Was Sie behaupten, lieber Kollege, ist doch völliger Unsinn! Gestatten Sie mir, das einmal so deutlich zu sagen. Natürlich gibt es Regionen, die schwerlich an den ÖPNV angeschlossen werden können; da sind wir uns doch völlig einig. Aber ich wäre froh, wenn wir uns auch darin völlig einig wären, daß die Verkehrspolitik, so wie die Bundesregierung sie bisher
gemacht hat, zu einer eklatanten Benachteiligung der Fläche führt.
Viele Probleme, die Sie ansprechen, hätten wir nicht, wenn eine Verkehrspolitik gemacht würde, die eine Entwicklung in den ÖPNV in der Fläche bringen würde. Das ist ein Versäumnis dieser Bundesregierung. Die Grundlagen Ihrer Frage werden genau durch Ihre Politik gelegt. Sie zwingen die Leute in den Autoverkehr, Sie zwingen die Leute in Verkehr, der ökologisch völlig unverträglich ist, weil Ihre Verkehrspolitik verfehlt ist.
- Gut. Das gestehe ich Ihnen auch gerne zu.
Wahrscheinlich wären Sie sonst in einer anderen Partei, wenn Sie noch Hoffnung hätten, daß sich etwas bewegen würde.
Um zu einer Besteuerung im Verkehrsbereich zu kommen, die auch eine ökologische Lenkungswirkung hat, schlagen wir Ihnen die Umlegung der Kraftfahrzeugsteuer auf die Mineralölsteuer vor. Wir wollen genau an dieser Stelle das Verursacherprinzip verankern. Die Lasten müssen diejenigen tragen, die die ökologischen Folgekosten verursachen. Das sind natürlich die Autofahrerinnen und Autofahrer, die viel fahren. Das Auto schafft die ökologischen Probleme während seines Betriebs. Deshalb ist es notwendig, den Betrieb des Kraftfahrzeugs zu besteuern. Die bisherige Kfz-Steuer ist eine Fixkostensteuer und hat damit überhaupt keine Lenkungswirkung auf die Fahrleistung. Das muß geändert werden.
Wenn wir zu einem Modell kommen, mit dem die Kfz-Steuer auf die Mineralölsteuer umgelegt wird, dann haben wir Möglichkeiten, Anreize für eine Verkehrsvermeidung zu schaffen, für die Verlagerung von Autoverkehr auf den ÖPNV. Wir haben Anreize zur Verbrauchssenkung, wir haben Anreize zu einer wirtschaftlichen Fahrweise, und wir haben Anreize dafür, daß verbrauchsarme Fahrzeuge in Zukunft stärker nachgefragt werden - alles Impulse, die für eine ökologische Verkehrspolitik stehen.
Der zweite Grund - neben den ökologischen Gründen -, warum es nach unserer Auffassung notwendig ist, zu einer Abschaffung der Kfz-Steuer zu kommen, ist ein verwaltungstechnischer. Die Kraftfahrzeugsteuer, so wie sie heute erhoben wird, ist eine extrem verwaltungsintensive und mit hohen Kosten der Erhebung verbundene Steuer. Sie sprechen oft von der schlanken Verwaltung. Sie wissen genau, daß wir in der Steuerverwaltung keine schlanke Verwaltung brauchen. Vielmehr liegt da unendlich viel Arbeit an, die von den Beamten und Beamtinnen überhaupt nicht geleistet werden kann. Durch die
Rainder Steenblock
Abschaffung der Kfz-Steuer würden mehrere tausend Arbeitsplätze für andere Tätigkeiten frei, so daß der volkswirtschaftliche Wert insgesamt positiv wäre, da sich die Verwaltungskräfte um die Steuerausfälle und Betriebsprüfungen kümmern könnten und damit die dem Staat zustehenden Einnahmen tatsächlich erwirtschaften würden.
Es gibt natürlich eine Reihe von Punkten, die man dabei bedenken muß. So ist die Kfz-Steuer eine Ländersteuer. Es muß also eine Kompensation für die Länder geben; das ist völlig klar. Ein anderer sehr wichtiger Bereich sind diejenigen Schwerbehinderten, die heute von der Kraftfahrzeugsteuer befreit sind. Auch da muß es eine Kompensation geben. Zum einen muß der öffentliche Verkehr erheblich behindertenfreundlicher ausgebaut werden, zum anderen kann die Steuerbefreiung bzw. -ermäßigung, die es bisher gibt, auf die Anschaffung von Kraftfahrzeugen für Behinderte umgelegt werden. Wir wollen auf jeden Fall eine Entlastung in diesem Bereich erreichen.
Ein weiterer Punkt, der bedacht werden muß, ist die Begrenzung auf die Pkw-Besteuerung. Wir beziehen unser Modell nur auf den Bereich der Pkw-Besteuerung, weil es auf Grund von EU-Richtlinien nicht möglich ist, die Kraftfahrzeugsteuer völlig abzuschaffen. Wir wollen aber - das ist unsere Zielvorstellung - natürlich dahin kommen, daß sich die Besteuerung im Lkw-Bereich stärker an der tatsächlichen Fahrleistung und den tatsächlichen Belastungen orientiert. Hier ist Herr Wissman eher gescheitert. Die Auswertungen der Telematikversuche in diesem Lande führen im Verkehrsministerium wieder dazu, daß eine notwendige Reform ins nächste Jahrtausend verlagert wird. Wir glauben, daß eine vernünftige Besteuerung, die die tatsächlichen Kosten des Güterverkehrs auf der Straße den Lkw anlastet, sehr viel schneller möglich ist, als es die Bundesregierung plant.
Die Bundesregierung überlegt, wie sie über eine stärkere Orientierung an der Schadstoffemission eine Ökologisierung der Kraftfahrzeugsteuer hinbekommen kann. Wir halten das für den falschen Weg, weil der Fixkostencharakter dieser Steuer dadurch nicht aufgehoben wird und deshalb das Problem entsteht, daß Kraftfahrzeuge, die nicht im Betrieb sind, besteuert werden. Eine Steuer hat nur dann eine Lenkungswirkung und ist erst dann tatsächlich eine ökologische Steuer, wenn sie sich am Betrieb des Fahrzeugs orientiert und damit - verursachergerecht - den Tatbestand der Umweltnutzung besteuert. Deshalb ist eine Fixkostensteuer hier völlig fehl am Platze.
Die Geschwindigkeit, mit der sich die Bundesregierung in diesem Bereich bewegt, wird vielleicht an Hand eines Zitats deutlich, das ich Ihnen vorlesen möchte:
Seit gut einem Jahr wird die Steuer im Vierwochentakt angekündigt, nun ist der Entwurf tatsächlich fertig. Autos sollen nach .. .
- des Ministers -
... Plänen ... nicht mehr nach Hubraum besteuert werden, sondern nach den Schadstoffen, die sie ausstoßen.
Dieses Zitat aus dem „Spiegel" stammt vom 26. April 1990. Es ist also fünf Jahre alt.
Damals war Herr Töpfer derjenige, der diese Steuer angekündigt hat. Bislang ist nichts passiert, außer daß wir wieder Ankündigungen hören. Hier liegt ein eklatantes Versagen vor. Die Bundesregierung kommt an dieser Stelle überhaupt nicht in die Hufe. Herr Wissmann löst Herrn Töpfer als Ankündigungsminister ab. -
Ich bitte Sie, unseren Vorstellungen zu folgen.
Ich bitte auch die Kolleginnen und Kollegen der CDU und der CSU, einmal zuzuhören, wer alles diese Steuer unterstützt. Das sind nämlich nicht nur die Grünen. Die F.D.P. hat sich schon seit langem dafür ausgesprochen. Aber auch in Ihren Reihen, in den Reihen der CDU/CSU gibt es eine Reihe von Befürwortern dieses Modells. Klaus Lippold, Ihr umweltpolitischer Sprecher, hat sich dafür ausgesprochen, so auch der Umweltminister des Landes Sachsen, Herr Vaatz. Der Finanzminister des Landes Baden-Württemberg, Herr Mayer-Vorfelder, hat sich ebenfalls für die Umlegung der Kraftfahrzeugsteuer auf die Mineralölsteuer ausgesprochen.
Ich bitte Sie, auch den Kolleginnen und Kollegen aus Ihren eigenen Reihen gut zuzuhören. Das Modell, das wir Ihnen heute vorschlagen, ist nämlich ein Modell, das tatsächlich eine ökologische Lenkungswirkung hat und zu einer Verwaltungsvereinfachung führt - zwei Ziele, die, so glaube ich, nicht gering geschätzt werden dürfen. Zudem ist das Modell sehr einfach umzusetzen.
Vielen Dank.