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    Plenarprotokoll 13/195 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 195. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 2. Oktober 1997 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 17573 A Zur Geschäftsordnung Dr. Gregor Gysi PDS 17573 B Rolf Schwanitz SPD 17574 C Jörg van Essen F.D.P. 17575 A Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17575 B Joachim Hörster CDU/CSU 17576 B Zusatztagesordnungspunkt 3: Vereinbarte Debatte: Maßnahmen für mehr Beschäftigung in Deutschland . 17577 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 10: Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung zur Umsetzung des Aktionsprogramms für Investitionen und Arbeitsplätze sowie des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung - Reformen für Investitionen und Arbeitsplätze (Drucksache 13/8464) 17577 A Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 17577 B Rudolf Scharping SPD 17581 C Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . 17584 A Peter Conradi SPD 17585 D Joseph Fischer (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17589 A Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . 17591A, 17598A Dr. Hermann Otto Sohns F.D.P. . . . . 17593 B Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17595A Dr. Barbara Höll PDS 17596A Rudolf Dreßler SPD 17597 D Hans-Peter Repnik CDU/CSU . 17601 C, 17604 A Dr. Peter Struck SPD 17603 C Zusatztagesordnungspunkt 4: Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Steuerreformgesetz 1998 (Drucksachen 13/ 7242, 13/7775, 13/8020, 13/8177, 13/ 8178, 13/8326, 13/8465, 13/8466, 13/ 8592) 17604 D in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Steuerreformgesetz 1999 (Drucksachen 13/ 7480, 13/7917, 13/8022, 13/8023, 13/ 8177, 13/8179, 13/8327, 13/8465, 13/ 8467, 13/8593 [neu]) 17604 D Namentliche Abstimmungen 17605A, B Ergebnisse 17607B, 17612C Tagesordnungspunkt 12: Überweisungen im vereinfachten Verfahren b) Antrag des Bundesministeriums der Finanzen: Entlastung der Bundesregierung für das Haushaltsjahr 1996 - Vorlage der Haushaltsrechnung und Vermögensrechnung des Bundes (Jahresrechnung 1996) (Drucksache 13/7352) 17605 C c) Antrag des Bundesministeriums für Wirtschaft: Rechnungslegung über das Sondervermögen des Bundes „Ausgleichsfonds zur Sicherung des Steinkohleneinsatzes" für das Wirtschaftsjahr 1996 (Drucksache 13/8562) . . . 17605 C d) Antrag der Abgeordneten Rolf Köhne, Eva Bulling-Schröter, Dr. Gregor Gysi und der Gruppe der PDS: Neuordnung und Demokratisierung der Elektrizitätswirtschaft (Drucksache 13/8553) . 17605 C e) Antrag der Abgeordneten Angelika Beer, Amke Dietert-Scheuer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Unterbindung der Lieferung von Beobachtungs- und Aufklärungsgeräten zur mobilen Grenzüberwachung einschließlich Satellitentelefonen an die Türkei (Drucksache 13/ 8564) 17605D f) Antrag der Abgeordneten Amke Dietert-Scheuer, Angelika Beer, Cem Özdemir und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Aktive Außenpolitik der Bundesregierung zum Schutz der Menschenrechte in der Türkei (Drucksache 13/8565) 17605 D g) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Bericht der Bundesregierung zur Überprüfung des Bedarfsplans für die Bundesschienenwege (Drucksache 13/ 8389) 17606 A Zusatztagesordnungspunkt 6: Weitere Überweisung im vereinfachten Verfahren Antrag der Abgeordneten Kristin Heyne, Gila Altmann (Aurich), Albert Schmidt (Hitzhofen) und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Einbeziehung der EU-rechtlich vorgeschriebenen Trassenpreise in das Finanzkonzept für den Transrapid (Drucksache 13/8631) 17606 A Tagesordnungspunkt 13: Abschließende Beratungen ohne Aussprache a) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft zu dem Antrag der Abgeordneten Christoph Matschie, Ernst Bahr, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Umweltverträglichkeitsprüfung bei WismutSanierungsprojekten (Drucksachen 13/ 2651, 13/5863) 17606B b) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft zu dem Antrag der Abgeordneten Eva BullingSchröter, Dr. Ruth Fuchs, weiterer Abgeordneter und der Gruppe der PDS: Ausweitung des Sanierungsauftrages der Wismut GmbH (Drucksachen 13/ 4836, 13/5864) 17606 C c bis e) Beratung der Beschlußempfehlungen des Petitionsausschusses: Sammelübersichten 238, 239 und 241 zu Petitionen (Drucksachen 13/8566, 13/8567, 13/ 8569) 17606 C Zusatztagesordnungspunkt 7: Weitere abschließende Beratungen ohne Aussprache Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft zu der Verordnung der Bundesregierung: Aufhebbare Neunundreißigste Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung (Drucksachen 13/7916, 13/ 8095 Nr. 2, 13/8637) 17607 A Zusatztagesordnungspunkt 9: Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu der Verordnung der Bundesregierung: Zustimmungsbedürftige Verordnung über den Klärschlamm-Entschädigungsfonds (Drucksachen 13/8292, 13/8507 Nr. 2.1, 13/ 8646) 17607 A Tagesordnungspunkt 11: Erste Beratung des von den Abgeordneten Hans Martin Bury, Ernst Schwanhold, weiteren Abgeordneten und der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung von Unternehmensübernahmen (Übernahmegesetz) (Drucksache 13/8164) . . 17609 C Hans Martin Bury SPD 17609 D Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten CDU/ CSU 17614 D Margareta Wolf (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 17616B Rainer Funke F D P. 17617 C Dr. Barbara Höll PDS 17618 C Hansgeorg Hauser, Parl. Staatssekretär BMF 17619 D Hans Michelbach CDU/CSU 17621 C Zusatztagesordnungspunkt 8: Aktuelle Stunde betr. Konsequenzen für die Drogenpolitik in der Bundesrepublik nach der Schweizer Volksabstimmung 17623 A Rezzo Schlauch BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17622 D Roland Sauer (Stuttgart) CDU/CSU . . 17623D Gudrun Schaich-Walch SPD 17625 A Sabine Leutheusser-Schnarrenberger F.D.P. 17626B Ulla Jelpke PDS 17627 C Hubert Hüppe CDU/CSU 17628 B Angelika Mertens SPD 17629 C Monika Knoche BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17630 C Beatrix Philipp CDU/CSU 17631 C Dr. Hans-Hinrich Knaape SPD 17633 A Johannes Singer SPD 17633 D Eduard Lintner, Parl. Staatssekretär BMI 17635A Nächste Sitzung 17637 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 17639 *A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 17639 *D 195. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 2. Oktober 1997 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Antretter, Robert SPD 2. 10. 97 Beck (Köln), Volker BÜNDNIS 2. 10. 97 90/DIE GRÜNEN Dr. Bergmann-Pohl, CDU/CSU 2. 10. 97 Sabine Böttcher, Maritta PDS 2. 10. 97 Borchert, Jochen CDU/CSU 2. 10. 97 Duve, Freimut SPD 2. 10. 97 Faße, Annette SPD 2. 10. 97 Formanski, Norbert SPD 2. 10. 97 Francke (Hamburg), CDU/CSU 2. 10. 97 Klaus Friedhoff, Paul K. F.D.P. 2. 10. 97 Fuchs (Verl), Katrin SPD 2. 10. 97 Geiger, Michaela CDU/CSU 2. 10. 97 Genscher, Hans-Dietrich F.D.P. 2. 10. 97 Graf (Friesoythe), Günter SPD 2. 10. 97 Dr. Haussmann, Helmut F.D.P. 2. 10. 97 Heyne, Kristin BÜNDNIS 2. 10. 97 90/DIE GRÜNEN Hoffmann (Chemnitz), SPD 2. 10. 97 Jelena Dr. Kinkel, Klaus F.D.P. 2. 10. 97 Dr. Kohl, Helmut CDU/CSU 2. 10. 97 Kühn-Mengel, Helga SPD 2. 10. 97 Dr. Graf Lambsdorff, F.D.P. 2. 10. 97 Otto Lenzer, Christian CDU/CSU 2. 10. 97 Dr. Lippold (Offenbach), CDU/CSU 2. 10. 97 Klaus W. Dr. Luft, Christa PDS 2. 10. 97 Marten, Günter CDU/CSU 2. 10. 97 * Marx, Dorle SPD 2. 10. 97 Möllemann, Jürgen W. F.D.P. 2. 10. 97 Dr. Paziorek, Peter CDU/CSU 2. 10. 97 Dr. Pflüger, Friedbert CDU/CSU 2. 10. 97 Poppe, Gerd BÜNDNIS 2. 10. 97 90/DIE GRÜNEN Dr. Probst, Albert CDU/CSU 2. 10. 97 Reschke, Otto SPD 2. 10. 97 Richwien, Roland CDU/CSU 2. 10. 97 Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Rochlitz, Jürgen BÜNDNIS 2. 10. 97 90/DIE GRÜNEN Dr. Rüttgers, Jürgen CDU/CSU 2. 10. 97 Schoppe, Waltraud BÜNDNIS 2. 10. 97 90/DIE GRÜNEN Schultz (Köln), Volkmar SPD 2. 10. 97 Seibel, Wilfried CDU/CSU 2. 10. 97 Dr. Stadler, Max F.D.P. 2. 10. 97 Terborg, Margitta SPD 2. 10. 97 Thönnes, Franz SPD 2. 10. 97 Wettig-Danielmeier, Inge SPD 2. 10. 97 Dr. Wittmann, Fritz CDU/CSU 2. 10. 97 Wohlleben, Verena SPD 2. 10. 97 Zapf, Uta SPD 2. 10. 97 Zierer, Benno CDU/CSU 2. 10. 97 *) für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 716. Sitzung am 26. September 1997 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: - Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 28 und 106) - Zweites Gesetz zur Änderung des Seefischereigesetzes - Drittes Gesetz zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (Drittes SGB VI - Anderungsgesetz - 3. SGB VI - ÄndG) - Gesetz über die Spende, Entnahme und Übertragung von Organen (Transplantationsgesetz - TPG) - Gesetz zur Verlagerung des Sitzes des Bundesverwaltungsgerichts von Berlin nach Leipzig - Gesetz über die Anwendung von Normen für die Übertragung von Fernsehsignalen (Fernsehsignalübertragungs-Gesetz - FÜG) - Gesetz zu dem Vertrag vom 21. Dezember 1993 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über den Durchgangsverkehr von Exekutivorganen und die Durchbeförderung von Häftlingen - Gesetz zu dem Europa-Abkommen vom 10. Juni 1996 zur Gründung einer Assoziation zwischen den im Rahmen der Europäischen Union handelnden Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Republik Slowenien andererseits - Gesetz über Bodenabfertigungsdienste auf Flugplätzen Der Vorsitzende des folgenden Ausschusses hat mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Auswärtiger Ausschuß - Unterrichtung durch die Delegation der Interparlamentarischen Gruppe der Bundesrepublik Deutschland über die 96. Interparlamentarische Konferenz vom 16. bis 21. September 1996 in Peking - Drucksachen 13/6189, 13/6760 Nr. 1.2 - Unterrichtung durch die Bundesregierung Bericht der Bundesregierung über die Tätigkeit des Europarats für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 1996 - Drucksachen 13/6195, 13/6589 Nr. 1 - - Unterrichtung durch die deutsche Delegation in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates über die Tagung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates vom 23. bis 27. September 1996 in Straßburg und die Debatte der Erweiterten Parlamentarischen Versammlung über die Aktivitäten der OECD am 25. September 1996 - Drucksachen 13/6576, 13/6858 Nr. 1 —
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    Rede von Rainer Funke


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (F.D.P.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Natürlich, der Fall Krupp Thyssen Hoesch war ein entscheidendes und wichtiges Thema. Die Erde hat sicherlich nicht gebebt. Inzwischen haben sich Krupp und Hoesch hinsichtlich der Stahlseite und der anderen Bereiche sehr gut geeinigt. Dies ist ohnehin zwischen den Parteien unstrittig gewesen. Also, der seltene Fall eines „unfriendly take-over" ist nicht eingetreten. Ich sage deswegen „selten", weil der Fall in der Bundesrepublik Deutschland selten ist. In Amerika und in Großbritannien ist das nicht selten. Trotzdem geht die Welt dort nicht unter.

    (Hans Martin Bury [SPD]: Da gibt es Regeln dafür!)

    - Natürlich gibt es dafür Regeln. Die haben wir hier auch, Herr Bury.
    Diese Regeln haben wir im Übernahmekodex. Der Übernahmekodex ist 1995 von den betroffenen Kreisen im Wege der Selbstregulierung eingeführt und unterzeichnet worden; ich gebe zu, nicht von allen, aber er ist doch immerhin - was Sie selbst eingeräumt haben - von 80 Prozent der entscheidenden DAX-Werte akzeptiert worden. Dieser Übernahmekodex hat sich im Prinzip bewährt. Es gibt noch einige Lücken. Es fehlen auch noch einige Unternehmen. Daran wird gearbeitet. Ich halte es grundsätzlich für richtiger, daß die betroffene Wirtschaft die Regeln selber bestimmt. Der Staat ist dazu nicht so geeignet. Aber wir wollen die Entwicklung mit beobachten.
    Vom Grundsatz her muß man weiterhin über die Dinge nachdenken. Ich glaube, daß wenigstens bislang keine Schäden daraus entstanden sind, daß wir keinen gesetzlichen Übernahmekodex oder eine entsprechende Regelung im Aktienrecht haben. Sie wissen, daß wir im Konzernrecht und im Aktienrecht durchaus vernünftige Regelungen, beispielsweise hinsichtlich der Beherrschungsverträge, vorgesehen haben.

    Rainer Funke
    Aber lassen Sie mich etwas zum Zeitpunkt Ihres Entwurfs sagen. Ich glaube, daß Ihr Entwurf aus zwei Gründen zu früh kommt.

    (Hans Martin Bury [SPD]: Wer zu spät kommt, den bestraft der Kapitalmarkt!)

    Erstens halte ich - das habe ich eben angedeutet - die Anwendungsphase des Kodex für zu kurz, um genügend Erfahrung zu sammeln. Aber zeitlich unpassend ist die Vorlage zweitens auch angesichts der europäischen Entwicklung.
    Gerade in diesen Tagen - Herr Bury, das hätten Sie eigentlich wissen müssen - wird die EU-Kommission ihren geänderten Vorschlag für eine 13. Richtlinie vorlegen und den Mitgliedstaaten offiziell zuleiten. Damit reagiert sie auf die Stellungnahme des Europäischen Parlaments zu dem früheren Vorschlag in der Fassung von 1996.
    Die amtierende luxemburgische Präsidentschaft will schon in Kürze im Rat mit den Beratungen beginnen. Ich rechne fest damit, daß in einem Jahr unter österreichischer Präsidentschaft ein gemeinsamer Standpunkt festgelegt und während der dann folgenden deutschen Präsidentschaft 1999 die Richtlinie endgültig verabschiedet wird.
    Herr Bury, ich bin durchaus bereit, auch national etwas zu machen. Aber Kapitalmärkte sind nun einmal international. Wir müssen uns nach den europäischen oder möglichst nach den gesamten internationalen Kapitalmärkten richten. Aus diesem Grunde scheint es mir auch zweckmäßig zu sein, daß wir in Europa mit den immerhin nicht unbedeutenden Finanzplätzen Paris, Mailand, Frankfurt und London eine einheitliche Richtlinie haben.

    (Hans Martin Bury [SPD]: Die sind angeblich doch viel weiter als wir!)

    - Entschuldigen Sie, ich komme sofort zu dem, was Sie sagen. Was heißt „angeblich weiter"? Ist die 30Prozent-Regelung, die die Engländer haben, eine günstigere Regelung? Sie nehmen eine 25 prozentige Hürde. Ich weiß nicht, ob die englische Regelung für den kleineren Aktionär wirklich richtiger ist. Ich persönlich würde eine höhere als die 30-Prozent-Hürde für richtiger halten.

    (Hans Michelbach [CDU/CSU]: Wenigstens, wenn sie so gerechnet würde wie bei denen!)

    Das muß aber einheitlich europäisch und darf nicht durch kleinliche nationale Entwürfe geregelt werden, wie Sie sie hier vorschlagen. Selbst Professor Baums, der Ihren Entwurf vorbereitet hat, wollte diese 25-Prozent-Regelung so wohl nicht.
    Lassen Sie mich abschließend noch etwas zu den Dingen anmerken, die Frau Kollegin Wolf eben noch angesprochen hat, nämlich die Aktienrechtsnovelle oder das KontraG. Es ist richtig, ich habe gesagt, daß wir voraussichtlich Ende September den Entwurf des KontraG im Kabinett haben. Das war nicht möglich. Ich brauche die Gründe hier nicht im einzelnen darzulegen. Aber Sie werden feststellen, daß ich mich nur um wenige Tage verschätzt habe. Das ist vielleicht durchaus verständlich; denn wir hatten mit den Themen, die wir noch vor wenigen Stunden hier im Bundestag beraten haben, reichlich zu tun. Man kann auch nicht mehr als arbeiten. Das Kabinett muß sich auf solche Dinge auch vorbereiten.
    Wir werden dieses KontraG - mir würde das Wort Aktienrechtsnovelle viel besser gefallen - in den nächsten Monaten hier im Bundestag miteinander beraten können. Dann können Sie Ihre Kritik äußern. Ich glaube aber, das ist bei diesem Tagesordnungspunkt nicht angebracht gewesen, zumal Sie ja noch gar nicht genau wissen, wie die Aktienrechtsnovelle durch das Kabinett gehen wird.
    Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU Hans Martin Bury [SPD]: Wissen Sie das denn?)



Rede von Dr. Burkhard Hirsch
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Ich gebe das Wort der Abgeordneten Dr. Barbara Höll.

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    Rede von Dr. Barbara Höll


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Macht der Banken zu begrenzen und dubiose Machenschaften der Banken zu unterbinden wird seit Jahren in diesem Hause, zumindest von einem Teil der Mitglieder dieses Hauses, gefordert. Es ist sogar melodisch verwertet worden in einem Lied von Klaus Lage, der sagt: Mit einem Federstrich vernichten sie Existenzen.
    Sein Lied ist dabei eine originelle Untermauerung dieser Debatte um die Stellung der deutschen Kreditinstitute in der Wirtschaft. Dabei geht es in der Diskussion weder um „das Mitschleppen von ideologischem Ballast" oder pauschale populistische Bankenschelte, wie dies der Bundesverband Deutscher Banken seinen Kritikern gerne vorwirft. Es geht um Fakten. Aktuelle Beispiele fragwürdiger Machenschaften von Banken wie die von Dresdner-Bank-Managern, die ihren Kunden zur Steuerhinterziehung im großen Stil rieten, oder die Verstrickung der Deutschen Bank in den Schneider-Coup

    (Zuruf des Parl. Staatssekretär Hansgeorg Hauser)

    - das ist so, Herr Hauser; das wissen Sie - hätten der Bundesregierung spätestens jetzt eine Lehre sein sollen. Doch die Regierung ist auch in diesem Falle unbelehrbar.
    Herr Rexrodt ignorierte und ignoriert weiterhin, daß Großbanken mittlerweile eine außergewöhnliche Machtposition erlangt und diese im Zuge der deutschen Einheit konsequent ausgebaut haben. Sie beginnt gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern und endet bei der Einflußnahme auf Unternehmensübertragungen bzw. auf unternehmensinterne Entscheidungen. So verweigern die Banken - trotz hehrer Selbstverpflichtungen - Sozialhilfeempfängerinnen und Sozialhilfeempfängern noch immer das Recht

    Dr. Barbara Höll
    auf Eröffnung eines Girokontos. Banken sind es, die im Osten Existenzgründerinnen und Existenzgründern vielfach Kredite verwehren oder Kreditbedingungen anbieten, die wesentlich schlechter sind als die in den alten Bundesländern. Manche Idee mußte somit von Beginn an ad acta gelegt werden.
    Das Beispiel der gescheiterten, für Arbeitnehmer und Aktionäre schädlichen „feindlichen Obernahme" der Thyssen AG durch die Krupp AG zeigte die Verstrickung von Banken mit Unternehmen. Nicht zuletzt ergaben Untersuchungen des Mannheimer Wirtschaftswissenschaftlers Professor Perlitz, daß Unternehmen, die unter Bankeneinfluß stehen, in bezug auf Rendite, Wachstum und Finanzierungseffizienz schlechter abschneiden als unbeeinflußte Unternehmen.
    Diese Vormachtstellung der Banken und die damit einhergehende Abhängigkeit vieler kleiner und mittelständischer Unternehmen von den Banken als einzigen Kreditgebern sowie die mangelnde Transparenz der Bankentätigkeit sichern ihnen dabei ständig steigende Gewinne. Begünstigt wird eine solche marktbeherrschende Position durch wechselseitige Kapitalverflechtungen, Anteilsbesitz an Industrieunternehmen, Depotstimmrecht und die Wahrnehmung von Aufsichtsratsmandaten. Hinzu kommen fragwürdige Kreditentscheidungen, Entscheidungen zur Emissions- und Anlagetätigkeit, die die Einflußposition der Banken stärken.
    In der Diskussion um die Macht der Banken bemühen sich deren Vertreter bisher redlich, ihr „Licht" bescheiden unter den Scheffel zu stellen: Von rund 1500 Mandaten in den Aufsichtsräten der 100 größten deutschen Unternehmen wären Ende 1993 gerade mal 99 von Mitgliedern privater Banken gehalten worden. Die zehn größten Banken hätten andererseits ihren Anteilsbesitz an allen Kapitalgesellschaften seit 1976 von 1,3 Prozent auf 0,4 Prozent reduziert. - Von den Vertretern der Kreditwirtschaft wird bewußt verschleiert, daß es auf Grund der fehlenden empirischen Informationsbasis natürlich sehr schwierig ist, die Debatte über Macht und Einfluß der Banken sachlich zu führen. Tatsache ist doch, daß Banken zusätzlich über Stimmrecht aus dem Depotbesitz und aus den Stimmen ihrer eigenen Kapitalanlagegesellschaften verfügen und diese Stimmrechte weidlich nutzen. Das kann nicht geleugnet werden.
    Diese Tatsachen wurden bereits in der vergangenen Legislaturperiode durch zahlreiche Sachverständige kritisiert. Handlungsbedarf ist bereits seit längerem gegeben. Die aktuellen Vorfälle, die meine Vorrednerinnen und mein Vorredner schon ausgiebig dargestellt haben, belegen die absolute Aktualität der Notwendigkeit einer Lösung. Notwendig sind die Transparenz und die Kontrolle wirtschaftlicher Macht im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie kleiner und mittelständischer Unternehmen.
    Von Ihnen wurde versucht, diese Diskussion bereits
    in der ersten Lesung abzuwürgen, indem gesagt
    wurde, man müsse erst die Wirkung der Selbstverpflichtung abwarten. Dies haben wir in den letzten Jahren schon weidlich erlebt. Ich erinnere nur an das „Bündnis für Arbeit", die Selbstverpflichtung der Industrie, Arbeitsplätze zu schaffen, die nicht eingehalten wurde, und an die Selbstverpflichtung zur Schaffung von Ausbildungsplätzen, die nicht eingehalten wurde. Es geht auch nicht an, der Diskussion mit dem Hinweis auf internationales Recht auszuweichen. Fangen Sie hier an, Ihre Hausaufgaben zu machen!
    Der vorgelegte Gesetzentwurf der SPD schlägt viele richtige Sachen vor, wie die Beschränkung des Beteiligungsbesitzes und weiteres.