Rede von
Dr.
Theodor
Waigel
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Scharping, alles, was Sie heute hier gesagt haben, hätten Sie am nächsten Dienstag oder Mittwoch genauso sagen können, ohne daß Sie in dieser Zeit etwas verändert hätten, und Sie hätten dann nicht heute, am Weltspartag, dem Steuerzahler eine sechsstellige Zahl zumuten müssen, die er für eine überflüssige Sitzung entrichten muß.
Übrigens, Herr Kollege Scharping, Sie haben zur Abwesenheit des Bundeskanzlers eine unqualifizierte Bemerkung gemacht.
Sie wissen genau, wo er sich aufhält. Sie wissen auch, warum er sich dort aufhält: um dort Aufträge für Arbeitsplätze in Deutschland zu gewinnen.
Ich gehöre diesem Hohen Hause seit 1972 an. Es wäre mir nie eingefallen, bei einer Auslandsreise von Willy Brandt oder von Helmut Schmidt in dieser dümmlichen, unqualifizierten Art und Weise einen Bundeskanzler zu bewerten.
Wenn es stimmt - ich habe das nicht nachgerechnet -, daß Helmut Kohl heute länger im Amt ist als Konrad Adenauer, dann gratulieren wir ihm zu dieser großen Leistung nicht nur der Länge, sondern auch der Qualität seiner Regierungspolitik. Wir sind stolz auf diesen Bundeskanzler.
- Frau Präsidentin, die Damen und Herren von der Linken sind offensichtlich relativ aufgeregt von ihren Reisen zurückgekommen. Aber das wird uns nicht davon abhalten, an diesem Nachmittag das Notwendige zu sagen. Ich habe ohnehin nicht gewußt, was ich mit diesem Nachmittag sonst anfangen kann, und freue mich, daß ich auf diese Art und Weise zu Ihrer Rolle in der Finanzpolitik etwas sagen kann.
Es geht Ihnen nicht um die Sache, sonst hätten Sie diese Debatte nächste Woche geführt. Es geht Ihnen um vordergründige Parteitaktik.
Sie mehren damit nicht den Nutzen, vielmehr wird mit dieser Sitzung das Geld des Steuerzahlers zum Fenster hinausgeworfen.
Bundesminister Dr. Theodor Waigel
Es ist eine billige Effekthascherei, wie Sie hier mit viel Polemik versuchen, eine Debatte zu inszenieren, für die es faktisch keine neue Grundlage gibt.
Anstatt sich konstruktiv mit Sachfragen auseinanderzusetzen, bremsen und blockieren Sie weiter. Sie, Herr Scharping, haben nicht einen einzigen konkreten Vorschlag gemacht, wie die Nettokreditaufnahme des nächsten Jahres verringert werden soll.
Sie haben sich den Anweisungen Ihres Parteivorsitzenden, der Sie vor einem Jahr entmachtet hat, gefügt und das Jahressteuergesetz 1997 in wichtigen Teilen blockiert. Sie kritisieren die Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer und ihre Gegenfinanzierung. Dabei müßten Sie genau wissen, daß im Hearing des Finanzausschusses diese Gegenfinanzierung, auf die wir natürlich auch lieber verzichten würden, von allen, von der Wirtschaft bis hin zum Handwerk, akzeptiert, als richtig empfunden und mitgetragen wird, weil der Wegfall dieser Substanzsteuer für die Betriebe und für die Wirtschaft wichtiger ist als Liquiditätsverschiebungen. Darauf sind Sie nicht eingegangen.
Wenn die Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer an Ihnen scheitert, sind Sie nach 1992 wieder dafür verantwortlich, daß eine wichtige Steuerstrukturreform nicht stattfinden kann, daß diese schlechte Steuer im Osten noch eingeführt werden muß und die Betriebe im Osten zusätzlich mit 500 Millionen DM belastet werden, von denen wir nicht wissen, wie wir ihnen das über die Steuer wiedergeben können. Dies ist der falsche Weg, vor dem Sie auch heute wieder falsches Zeugnis abgelegt haben.
Herr Scharping, Sie und die SPD betreiben ein Doppelspiel: Einerseits bekennen Sie sich zu den Kriterien und zum Fahrplan von Maastricht. Andererseits blockieren Sie durch die Bundesratsmehrheit die notwendige Konsolidierung auf der Ausgabenseite. Das wirkt sich nicht nur negativ auf den Bundeshaushalt - sowohl beim Vollzug 1996 als auch für 1997 - aus, sondern Sie blockieren damit auch die Konsolidierung bei Ländern und Kommunen. Das war beim Sozialhilferecht so, und das ist beim Asylbewerberleistungsgesetz so.
Sie haben auch eine weiß Gott schmerzliche Einsparung im nächsten Jahr verweigert, nämlich die Erhöhung des Kindergeldes um ein Jahr zu verschieben.
Sie wissen, daß dies alles andere als schön für uns war. Sie wissen aber auch ganz genau, daß ein Teil der von Ihnen regierten Länder froh darüber gewesen wäre, wenn sie diese Entlastung für ein Jahr gehabt hätten. Nein, Sie beklagen alles, Sie fordern mehr, und Sie haben nicht einen einzigen Sparvorschlag für 1996 oder 1997 angeboten.
Im Gegenteil. Sie sind für ein höheres Defizit beim Vollzug des Haushalts 1996 verantwortlich.
Es ist Ihre Schuld, daß die Nettokreditaufnahme nicht gesenkt werden kann und die Investitionen nicht gesteigert werden können.
Dies hat Ihnen auch der letzte Deutschlandbericht der OECD ganz deutlich ins Stammbuch geschrieben: Die OECD appelliert an den Bundesrat, die Konsolidierung nicht länger zu blockieren. Der Sachverständigenrat hat es ähnlich formuliert.
Wir haben das Konzept der symmetrischen Finanzpolitik, die die Senkung der Staatsquote als Basis für eine Defizitrückführung und die Senkung der Steuer- und Abgabenlast zur Voraussetzung hat. Wir haben unsere Finanzpolitik langfristig angelegt und dies nicht erst seit gestern.
Dazu gehört die finanzpolitische Bewältigung der deutschen Einheit.
Offensichtlich ist Ihr Gedächtnis so kurz, daß Sie sich nicht einmal an das erinnern können, was in dem Zusammenhang 1994, 1995 und 1996 allein im Bundeshaushalt erfolgt ist.
Sie wissen, daß die Transferausgaben für die neuen Länder einen Schwerpunkt im Bundeshaushalt bilden.
1996 gab es Ausgaben von 90 Milliarden DM im Soll, 1997 gibt es Ausgaben von 81 Milliarden DM auf der Basis des Regierungsentwurfs.
Darin sind allein Investitionszuschüsse in Höhe von jährlich 6,6 Milliarden DM enthalten.
Sie wissen ganz genau, daß der Bund die Hauptlast der Neuregelung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen getragen hat. Die Übernahme der Erblasten kostet den Bundeshaushalt 1996 25,7 Milliarden und 1997 26,5 Milliarden DM. Wir haben auf sieben Umsatzsteuerpunkte verzichtet. Bundesergänzungszuweisungen zugunsten der neuen Länder kosten 1996 35 Milliarden DM und 1997 36 Milliarden DM.
Darüber hinaus beteiligt sich der Bund mit jährlich rund 3 Milliarden DM am Schuldendienst für den Fonds Deutsche Einheit.
Wir haben im Bundeshaushalt den Kohlepfennig von 8 Milliarden DM und die Finanzierung der zweiten Stufe der Bahnreform übernommen. Wir haben die Länder 1997 in der Größenordnung von 12 Milliarden DM im Rahmen der Regionalisierung des Schienenpersonennahverkehrs ausgestattet.
Bundesminister Dr. Theodor Waigel
Meine Damen und Herren, das sind riesige Summen.
Das sind riesige Leistungen, die wir in den letzten Jahren erbracht haben und über die Sie nicht hinweggehen können. Es ist billige, primitive Polemik, die Sie hier betreiben, wenn Sie die Fakten nicht zur Kenntnis nehmen.
Sie verweigern sich Reformen im Sozialsystem. Sie sind eine Reformverhinderungspartei. Sie verweigern sich den Notwendigkeiten auf den Arbeitsmärkten, obwohl Ihre ausländischen Freunde Ihnen in anderen Ländern ein anderes Beispiel geben.
Sie haben überhaupt kein Konzept, kein einziges vernünftiges Rezept zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit vorgeschlagen, kein Rezept für mehr Investitionen und nachhaltiges Wachstum. Außer Sprüchen, Herr Scharping, war in Ihrer Rede nichts, aber auch gar nichts enthalten.
Meine Damen und Herren, die Rahmenbedingungen der Finanzpolitik werden derzeit von deutlich geringeren Steuereinnahmen und höheren Arbeitsmarktausgaben geprägt.
Die Ursache dafür ist ein deutlich niedrigeres Wachstum als ursprünglich angenommen. Sie haben die Steuerschätzung vom November vergangenen Jahres nicht bestritten, an der schließlich auch Ihre Länder beteiligt sind.
An diese Steuerschätzungen haben wir uns zu halten, im Bund genauso wie in den Ländern. Ich lasse mir doch von Ihnen keine Manipulationen an Zahlen vorhalten,
wo Ihre eigenen Parteifreunde dabeigewesen sind, nach deren Zahlen wir uns zu richten haben. Das ist doch die Wahrheit bei den Prognosen und bei den Steuerschätzungen!
Im Mai dieses Jahres hat der Arbeitskreis Steuerschätzung für den öffentlichen Gesamthaushalt 1997 Steuermindereinnahmen von 66,5 Milliarden DM gegenüber der Schätzung vorn Mai 1995 festgestellt. Auf den Bund entfallen davon rund 30 Milliarden DM.
Die öffentlichen Haushalte, allen voran der Bund, haben nicht erst 1997 mit Einsparungen auf Zusatzbelastungen im Haushalt reagiert. Seit 1994 haben wir verstärkt disponible Ausgaben im Bundeshaushalt zurückgeführt, 5 Milliarden DM Einsparungen
durch eine globale Minderausgabe in 1994, vollständige Aufnahme der Mittel für die Kohleverstromung in den Bundeshaushalt in 1996, vollständige Gegenfinanzierung des Familienleistungsausgleichs in der Größenordnung von 6 Milliarden DM in 1996 und weitere 7 Milliarden DM Haushaltseinsparungen im Haushalt 1997 als Teil des Programms für mehr Wachstum und Beschäftigung.
Das Ergebnis allein dieser Einsparungen und Umschichtungen von insgesamt 25 Milliarden DM seit 1994 ist deutlich in den Einzelplänen 1997 abzulesen. Im Regierungsentwurf weisen 15 von 25 Einzelplänen zum Teil deutliche Ausgabenrückgänge gegenüber dem verfügbaren Soll 1996 auf. Nach aktuellem Stand gehen 1997 die Ausgaben um 2,5 Prozent gegenüber dem Plan 1996 zurück.
Was wollen Sie eigentlich kritisieren? Daß wir sparen oder daß wir an anderer Stelle nicht mehr ausgeben? Wenn Sie mehr ausgeben wollen, dann sagen Sie, wo Sie sparen wollen! Wollen Sie Steuern erhöhen? Wollen Sie Ausgaben senken? Was wollen Sie? Außer Sprüchen ist nichts erkennbar. Das offenbart das ganze Dilemma Ihrer konzeptionslosen Politik.
Zwischen 1993 und dem Jahr 2000 beträgt der durchschnittliche Ausgabenzuwachs nur knapp 1 Prozent. Zwischen 1969 und 1982, zur Zeit der SPD-Regierung, betrug diese Rate 8,7 Prozent.
Allein mit unserer symmetrischen Finanzpolitik und einer geringeren Steigerung des öffentlichen Gesamthaushalts im Verhältnis zum nominalen Bruttosozialprodukt entsteht die Chance, Staatsquote, Defizitquote und dann auch Steuern dauerhaft zu senken. Der Anteil der Bundesausgaben am Bruttosozialprodukt beträgt 12,5 Prozent im Jahre 1997. Das ist ein Tiefstand, den wir zuletzt 1954 hatten.
Seit 1993 hat die SPD-Mehrheit im Bundesrat ein Entlastungsvolumen des Bundes von rund 6 Milliarden DM, bezogen auf das Jahr 1996, blockiert.
Schon 1993 wollten wir die Bezugsdauer für Arbeitslosenhilfe auf zwei Jahre begrenzen. Sie haben das blockiert.
Allein das macht 4 Milliarden DM aus.
1995 haben wir das Arbeitslosenhilfe-Reformgesetz vorgelegt. Statt zum Jahresbeginn 1996 trat es wegen der Blockade der SPD erst zum 1. Juni in Kraft und belastet den Bundeshaushalt mit 1 Milliarde DM.
Die Mißbrauchsbekämpfung in Form einer stärkeren Vermögenserfassung bei Beziehern von Arbeitslosenhilfe und der Wegfall der originären Arbeitslo-
Bundesminister Dr. Theodor Waigel
senhilfe hätten den Bundeshaushalt nochmals um 1,3 Milliarden DM entlastet.
Anstatt beim Sozialhilferecht und beim Asylbewerberleistungsgesetz kooperativ zu sein, um damit Länder und Kommunen zu entlasten, haben Sie auch dies verhindert. Sie sind die Blockierer einer wirksameren Konsolidierung, die wir gern hätten und die wir gegen Sie leider nicht stärker durchsetzen können.
Zum Haushaltsvollzug 1996: Die Experten hatten im letzten Jahr für 1996 noch ein Wachstum von real plus 2,4 vom Hundert und eine durchschnittliche Arbeitslosenzahl von rund 3,5 Millionen angenommen. Nach ursprünglichen Korrekturen auf nur einen dreiviertel Prozentpunkt Wachstum gehen die Schätzungen derzeit von einem Wachstum des Bruttoinlandprodukts von real 1 bis 1,5 Prozent aus. Für den Arbeitsmarkt werden jedoch für 1996 im Durchschnitt rund 500 000 Arbeitslose mehr erwartet, als im Herbst 1995 angenommen.
Für den Bund bedeutet diese Entwicklung Steuermindereinnahmen von über 14,5 Milliarden DM und unabweisbare Arbeitsmarktmehrausgaben von 12,5 Milliarden DM.
Bereits im März, vor den Landtagswahlen, habe ich darauf reagiert und eine Haushaltssperre angeordnet, mit der wir 5 Milliarden DM einsparen. Weitere Entlastungen sind durch die Minderabführungen an die EU mit minus 4 Milliarden DM zu erwarten, weniger Zinsen von etwa minus 2,8 Milliarden DM sowie Gewährleistungen bis zu minus 2 Milliarden DM. Dennoch werden diese Entlastungen nicht ausreichen, die für 1996 vorgesehene Nettokreditaufnahme von 59,9 Milliarden DM einzuhalten.
Die Steuerschätzung am 7. und 8. November wird - ohne daß ich ihr vorgreifen wollte - für 1996 zusätzliche Mindereinnahmen für Bund und Länder ergeben. Wir müssen und werden darauf rechtzeitig für den Haushalt reagieren. Eines muß klar sein: Als Eckdatum steht, daß die Neuverschuldung 1997 nicht über die 56,5 Milliarden DM hinausgeht, die wir gemeinsam vereinbart haben.
Die Privatisierungserlöse werden in diesem Jahr das veranschlagte Soll von 9 Milliarden DM nicht erreichen. Nur: Den Vorwurf mangelnder Etatreife lasse ich nicht gelten. Das Bundeskabinett hat am 28. November 1995 den Bericht des Bundesfinanzministers „Verringerung von Beteiligungen des Bundes, Fortschreibung 1995" beraten und den darin
vorgeschlagenen Maßnahmen zugestimmt. Das gilt für Lufthansa, für Tank & Rast und auch für die Postbank.
Eines ist klar, meine Damen und Herren: Aus heutiger Sicht wird keine der für 1996 geplanten Privatisierungen scheitern. Lediglich der Abschluß wird sich in einigen Fällen um wenige Monate verzögern. Für die Bruttokreditaufnahme und für die Kapitalsituation in Deutschland ist dies unerheblich.
Nun noch einmal zu Art. 115 des Grundgesetzes: Das Soll der Nettokreditaufnahme lag mit knapp 60 Milliarden DM unter der Summe der Investitionen von rund 66 Milliarden DM. Bei der Haushaltsaufstellung war die Kreditobergrenze des Art. 115 des Grundgesetzes damit eingehalten. Nach überwiegender Auffassung der Haushaltsrechtsexperten - das wissen Sie ganz genau, Herr Scharping - bezieht sich die Kreditobergrenze des Art. 115 des Grundgesetzes auf die Haushaltsaufstellung, nicht auf den Haushaltsvollzug.
Von einem Verstoß gegen die Verfassung kann somit keine Rede sein.
Es gibt eine ganz einfache Antwort: Herr Scharping, klagen Sie! Sie brauchen das hier gar nicht lautstark auszusprechen. Gehen Sie vor das Bundesverfassungsgericht, klagen Sie! Wir sind jedenfalls davon überzeugt, daß wir korrekt sowie an Hand der verwertbaren und zur Verfügung stehenden Daten nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt haben. Sie wissen ganz genau: Ihr Antrag entbehrt daher jeder sachlichen Grundlage.
Wir haben mit dem Rechnungsprüfungsausschuß und dem Bundesrechnungshof ein Verfahren vereinbart. Die Bundesregierung nimmt bei der Rechnungslegung zu einer Überschreitung der Kreditobergrenze im Haushaltsvollzug Stellung. Wenn im Rahmen des Haushaltsvollzugs wegen einer wesentlich veränderten wirtschaftlichen Lage die Nettokreditaufnahme die Summe der Investitionen übersteigt, so kann dies gemäß Art. 112 des Grundgesetzes sehr wohl zulässig sein. Danach ist es dem Bundesfinanzminister erlaubt, bei unvorhergesehenem und unabweisbarem Bedarf über- bzw. außerplanmäßige Ausgaben zu leisten.
Bei den Leistungen für den Arbeitsmarkt handelt es sich um die Erfüllung von Rechtsverpflichtungen. Für solche überplanmäßigen Leistungen bedarf es gemäß § 37 der Bundeshaushaltsordnung keines Nachtragshaushalts. Sie müssen mir die Frage beantworten: War es nicht richtig, daß ich das überplanmäßig genehmigt habe? Hätten Sie die Ausgaben nicht
Bundesminister Dr. Theodor Waigel
vollziehen wollen, zu denen wir beim Arbeitslosengeld und bei der Arbeitslosenhilfe verpflichtet sind?
Art. 110 Abs. 4 des Grundgesetzes und § 18 der Bundeshaushaltsordnung lassen es zu, nicht verbrauchte Kreditermächtigungen des Vorjahres zur Deckung von Ausgaben des laufenden Jahres heranzuziehen. Auch dies ist allgemein üblich. Die Haushaltsordnungen der Länder haben entsprechende Regelungen.
Meine Damen und Herren, die parlamentarischen Beratungen zum Haushalt 1997 stehen im Zeichen verbesserter Wachstumserwartungen für das Jahr 1997. Die Wachstumsannahmen von real 2,3 vom Hundert vom Frühjahr, von denen wir bisher ausgegangen sind, haben sich als realistisch erwiesen. Die gestern vorgelegten Prognosen der Institute untermauern unsere Einschätzung vom Frühjahr und gehen von 2,5 Prozent realem Wachstum aus.
Diese Dynamik reicht leider nicht aus, um die Arbeitsmarkt- und Steuereinnahmeprobleme zu lösen. Ich habe schon im September in der Haushaltsdebatte auf Risiken für den Haushalt 1997 hingewiesen. Wir müssen uns auf weitere Steuermindereinnahmen für 1997 einstellen.
Für den Regierungsentwurf haben wir Einsparungen bei der Bundesanstalt für Arbeit beschlossen, die das ursprünglich geschätzte Defizit von 8 Milliarden DM ausgeglichen haben. Auf Grund der Einschätzung, der Arbeitsmarkt werde weiterhin schwach sein, ist für 1997 jetzt von einem zusätzlichen Bedarf der Bundesanstalt für Arbeit von 6 Milliarden DM auszugehen.
Wir haben darauf reagiert und neben den Einsparungen des Wachstumsprogramms zusätzliche Maßnahmen mit dem Ziel einer Begrenzung des Zuschusses für die Bundesanstalt innerhalb der Bundesregierung abgestimmt. Dennoch wird sich 1997 ein begrenzter Zuschuß an die Bundesanstalt für Arbeit nicht vermeiden lassen.
Die konjunkturell bedingten Zusatzbelastungen werden zum größten Teil durch entlastende Maßnahmen gedeckt.
- Durch die Zinsen, durch die Gewährleistungen, durch Grundstückserlöse, durch Reserven bei der BvS, durch Einnahmen bei der Telekommunikation, durch zusätzliche Privatisierungsmaßnahmen und durch Minderabführungen an die Europäische Union.
Trotz der Zusatzbelastungen bei den Steuern und auf dem Arbeitsmarkt: Es bleibt bei unserer Zielsetzung, die Nettokreditaufnahme von 56,5 Milliarden DM für 1997 nicht zu erhöhen. Die Schätzung der Forschungsinstitute zum Defizitkriterium von Maastricht ist daher unbegründet. Bei ihrer Schätzung von dreieinhalb Prozent gehen die Institute davon aus, daß der Bund seine Eckwerte 1997 nicht halten könne. Sie können aber das, was wir beschließen, nicht in ihre Rechnung aufnehmen. Wir werden in den nächsten 14 Tagen im Gegenteil beweisen, daß wir die Eckwerte halten können. Wenn auch die Länder ihre Eckwerte verteidigen, wovon ich ausgehe, werden wir das Staatsdefizit auf einen Wert unter 3 Prozent begrenzen.
Meine Damen und Herren, lassen Sie uns diese überflüssige Debatte beenden! Lassen Sie uns endlich zur vernünftigen Arbeit zurückkehren! Tragen Sie Ihren Teil zur Sanierung, zur Beschäftigung und für mehr Investitionen in Deutschland bei! Sie haben sich bisher Ihrer Aufgabe in den Ländern und im Bundestag verweigert. Sie sind die Blockade für die Zukunft Deutschlands.