität in der gesetz- lichen Krankenversicherung (Drucksache 14/24) ......................................................... 162 A Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid) CDU/ CSU ................................................................. 162 A Andrea Fischer, Bundesministerin BMG......... 163 D Dr. Dieter Thomae F.D.P................................. 167 B Rudolf Dreßler SPD......................................... 168 B Wolfgang Lohmann (Lüdenscheid) CDU/ CSU............................................................ 171 A Dr. Ruth Fuchs PDS ........................................ 172 D Wolfgang Zöller CDU/CSU ............................ 174 A II Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 4. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. November 1998 Gudrun Schaich-Walch SPD............................ 175 D Wolfgang Zöller CDU/CSU....................... 176 B Ulf Fink CDU/CSU ......................................... 178 A Ausschußüberweisung Hannelore Rönsch (Wiesbaden) CDU/CSU .... 179 C Dr. Christine Bergmann, Bundesministerin BMFSFJ........................................................... 182 A Hannelore Rönsch (Wiesbaden) CDU/ CSU............................................................ 182 D Hubert Hüppe CDU/CSU........................... 184 A Ina Lenke F.D.P............................................... 186 A Irmingard Schewe-Gerigk BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ........................................................ 187 B Petra Bläss PDS............................................... 189 B Maria Eichhorn CDU/CSU.............................. 190 C Hildegard Wester SPD..................................... 192 A Nächste Sitzung ............................................... 194 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten ........... 195 A Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 4. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. November 1998 131 (A) (C) (B) (D) 4. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 11. November 1998 Beginn: 9.00 Uhr
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    Hildegard Wester Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 4. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. November 1998 195 (A) (C) (B) (D) Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt biseinschließlich Dr. Blüm, Norbert CDU/CSU 11.11.98 Bulling-Schröter, Eva PDS 11.11.98 Dr. Götzer, Wolfgang CDU/CSU 11.11.98 Hartnagel, Anke SPD 11.11.98 Homburger, Birgit F.D.P. 11.11.98 Dr. Kahl, Harald CDU/CSU 11.11.98 Kanther, Manfred CDU/CSU 11.11.98 Dr. Meyer (Ulm), Jürgen SPD 11.11.98 Nolting, Günther Friedrich F.D.P. 11.11.98 Otto (Frankfurt), Hans-Joachim F.D.P. 11.11.98 Polenz, Ruprecht CDU/CSU 11.11.98 Reichard (Dresden), Christa CDU/CSU 11.11.98 Schütze (Berlin), Diethard W. CDU/CSU 11.11.98 Trittin, Jürgen BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11.11.98 Vaatz, Arnold CDU/CSU 11.11.98 Dr. Volmer, Ludger BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11.11.98 Wieczorek-Zeul, Heidemarie SPD 11.11.98
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Rudolf Dreßler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Lohmann, ich bitte auch
    in diesem Punkt vorab um Nachsicht, wenn ich sage: Sie
    haben ein Problem.


    (Heiterkeit bei der SPD – Dr. Dieter Thomae [F.D.P.]: Sie auch!)


    Ihr Problem besteht darin, daß Sie die Zusammenhänge
    der Sozialversicherungssystematik – Beitragsbemes-
    sungsgrenze, Sozialversicherungspflichtgrenze und Ein-
    kommen des Mitgliedes – schon seit längerer Zeit offen-
    sichtlich durcheinanderbringen. Es geht hier nicht um
    die Beitragsbemessungsgrenze. Herr Lohmann, es geht
    um etwas ganz anderes: Wenn ein Arbeitnehmer
    4 000 DM im Monat verdient, dann ist er Mitglied in der
    Krankenversicherung. Wenn er darüber hinaus noch

    4 000 DM Mieteinnahmen oder Dividendenerträge hat,
    dann muß man schon fragen, ob diese Einnahmen nicht
    zusätzlich zu seinem Einkommen als Bemessungs-
    grundlage für die Krankenversicherung berücksich-
    tigt werden müssen. Dieses Prinzip wird in anderen
    hochindustrialisierten Ländern, die Sie pausenlos als
    Musterländer anpreisen, schon lange praktiziert, nur im
    freien Deutschland nicht, weil Sie sich 16 Jahre lang
    nicht darum gekümmert haben. Diesen Sachverhalt
    wollen wir überprüfen.


    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS)


    Anders ausgedrückt: Ich habe angekündigt, daß wir
    uns diesen Themen widmen müssen – Herr Lohmann,
    wenn Sie zugehört haben, wissen Sie das –, weil das
    Mißverhältnis der Entwicklung der Produktionsfaktoren
    Kapital und Arbeit die Politik in der Zukunft dazu
    zwingt, diese Fragen zu beantworten und ihnen nicht
    auszuweichen. Ihre Einschätzung, es handele sich um
    ein Ausgabenproblem – deshalb haben Sie die Leistun-
    gen gekürzt –, war falsch. Nein, Herr Lohmann, es geht
    bei unserem Sozialversicherungssystem empirisch be-
    legbar um die von mir aufgezeigte Problematik der Ein-
    nahmeverluste. Zur Lösung dieses Problems gehört in
    erster Linie, die Ordnung auf dem Arbeitsmarkt wieder-
    herzustellen, wie es Walter Riester heute morgen bereits
    angekündigt hat.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)


    Auch wir wissen, daß der sehr gut verdienende Ange-
    stellte die Folgen eines Skiunfalls ebenso privat bewälti-
    gen könnte. Aber, Herr Thomae, wir wollen ihn in der
    Sozialversicherung halten, damit Herr und Frau Durch-
    schnittsverdiener die Folgen ihres häuslichen Unfalls zu
    für sie erschwinglichen Krankenversicherungsbeiträgen
    abwickeln können. Das ist der entscheidende Unter-
    schied: Wir brauchen den Gutverdienenden in der So-
    zialversicherung; eine Sozialversicherung, die nur Be-
    dürftige und Kranke kennt, ist keine Sozialversicherung,
    sondern bloße Caritas.


    (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS – Zuruf von der F.D.P.)


    – Na also, wenn Sie in diesem Punkt zustimmen, dann
    kommen wir vielleicht doch noch zueinander.

    Wir brauchen den Gutverdienenden als Nettozahler,
    als denjenigen, der durch seine Beitragszahlungen das
    System für die weniger Starken zu finanziell erschwing-
    lichen Bedingungen überhaupt tragbar macht. Wir wol-
    len kein amerikanisches System, wir wollen kein pri-
    vates System, in dem 30 Prozent der Bevölkerung nicht
    versichert sind, weil sie die Beiträge nicht mehr bezah-
    len können.


    (Hans-Peter Repnik [CDU/CSU]: Bauen Sie doch nicht dauernd einen Popanz auf! Das will doch kein Mensch von uns!)







    (B)



    (A) (C)



    (D)


    Selbst die private Krankenversicherungswirtschaft hat
    doch begriffen, daß sie nur auf der Basis einer breit an-
    gelegten und leistungsfähigen sozialen Krankenversi-
    cherung prosperieren kann. Die neue Mehrheit wird mit
    der Strukturreform im nächsten Jahr dafür sorgen, daß
    sie leistungsfähig bleibt.

    Wir sind uns sicher: Ohne eine dauerhafte Orientie-
    rung der gesamten Krankenversicherungsausgaben an
    dem Wachstum der Gesamteinnahmen wird die Stabili-
    tät des Systems nicht zu gewährleisten sein. Wir wollen
    deshalb im Rahmen der Strukturreform ein Global-
    budget einführen, das diese Orientierung sicherstellt. Zu
    entscheiden, wie dieses Globalbudget ausgefüllt und
    welcher Versorgungsbereich mit wieviel Finanzmitteln
    ausgestattet werden soll, muß Aufgabe vertraglicher
    Vereinbarungen unter den Betroffenen, also Aufgabe der
    Selbstverwaltung, sein.

    Herr Thomae, natürlich wissen auch wir, daß es ele-
    gantere Formen der Kostensteuerung als die jetzt durch
    das Vorschaltgesetz wieder eingeführte sektorale Aus-
    gabenbeschränkung gibt.


    (Dr. Dieter Thomae [F.D.P.]: Das ist gut!)

    Wir wissen aber auch, daß nichts so schnell und so
    durchgreifend wirkt wie eine strikte Ausgabenvorgabe
    für Ärzte, Zahnärzte, Pharmaindustrie und Krankenhäu-
    ser, um die Beiträge stabil zu halten. Wir wissen vor al-
    lem: Die sektorale Ausgabenbegrenzung schafft ideale
    Voraussetzungen dafür, daß sie im Rahmen einer
    Strukturreform in ein Globalbudget übergeleitet werden
    kann.

    Ich will Ihnen noch ein Beispiel nennen: Mitte der
    70er Jahre hat der damals für die Krankenversicherung
    zuständige Bundesminister Walter Arendt in diesem
    Hause darauf hingewiesen, daß die ständige Zunahme
    der Zahl von zugelassenen Kassenärzten die gesetzli-
    che Krankenversicherung alsbald – so sagte er – vor er-
    hebliche Probleme stellen werde. Damals nahmen
    36 000 Kassenärzte an der Versorgung teil. Heute sind
    es deutlich über 110 000 – also fast dreimal soviel, trotz
    sogenannter Bedarfsplanung und sogenannter Niederlas-
    sungssperre. Die Folgen für die finanzielle Leistungsfä-
    higkeit der Krankenversicherung einerseits und für eine
    angemessene Vergütung über die unterschiedlichen
    Arztgruppen hinaus andererseits sind unübersehbar.

    Ich sage Ihnen: Die Situation wird unhaltbar. Wenn
    das Angebot die Nachfrage bestimmt, kann ein solches
    Sozialversicherungssystem nicht funktionieren. Darum
    muß hier politisch entscheidend etwas getan werden.

    Im Gegensatz zur alten Bundesregierung ist die neue
    Koalition entschlossen, das Problem einer vernünftigen
    Steuerung der Angebotskapazitäten im Gesundheits-
    wesen im Rahmen der Strukturreform aufzugreifen. Es
    kann eben nicht so weitergehen wie bisher, und deshalb
    werden wir dazu eine Lösung präsentieren. Diese Lö-
    sung wird sich auf alle Sektoren der Versorgung bezie-
    hen müssen, wenn sie Erfolg zeitigen will, also nicht nur
    auf Ärzte und Zahnärzte, sondern auch auf die Kranken-
    häuser und die Zahl der pharmazeutischen Produkte.
    Daß zu letzterem die Koalition bereits einen Vorschlag

    präsentiert hat, wird niemanden bei der Opposition über-
    raschen. Deshalb will ich hier festhalten: Wir wollen die
    Arzneimittelpositivliste, die Liste verschreibungsfähi-
    ger Präparate, und wir werden sie in diesem Hause auch
    durchsetzen, meine Damen und Herren.


    (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Ilja Seifert [PDS])


    An der Beachtung eines zweiten Grundsatzes führt
    bei der vor uns liegenden Reform kein Weg vorbei.
    Niemand sollte sich der Illusion hingeben, als sei das
    Mengenproblem im Gesundheitswesen, also die Zahl der
    Anbieter, für die Krankenkassenausgaben über ein Bud-
    get steuerbar. Weiter steigende Ärzte- und Zahnärzte-
    zahlen und die steigende Zahl von Betten in Kranken-
    häusern führen logischerweise zu weiter steigenden
    Krankenkassenausgaben und damit auch Beiträgen –
    auch bei einem Budget. Hier gilt es, die Binsenweisheit
    zu beachten, die jede Köchin und jeder Koch kennt:
    Einen überschäumenden Topf bekämpft man dadurch,
    daß man die Flamme kleiner stellt, aber nicht dadurch,
    daß man den darauf liegenden Deckel festerzurrt.


    (Wolfgang Lohmann [Lüdenscheid] [CDU/ CSU]: Nein, Sie schütten Wasser darauf!)


    Die Probleme, die im Rahmen einer Strukturreform
    im Gesundheitswesen gelöst werden müssen, sind
    schwierig. Das wissen auch wir. Aber wir werden sie
    anpacken. Diese Koalition wird ernst machen mit der
    Strukturreform. Die Versicherten sollen wissen: Unser
    Ziel ist die qualitativ einwandfreie und angemessene
    Gesundheitsversorung für alle, ohne Blick auf die Dicke
    der Brieftasche. Und die Interessengruppen des Gesund-
    heitswesens müssen auch wissen: Das Ende der heiligen
    Kühe ist gekommen.

    Schönen Dank, meine Damen und Herren.

    (Anhaltender Beifall bei der SPD – Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der PDS)




Rede von Dr. Antje Vollmer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das Wort hat
jetzt die Abgeordnete Ruth Fuchs.


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Ruth Fuchs


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS)

    Frau Präsidentin! Meine
    Damen und Herren! Die neue Koalition, die ihre Vor-
    stellungen in der Gesundheitspolitik in zwei Stufen ver-
    wirklichen will, legt heute als ersten Schritt einen Ge-
    setzentwurf zur Stärkung der Solidarität in der gesetzli-
    chen Krankenversicherung vor. Nicht nur vom Namen
    her klingt das schon wesentlich besser als alles Bisheri-
    ge. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich, daß auch im Ge-
    setzentwurf selbst der Wille zur Abkehr von einer auf
    Deregulierung und Privatisierung des Gesundheitsrisi-
    kos gerichteten Politik und zur Wahrung eines solida-
    rischen Gesundheitssystems zum Ausdruck kommt.

    Wir gehen davon aus, daß die beabsichtigten Rück-
    nahmen von Leistungskürzungen und Zuzahlungen das
    Signal dafür sind, daß es künftig auch im Gesundheits-
    wesen wieder sozial gerechter zugehen soll. Es ist auch

    Rudolf Dreßler






    (A) (C)



    (B) (D)


    zu begrüßen, daß Dinge aufgehoben bzw. ausgesetzt
    werden sollen, deren Sinnhaftigkeit bis heute nieman-
    dem ernsthaft zu vermitteln war. Ich denke beispielswei-
    se an das Notopfer Krankenhaus oder an den unseligen
    Automatismus zwischen Beitragssteigerungen einer
    Krankenkasse und der Höhe der Zuzahlungen für ihre
    Mitglieder.

    Selbstverständlich ist es nur konsequent – um auch
    das mit Erleichterung zu erwähnen –, wenn die system-
    fremden Elemente privater Versicherungen wie Kosten-
    erstattung oder Beitragsrückgewähr zurückgenommen
    werden. Sie hätten über kurz oder lang die finanzielle
    Substanz des Solidarausgleichs empfindlich ausgehöhlt.

    Ohne Frage sind die in der Koalitionsvereinbarung
    genannten Bestandteile für die im zweiten Schritt vorge-
    sehene Strukturreform im Gesundheitswesen wie besse-
    re Zusammenarbeit von Hausärzten, Fachärzten und
    Krankenhäusern, die Neuordnung der ambulanten und
    stationären Vergütungssysteme sowie des Arzneimittel-
    marktes zweckmäßig und zielführend.

    Wer allerdings die Kompliziertheit dieser Aufgabe
    und die Stärke des neoliberalen Zeitgeistes kennt, der
    weiß, daß auch die neue Regierung keineswegs vor gra-
    vierenden Fehlentscheidungen gefeit ist.


    (Beifall bei Abgeordneten der PDS)

    Ganz entscheidend wird deshalb sein, in welcher Weise,
    mit welchen Einzelschritten und vor allem auch mit
    welcher Konsequenz diese Vorhaben umgesetzt werden.

    Meine Damen und Herren, uns fällt auch auf, daß
    Maßnahmen zur finanziellen Stärkung der Solidarge-
    meinschaft der Versicherten, die von den heutigen
    Regierenden vor der Wahl ins Auge gefaßt wurden,
    schon in den Koalitionsvereinbarungen nicht mehr auf-
    tauchen. Das betrifft zum Beispiel die Entlastung der ge-
    setzlichen Krankenversicherung von ausgewählten und
    exakt definierbaren versicherungsfremden Leistungen
    wie dem Mutterschaftsgeld oder die Zurücknahme jener
    Verschiebebahnhöfe, mit deren Hilfe die Rentenversi-
    cherung und die Arbeitslosenversicherung vor Jahren
    auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung entla-
    stet wurden. Politischen Willen vorausgesetzt, gäbe es
    also durchaus Instrumente zur Gegenfinanzierung wei-
    tergehender Sofortmaßnahmen.


    (Beifall bei der PDS)

    Dies verlangt allerdings – das scheint noch Ihr Pro-

    blem zu sein – eine entsprechende Finanz- und Steuer-
    politik. Es engt schon von vornherein die Spielräume
    auch in der Gesundheitspolitik ein, daß die Koalition es
    nicht gewagt hat, den wirklich Reichen in diesem Land
    einen etwas größeren Beitrag zur Bewältigung von Ge-
    meinschaftsaufgaben abzuverlangen.


    (Beifall bei der PDS)

    Ich sage das auch deshalb, weil bei aller Richtigkeit

    der im Vorschaltgesetz enthaltenen Maßnahmen festzu-
    halten ist, daß das Gros der Zuzahlungen und Selbstbe-
    teiligungen bei Medikamenten, Krankenhausaufenthal-
    ten und anderen medizinischen Leistungen bestehen-
    bleibt. Mit anderen Worten: Der Sozialabbau der letzten

    Jahre, den Sie natürlich nicht verursacht haben, wird in
    seiner Massivität – ob man es wahrhaben will oder
    nicht – noch nicht einmal annähernd zurückgenommen.
    Bei allem Wissen um die unvermeidliche Begrenztheit
    erster Maßnahmen ist festzustellen: Von dieser Koali-
    tion müssen mehr und mutigere Schritte erwartet wer-
    den.


    (Beifall bei der PDS)

    Jetzt, liebe Frau Ministerin Fischer, werde ich Ihnen

    eine Freude bereiten. Sie haben ja bereits in Ihrer Rede
    vermutet, daß die PDS das sagen wird. Deshalb will ich
    dies ganz deutlich wiederholen. Für die PDS bleibt es
    dabei: Zuzahlungen und Selbstbeteiligungen in einem
    solidarischen Krankenversicherungssystem sind unso-
    zial; sie sind sogar medizinisch kontraproduktiv und aus
    unserer Sicht bei einem effektiven Ressourceneinsatz
    völlig unnötig. Sie müssen vollständig zurückgenommen
    werden.


    (Beifall bei der PDS)

    Sofortmaßnahmen über die Unterstützung der Wei-

    terbildung in der Allgemeinmedizin hinaus verlangt un-
    serer Auffassung nach der offene Skandal, daß ausgebil-
    dete und hochmotivierte junge Ärztinnen und Ärzte in
    zunehmender Zahl generell keine Chance zur Fach-
    arztweiterbildung und damit zur selbständigen Aus-
    übung ihres Berufes erhalten. Besonders dringlich sind
    die Einrichtung und Finanzierung entsprechender Stellen
    in den Krankenhäusern und natürlich auch im ambulan-
    ten Sektor. Hier steht auch der Bund in der Verantwor-
    tung, die notwendige Abhilfe zu schaffen.


    (V o r s i t z : Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms)


    Darüber hinaus müssen wir ebenfalls an die besonde-
    re Existenzlage der niedergelassenen Ärzte in Ost-
    deutschland erinnern. Angesichts der bestehenden Ver-
    gütungsunterschiede zwischen Ost und West und des
    anhaltenden Honorarverfalls bei gleichen Betriebskosten
    wird die Situation für viele Ärzte immer bedrohlicher.
    Wir meinen, daß hier vor allem im Interesse der medizi-
    nischen Versorgung der Menschen in den neuen Bun-
    desländern sofort etwas getan werden muß.


    (Beifall bei der PDS)

    Alles in allem hat sich die Koalition in der Gesund-

    heitspolitik viel Richtiges und Anspruchsvolles vorge-
    nommen. Die Umsetzung wird nicht leicht sein. Denn
    aus Erfahrung weiß man: Weder heftige Anfeindungen
    noch gekonnte Versuche der Vereinnahmung durch be-
    stimmte Lobbygruppen werden ausbleiben. Aus unserer
    Sicht kann ich sagen – und das wird bis auf weiteres
    gelten –: Läßt die Koalition ihren Absichten auch die
    entsprechenden Taten folgen, wird sie von seiten der
    PDS eine konstruktiv-kritische Begleitung erfahren.

    Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

    (Beifall bei der PDS)