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ID1312609900

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    Plenarprotokoll 13/126 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 126. Sitzung Bonn, Freitag, den 27. September 1996 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 11327 A Tagesordnungspunkt 15: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (Drucksachen 13/4587, 13/4718, 13/ 5606, 13/5607) 11327B, 11331 A Manfred Grund CDU/CSU 11327 D Ulrike Mascher SPD . . 11328D, 11331B, 11336 C Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11331 C, 11337 A Manfred Grund CDU/CSU 11332 B Hans-Dirk Bierling CDU/CSU . . . 11332 C Uwe Lühr F.D.P 11333 A Petra Bläss PDS 11334 A Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA 11335 B Dr. Barbara Höll PDS (Erklärung nach § 31 GO) 11338 A Dr. Dagmar Enkelmann PDS (Erklärung nach § 31 G0) 11338 D Dr. Uwe-Jens Heuer PDS (Erklärung nach § 31 G0) 11339 A Heidemarie Lüth PDS (Erklärung nach § 31 GO) 11339 D Tagesordnungspunkt 16: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Europäische Betriebsräte (Europäische Betriebsräte) (Drucksachen 13/5021, 13/5608) . . 11341 C Peter Keller CDU/CSU 11341 D Leyla Onur SPD 11342 C Annelie Buntenbach BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11345 A Dr. Gisela Babel F.D.P 11346 A Hanns-Peter Hartmann PDS 11346 D Dr. Norbert Blüm, Bundesminister BMA 11347 B Zusatztagesordnungspunkt 6: Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Sechsten Gesetz zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung und anderer Gesetze (Drucksachen 13/3993, 13/ 4069, 13/5098, 13/5325, 13/5642) . . . 11348 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 7: Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Gesetz zur Beschleunigung und Vereinfachung immissionsschutzrechtlicher Genehmigungsverfahren (Drucksachen 13/3996, 13/5100, 13/5326, 13/5643) . 11348 B Dr. Heribert Blens CDU/CSU 11348 B Otto Schily SPD 11348 D Dr. Jürgen Rochlitz BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11349 B Detlef Kleinert (Hannover) F.D.P. . . . 11350 A Eva Bulling-Schröter PDS 11351 A Tagesordnungspunkt 17: Große Anfrage der Abgeordneten Konrad Gilges, Gerd Andres, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Armut in der Bundesrepublik Deutschland (Drucksachen 13/1527, 13/3339) . 11352 A in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 5: Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zu dem Antrag der Gruppe der PDS: Einsetzung einer Enquete-Kommission „Armut und Obdachlosigkeit in der Bundesrepublik Deutschland" (Druck sachen 13/583, 13/5617) 11352 B Wolfgang Spanier SPD 11352 B Peter Hintze CDU/CSU . . . . 11354 D, 11358 A Heidemarie Lüth PDS 11357 D Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11358 C Dr. Guido Westerwelle F.D.P. . . 11360 C, 11370 B Wolf-Michael Catenhusen SPD . . . 11360 D Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 11362 A Petra Bläss PDS 11363 B Wolfgang Zöller CDU/CSU 11365 A Claudia Nolte, Bundesministerin BMFSFJ 11365 D Iris Follak SPD 11367 B Ulf Fink CDU/CSU 11368 C Dr. Burkhard Hirsch F.D.P. . . . . . 11368 D Konrad Gilges SPD 11369 B Ulrike Mascher SPD 11370 C Horst Seehofer, Bundesminister BMG . 11372 A Tagesordnungspunkt 18: Antrag der Abgeordneten Michaele Hustedt, Ursula Schönberger und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Keine Plutoniumtransporte in Flugzeugen (Drucksache 13/3670) . . . 11374 C Ursula Schönberger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 11374 D Hubert Deittert CDU/CSU 11375 C Wolfgang Behrendt SPD 11376 C Dr. Rainer Ortleb F.D.P. 11377 C Rolf Köhne PDS 11378 B Nächste Sitzung 11378 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 11379* A Anlage 2 Amtliche Mitteilung 11379* D 126. Sitzung Bonn, Freitag, den 27. September 1996 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Andres, Gerd SPD 27. 9. 96 Antretter, Robert SPD 27. 9. 96 * Augustin, Anneliese CDU/CSU 27. 9. 96 Beck (Bremen), BÜNDNIS 27. 9. 96 Marieluise 90/DIE GRÜNEN Beer, Angelika BÜNDNIS 27. 9. 96 90/DIE GRÜNEN Behrendt, Wolfgang SPD 27. 9. 96 * Berninger, Matthias BÜNDNIS 27. 9. 96 90/DIE GRÜNEN Bindig, Rudolf SPD 27. 9. 96 * Dr. Blank, Joseph-Theodor CDU/CSU 27. 9. 96 Blunck, Lilo SPD 27. 9. 96 Dr. Bötsch, Wolfgang CDU/CSU 27. 9. 96 Borchert, Jochen CDU/CSU 27. 9. 96 Bredehorn, Günther F.D.P. 27. 9. 96 Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 27. 9. 96 * Carstens (Emstek), Manfred CDU/CSU 27. 9. 96 Dr. Däubler-Gmelin, SPD 27. 9. 96 Herta 1 Dr. Feldmann, Olaf F.D.P. 27. 9. 96 Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 27. 9. 96 * Geiger, Michaela CDU/CSU 27. 9. 96 Glos, Michael CDU/CSU 27. 9. 96 Haack (Extertal), SPD 27. 9. 96 * Karl Hermann Hirche, Walter F.D.P. 27. 9. 96 Höfken, Ulrike BÜNDNIS 27. 9. 96 90/DIE GRÜNEN Horn, Erwin SPD 27. 9. 96 * Hornung, Siegfried CDU/CSU 27. 9. 96 * Imhof, Barbara SPD 27. 9. 96 Dr. Jacob, Willibald PDS 27. 9. 96 Junghanns, Ulrich CDU/CSU 27. 9. 96 * Dr. Kinkel, Klaus F.D.P. 27. 9. 96 Kossendey, Thomas CDU/CSU 27. 9. 96 Dr. Graf Lambsdorff, Otto F.D.P. 27. 9. 96 Lemke, Steffi BÜNDNIS 27. 9. 96 90/DIE GRÜNEN Lenzer, Christian CDU/CSU 27. 9. 96 * Löwisch, Sigrun CDU/CSU 27. 9. 96 Michels, Meinolf CDU/CSU 27. 9. 96 * Neumann (Berlin), Kurt SPD 27. 9. 96 Dr. Probst, Albert CDU/CSU 27. 9. 96 Purps, Rudolf SPD 27. 9. 96 Dr. Rappe (Hildesheim) SPD 27. 9. 96 Hermann Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Regenspurger, Otto CDU/CSU 27. 9. 96 Reuter, Bernd SPD 27. 9. 96 Schlauch, Rezzo BÜNDNIS 27. 9. 96 90/DIE GRÜNEN Schlee, Dietmar CDU/CSU 27. 9. 96 Schloten, Dieter SPD 27. 9. 96 * Schmidt (Aachen), Ulla SPD 27. 9. 96 Dr. Schmidt-Jortzig, F.D.P. 27. 9. 96 Edzard von Schmude, Michael CDU/CSU 27. 9. 96 Schütz (Oldenburg), SPD 27. 9. 96 Dietmar Terborg, Margitta SPD 27. 9. 96 * Thieser, Dietmar SPD 27. 9. 96 Titze-Stecher, Uta SPD 27. 9. 96 Tröger, Gottfried CDU/CSU 27. 9. 96 Türk, Jürgen F.D.P. 27. 9. 96 Vosen, Josef SPD 27. 9. 96 Weisskirchen (Wiesloch), SPD 27. 9. 96 Gert Würzbach, Peter Kurt CDU/CSU 27. 9. 96 Zierer, Benno CDU/CSU 27. 9. 96 * * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Amtliche Mitteilung Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß die nachstehenden EU-Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen hat. Finanzausschuß Drucksache 13/5295 Nr. 1.12 Drucksache 13/5295 Nr. 1.14 Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Drucksache 13/4137 Nr. 2.61 Drucksache 13/4137 Nr. 2.87 Drucksache 13/4137 Nr. 2.90 Drucksache 13/4137 Nr. 2.92 Drucksache 13/4466 Nr. 2.18 Drucksache 13/4466 Nr. 2.20 Drucksache 13/4466 Nr. 2.22 Drucksache 13/4466 Nr. 2.54 Drucksache 13/4466 Nr. 2.61 Drucksache 13/4514 Nr. 2.19 Drucksache 13/4514 Nr. 2.42 Drucksache 13/4514 Nr. 2.46 Drucksache 13/4678 Nr. 2.11 Drucksache 13/4678 Nr. 2.17 Drucksache 13/4678 Nr. 2.19 Drucksache 13/4678 Nr. 2.25 Drucksache 13/4678 Nr. 2.28 Drucksache 13/5056 Nr. 2.2 Drucksache 13/5056 Nr. 2.7 Drucksache 13/5295 Nr. 1.1 Drucksache 13/5295 Nr. 1.2 Drucksache 13/5295 Nr. 1.4 Drucksache 13/5295 Nr. 1.5 Drucksache 13/5295 Nr. 1.10
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    Rede von Dr. Guido Westerwelle


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (F.D.P.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Deswegen freue ich mich immer über Fragen.
    Vierte Bemerkung: Jeder Mensch hat das Recht auf ein menschenwürdiges Leben. Freiheit braucht eine materielle Grundlage. Wir wissen, daß auch bei wachsendem Bürgersinn und wachsender Verantwortung für den Nächsten eine staatliche Absicherung des Existenzminimums stets notwendig bleiben wird.
    Wenn wir aber weiter an alle ein wenig vom sozialen Kuchen verteilen, dann wird für die wirklich Bedürftigen zuwenig übrigbleiben. Nicht derjenige gefährdet den Sozialstaat, der ihn reformieren will, sondern derjenige, der ihn weiter überfordert.

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Wenn der Sozialstaat, der Bedürftigen helfen soll, zum Wohlfahrtsstaat mutiert, der allen etwas gibt, dann wird soziale Gerechtigkeit zu Grabe getragen. Die Überforderung des Sozialstaates geht zwangsläufig zuerst auf Kosten der Schwachen.
    Nächstenliebe und Solidarität dürfen nicht zu einer staatlichen Dienstleistung werden. Wenn die Schere immer weiter auseinander klafft - immer mehr Freiheiten und Rechte beim Bürger, aber immer mehr Pflichten und Verantwortung beim Staat -, muß das zur Unfinanzierbarkeit unseres Gemeinwesens führen. Wir Liberale wollen mehr Freiheit für mehr Menschen und wissen, daß wir damit mehr Verantwortungsbereitschaft verlangen. Wir wollen Freiheit zur Verantwortung anstatt Freiheit von Verantwortung.

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Freiheit ist nicht Egoismus, sondern das Vertrauen auf den Willen und die Fähigkeit des Menschen, zunächst in eigener Verantwortung zu entscheiden, zu handeln und zu helfen.
    Die Trennung von Freiheit und Verantwortung macht aus Staatsbürgern Staatskunden. Die Verstaatlichung der Verantwortung kostet immer mehr persönliche Freiheit und menschliche Zuwendung. Die Absicht, persönliche Verantwortung durch staatliche Agenturen für alle Lebensrisiken zu ersetzen, führt zur Überforderung des Staates, verhindert wirkungsvolle Eigenvorsorge, macht ihn unfinanzierbar und riskiert ihn damit auf Kosten der Schwächsten.
    Wir setzen der Verstaatlichung der Solidarität die Bürgergesellschaft entgegen, die die Übernahme von Verantwortung durch den einzelnen fordert und fördert. Verantwortung ist in einer liberalen Bürgergesellschaft nicht nur Eigenverantwortung, sondern ebenso die Bereitschaft, Mitverantwortung für an-

    Dr. Guido Westerwelle
    dere zu übernehmen, und zwar durch den einzelnen Bürger oder durch die Selbstorganisation von Bürgern. Das Prinzip „Freiheit durch Verantwortung" ist klassische Solidarität.

    (Beifall bei der F.D.P.)

    Wer den Sozialstaat für die Schwachen und Schwächsten erhalten will, muß seine ursprüngliche Zielrichtung im Auge behalten und die tragenden Säulen schützen. Verantwortungsgemeinschaften, Selbstorganisationen von Bürgern in Vereinen, Genossenschaften, Stiftungen, Bürgerinitiativen oder anderen Ehrenämtern müssen bei der Wahrnehmung gemeinnütziger Aufgaben künftig den Vorrang vor dem Staat haben. Erst da, wo die Bürger oder der freiwillige Zusammenschluß von Bürgern soziale Gerechtigkeit nicht gewährleisten kann, beginnt die Aufgabe des Staates.
    Die Bürger werden aber nur bereit sein, Verantwortung für sich selbst und ihre Nächsten stärker zu übernehmen, wenn der Staat ihnen die finanziellen Freiheiten dazu läßt. Man kann Solidarität auch wegbesteuern.

    (Konrad Gilges [SPD]: Das ist Zynismus, was Sie da sagen!)

    Wenn einem von jeder verdienten Mark nicht einmal mehr die Hälfte übrigbleibt, entsolidarisiert sich die Gesellschaft und wird Nächstenliebe zur staatlichen Dienstleistung, weil sich das Bewußtsein durchsetzt: „Warum soll ich selbst noch etwas tun, ich habe doch dafür bezahlt?" Deswegen hat die Sozialdemokratisierung der Politik nicht nur zu einer Überforderung des Staates, sondern gerade auch zu der Entsolidarisierung in der Gesellschaft geführt, die sie beklagt, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU Dr. Dagmar Enkelmann [PDS]: Amerikanische Verhältnisse!)

    Wir stimmen völlig überein: Die Sozialhilfe kann nicht mit Armut gleichgesetzt werden. Sozialhilfe ist übrigens auch nicht in dem absoluten Sinne des Wortes bekämpfte Armut, sondern es ist der Kampf gegen Armut. Das ist ein großer Unterschied.
    Wir sollten den Bericht der Bundesregierung „Armut in der Bundesrepublik Deutschland", die man nicht leugnen kann und die auch niemand leugnen sollte, zum Anlaß nehmen, um uns perspektivisch mit der Zukunft des Sozialstaates auseinanderzusetzen. Wer nämlich krank ist, wer schwach ist, wer gebrechlich ist, wer arm ist in unserer Gesellschaft, der hat nicht nur unser Herz verdient, sondern vor allen Dingen auch unseren Verstand.
    Vielen Dank.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)



Rede von Hans Klein
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat die Kollegin Petra Bläss.

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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (PDS)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Westerwelle, habe ich Sie richtig verstanden, daß auch Sie jetzt für einen „Nationalen Armutsbericht" sind? Sie sprachen ja eben vom Bericht der Bundesregierung. Vielleicht können Sie Ihrem Koalitionspartner ein paar Ideen geben.

    (Beifall bei der PDS)

    Herr Kollege Hintze, Senegal liegt bekanntlich nicht in Europa. Armut hierzulande muß sich an dem Maßstab des gesellschaftlichen Reichtums in der Bundesrepublik Deutschland messen:
    Es ist unzulässig, die deutschen Armen mit den Elenden in Kalkutta zu vergleichen; denn Obdachlose im U-Bahnschacht können sich an solcher Relativitätstheorie nicht wärmen.

    (Beifall bei der PDS)

    Das habe ich eben in der „Frankfurter Rundschau" von heute gelesen. Das Zitat stammt von Heribert Prantl, dem Tucholsky-Preisträger von 1996.
    „Die Zahl der Millionäre in Westdeutschland ist nach der Wende 1989 sprunghaft gestiegen. " „An der Tafel sitzen Arbeitslose - Bedürftige werden mit Lebensmitteln versorgt, die sonst auf dem Müll landen würden. " Das sind nur zwei Schlagzeilen der letzten Zeit, die deutlich machen, daß das soziale Gefüge hierzulande längst aus den Fugen geraten ist.
    Die Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der SPD zur Armut in der Bundesrepublik ist absolut unbefriedigend. Sie enthält keinerlei substantiell neuen Erkenntnisse zum Thema Armut, und der Dimension der Problematik wird sie in keiner Weise gerecht.
    Ich denke dabei daran, daß sich Armut in der Bundesrepublik dramatisch ausweitet und verschärft; daß Armut hierzulande kein Problem gesellschaftlicher Randgruppen ist; daß das Ausmaß verdeckter Armut und von „working poor" in erschreckendem Maße zunimmt; daß wir angesichts der zunehmenden Erosion des Normalarbeitsverhältnisses mit einer Pluralisierung von Lebenslagen und einer Flexibilisierung von Lebensläufen konfrontiert sind; daß die Dynamisierung von Unterversorgungslagen - wie Dauer und Kontinuität von Sozialhilfebezug - besonderer Beachtung bedarf - hier möchte ich einfügen, Herr Kollege Hintze: Die Bremer Studie kann bekanntlich so oder so interpretiert werden; ich finde es arg problematisch, sie so einseitig mißzuinterpretieren, wie Sie das getan haben, und sie als Legitimation für Leistungskürzungen zu nutzen -;

    (Beifall bei der PDS sowie der Abg. Andrea Fischer [Berlin] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] )

    daß bei sämtlichen Analysen eine Differenzierung
    nach Geschlecht und Altersgruppen unabdingbar ist.
    So signalisiert die zunehmende Infantilisierung der Armut einen akuten gesellschaftlichen Handlungsbedarf. Laut Mannheimer Studie von 1994 leben 810 000 Kinder unter der Armutsschwelle. Jedes fünfte Kind in den Ostberliner Neubaustadtbezirken lebt bereits in einem Haushalt mit Sozialhilfebezug. -

    Petra Bläss
    Herr Kollege Hintze, das sind die Fakten; da nützt Ihre ganze Beweihräucherung überhaupt nichts.

    (Beifall bei der PDS)

    Für die Bundesregierung ist bezeichnenderweise die ansteigende Zahl der Sozialhilfeempfängerinnen und -empfänger „kein Hinweis auf wachsende Armut in unserer Gesellschaft". Die Sozialhilfestatistik nicht als Indiz von Armut, sondern von bekämpfter Armut zu betrachten, halte ich für gefährlich. Vor allem aber ist in der Antwort kein Ansatz erkennbar, der auf eine Verbesserung der Armutsberichterstattung hinausläuft.
    Die Bundesregierung hat auf dem Weltsozialgipfel 1995 ein Aktionsprogramm gegen Armut und soziale Ausgrenzung unterzeichnet, dessen nationale Umsetzung noch immer aussteht. Damit hatte sich die Bundesregierung verpflichtet, bis November 1995 einen „Nationalen Armutsbericht" vorzulegen und auf dessen Grundlage bis 1996, dem Internationalen Jahr der Bekämpfung der Armut, einen nationalen Plan zur Bekämpfung der Armut zu entwickeln sowie halbjährlich über die Erfüllung dieses Plans zu berichten.
    Nach wie vor weigert sich die Bundesregierung jedoch, den Tatbestand der Armut hierzulande überhaupt anzuerkennen. Sie lehnt eine institutionalisierte und regelmäßige Armutsberichterstattung ab. Wir sehen in einem verbesserten System der Sozialberichterstattung eine wichtige Grundlage für eine zielgerichtete und effektive Politik zur Verhinderung von Armut und Ausgrenzung. Gerade deshalb ist ein „Nationaler Armutsbericht" überfällig.
    Um Armut in ihrer Komplexität und Vielfalt aufzuzeigen, ist es notwendig, von einem ganzheitlichen Armutsbegriff auszugehen, der die gesamte Lebenslage eines Menschen - von der materiellen Existenzsicherung bis zu gesellschaftlichen Partizipationsmöglichkeiten - berücksichtigt.
    Wir verstehen Armut als eine komplexe Situation von Unterversorgung in verschiedenen Lebensbereichen. Dazu zählen neben dem Einkommen vor allem Arbeit, -