Rede von
Rainer
Funke
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(F.D.P.)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Natürlich, der Fall Krupp Thyssen Hoesch war ein entscheidendes und wichtiges Thema. Die Erde hat sicherlich nicht gebebt. Inzwischen haben sich Krupp und Hoesch hinsichtlich der Stahlseite und der anderen Bereiche sehr gut geeinigt. Dies ist ohnehin zwischen den Parteien unstrittig gewesen. Also, der seltene Fall eines „unfriendly take-over" ist nicht eingetreten. Ich sage deswegen „selten", weil der Fall in der Bundesrepublik Deutschland selten ist. In Amerika und in Großbritannien ist das nicht selten. Trotzdem geht die Welt dort nicht unter.
- Natürlich gibt es dafür Regeln. Die haben wir hier auch, Herr Bury.
Diese Regeln haben wir im Übernahmekodex. Der Übernahmekodex ist 1995 von den betroffenen Kreisen im Wege der Selbstregulierung eingeführt und unterzeichnet worden; ich gebe zu, nicht von allen, aber er ist doch immerhin - was Sie selbst eingeräumt haben - von 80 Prozent der entscheidenden DAX-Werte akzeptiert worden. Dieser Übernahmekodex hat sich im Prinzip bewährt. Es gibt noch einige Lücken. Es fehlen auch noch einige Unternehmen. Daran wird gearbeitet. Ich halte es grundsätzlich für richtiger, daß die betroffene Wirtschaft die Regeln selber bestimmt. Der Staat ist dazu nicht so geeignet. Aber wir wollen die Entwicklung mit beobachten.
Vom Grundsatz her muß man weiterhin über die Dinge nachdenken. Ich glaube, daß wenigstens bislang keine Schäden daraus entstanden sind, daß wir keinen gesetzlichen Übernahmekodex oder eine entsprechende Regelung im Aktienrecht haben. Sie wissen, daß wir im Konzernrecht und im Aktienrecht durchaus vernünftige Regelungen, beispielsweise hinsichtlich der Beherrschungsverträge, vorgesehen haben.
Rainer Funke
Aber lassen Sie mich etwas zum Zeitpunkt Ihres Entwurfs sagen. Ich glaube, daß Ihr Entwurf aus zwei Gründen zu früh kommt.
Erstens halte ich - das habe ich eben angedeutet - die Anwendungsphase des Kodex für zu kurz, um genügend Erfahrung zu sammeln. Aber zeitlich unpassend ist die Vorlage zweitens auch angesichts der europäischen Entwicklung.
Gerade in diesen Tagen - Herr Bury, das hätten Sie eigentlich wissen müssen - wird die EU-Kommission ihren geänderten Vorschlag für eine 13. Richtlinie vorlegen und den Mitgliedstaaten offiziell zuleiten. Damit reagiert sie auf die Stellungnahme des Europäischen Parlaments zu dem früheren Vorschlag in der Fassung von 1996.
Die amtierende luxemburgische Präsidentschaft will schon in Kürze im Rat mit den Beratungen beginnen. Ich rechne fest damit, daß in einem Jahr unter österreichischer Präsidentschaft ein gemeinsamer Standpunkt festgelegt und während der dann folgenden deutschen Präsidentschaft 1999 die Richtlinie endgültig verabschiedet wird.
Herr Bury, ich bin durchaus bereit, auch national etwas zu machen. Aber Kapitalmärkte sind nun einmal international. Wir müssen uns nach den europäischen oder möglichst nach den gesamten internationalen Kapitalmärkten richten. Aus diesem Grunde scheint es mir auch zweckmäßig zu sein, daß wir in Europa mit den immerhin nicht unbedeutenden Finanzplätzen Paris, Mailand, Frankfurt und London eine einheitliche Richtlinie haben.
- Entschuldigen Sie, ich komme sofort zu dem, was Sie sagen. Was heißt „angeblich weiter"? Ist die 30Prozent-Regelung, die die Engländer haben, eine günstigere Regelung? Sie nehmen eine 25 prozentige Hürde. Ich weiß nicht, ob die englische Regelung für den kleineren Aktionär wirklich richtiger ist. Ich persönlich würde eine höhere als die 30-Prozent-Hürde für richtiger halten.
Das muß aber einheitlich europäisch und darf nicht durch kleinliche nationale Entwürfe geregelt werden, wie Sie sie hier vorschlagen. Selbst Professor Baums, der Ihren Entwurf vorbereitet hat, wollte diese 25-Prozent-Regelung so wohl nicht.
Lassen Sie mich abschließend noch etwas zu den Dingen anmerken, die Frau Kollegin Wolf eben noch angesprochen hat, nämlich die Aktienrechtsnovelle oder das KontraG. Es ist richtig, ich habe gesagt, daß wir voraussichtlich Ende September den Entwurf des KontraG im Kabinett haben. Das war nicht möglich. Ich brauche die Gründe hier nicht im einzelnen darzulegen. Aber Sie werden feststellen, daß ich mich nur um wenige Tage verschätzt habe. Das ist vielleicht durchaus verständlich; denn wir hatten mit den Themen, die wir noch vor wenigen Stunden hier im Bundestag beraten haben, reichlich zu tun. Man kann auch nicht mehr als arbeiten. Das Kabinett muß sich auf solche Dinge auch vorbereiten.
Wir werden dieses KontraG - mir würde das Wort Aktienrechtsnovelle viel besser gefallen - in den nächsten Monaten hier im Bundestag miteinander beraten können. Dann können Sie Ihre Kritik äußern. Ich glaube aber, das ist bei diesem Tagesordnungspunkt nicht angebracht gewesen, zumal Sie ja noch gar nicht genau wissen, wie die Aktienrechtsnovelle durch das Kabinett gehen wird.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.