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    Plenarprotokoll 13/188 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 188. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 10. September 1997 Inhalt: Begrüßung des Präsidenten der Republik Jemen und seiner Delegation 16996 D Tagesordnungspunkt 1: a) Fortsetzung der ersten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1998 (Haushaltsgesetz 1998) (Drucksache 13/8200) . . 16959 A b) Unterrichtung durch die Bundesregierung: Finanzplan des Bundes 1997 bis 2001 (Drucksache 13/8201) 16959 B Rudolf Scharping SPD 16959 B Michael Glos CDU/CSU 16965 B Joseph Fischer (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 16970 C Dr. Wolfgang Gerhardt F.D.P 16977 B Dr. Gregor Gysi PDS 16983 A, 16987 A Dr. Mathias Schubert SPD 16986 D Dr. Helmut Kohl, Bundeskanzler . . . 16987 B Oskar Lafontaine, Ministerpräsident (Saarland) 16996 D Dr. Guido Westerwelle F.D.P. . . . . 17000 A Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU 17005 D, 17013 D Wolfgang Thierse SPD 17013 B Dr. Gregor Gysi PDS (Erklärung nach § 30 GO) 17014 A Dr. Klaus Kinkel, Bundesminister AA . 17014 C Dr. Christoph Zöpel SPD 17017 B Ulrich Irmer F.D.P 17018 D, 17021 C Dr. Erich Riedl (München) CDU/CSU . . 17020A Dr. Eberhard Brecht SPD 17022 C Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17023 D Ulrich Irmer F.D.P 17025 A Andrea Gysi PDS 17026 A Markus Meckel SPD 17027 A Dr. Erich Riedl (München) CDU/CSU 17028 C Volker Rühe, Bundesminister BMVg . 17029 A Walter Kolbow SPD 17032 C Jürgen Koppelin F.D.P. . . . 17034 A, 17058 A Paul Breuer CDU/CSU . . 17035 B, 17039 A Ernst Kastning SPD 17036 A, 17037 C Dietrich Austermann CDU/CSU . . . . 17037 A Dieter Heistermann SPD 17038 D Brigitte Schulte (Hameln) SPD . . . 17039 A Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17041 A Jürgen Koppelin F.D.P 17042 B Heinrich Graf von Einsiedel PDS . . . 17044 B Carl-Dieter Spranger, Bundesminister BMZ 17048 C Adelheid Tröscher SPD . . . . 17050 B, 17052 D Armin Laschet CDU/CSU 17052 B Michael von Schmude CDU/CSU . . . 17053 A Wolfgang Schmitt (Langenfeld) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17055 B Roland Kohn F.D.P. 17056 D Otto Schily SPD 17058 C Klaus-Jürgen Hedrich CDU/CSU . . . 17058D Dr. Willibald Jacob PDS 17059 B Dr. Winfried Pinger CDU/CSU 17060 B Dr. R. Werner. Schuster SPD 17061 A Dr. Winfried Pinger CDU/CSU . . . 17062A Dr. Otto Graf Lambsdorff F.D.P. . . . . 17063 A Manfred Kanther, Bundesminister BMI 17064 C Otto Schily SPD 17067 A Dr. Klaus-Dieter Uelhoff CDU/CSU . . 17070D Rezzo Schlauch BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17073 A Ina Albowitz F.D.P. 17074 B Dr. Herta Däubler-Gmelin SPD . . . 17076A Ulla Jelpke PDS 17076 C Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, Bundesminister BMJ 17077 C Gunter Weißgerber SPD 17080 A Manfred Kolbe CDU/CSU 17082 A Volker Beck (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17083 C Detlef Kleinert (Hannover) F.D.P. . . . . 17085 B Dr. Uwe-Jens Heuer PDS 17086 C Dr. Herta Däubler-Gmelin SPD 17087 C Norbert Geis CDU/CSU 17089 C Dr. Uwe-Jens Heuer PDS 17090 C Tagesordnungspunkt 3: Überweisungen im vereinfachten Verfahren a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Bundeswasserstraßengesetzes (Drucksache 13/7955) 17045 C b) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 31. Oktober 1996 zur Änderung des Abkommens vom 8. April 1960 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande über niederländische Kriegsgräber in der Bundesrepublik Deutschland (Kriegsgräberabkommen) (Drucksache 13/7991) 17045 C c) Antrag der Abgeordneten Gila Altmann (Aurich) und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wesertunnel-Planungen beenden (Drucksache 13/7963) 17045 C d) Antrag der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Franziska Eichstädt-Bohlig, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Gedenken und Erinnern durch die Kennzeichnung historisch bedeutsamer Orte im Berliner Parlaments- und Regierungsviertel (Drucksache 13/4182) . . 17045D e) Antrag der Abgeordneten Volker Beck (Köln), Halo Saibold, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie der Abgeordneten Ute Vogt (Pforzheim), Freimut Duve, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: 60. Jahrestag der Bombardierung von Guernica/Gernika (Drucksache 13/7509) 17045 D Tagesordnungspunkt 4: Abschließende Beratungen ohne Aussprache a) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 13. September 1994 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Costa Rica über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksachen 13/7609, 13/8354) . 17046 A b) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 11. August 1993 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Paraguay über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksachen 13/7610, 13/8355) . 17046B c) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 28. Oktober 1993 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Slowenien über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksachen 13/7611, 13/8356) 17046 B d) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 29. September 1995 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Simbabwe über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksachen 13/7612, 13/8357) 17046 C e) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 11. September 1995 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Südafrika über die gegenseitige Förderung und den Schutz von Kapitalanlagen (Drucksachen 13/7613, 13/8358) . 17046 C f) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 28. April 1993 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Usbekistan über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksachen 13/7614, 13/8359) . . . 17046D g) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 31. Januar 1996 zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung Hongkongs zur Förderung und zum gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksachen 13/7615, 13/8360) 17046 D h) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 2. Dezember 1994 zwischen der Bundesrepublik Deutsch- ' land und Barbados über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksachen 13/ 7616, 13/8361) 17047A i) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 21. März 1995 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Honduras über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksachen 13/7617, 13/8362) 17047 A j) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 24. Februar 1995 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Ghana über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksachen 13/7620, 13/8363) 17047 B k) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 28. Februar 1994 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Moldau über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksachen 13/7621, 13/8364) 17047 B l) Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 3. April 1993 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Republik Vietnam über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen (Drucksachen 13/7622, 13/8365) . 17047 C m) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung statistischer Rechtsvorschriften (3. Statistikbereinigungsgesetz) (Drucksachen 13/7392, 13/8384) . . . 17047 D n) Beschlußempfehlung und Bericht des Haushaltsausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Gila Altmann (Aurich), Franziska Eichstädt-Bohlig, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Fahrrad-Fahrbereitschaft für den Deutschen Bundestag in Bonn (Drucksachen 13/3328, 13/8078) 17048 A o) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu der Unterrichung durch die Bundesregierung: Mitteilung der Kommission zur Entwicklung des sozialen Dialogs auf Gemeinschaftsebene (Drucksachen 13/6129 Nr. 1.29, 13/ 7960) 17048 A p) Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses: Sammelübersicht 226 zu Petitionen (Regelung im Einigungsvertrag, wonach einige mineralische Rohstoffe als bergfreie Bodenschätze gelten) (Drucksache 13/8068) 17048 B Nächste Sitzung 17091 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 17093* A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Gerhard Jüttemann (PDS) zur Abstimmung über die Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses zur Sammelübersicht 226 zu Petitionen - Regelung im Einigungsvertrag, wonach einige mineralische Rohstoffe als bergfreie Bodenschätze gelten - (Tagesordnungspunkt 4 p) . . . . 17093* C Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 188. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 10. September 1997 16959 188. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 10. September 1997 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Augustin, Anneliese CDU/CSU 10.9. 97 ** Behrendt, Wolfgang SPD 10. 9. 97* Dr. Eid, Uschi BÜNDNIS 10. 9. 97 ** 90/DIE GRÜNEN Eßmann, Heinz Dieter CDU/CSU 10. 9. 97 Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 10. 9. 97 ** Friedhoff, Paul K. F.D.P. 10.9. 97 Günther (Duisburg), Horst CDU/CSU 10. 9. 97 Marx, Dorle SPD 10. 9. 97 Müller (Düsseldorf), SPD 10. 9. 97 Michael PoB, Joachim SPD 10. 9. 97 Dr. Probst, Albert CDU/CSU 10. 9. 97 * Roth (Gießen), Adolf CDU/CSU 10. 9. 97 Schewe-Gerigk, BÜNDNIS 10.9.97 Irmingard 90/DIE GRÜNEN Schloten, Dieter SPD 10. 9. 97 ** Schmidt (Aachen), Ulla SPD 10. 9. 97** Schmidt (Fürth), CDU/CSU 10. 9. 97 ** Christian Schoppe, Waltraud BÜNDNIS 10. 9. 97 90/DIE GRÜNEN Schütze (Berlin), CDU/CSU 10. 9. 97 Diethard Sebastian, Wilhelm Josef CDU/CSU 10. 9. 97 Terborg, Margitta SPD 10. 9. 97 * Dr. Thomae, Dieter F.D.P. 10. 9. 97 Tippach, Steffen PDS 10. 9. 97 Dr. Wittmann, Fritz CDU/CSU 10. 9. 97 Zierer, Benno CDU/CSU 10. 9. 97* * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an der 98. Jahreskonferenz der Interparlamentarischen Union Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Gerhard Jüttemann (PDS) zur Abstimmung über die Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses zur Sammelübersicht 226 zu Petitionen - Regelung im Einigungsvertrag, wonach einige mineralische Rohstoffe als bergfreie Bodenschätze gelten - (Tagesordnungspunkt 4 p) Ich stimme der Beschlußempfehlung des Petitionsausschusses nicht zu, weil ich dringenden Handlungsbedarf sehe. Ich stimme nicht zu, weil zwar das Bergrecht inzwischen vereinheitlicht ist, jedoch infolge der Bestandsschutz-Klausel für bereits erteilte Gewinnungsrechte die Benachteiligung von Eigentümern sowie die schweren Beeinträchtigungen ganzer Gemeinden sowie von Natur und Umwelt in vielen Fällen anhalten. Auch würde sonst eine Ungleichbehandlung fortgeschrieben. Ich lehne die Beschlußempfehlung auch deshalb ab, weil die Begründung von 1990 für das unterschiedliche Bergrecht für die jetzige Zeit ohnehin nicht mehr angeführt werden kann. Es gibt heute keinerlei Engpässe hinsichtlich der Rohstoffversorgung für das Bauwesen im Osten, die Sonderregelungen notwendig machen würden. Ich stimme deshalb nicht zu, weil dringend Erfordernis besteht, Rechtsgleichheit nicht nur auf dem Papier, sondern auch in der Praxis herzustellen, damit in Zukunft teilweise irreparable Schäden an touristisch nutzbaren Landschaften, wie in einigen Fällen geschehen, nicht wieder infolge bergrechtlicher Bestimmungen eintreten können. Ich stimme auch deshalb nicht zu, weil es notwendig ist, daß im Interesse der Bürgerinnen und Bürger in den neuen Bundesländern Möglichkeiten geschaffen werden müssen, um alle genehmigten Abbauvorhaben neuen Planfeststellungsverfahren mit umfassender Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen, ebenso genehmigte Vorhaben, wo der Abbau noch nicht begonnen hat.
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    Rede von Dr. Wolfgang Gerhardt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (F.D.P.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Parteien, wie die hier im Parlament vertretenen, haben sicher unterschiedliche Vorstellungen über die Ziele von Politik,. auch über die nächsten Schritte.
    Aber ich möchte Ihnen, Herr Scharping, für die F.D.P. einmal sehr persönlich sagen: Es ist unerträglich, es entspricht weder den Leistungen Ihrer Partei und Ihrer Vorgänger noch den Leistungen, die meine Partei für die Bundesrepublik Deutschland erbracht hat, wenn Sie uns mit dem Wort Klientelpartei diffamieren.
    Sie hätten keinen Bundeskanzler Willy Brandt gehabt ohne diese F.D.P., die hier sitzt.

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Sie hätten keinen rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten ohne diese Partei, die hier sitzt. Sie hätten keinen Bundeskanzler Helmut Schmidt gehabt ohne die F.D.P., die hier sitzt.
    Ich kann Ihnen nur sagen: Wenn Parteien so miteinander umgehen, daß sie meinen, eine andere Partei, die anderer Meinung ist als sie, für entbehrlich halten und in die Ecke stellen zu können, leisten sie keinen Beitrag zur Vielfalt der politischen Strömungen in einer Demokratie.

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Wir haben in verschiedenen Abschnitten der Bundesrepublik Deutschland erhebliche Leistungen vollbracht. Meine Partei hat manchmal Sonntag abends vor dem Fernseher gesessen, um zu sehen, ob es sie am Montag noch gibt, während Sie schon bei zehn verlorenen Mandaten große Probleme hatten.
    Meine Partei hat in einem entscheidenden Abschnitt der Bundesrepublik Deutschland mit Einsatz ihrer ganzen Existenz dafür gekämpft, daß dieses Land mit Konrad Adenauer gegen Widerstände in die Westbindung eintrat. Meine Partei hat beinahe unter Verlust der Anwesenheit im Bundestag dafür gekämpft, daß wir mit Ihrem und unserem Bundeskanzler Willy Brandt auf die osteuropäischen Nachbarn zugegangen sind.

    (Zuruf von der SPD: Das waren andere Leute!)

    Wir haben unter Einsatz unserer Existenz 1983 dafür gestritten, daß eine Kurskorrektur durchgeführt werden konnte, weil sie notwendig war. Wenn Sie heute vortragen, eine Kurskorrektur sei notwendig, dann frage ich Sie, wo denn die reformbereite deutsche SPD ist. Nach Tony Blair wird doch in Deutschland gefahndet.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Nein, wenn man die Regierung übernehmen will, muß man deutlicher und präziser sagen, was man machen will. Was Sie nicht gemacht haben, was aber bitter notwendig wäre, will ich Ihnen jetzt nennen. Jeder in Deutschland weiß, daß die bürokratischen Apparate erstarrt sind, daß eine Reform des Dienstrechts notwendig ist, daß wir Privatisierungen brauchen. Ich frage: Wo ist denn Ihre Teilhabe am Privatisierungsprozeß? Wo ist Ihre Mithilfe beim Privatisierungsprozeß?
    Herr Kollege Fischer, wenn Sie den Kollegen Rexrodt wegen der Reform des Energierechts kritisieren und auf die großen Unternehmen verweisen, dann sage ich: Sie haben es doch in der Hand, den größten Hauskonzern einer Landesregierung, das RWE, zu verändern. Warum tun Sie es denn nicht? Die Grünen sind doch an der Regierung in NRW beteiligt.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Es verhält sich doch nicht so, daß Sie als Opposition nur so auftreten könnten, als hätten Sie nirgendwo in Deutschland Verantwortung, nach dem Motto: Wir hätten für alles die Verantwortung, Sie wären für

    Dr. Wolfgang Gerhardt
    nichts verantwortlich. Ihre Glaubwürdigkeit muß auf den Prüfstand.
    Nennen Sie mir eine Privatisierungsmaßnahme in Deutschland, die Sie unterstützt haben! Bei fast jeder Privatisierungsmaßnahme haben Sie sich im Prozeß der Umsetzung zur Klientelpartei der Besitzstandswahrer entwickelt und die Privatisierung verhindert.

    (Beifall bei Abgeordneten der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Ich erinnere an die Postreform, wo Sie, statt die Märkte zu öffnen, nichts Besseres wissen, als ein Monopol eher noch zu verteidigen. Das beginnt bei der 100-Gramm-Briefsendung und reicht über das neue Porto von 1,10 DM bis hin zur Quersubventionierung der Frachtpost. Wo ist denn da, meine Damen und Herren von der Opposition, Ihr Reformeifer?
    Herr Fischer, ich nenne die Rentenreform. Das wäre ja wunderbar. Wo sind Sie denn, wenn es um die Strukturreform geht, wenn Sie die Wahrheit sagen müssen?

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Na, na! Fragen Sie einmal Herrn Blüm!)

    Sie verhalten sich so, daß die Politik der Landesregierungen, an denen Sie beteiligt sind, bewirkt, daß es automatisch auf immer höhere Beitragszahlungen der jungen Generation im Erwerbsleben hinausläuft, weil Herr Dreßler und die gesamte Sozialdemokratische Partei nicht den Mut haben, der älteren Generation zu sagen, daß ein neuer Generationenvertrag geringere Zuwächse bedeutet.

    (Beifall bei Abgeordneten der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Sie treten hier auf, als wären Sie die Reformer für die Bundesrepublik Deutschland. Nein, Sie sind in allen Bereichen, die verändert werden müssen, die stockkonservativste Opposition, die dieses Haus je erlebt hat.

    (Beifall bei Abgeordneten der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Die Sozialdemokratische Partei ist bei der Reform der sozialen Sicherungssysteme selbst in der Sozialistischen Internationale völlig isoliert. Tony Blair trägt Ihnen vor, daß die sozialen Sicherungssysteme reformiert werden müßten, weil sie nach seiner Einsicht eher denen genutzt haben, die nicht einen Job annehmen wollten, und diejenigen benachteiligt haben, die einen Job gesucht haben.
    Herr Scharping, was ist denn eigentlich gerecht und solidarisch? Ist eine Gesellschaft auf Dauer gerecht und solidarisch, die ihren Blick ausschließlich auf die Erhöhung von Sozialhilfe, Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe richtet, oder sind eine Gesellschaft und eine Politik nicht auch solidarisch, die diejenigen ermuntern und die Leistung derjenigen honorieren, die sich anstrengen, die mehr Leistung erbringen wollen und die einen Arbeitsplatz auch annehmen.
    Ich finde, auch diese Personen müssen Gerechtigkeit erfahren; sie müssen angesprochen werden.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Herr Fischer und Herr Scharping, Sie wissen: Der Arbeitsmarkt in Deutschland ist stranguliert. Es gibt die Tarifautonomie, aber gleichzeitig das Ausscheiden von vielen aus den Verbänden. Einigen Einzelgewerkschaften laufen die Mitglieder davon; in den neuen Ländern sieht man, wie Unternehmen in größerer Zahl aus den Arbeitgeberverbänden ausscheiden. Jeder weiß, daß der Flächentarif nicht mehr trägt. Keiner glaubt mehr, daß der metallverarbeitende Betrieb im Erzgebirge dasselbe zahlen kann wie Daimler-Benz im mittleren Neckarraum. Wann sprechen Sie denn dann einmal mit Ihren Gewerkschaften, die für Sie immer Kundgebungen veranstalten, und ermuntern sie, das etwas zu flexibilisieren? Ich habe erlebt, daß Sie sich immer an die Betonköpfe geklammert haben, wenn es um die Reform des Arbeitsmarktes und ähnliche Reformen geht.

    (Beifall bei der F.D.P.)

    Wo ist denn der große Befreiungsschlag beim Subventionsabbau geblieben? Sie, Herr Fischer, haben innerhalb weniger Stunden die Beschlußfassung der Grünen geändert, um drüben mit den Bergarbeitern auf die Barrikaden zu gehen. Wo war denn da Ihre Glaubwürdigkeit?

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU Jörg van Essen [F.D.P.]: Eine Umfallerpartei und nichts anderes!)

    Wenn wir hier über die Tarifautonomie reden und sagen, die Flächentarife sollten reformiert werden, dann bezichtigt Herr Dreßler uns doch eines Anschlages auf die Tarifautonomie. Ich akzeptiere es nicht länger, daß bei uns über verschiedene Sachverhalte aus nahezu religiösen Gründen eine Veränderungssperre verhängt wird. Heilige Kühe gibt es genug. Industrienationen, die heilige Kühe beiseite geräumt haben, haben jedenfalls eine bessere Beschäftigungslage als die Bundesrepublik Deutschland.
    Da mag diese Koalition ein Sommertheater veranstaltet haben, sie hat auch Fehler gemacht - aber der Wille, hier etwas zu verändern, ist auf der rechten Seite des Hauses größer als auf der linken Seite. Deshalb muß fortgeschritten werden.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Im übrigen gibt es auch aus Ihrem Bereich Kollegen, die das so sehen. Ich will jetzt einmal einen gewaltigen Neoliberalen zitieren: Helmut Schmidt. Er sagt in der „Wirtschaftswoche":
    Wer nur die hohen Einkommen und Vermögen treffen will, muß sich fragen, ob er noch mehr Kapital- und Wohnungsverlagerungen nach Luxemburg, Monaco und anderswohin auslösen will.
    Er sagt: Das bringt nichts.
    Die „Wirtschaftswoche" fragt weiter: Wie hätten Sie es denn lieber?

    Dr. Wolfgang Gerhardt
    Da sagt dieser neoliberale Helmut Schmidt:
    Mir wäre es lieber, wenn das gesamte deutsche
    Sozialversicherungssystem generalüberholt würde.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Das hat er schon immer gesagt!)

    - Jetzt kommt es.
    Der Abstand der Sozialleistungen von den regulären unteren Einkommen muß wieder deutlicher werden.
    Was haben wir von Ihrer Seite für Kübel von Schmutz ertragen müssen, als wir hier dasselbe vorgetragen haben.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Ich bin noch nicht fertig. Dieser Neoliberale äußert sich auch zu der Frage:
    Was halten Sie von einem subventionierten zweiten Arbeitsmarkt, um die Arbeitslosenzahl zu senken?
    Darauf sagt der Mann tatsächlich - so weit traute ich mich gar nicht -:
    Nichts. Je mehr der Staat eingreift, desto mehr geht schief.

    (Dr. Wolfgang Weng [Gerungen] [F.D.P.]: Hat Norbert Blüm das auch gelesen?)

    Da frage ich mich, warum Sie uns mit einem solchen Wortschwall so geißeln.
    Ich komme zum Spitzensteuersatz und zur Steuerreform, Herr Kollege Scharping, und will jetzt wieder einige aus Ihrer Partei zitieren. Gerhard Schröder sagt:
    Es ist vernünftig, wenn dieser für gewerbliche Einkommen unterhalb von 40 Prozent liegt.
    Er fügt hinzu:
    Ich bezweifle, ob es verfassungsmäßig ist, wenn der Spitzensteuersatz für Privatpersonen dann mehr als acht Punkte darüber liegt.
    Darauf könnten wir uns schon morgen im Vermittlungsverfahren verständigen.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident, Kurt Beck, erklärt:
    Die Regierung ist uns schon ein gutes Stück entgegengekommen. Wenn die jetzt ein akzeptables Angebot machen, müssen wir zustimmen.

    (Jörg Tauss [SPD]: Machen Sie das Angebot!)

    Sogar die brandenburgische Finanzministerin erklärt:
    Diese Mischung, die jetzt auf dem Tisch liegt, ist nicht in Bausch und Bogen abzulehnen.
    Rudolf Scharping erklärt im Deutschlandfunk am 24. Januar dieses Jahres:
    Eine Festlegung des Spitzensteuersatzes scheint mir in der gegenwärtigen Situation nicht nötig. Es ist mir übrigens auch gleichgültig, ob der bei 38 oder 40 Prozent liegt.
    Nur Ministerpräsident Lafontaine hält die Linie. Er sagt am 4. Februar dieses Jahres:
    Der Spitzensteuersatz von 53 Prozent muß in der jetzigen Höhe bleiben, denn in der Verfassung steht, daß jeder nach Leistungsfähigkeit besteuert wird.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD Dr. Wolfgang Weng [Geringen] [F.D.P.]: Noch eine Mindeststeuer drauf!)

    Am selben Tag sagt der Hamburger Bürgermeister Voscherau im „Stern":
    Die SPD hat sich darauf festgelegt, daß sie die Senkung des Spitzensteuersatzes von jetzt 53 Prozent für möglich - ich füge für mich hinzu: für unausweichlich - hält.
    Meine Damen und Herren, es mag sein, daß sich der Spitzensteuersatz toll eignet, um das alte gesellschaftliche Lied auf unten und oben, auf die unverdient Reichen, die unverdient Armen, zu singen. Da läßt sich viel mobilisieren. Wir wissen, daß in vielen politischen Konzepten der schlechte Charakterzug des Neides und der Mißgunst eine gewaltige Rolle spielt.

    (Anke Fuchs [Köln] [SPD]: Schämen Sie sich!)

    - Nein, ich schäme mich nicht. Er spielt eine Rolle. Sie spielen auf diesem Klavier, füge ich hinzu, und zwar sehr bewußt.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das sagt die F.D.P.! Das ist abenteuerlich!)

    Deshalb reden wir jetzt einmal über Leistung. Wir werden keine Gesellschaft schaffen - jedenfalls ist jede Politik, die den Versuch gemacht hat, in Diktatur und Unterdrückung geendet -, die sich so organisiert, daß jeder, der mehr im Portemonnaie hat als ein anderer, das automatisch nur unter den besten Bedingungen, mit größtem Verdienst selbst erreicht hat. Genausowenig können Sie eine Gesellschaft mit staatlichen Befehlen und Unterdrückung organisieren, um Menschen vor Armut zu bewahren. Gerechtigkeit kann Politik nicht absolut organisieren.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Nun überhöhen Sie es nicht so!)

    Immer noch gibt es eigene Verantwortung in persönlicher Lebensführung von Menschen. Nicht immer ist die Gesellschaft schuld, wenn jemand in Schwierigkeiten kommt, und nicht jedermann hat unverdientermaßen etwas mehr als ein anderer. Ein Erfolg in persönlicher Lebensführung kann auch in Leistung, Verantwortungsbereitschaft und persönlichen Ausbildungsanstrengungen - begünstigt von Glück - begründet sein.

    Dr. Wolfgang Gerhardt
    Wer eine solche Gesellschaft nicht will, der muß das hier sagen. Ich jedenfalls möchte auf weiteres in einer Gesellschaft leben, die diese Chancen bietet. Ich möchte sie auch Menschen erhalten. Ich möchte Menschen von einer verdienten D-Mark nicht mehr als 50 Pfennig abnehmen, weil ich einen Staat nicht als gerecht empfinden kann, der den Lohn der Leistungsfähigkeit der Menschen so besteuert.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU) Dafür gibt es keine Begründung.


    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Höchste Steuerund Abgabenlast, unter Beteiligung der F.D.P.!)

    Leistung ist nichts Unanständiges. Leistung ist nicht etwas, für das man die Leute bestrafen müßte. Leistung ist kein Begriff der Ellbogengesellschaft. Leistung ist eine zutiefst persönliche menschliche Anstrengung, die bei einem gerecht besteuernden Staat die Voraussetzungen dafür schafft, daß man Menschen in Not helfen kann. Aber niemand sollte glauben, daß man, wie Lincoln gesagt hat, Armen helfen kann, wenn man die Reichen ausmerzt. Diese Erkenntnis sollten Sie beherzigen.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Verlassen Sie also politische Konzeptionen, die nicht tragen.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: In welchem Land leben Sie denn?)

    In dieser Legislaturperiode haben wir gelernt, daß der Untergang des Abendlandes nahe bevorsteht. Können Sie sich an die große Reformfreude von SPD und Grünen erinnern, als wir die Ladenöffnungszeiten nur um 90 Minuten verlängern wollten?

    (Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl: Ja!)

    Da wurde der Zusammenbruch der Gesellschaft beschworen. Können Sie sich erinnern, wie Sie blokkiert haben, als wir darüber gestritten haben, die Kohlesubventionen in zehn Jahren auf 5 Milliarden DM zurückzuführen? Können Sie sich an die Auseinandersetzungen erinnern, als diese Bundesregierung und die hier sitzende Mehrheit sich darangemacht hat, das Meister-BAföG einzuführen und das Kindergeld in Schritten zu erhöhen, die noch nie gegangen wurden?

    (Anhaltender Widerspruch bei der SPD)

    Was waren das alles für Auseinandersetzungen! Nein, meine Damen und Herren, Sie vertreten in Ihren politischen Konzepten rückwärtsgewandte Strukturen.

    (Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Neinsager!)

    Sie sind bei jenen, denen der Wandel Schwierigkeiten macht. Sie ermuntern sie aber auch nicht zum Wandel. Sie helfen ihnen nicht dabei. Sie leiten nicht über in neue Strukturen, sondern sitzen fest in Ihren
    Traditionsverbänden, die keine Bewegung ausstrahlen.

    (Jörg Tauss [SPD]: Das sagt ausgerechnet dieser Herr!)

    Das ist die Situation der Opposition.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Das unterscheidet die jetzige Situation von allen anderen in der Bundesrepublik Deutschland, in denen sich eine Opposition darangemacht hat, Regierungsverantwortung zu übernehmen. Als sich die Union damals, 1982/83, anschickte, Regierungsverantwortung zu übernehmen, vertrat die Union in den zentralen Fragen, die anstanden und die in der Fraktion der SPD von Helmut Schmidt nicht mehr gelöst werden konnten,

    (Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl: Sehr gut!)

    nämlich zum Beispiel bezüglich der Haushaltskonsolidierung, eine Position, mit der wir arbeiten konnten.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Aha, Wandel heißt: Regierungswechsel der F.D.P. )

    Welches Konzept hat denn diese vereinte Opposition, wenn sie ankündigt, sie wolle Verantwortung übernehmen? Das würde die rückwärtsgewandteste Regierungsveranstaltung, die die Bundesrepublik Deutschland je erlebt hat,

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    verbunden mit Politik für Besitzstandswahrer, für Unbewegliche, für Strukturerhalt, für alte Industriestrukturen, gegen die, die einen neuen Aufbruch wagen wollen. Das einzige, was Sie hier tun, ist, Veränderungstheater ohne jeglichen wirklichen Reform-und Modernisierungswillen vorzuspielen.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Wenn Sie ernsthaft, ohne kabarettistische Einlagen mit Rückblick auf die Sommerpause,

    (Jörg Tauss [SPD]: Wie Glos!)

    die Fragen beantworten wollen, die die Bundesrepublik Deutschland heute entscheiden muß,

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Dann wechseln wir die Koalition!)

    dann müssen Sie die Fragen beantworten, die andere führende Industrienationen beantwortet haben. Diese haben die Steuern gesenkt, die Staatsquote reduziert, den Arbeitsmarkt flexibilisiert, um mehr Beschäftigung zu ermöglichen. Alles das, was nicht neue Dynamik in die Wirtschaft bringt, ist für die Konsolidierung der Haushalte nichts nütze. Die Haushalte werden sklerotisch bleiben, wenn sich die Beschäftigungslage nicht ändert.

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


    Dr. Wolfgang Gerhardt
    Beschäftigung schafft man bekanntlich aber nicht, indem man den Betrieben noch eine Umlage zumutet, lediglich einen Verschiebebahnhof bei den Lohnnebenkosten vorsieht und eine ökologische Steuerreform, die auf jeden Fall eine höhere Steuerbelastung darstellt, einführen will. Beschäftigung und Dynamik schaffen wir nur, wenn wir couragierte Steuersenkungspolitik betreiben und die sozialen Systeme reformieren.

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Deutschland hat eine geringe Attraktivität, Herr Kollege Fischer, für ausländische Studierende, weil sich das deutsche Hochschulsystem, das alle Chancen hatte, diese freiwillig einzuführen, erst jetzt unter der gesetzgeberischen Voraussetzung entschließt, angelsächsische Abschlüsse anzubieten. Diese hätten die Universitäten längst einführen können.
    Das deutsche Hochschulsystem hätte längst die Studienzeiten verkürzen können. Niemand hat die Professoren eines Fachbereichs daran gehindert, die Studierenden in zwölf Semestern zum Abschluß zu führen. Das wäre auch im Interesse der Studenten.
    Was macht denn die Regierung unter Ihrer Beteiligung in Sachsen-Anhalt? Sie verlängert jetzt die Schulzeit auf 13 Jahre, obwohl man in zwölf Jahren zum Abitur hätte führen können. Sie führt flächendeckend Orientierungsstufen ein. Wo ist die Vielfalt im Schulsystem in den Ländern, in denen Sie die Verantwortung tragen? Sie sind doch die Vertreter der Einheitsschulformen. Bei uns sitzen die Vertreter der Vielfalt, der Elternentscheidung, des Wettbewerbs und der Systeme.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Wer ist denn eigentlich Anwalt der jungen Generation? Ist es derjenige, der sie erst nach 13 Jahren Schulzeit zum Abitur führen will? Ist es derjenige, der glaubt, es müßten noch mehr und noch längere Studiengänge absolviert werden, weil er annimmt, daß man um so reifer sei, je länger man ausgebildet wurde? Oder ist der der bessere Vertreter der jungen Generation, der hier offen sagt: Es ist besser, wenn die jungen Menschen früher in den Wettbewerb, den Beruf kommen, es ist besser, wenn es für die Kinder pädagogisch verantwortbare Leistungsfeststellungen in der Schule gibt, anstatt ihnen dauernd auszuweichen? Wer hilft denn der jungen Generation besser?
    Ich habe heute aus Nordrhein-Westfalen gehört, man sollte auf Notengebungen in der Grundschule verzichten. Wes Geistes Kind sind denn Leute, die glauben, man könne Kinder ohne jede Leistungsbewertung in eine Gesellschaft entlassen? Das kann doch keine Grundlage einer Politik für die junge Generation sein.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, wir müssen die Globalisierung annehmen, ob sie Herrn Lafontaine gefällt oder nicht. Wir werden nicht nach dem Motto handeln können: Bitte, Tony Blair, erhöhe in Großbritannien die Steuern, damit wir Deutschen wettbewerbsfähiger für Investitionen sind. - Wir müssen schon bei uns selbst aufräumen.
    Ich sage für alle, die anderer Meinung als ich oder die F.D.P.-Fraktion sind: Es ist ein Gebot politischer Führung, den Menschen in Deutschland, deren Ängste wir kennen, zu sagen, daß der Termin der Europäischen Währungsunion eingehalten werden muß, daß die Konvergenzfortschritte in Europa noch nie so eng beieinanderlagen, daß wir die Chance der Währungsunion nicht verpassen sollten.

    (Vorsitz : Vizepräsident Hans-Ulrich Klose)

    Wir müssen ihnen sagen, daß der Euro eine wichtige Antwort für die Märkte ist, die vom Yen und dem nordamerikanischen Dollar dominiert werden, und für Deutschland als exportorientiertes Land eine wichtige Grundlage für die Beschäftigung ist.
    Wir wissen, daß die Menschen in Deutschland zwei Hyperinflationen erlebt haben, und wir verstehen ihre Ängste. Wir müssen ihnen aber sagen, daß verantwortliche deutsche Politik nicht irritieren sollte. Wir müssen den Kurs beibehalten und den Vertrag einhalten, weil wir nach unserer tiefsten Überzeugung auf einer Stabilitätsinsel Deutschland nicht überleben, sondern nur mit unseren Nachbarn in einer Europäischen Währungsunion die Chance haben, den weltweiten Strukturwandel zu bestehen.

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Es gibt immer Versuchungen, das zu vergessen, vor allem dann, wenn Wahlen unmittelbar vor der Tür stehen. Es wäre ein unermeßlicher Fehler deutscher Politik, wenn wir eine neue Eurodiskussion beginnen würden, nur weil in Bayern und in Hamburg gewählt wird. Herr Voscherau äußert sich übrigens auf einmal ganz anders, als das früher wahrnehmbar war.
    Ich sage das deshalb, weil wir beginnen, unsere Nachbarn zu irritieren. Sie verstehen uns nicht und fragen, was mit den Deutschen los ist. Sie erwarten von der politischen Führungsklasse in Deutschland Standing, Vertragstreue und Berechenbarkeit. Das erkläre ich für die Freie Demokratische Partei.

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Wer in Deutschland andere Gruppen wählen will, der soll das tun. Es muß in Deutschland aber klare, berechenbare Konturen auf diesem Kurs geben. Das betrifft nicht nur die Frage der Währungsunion. Ich sage das mit Dank an die Adresse des Bundesaußenministers.
    Vielleicht haben viele geglaubt, nachdem der Warschauer Pakt und die NATO in einer veränderten Situation sind - jener hat sich aufgelöst, dieser steht vor Erweiterungen -, werde die Friedensdividende ausgezahlt, und die Welt sei am Ende der Geschichte angekommen. Daß die Welt nicht am Ende der Geschichte angekommen ist, wissen wir.
    Wir haben auf dieser Welt Regime, in denen Familienclans herrschen, in denen nicht im entferntesten die Prinzipien einer aufgeklärten Gesellschaft das

    Dr. Wolfgang Gerhardt
    politische Gerüst tragen. Wir haben einige hundert Kilometer von unserer Grenze entfernt, in Rußland, immer noch eine Gesellschaft, bei der wir schauen: Wann hört der freie Fall auf? Wann konsolidiert sie sich? Wann kommt dieses Land wirklich nach Europa, auch in seinen inneren Strukturen?
    Solange das so ist, empfiehlt sich jedenfalls die Kontinuität in einer Außenpolitik, die nicht einfach alles vergißt, was uns 50 Jahre Frieden gebracht hat, die die internationale Einbettung sieht - ich sage auch das -, inklusive der Bundeswehr. Die Bundeswehr ist eine Armee in einer Demokratie. Wir danken den Soldaten.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Bei dieser Gelegenheit weise ich darauf hin, daß die PDS in Hamburg ein Plakat aufgehängt hat, auf dem steht: „Soldaten" - das ist ganz groß und in Schwarz gedruckt - „benutzen bisweilen Schaufeln statt Gewehre und sind" - „sind" wieder groß gedruckt - „im militärischen Ernstfall staatlich ausgebildete Mörder".

    (Paul Breuer [CDU/CSU]: Unglaublich! Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Mauerschützen!)

    Das ist aus „Der bewachte Kriegsschauplatz" von Kurt Tucholsky.
    Dieses Zitat ist feige, weil man es selbst nicht zitiert. Es ist infam, und es ist unmenschlich gegenüber den Soldaten, die im Oderbruch den Menschen geholfen haben und die großen Respekt verdienen.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

    Wir sollten dieses Plakat den Menschen im Oderbruch zeigen,

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    damit diese begreifen, daß sie es nicht nur mit einer Partei zu tun haben, die den Alten freundlichst die Rentenanträge ausfüllt, sondern mit einer Partei, die niemals wieder in diesem Land Verantwortung haben sollte. Das muß klargemacht werden.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Es gibt an entscheidenden Abschnitten der deutschen Politik immer politische Kontroversen. Es gibt immer den Glauben: Die nächste Wahl gewinnen wir ganz bestimmt. Ich weiß es noch nicht.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ihr glaubt: Bei der nächsten Regierung sind wir dabei! Die ist nie ohne F.D.P. gewesen!)

    - Herr Kollege Fischer, wenn Sie sich die Geschichte der Wahlen anschauen, dann sehen Sie, daß 1982 gesagt worden ist: Bei der März-Wahl 1983 ist Helmut Kohl ganz bestimmt weg und die F.D.P. sowieso. Es
    ist dann anders ausgegangen. Dann gab es eine Wahl - -

    (Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl: Da war er wieder weg!)

    - Da war er wieder weg. Ich glaube auch, die Sozialdemokraten hatten mehr das Gefühl, daß Helmut Kohl mit Saft und Kraft im Publikum steht, während Herr Vogel mehr mit Saft und Kraft in der Aktenlage beheimatet ist.
    Dann kam eine Wahl, da habe ich gedacht: Jetzt wird es aber kritisch; denn da steht der Umverteiler Helmut Kohl als kalter Vertreter einer kapitalistischen Koalition gegen „versöhnen statt spalten" von Johannes Rau. Erinneren Sie sich, welchen Vorsprung Johannes Rau in Umfragen hatte? Kaum einholbar. Merkwürdigerweise ist die Wahl wieder anders ausgegangen.
    Dann kam die Vereinigung. Da habe ich gelesen, jetzt liege es gar nicht mehr an Personen, sondern die Sozialstruktur der neuen Länder wie Sachsen - alte Industriegesellschaft - sei klar sozialdemokratisch dominiert. Willy Brandt brach nach Eisenach auf. Tausende waren auf dem Marktplatz. Das könne diese rheinische Koalition und Konstellation, die nur in der alten westdeutschen Bundesrepublik begünstigt sei, nie gewinnen. Komischerweise hat sie die Wahl gewonnen.
    Hinterher sind wir alle schlauer. Jetzt kommen viele Ratschläge von denen, die sagen, was man damals alles hätte machen müssen. Herr Fischer, ich lasse mir ungerne Ratschläge geben, was man damals alles hätte tun müssen, und zwar von Ihrer Fraktion, die damals bedenkliche Schwierigkeiten mit der deutschen Einheit hatte.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ewiger Sieg!)

    Nun will ich noch einmal auf die letzte Bundestagswahl kommen. Da kamen sie dann zu dritt: die Troika. Nicht mehr einer kam, sondern sie kamen zu dritt. Da dachte ich: Jetzt wird Helmut Kohl überwältigt. Drei ist wirklich zuviel. - Er hat gewonnen.
    Wir wissen nicht, wer das nächste Mal gewinnt. Zuversicht allein ist kein guter Ratgeber. Aber wir sind entschlossen, die Wahl zu bestreiten, weil wir davon überzeugt sind: Die besseren Konzepte für die Zukunft dieses Landes liegen hier. Dies müssen wir sagen.

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Wir müssen die Konzepte beständig wiederholen. Wir dürfen in der Koalition keine Angst davor haben. Wir dürfen nicht zurückschrecken, wenn wir Gegnerschaft spüren. Eine Politik, die verändern will, hat es immer mit strukturell privilegierten Interessengruppen zu tun, die dagegen sind.

    (Zuruf von der SPD: Da spricht einer!)

    Die Opposition ist Anwalt strukturell privilegierter
    Interessengruppen in festen Beschäftigungsverhält-

    Dr. Wolfgang Gerhardt
    nissen. Wir wollen Anwalt der Leute sein, die durch Veränderung 4,3 Millionen Arbeitslosen neue Chancen geben. Dafür lohnt es sich zu streiten.

    (Langanhaltender lebhafter Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)



Rede von Hans-Ulrich Klose
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Kollege Dr. Gregor Gysi, PDS.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Andrea Lederer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (PDS)

    Herr Gerhardt, Sie haben ein Plakat der PDS in Hamburg angesprochen. Ich will dazu etwas sagen.

    (Paul Breuer [CDU/CSU]: Entschuldigen sollen Sie sich!)

    - Noch sind wir nicht soweit, daß Sie mir vorschreiben, was ich sage. Sie müssen sich schon anhören, was ich Ihnen dazu zu sagen habe.

    (Beifall bei der PDS)

    Erstens hoffe ich, daß wir uns zumindest mit der F.D.P. in der Frage einig sind, daß es richtig ist, daß das Bundesverfassungsgericht entschieden hat, daß das Tucholsky-Zitat benutzt werden darf, und zwar straffrei.

    (Joachim Hörster [CDU/CSU]: Unverschämt! Weitere Zurufe von der CDU/ CSU)

    Zweitens füge ich hinzu, daß das Plakat in Hamburg politisch falsch und töricht ist und daß das überhaupt nicht die Politik der PDS ist.

    (Beifall bei der PDS)

    Wir würden das normalerweise auf einem Plakat weder zitieren noch - und das schon gar nicht - mit dem Einsatz der Bundeswehr im Oderbruch in Zusammenhang bringen.
    Ich glaube, so deutlich hat sich hier noch nie jemand von einem Plakat seiner eigenen Partei distanziert, wie ich das in diesem Augenblick getan habe. Das könnten Sie, nebenbei gesagt, durchaus einmal würdigen.

    (Beifall bei Abgeordneten der PDS)

    Aber wir haben das auch praktisch bewiesen, und zwar dadurch, daß gerade die Mitglieder der PDS, eine Vielzahl von Sozialistinnen und Sozialisten, im Oderbruch aktiv bei der Hilfe waren, als es darum ging, die Schäden zu beseitigen.

    (Beifall bei Abgeordneten der PDS)

    Das ist die einzige Gruppe, die in der Sondersitzung sowohl den Einsatz der Soldaten als auch den Einsatz anderer Bürgerinnen und Bürger diesbezüglich gewürdigt und zugleich von ihren Einkommen 30 000 DM gespendet hat, um dort Schäden zu beseitigen. Unser Aufruf an die anderen Fraktionen, sich daran zu beteiligen, ist verhallt. Wenn es um schöne Worte geht, dann stehen Sie vorne. Aber wenn es ans
    eigene Portemonnaie geht, dann weichen Sie zurück. Das ist unsere Erfahrung aus diesem Aufruf.

    (Beifall bei der PDS Ingrid MatthäusMaier [SPD]: Ich lasse mir von Ihnen doch nicht vorschreiben, wohin ich spende!)

    - Nein, das war ja nicht „vorschreiben", das war eine Bitte. Das war eine Bitte, Frau Matthäus-Maier. Sie hätten sich an der Aktion beteiligen können. Daß Sie das nicht müssen, das weiß ich.

    (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Ich habe gespendet, aber nicht bei Ihnen!)

    Jetzt geht es hier aber eigentlich um den Haushalt. Deshalb sage ich Ihnen dazu folgendes: Herr Gerhardt, Ihre ganze Rede wäre sehr viel glaubwürdiger gewesen, wenn Sie in den vergangenen Monaten einen Schritt gegangen wären, den Sie nicht gegangen sind. Der Kanzler bittet Sie seit ewigen Zeiten, Mitglied des Bundeskabinetts zu werden. Auch Herrn Sohns bittet er seit ewigen Zeiten, in das Kabinett einzutreten. Wenn die Regierung so großartig wäre, wie Sie sie hier dargestellt haben, dann wären Sie diesen Schritt längst gegangen. Sie gehen ihn nicht, weil sie wissen, daß Ihr Ruf Schaden nimmt, wenn Sie in diese Regierung eintreten. Das ist Ihr Motiv, und das zeigt, was Sie in Wirklichkeit von dieser Bundesregierung halten.

    (Beifall bei der PDS)

    In einer Haushaltspolitik zeigen sich die unterschiedlichen sozialen und natürlich auch politischen Ziele einer Koalition bzw. einer Partei im Vergleich zur Opposition. Aber was man von jeder Regierung verlangen kann - ganz egal, ob sie eine gerechte oder ungerechte Politik macht, ob sie unseren Vorstellungen entspricht oder nicht -, ist, daß sie wenigstens das Handwerkszeug beherrscht. Tatsache ist doch eines: Sie haben sich bei den Ausgaben - das wissen wir heute - um mindestens 20 Milliarden DM verschätzt. Sie haben sich bei der Neuverschuldung um mindestens 20 Milliarden DM verschätzt. Das heißt, Sie sind ja nicht einmal mehr in der Lage, Ihre Politik handwerklich sauber rüberzubringen. Sie können keinen Haushalt mehr aufstellen, der auch nur einigermaßen seriös ist. Das ist der Zeitpunkt, in dem Sie ehrlicherweise bekennen müßten, daß Sie in jeder Hinsicht überfordert seien, was Sie aber nicht tun.

    (Beifall bei der PDS)

    Ich nenne nur ein Beispiel für den Haushalt 1997. Ich nehme an, daß sich die SPD noch gut daran erinnern wird, daß die Bundesregierung im Entwurf zunächst ernsthaft vorgesehen hatte, überhaupt keine Zuschüsse an die Bundesanstalt für Arbeit zu zahlen. Nur durch Druck der Opposition gelang es, in den Haushalt wenigstens 4,5 Milliarden DM aufzunehmen. Tatsächlich wurden es 15 Milliarden DM.
    Eine Regierung, die ernsthaft glaubt, keine Mark für die Bundesanstalt für Arbeit zu benötigen, um dann 15 Milliarden DM zu bezahlen, beweist, daß sie nicht einmal mehr ihr Handwerkszeug beherrscht.

    Dr. Gregor Gysi
    Sie ist einfach am Ende. Sie ist nicht mehr in der Lage, eine solide Finanzpolitik zu machen.

    (Beifall bei der PDS)

    Jetzt planen Sie im Ernst für 1998 lediglich eine Neuverschuldung von 57,8 Milliarden DM. Sie wissen doch schon heute, daß diese Zahl nicht stimmen wird. Wann legen Sie denn wenigstens einmal einen ehrlichen Haushalt vor, statt sich ein Jahr lang mit Tricks über Bundesbank-Goldreserven, Erbsen, Erdöl und ähnliches hinüberretten zu wollen? Das ist das mindeste, was eine Regierung leisten muß, wozu Sie aber nicht in der Lage sind.

    (Beifall bei der PDS)

    Wahr ist allerdings nicht, daß es keine Nutznießerinnen und Nutznießer Ihrer Politik gäbe. Die gibt es. Das sind die großen Konzerne, das sind die Banken. Deren Gewinne schnellen in die Höhe. Das sind auch die Großaktionäre, denn bei jeder Meldung über weitere Entlassungen in Konzernen steigt der Wert der Aktien. Das ist die Realität.
    Sie haben einmal gesagt: Wenn es der Wirtschaft gutgeht, werden Arbeitsplätze geschaffen. Das Gegenteil ist der Fall. Je mehr Arbeitsplätze abgebaut werden, desto besser geht es zumindest bestimmten Teilen der Wirtschaft. Das ist das eigentliche Problem, mit dem wir es hier zu tun haben.

    (Beifall bei der PDS)

    Jetzt werde ich Ihnen einmal etwas zur Steuerbelastung sagen: Es gibt eine hochinteressante Untersuchung der Universität Mannheim zur Entwicklung der Steuerbelastung von 1989 bis 1994. Dies sollten Sie sich wirklich anhören: In dieser Zeit sank bei 30 untersuchten DAX-Unternehmen die Steuerbelastung von 54,5 auf 31,4 Prozent, ohne daß Arbeitsplätze geschaffen wurden. Ganz im Gegenteil.
    Dabei muß man wissen, daß in dieser Zeit, von 1989 bis 1994, Daimler-Benz gar keine Steuern gezahlt hat, Mannesmann gar keine Steuern gezahlt hat und die Metallgesellschaft keine Steuern gezahlt hat, und zwar auf Grund von erheblichen Spekulationsverlusten. Die Allianz-Versicherung hat 1,4 Prozent Steuern gezahlt, Continental 0,2 Prozent, Degussa 6,0 Prozent, Lufthansa 8,0 Prozent und Siemens 6,9 Prozent.
    Rechtlich lag die Steuerbelastung in dieser Zeit bei 71 Prozent. Aber real wurde das gezahlt, was ich hier gesagt habe. Deshalb hören Sie auf, mit theoretisch denkbaren Steuern zu operieren. Sagen Sie der Bevölkerung endlich, welche Steuern tatsächlich gezahlt werden. Die liegen auf der Ebene, die ich Ihnen genannt habe.

    (Beifall bei der PDS)

    Von den rechtlich zulässigen Steuern wurden von den Unternehmen in den letzten Jahren höchstens 50 Prozent gezahlt. Alles andere fiel unter den Tisch. Aber es muß jemand zahlen. Es zahlen die kleinen und mittelständischen Unternehmen, die ehrlich Steuern zahlen müssen. Es zahlen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, aber nicht die großen Konzerne, nicht die großen Versicherungen und nicht die
    Banken. Das ist das Problem, mit dem wir es hier zu tun haben.
    Deshalb sage ich Ihnen: Das Schlimme an Ihrer Steuerreform ist, daß Sie genau diese Politik fortsetzen wollen, weiter dort Entlastungen wollen, wo schon heute kaum Steuern gezahlt werden. Wer soll das bezahlen? - Wieder dieselben Gruppen: Die kleinen und mittelständischen Unternehmer, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und diejenigen, die auf Sozialhilfe, Arbeitslosenhilfe oder Arbeitslosenunterstützung angewiesen sind. Diesen Weg können wir einfach nicht mitgehen. Hier ist die eigentliche Kurskorrektur erforderlich.
    Das sage ich Ihnen, Herr Glos, auch in aller Deutlichkeit: Wenn Sie in diesem Zusammenhang sagen, wir hätten weniger Probleme auf dem Arbeitsmarkt, wenn wir weniger Ausländerinnen und Ausländer hätten, dann schüren Sie hier ganz gefährliche Ängste. Das wird Auswirkungen haben, die höchstgefährlicher Natur sind. Auch wissen Sie, daß es nicht stimmt. Wir brauchen keine Entsolidarisierung unten in der Gesellschaft, sondern wir müssen Reichtum begrenzen, wenn wir Armut wirksam bekämpfen wollen. Einen anderen Weg wird es nicht geben.

    (Beifall bei der PDS)

    Das Operieren mit Zahlen halte ich überhaupt für inhuman und gefährlich. Wo soll denn das enden? Wir haben sehr viele prekäre Arbeitsverhältnisse, in denen Frauen beschäftigt sind. Wann kommt der Tag, an dem Sie sagen, wir haben zu viele Frauen? Wir haben Rentenprobleme. Wann kommt der Tag, an dem Sie sagen, wir haben zu viele ältere Menschen? Das ist eine Einstellung, die sich dieser Bundestag gerade bei der Geschichte Deutschlands wirklich nicht leisten kann. Hier wünsche ich mir entschiedenen Protest.

    (Beifall bei der PDS)

    Dann kommt in dieser Situation die Bundesregierung und sagt, wir müssen jetzt die Spitzensteuersätze senken. Wer zahlt denn hier überhaupt noch die Spitzensätze bei der Einkommensteuer? Wem wollen Sie denn da zusätzliche Geschenke machen? Hören Sie doch auf mit der längst widerlegten These, daß, wenn diese Steuern gesenkt werden, Arbeitsplätze geschaffen würden. Die Gewinne liegen doch schon auf Spitzenhöhen. Die Aktienkurse haben Spitzenhöhen erreicht. Es gibt immer mehr Einkommensmillionäre. Wir haben auch eine wachsende Zahl von Vermögensmilliardären in der Bundesrepublik Deutschland. Auf dem Arbeitsmarkt hat uns das nichts genützt. Sie haben nur Reichtum befördert und dadurch Armut ausgeweitet. Das kann unmöglich die Politik von Sozialistinnen und Sozialisten sein. Deshalb werden wir diesen Weg nicht mitgehen.

    (Beifall bei der PDS)

    Ich sage Ihnen auch etwas, das für mich auch ein Problem bei der SPD darstellt: Wann reformieren wir endlich die Lohnnebenkosten, um eine neue Bemessungsgrundlage zu finden, nämlich die Wertschöpfung der Unternehmen? Das wäre viel flexibler. Es gäbe weniger Entlassungen. Die Abgaben würden

    Dr. Gregor Gysi
    flexibler auf veränderte Bedingungen des Unternehmens reagieren. Der andere, von Ihnen vorgeschlagene Weg, die Erhöhung der indirekten Steuern, um Beiträge zu senken, heißt doch immer, daß Millionen Menschen, die gar nichts mit den Beiträgen zu tun haben, die auch nichts mit den Lohnnebenkosten zu tun haben, das alles mitbezahlen. Es beträfe die Kinder, die Schülerinnen und Schüler, die Studentinnen und Studenten, die Frauen in den prekären Arbeitsverhältnissen, die Wehrpflichtigen, die Rentnerinnen und Rentner; sie alle müßten die erhöhte Mehrwertsteuer auch bezahlen. Deshalb glaube ich, daß das der falsche Weg zur Senkung von Kosten in der Wirtschaft wäre.

    (Beifall bei der PDS)

    Dann wird immer mit großem Stolz darauf verwiesen, daß die Exportwirtschaft boomt. Das stimmt; daran hat auch der Herr Bundeskanzler durchaus seinen persönlichen Anteil; ich denke da zum Beispiel an China und andere Länder. Das Problem ist nur eines, Herr Bundeskanzler: Nur 20 Prozent unserer Arbeitsplätze hängen an der Exportwirtschaft, 80 Prozent hängen an der Binnenwirtschaft. Da frage ich Sie: Was tun Sie für die Binnenwirtschaft? Nichts! Die Kaufkraft ist ständig rückläufig. So kann sich eine Binnenwirtschaft nicht entwickeln. Das ist doch völlig eindeutig. Wenn Sie dann noch unter falschen Bedingungen den Euro einführen, dann bedeutet das das Aus für viele kleine und mittelständische Unternehmen, die auf den Binnenmarkt angewiesen sind. Das ist die Realität, mit der wir es zu tun haben.

    (Beifall bei der PDS)

    Natürlich brauchen wir Projekte, die auch finanzierbar sein müßten. Die Arbeitslosigkeit ist das Hauptproblem. Gestern haben wir gehört, daß sie in den alten Bundesländern 10 Prozent, in den neuen Bundesländern aber 18 Prozent beträgt, Herr Bundeskanzler. Sie haben den Menschen dort einmal blühende Landschaften versprochen. Sie haben den Aufschwung Ost versprochen. Diese Plakate sieht man in den neuen Bundesländern nirgendwo mehr. Sie haben sie schamvoll zurückgezogen. Sie beschneiden dort Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. Das ist nicht das Gelbe vom Ei. Mir ist der erste Arbeitsmarkt auch lieber als der zweite. Aber er hilft doch wenigstens. Man kann doch nicht den zweiten beseitigen, wenn man am ersten nichts oder höchstens Rückläufiges bewegt. Das ist nicht nur, aber vor allem die Situation in den neuen Bundesländern.

    (Beifall bei der PDS)

    Wie sieht es überhaupt mit Ihrer Politik bei der deutschen Einheit aus? Wo sind wir da angelangt? Die wirtschaftliche Entwicklung verlangsamt sich dort. Der Abstand zu den alten Bundesländern wird ja nicht etwa langsam geringer, sondern er wird größer. Die Löhne bleiben zurück. Die Preise steigen. Erklären Sie doch einmal den Menschen, die zum Beispiel Grundbesitz in den neuen Bundesländern haben, wie sie die Wasser- und Abwasseranschlußkosten, die Straßenbaugebühren noch bezahlen sollen, die sämtlich höher als in den alten Bundesländern liegen. Sie können das einfach nicht finanzieren. Aber es wird so weitergemacht und auf diesem Weg
    nach „Rückgabe vor Entschädigung" die zweite kalte Enteignung organisiert.

    (Beifall bei der PDS)

    Die Zahl der prekären Arbeitsverhältnisse steigt an. Darin liegt auch noch ein kleiner Akt der Demütigung; das muß ich Ihnen einfach einmal sagen. Ich habe ja überhaupt etwas gegen diese prekären Arbeitsverhältnisse, weil ich der Meinung bin, daß wir eine soziale Absicherung, eine Rentenabsicherung und vieles andere mehr brauchen. In diesem Bereich arbeiten überwiegend Frauen, in Deutschland insgesamt 6 Millionen. Aber jetzt passiert folgendes: Im Westen bekommt die Frau in einer solchen Situation für die gleiche Arbeit in der gleichen Zeit 610 DM. Alle kennen das auch nur als 610-DM-Job. Im Osten bekommt sie aber nur 520 DM, 90 DM weniger, bei gleichen Preisen. Erklären Sie doch einmal einer Verkäuferin in den neuen Bundesländern, weshalb sie bei einem so niedrigen Lohnniveau, wo es nur noch um die Größenordnung von Armut geht, noch einmal um 90 DM gedemütigt werden muß und ihr gesagt werden muß, daß sie 90 DM weniger wert ist. Das ist unerträglich, und das hat mit Einheitspolitik nichts, aber auch überhaupt nichts zu tun.

    (Beifall bei der PDS)

    Dann komme ich zum Problem der Ausbildungsplätze. 150 000 fehlen in diesem Jahr. Jetzt machen sich alle Sorgen. Jetzt sagt das Kabinett: Wir vergeben öffentliche Aufträge nur noch an Unternehmen, die ausbilden - zumindest wenn das Angebot mit dem eines anderen Unternehmens, das nicht ausbildet, gleichwertig ist; das ist natürlich schon eine kleine Komplikation. Es ruft dann dazu auf, die Länder mögen das genauso machen. Nun frage ich Sie: Warum erst jetzt? Warum diese eine kleine Maßnahme nicht schon vor Monaten, als das alles absehbar war? Jetzt nützt das den 150 000 gar nichts mehr.
    Aber das eigentliche Problem ist doch ein anderes. 150 000 Ausbildungsplätze fehlen - in einem Land, das über 5 Billionen DM Geldvermögen verfügt, in einem Land, in dem Reichtum permanent zunimmt. Es fehlt nicht an Geld, wir müssen es anders einnehmen und anders verteilen.

    (Beifall bei Abgeordneten der PDS)

    Dazu würde gehören, über die Bundesanstalt für Arbeit diese 150 000 Ausbildungsplätze sofort zur Verfügung zu stellen. Wer das nicht leistet, eine Regierung, die das nicht macht, trotz dieses Geldvermögens nicht macht, versündigt sich an der nächsten Generation. Das werden Schäden sein, die kaum noch reparabel sein werden.

    (Beifall bei der PDS)

    Sie reden hier immer so gerne und so viel von Kriminalität. Aber ich sage Ihnen: Wer Ausbildungsplatzmangel, wer Massenarbeitslosigkeit, wer soziale Ungerechtigkeit organisiert, der organisiert in Wirklichkeit Kriminalität. Da hilft es uns gar nichts, wenn wir, wenn man schon organisierte Kriminalität bekämpfen will, über den großen Lauschangriff in Ihren Wohnungen mithören dürfen; denn da werden Sie auch nichts Intelligenteres sagen als hier.

    Dr. Gregor Gysi
    Aber ich sage Ihnen auch: Es ist immer der falsche Weg, Kriminalität zu benutzen, um Grundrechte einzuschränken. Man bekämpft Kriminalität, um Grundrechte zu bewahren. Deshalb können wir diesen Weg nicht mitgehen, der hier vorgeschlagen worden ist.

    (Beifall bei der PDS)

    Lassen Sie mich zum Schluß in diesem Zusammenhang etwas zur Europäischen Währungsunion sagen. Sehen Sie, das Problem ist, daß wieder ein Verzicht auf Politik vorliegt. Wie müßte eine europäische Integration aussehen? Sie müßte in einem politischen Prozeß die Harmonisierung der Steuern erreichen, in einem politischen Prozeß die Angleichung der Löhne, die Angleichung ökologischer und sozialer Standards und auch juristischer Standards. Das schafft diese Regierung nicht. Das ist schwer; das gebe ich zu. Aber statt dessen wollen Sie eine einheitliche Währung einführen und über den Markt ohne Politik die Angleichung erzwingen, und zwar nach unten, das heißt mit mehr Massenarbeitslosigkeit, mit Abbau von sozialen Standards, mit immer mehr Pleiten von kleinen und mittelständischen Unternehmen. Dazu können wir doch nicht auch noch ja sagen.
    Herr Fischer, das ist kein Internationalismus. Das ist das Gegenteil davon, weil Nationalisten diese negativen Ergebnisse nutzen werden, um den Nationalismus zu schüren. Genau das wollen wir verhindern.

    (Beifall bei der PDS)

    Wissen Sie, wenn Herr Gerhardt sagt, wir sollten hier nie wieder Verantwortung haben, dann muß ich ihm sagen: Wir haben sie längst. Erstens liegt das an dem Mißverständnis, daß Sie immer denken: Opposition hat keine Verantwortung. Zweitens stellen wir eine Vielzahl von Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern, und nirgendwo, wo wir sie stellen, sind Katastrophen die Folge gewesen. Ich glaube, mit solchen Argumenten sollten Sie etwas vorsichtiger umgehen. Im Gegenteil: Wir machen da eine ziemlich bürgernahe Politik, die sich bewährt und die auch zunehmend Akzeptanz findet.
    Herr Glos, Ihnen will ich noch eines sagen: Wenn wir hier um Glaubwürdigkeit im Parlament ringen, dann können wir nicht gemeinsam verurteilen, wie Paparazzi vorgehen, wenn Sie hier Eheprobleme von Politikern im Wahlkampf zum Gegenstand von Bundestagsdebatten machen. Das ist unerhört. Das ist nicht unsere Aufgabe.

    (Beifall bei der PDS)

    Lassen Sie die Probleme dort, wo sie hingehören, und führen Sie sie nicht in den Bundestag ein. Das sage ich bei allen Differenzen, die ich mit Herrn Schröder habe. Aber das geht nicht; das will ich so deutlich hier verkünden.
    Diese Bundesregierung ist angetreten mit dem Ziel, die deutsche Einheit zu vollenden. Davon sind wir heute weiter entfernt als 1990. Sie ist angetreten, die europäische Integration zu vollenden. In diesem Bereich gibt es heute mehr Ängste und mehr Mißverständnisse als noch vor vielen Jahren. Sie ist angetreten, Arbeitslosigkeit abzubauen. Der Bundeskanzler hat gesagt, er wolle die Arbeitslosigkeit bis zur Jahrhundertwende halbieren. Davon kann heute überhaupt keine Rede mehr sein. Sie führen immer noch das Wort von der sozialen Gerechtigkeit im Munde. Davon kann schon überhaupt keine Rede mehr sein.
    Nein, es geht nicht allein um einen Regierungswechsel. Wir brauchen wirklich einen sehr grundlegenden Politikwechsel mit völlig neuen Ansätzen in der Steuerpolitik, in der ökologischen Politik und in der Sozialpolitik. Das geht mit diesem Kabinett nicht mehr. Ein Kanzler, der nicht einmal mehr die Kraft hat, Minister auszuwechseln, hat schon gar nicht mehr die Kraft, die Politik zu wechseln, was dringend erforderlich wäre. Deshalb sage ich noch einmal: Hören Sie lieber freiwillig auf, bevor Sie sich die Niederlage im nächsten September organisieren! Es wäre der leichtere Weg für uns alle.
    Sie sind verpflichtet, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden. Sie haben schon viel Schaden angerichtet. Aber Sie könnten ihn minimieren, wenn Sie wenigstens schnell aufhören und den Weg für wirkliche gesellschaftliche Veränderungen und für eine wirklich andere Politik frei machen. Dafür wäre es dringend erforderlich, daß wir wählen.
    Wenn Sie bis zum nächsten Jahr warten, dann heißt das, daß wir uns weiter durchwursteln, daß der Haushalt nicht stimmt, daß wir wieder einen Nachtragshaushalt bekommen, daß wir neue Tricks erleben, daß die Arbeitslosigkeit und die soziale Ungerechtigkeit wachsen werden. Diese verlorene Zeit wird so schnell nicht aufzuholen sein. Wenn Sie einen Rest von Gewissen verspüren, müßten Sie dies akzeptieren und sagen: Es ist höchste Zeit für einen Neuanfang in dieser Gesellschaft.