Rede von
Wolfgang
Schulhoff
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch wir Christdemokraten wollen das Steuerrecht weiterhin zielorientiert für den Umweltschutz nutzen. Neben Ge- und Verboten im Ordnungsrecht ist die Steuerpolitik ein wirksames und wichtiges Instrument, um ökonomische Anreize für umweltverträgliches Verhalten zu setzen.
Wolfgang Schulhoff
Wir fangen bei der ökologischen Orientierung der Steuerpolitik doch nicht bei Null an, lieber Herr Kollege Steenblock. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Steuerbefreiung für Kat-Fahrzeuge, die Förderung der Einführung umweltverträglicher Kraftstoffe sowie die Spreizung der Mineralölsteuer zwischen verbleitem und unverbleitem Benzin. Hiermit haben wir in Europa Fakten gesetzt - und das gegen erhebliche Widerstände.
Diese kurze Übersicht über die umweltorientierte Gesetzgebung der Bundesregierung gerade im Bereich des Staßenverkehrs ließe sich noch fortsetzen. Trotz dieser unbestreitbaren Erfolge ist uns allerdings auch bewußt - da nähern wir uns Ihnen an -, daß die bisherigen Maßnahmen noch nicht ausreichen. Jetzt geht es um eine in den europäischen Zusammenhang einzubettende, klar definierte, unbürokratische Ergänzung unseres Steuersystems.
Folgende Grundsätze stehen dabei für uns im Mittelpunkt unserer Reformüberlegungen:
Erstens. Über die Höhe der Steuer läßt sich ein umweltgerechtes Verhalten der Menschen herbeiführen. Für die Steuerpolitik bedeutet dies, die Lenkungsfunktion von Steuern richtig zu nutzen.
Zweitens. Die Finanzierungsfunktion, die ein Steuersystem hauptsächlich zu erfüllen hat, darf nicht vernachlässigt werden. Bei Umweltsteuern dürfen die fiskalischen Aspekte nicht im Vordergrund stehen. Wenn sie nämlich ihren Zweck erfüllen, wird das Aufkommen sinken. Herr Kollege Merz hat kürzlich darauf hingewiesen.
Drittens. Wir wollen den Standort Deutschland und seine Arbeitsplätze nicht übermäßig belasten.
Ein zu restriktives und kompliziertes Umweltrecht ist ein Standortnachteil, zumal wenn wir es im Alleingang durchführen müssen.
Viertens. Eine weitere Erhöhung der Steuer- und Abgabenquote durch Ökosteuern darf es nicht geben. Solche Steuervorhaben müssen aufkommensneutral umgesetzt werden.
Fünftens. Die Verteilungswirkungen von ökologisch orientierten Steuerveränderungen dürfen keine sozialen Ungerechtigkeiten beinhalten. - Lieber Kollege Hinsken, Sie hatten mit Ihrer Frage soeben völlig recht.
Wir werden auf diese Weise den ökologischen Aspekt der Sozialen Marktwirtschaft weiter stärken. Es kommt darauf an, die in unserem System der Sozialen Marktwirtschaft liegenden Mechanismen bei der Umsetzung unserer Grundsätze richtig anzuwenden. Es gibt nämlich keine Ordnungsform wirtschaftlichen Zusammenlebens, die für den Erhalt unserer Umwelt besser geeignet ist als das System der Sozialen Marktwirtschaft. Es lohnt sich, darauf immer wieder hinzuweisen. Wir brauchen doch nur in den Osten zu blicken.
Ohne über Umweltschutz explizit zu reden, war dessen Bedeutung schon früher immanenter Bestandteil unserer ordnungspolitischen Vorstellungen. Schon 1948 formulierte Röpke in einem Aufsatz
- ich zitiere -:
Dieses Element
- also die Soziale Marktwirtschaft -
ist das Eintreten für etwas, was man die natürliche Ordnung nennen könnte, das heißt für die Schaffung von Existenz- und Produktionsformen, die der Natur des Menschen gemäßer sind als diejenigen der heutigen Industrie- und Großstadtwelt.
Weiterhin führt er aus, daß die Soziale Marktwirtschaft den Menschen - jetzt wieder wörtlich -
zugleich der Natur selbst, der er mehr und mehr entfremdet worden ist, wieder näher führt.
Ich will den großen Nationalökonomen Röpke damit nicht als den ersten Grünen vorstellen. - Es wäre vielleicht interessant, dies zu tun. - Doch die Väter unserer Wirtschaftsordnung - und darauf kommt es mir an -, zu denen auch Röpke wesentlich zählt, bieten neben dem Konzept der sozialen Gerechtigkeit auch ein Konzept der umweltverträglichen Verteilung der Ressourcen an.
Trotzdem warne ich davor, daß die Umweltbesteuerung mißbraucht wird. Ich verkenne nicht, daß von dem Begriff der Ökosteuern ein semantischer Reiz ausgeht, für einige geradezu eine neue Sinngebung unserer Abgabenbelastung. Viele fühlen sich bei diesem Begriff durch Steuern nicht mehr belastet, sondern sogar förmlich entlastet. Das läst den Fiskalpolitikern das Wasser im Munde zusammenlaufen. Welch ein Instrument für Umverteilungstheoretiker!
Herr Kollege Steenblock, ich habe Ihre Botschaft gehört, allein mir fehlt der Glaube, daß Sie keine Erhöhung wollen. Wie wollen Sie denn Ihr 111-Milliarden-DM-Programm finanzieren? Wir sind jedoch in einem vernünftigen Rahmen bereit, die Mittel und Möglichkeiten der Finanzpolitik auch für mehr Umweltschutz einzusetzen. Dies ist für uns selbstverständlich; deshalb dieser kleine Exkurs.