Rede von
Dr.
Barbara
Höll
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(PDS)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DIE LINKE.)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Macht der Banken zu begrenzen und dubiose Machenschaften der Banken zu unterbinden wird seit Jahren in diesem Hause, zumindest von einem Teil der Mitglieder dieses Hauses, gefordert. Es ist sogar melodisch verwertet worden in einem Lied von Klaus Lage, der sagt: Mit einem Federstrich vernichten sie Existenzen.
Sein Lied ist dabei eine originelle Untermauerung dieser Debatte um die Stellung der deutschen Kreditinstitute in der Wirtschaft. Dabei geht es in der Diskussion weder um „das Mitschleppen von ideologischem Ballast" oder pauschale populistische Bankenschelte, wie dies der Bundesverband Deutscher Banken seinen Kritikern gerne vorwirft. Es geht um Fakten. Aktuelle Beispiele fragwürdiger Machenschaften von Banken wie die von Dresdner-Bank-Managern, die ihren Kunden zur Steuerhinterziehung im großen Stil rieten, oder die Verstrickung der Deutschen Bank in den Schneider-Coup
- das ist so, Herr Hauser; das wissen Sie - hätten der Bundesregierung spätestens jetzt eine Lehre sein sollen. Doch die Regierung ist auch in diesem Falle unbelehrbar.
Herr Rexrodt ignorierte und ignoriert weiterhin, daß Großbanken mittlerweile eine außergewöhnliche Machtposition erlangt und diese im Zuge der deutschen Einheit konsequent ausgebaut haben. Sie beginnt gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern und endet bei der Einflußnahme auf Unternehmensübertragungen bzw. auf unternehmensinterne Entscheidungen. So verweigern die Banken - trotz hehrer Selbstverpflichtungen - Sozialhilfeempfängerinnen und Sozialhilfeempfängern noch immer das Recht
Dr. Barbara Höll
auf Eröffnung eines Girokontos. Banken sind es, die im Osten Existenzgründerinnen und Existenzgründern vielfach Kredite verwehren oder Kreditbedingungen anbieten, die wesentlich schlechter sind als die in den alten Bundesländern. Manche Idee mußte somit von Beginn an ad acta gelegt werden.
Das Beispiel der gescheiterten, für Arbeitnehmer und Aktionäre schädlichen „feindlichen Obernahme" der Thyssen AG durch die Krupp AG zeigte die Verstrickung von Banken mit Unternehmen. Nicht zuletzt ergaben Untersuchungen des Mannheimer Wirtschaftswissenschaftlers Professor Perlitz, daß Unternehmen, die unter Bankeneinfluß stehen, in bezug auf Rendite, Wachstum und Finanzierungseffizienz schlechter abschneiden als unbeeinflußte Unternehmen.
Diese Vormachtstellung der Banken und die damit einhergehende Abhängigkeit vieler kleiner und mittelständischer Unternehmen von den Banken als einzigen Kreditgebern sowie die mangelnde Transparenz der Bankentätigkeit sichern ihnen dabei ständig steigende Gewinne. Begünstigt wird eine solche marktbeherrschende Position durch wechselseitige Kapitalverflechtungen, Anteilsbesitz an Industrieunternehmen, Depotstimmrecht und die Wahrnehmung von Aufsichtsratsmandaten. Hinzu kommen fragwürdige Kreditentscheidungen, Entscheidungen zur Emissions- und Anlagetätigkeit, die die Einflußposition der Banken stärken.
In der Diskussion um die Macht der Banken bemühen sich deren Vertreter bisher redlich, ihr „Licht" bescheiden unter den Scheffel zu stellen: Von rund 1500 Mandaten in den Aufsichtsräten der 100 größten deutschen Unternehmen wären Ende 1993 gerade mal 99 von Mitgliedern privater Banken gehalten worden. Die zehn größten Banken hätten andererseits ihren Anteilsbesitz an allen Kapitalgesellschaften seit 1976 von 1,3 Prozent auf 0,4 Prozent reduziert. - Von den Vertretern der Kreditwirtschaft wird bewußt verschleiert, daß es auf Grund der fehlenden empirischen Informationsbasis natürlich sehr schwierig ist, die Debatte über Macht und Einfluß der Banken sachlich zu führen. Tatsache ist doch, daß Banken zusätzlich über Stimmrecht aus dem Depotbesitz und aus den Stimmen ihrer eigenen Kapitalanlagegesellschaften verfügen und diese Stimmrechte weidlich nutzen. Das kann nicht geleugnet werden.
Diese Tatsachen wurden bereits in der vergangenen Legislaturperiode durch zahlreiche Sachverständige kritisiert. Handlungsbedarf ist bereits seit längerem gegeben. Die aktuellen Vorfälle, die meine Vorrednerinnen und mein Vorredner schon ausgiebig dargestellt haben, belegen die absolute Aktualität der Notwendigkeit einer Lösung. Notwendig sind die Transparenz und die Kontrolle wirtschaftlicher Macht im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie kleiner und mittelständischer Unternehmen.
Von Ihnen wurde versucht, diese Diskussion bereits
in der ersten Lesung abzuwürgen, indem gesagt
wurde, man müsse erst die Wirkung der Selbstverpflichtung abwarten. Dies haben wir in den letzten Jahren schon weidlich erlebt. Ich erinnere nur an das „Bündnis für Arbeit", die Selbstverpflichtung der Industrie, Arbeitsplätze zu schaffen, die nicht eingehalten wurde, und an die Selbstverpflichtung zur Schaffung von Ausbildungsplätzen, die nicht eingehalten wurde. Es geht auch nicht an, der Diskussion mit dem Hinweis auf internationales Recht auszuweichen. Fangen Sie hier an, Ihre Hausaufgaben zu machen!
Der vorgelegte Gesetzentwurf der SPD schlägt viele richtige Sachen vor, wie die Beschränkung des Beteiligungsbesitzes und weiteres.