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ID1306603000

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 13/66 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 66. Sitzung Bonn, Dienstag, den 7. November 1995 Inhalt: Gedenkworte für den ermordeten israelischen Ministerpräsidenten Yitzhak Rabin 5643 A Glückwünsche zum Geburtstag des Abgeordneten Meinolf Michels 5643 D Abwicklung der Tagesordnung . . . . 5643 D Zur Geschäftsordnung Dr. Dagmar Enkelmann PDS 5644 A Joachim Hörster CDU/CSU 5644 D Dr. Peter Struck SPD 5645 B Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5645 C Jörg van Essen F.D.P. . . . . . . . . 5646 A Tagesordnungspunkt I: Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1996 (Haushaltsgesetz 1996) (Drucksachen 13/2000, 13/2593) . . . 5646 C Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidialamt (Drucksachen 13/2601, 12/2626) 5646 C Einzelplan 02 Deutscher Bundestag (Drucksachen 13/2602, 13/2626) 5646 D Rudolf Purps SPD 5646 D Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5647 B Dr. Christa Luft PDS 5647 C Ina Albowitz F.D.P. 5647 D Einzelplan 03 Bundesrat (Drucksachen 13/2603, 13/ 2626) 5648 C Einzelplan 08 Bundesministerium der Finanzen (Drucksachen 13/2608, 13/2626) . . . 5648 D in Verbindung mit Einzelplan 32 Bundesschuld (Drucksache 13/2623) . 5648 D in Verbindung mit Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung (Drucksache 13/2625) 5648 D in Verbindung mit Einzelplan 20 Bundesrechnungshof (Drucksachen 13/ 2619, 13/2626) 5649 A Karl Diller SPD 5649 A Adolf Roth (Gießen) CDU/CSU . . 5656B, 5661 B Ingrid Matthäus-Maier SPD . . . 5661 A, 5677 D Oswald Metzger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5661 D Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen) F.D.P. . 5664 B Eckart Kuhlwein SPD . . 5667 C, 5686 D, 5689 A Dr. Barbara Höll PDS 5668 B Dr. Theodor Waigel, Bundesminister BMF 5670 B Joachim Poß SPD 5678 A Dankward Buwitt CDU/CSU . . . . . 5682 A Christine Scheel BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5684 A Jürgen Koppelin F.D.P 5686 A Ingrid Matthäus-Maier SPD 5687 D Susanne Jaffke CDU/CSU 5688 B Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5688 D Bartholomäus Kalb CDU/CSU . . . 5689 B Manfred Hampel SPD 5690 B Dr. Uwe-Jens Rössel PDS 5692 A Frederick Schulze CDU/CSU 5693 B Wilfried Seibel CDU/CSU . . . . . . 5694 A Rolf Köhne PDS 5696 A Karl Diller SPD (Erklärung nach § 31 GO) 5696 B Einzelplan 10 Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksachen 13/2610, 13/2626) 5697 A Ilse Janz SPD 5697 A Bartholomäus Kalb CDU/CSU . 5700B, 5707 A Dr. Gerald Thalheim SPD . 5701 A Marianne Klappert SPD . . . . . . . 5701 C Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5703 C Ulrich Heinrich F. D. P. 5704 C Dr. Günther Maleuda PDS 5705 D Dr. Gerald Thalheim SPD 5706 D Jochen Borchert, Bundesminister BML 5707 C Ulrike Höfken BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5708 B Horst Sielaff SPD . . . . . . . . . . 5710 B Bartholomäus Kalb CDU/CSU . . . 5711 A Jochen Borchert CDU/CSU. . . 5711 B Einzelplan 15 Bundesministerium für Gesundheit (Drucksachen 13/2615, 13/2626) . . 5711 D Gerhard Rübenkönig SPD 5712 A Roland Sauer (Stuttgart) CDU/CSU . . 5715 A Kristin Heyne BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5717 D Dr. Dieter Thomae F.D.P 5719 A Dr. Ruth Fuchs PDS 5720 A Horst Seehofer, Bundesminister BMG . 5721 A Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 5722 B Karl Diller SPD 5723 C Nächste Sitzung 5724 C Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 5725 *A Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Bartholomäus Kalb, Dr. Erich Riedl (München), Kurt Rossmanith (alle CDU/ CSU) zur Abstimmung über den Einzelplan 03 (Tagesordnungspunkt I.3.) . . . 5725 *C Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Abgeordneten Rezzo Schlauch, Dr. Antje Vollmer und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 13/2867 5726 *A 66. Sitzung Bonn, Dienstag, den 7. November 1995 Beginn: 14.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Beck (Bremen), BÜNDNIS 07. 11. 95 Marieluise 90/DIE GRÜNEN Behrendt, Wolfgang SPD 07. 11. 95 * Bindig, Rudolf SPD 07. 11. 95 * Buntenbach, Annelie BÜNDNIS 07. 11. 95 90/DIE GRÜNEN Dr. Dobberthien, SPD 07. 11. 95 Marliese Fischer (Unna), Leni CDU/CSU 07. 11. 95 * Formanski, Norbert SPD 07. 11. 95 Großmann, Achim SPD 07. 11. 95 Haack (Extertal), SPD 07. 11. 95 * * Karl-Hermann Häfner, Gerald BÜNDNIS 07. 11. 95 90/DIE GRÜNEN Dr. Hauchler, Ingomar SPD 07. 11. 95 Hörsken, Heinz-Adolf CDU/CSU 07. 11. 95 Junghanns, Ulrich CDU/CSU 07. 11. 95 ** Klemmer, Siegrun SPD 07. 11. 95 Marten, Günter CDU/CSU 07. 11. 95 ** Marx, Dorle SPD 07. 11. 95 Meißner, Herbert SPD 07. 11. 95 Nickels, Christa BÜNDNIS 07. 11.95 90/DIE GRÜNEN Odendahl, Doris SPD 07. 11. 95 Rennebach, Renate SPD 07. 11. 95 Schoppe, Waltraud BÜNDNIS 07. 11. 95 90/DIE GRÜNEN Spiller, Jörg-Otto SPD 07. 11. 95 Steindor, Marina BÜNDNIS 07. 11. 95 90/DIE GRÜNEN Terborg, Margitta SPD 07. 11. 95 Vogt (Düren), Wolfgang CDU/CSU 07. 11. 95 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates **für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Bartholomäus Kalb, Dr. Erich Riedl (München), Kurt Rossmanith (alle CDU/CSU) zur Abstimmung über den Einzelplan 03 (Tagesordnungspunkt I. 3.) Es wäre sehr naheliegend gewesen, dem Einzelplan 03 die Zustimmung zu verweigern. Deshalb bedarf das Abstimmungsverhalten einer Erläuterung: Verfassungsrecht hin, Bundeshaushaltsordnung her - man könnte, nein, man müßte gegen Beratung und Beschlußfassung dieses Einzelplanes im Sinne einiger Mitglieder des Verfassungsorganes Bundesrat erhebliche verfassungspolitische Bedenken geltend machen. Worauf gründet sich eigentlich die Erwartung, daß dieser Bundestag den Einzelplan 03 stets ohne Aussprache und meist einstimmig passieren läßt? Wer könnte denn, wenn es darauf ankommen sollte, uns zur Zustimmung veranlassen? Der Hinweis, das entspreche einer guten Übung, wäre verfassungspolitisch äußerst bedenklich, ja unter Umständen verfassungsrechtlich sogar sehr problematisch. Da von einigen im Norden unserer Republik beheimateten Mitgliedern des Verfassungsorganes Bundesrat vor kurzem neue Maßstäbe entwickelt wurden, sehen wir uns gezwungen, unser Abstimmungsverhalten hier zu begründen. Es darf nämlich auf keinen Fall der Eindruck entstehen, als würden wir ohne Verantwortungsbewußtsein oder gar gedankenlos einer Vorlage zustimmen. Um im Jargon zu bleiben: Auf keinen Fall darf sich der Eindruck festsetzen, wir seien hier nur willfährige „AbnickAuguste". Im übrigen wäre es sehr verdienstvoll, wenn Regelungen und Verfahren entwickelt werden könnten, die auf die Skrupel, Nöte und staatspolitischen Bedenken von Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten Rücksicht nehmen. Zumindest sollte man sie in Zukunft nicht in die peinliche Situation bringen, Leistungen für sich und ihre Organe aufgrund von sie begünstigenden Beschlüssen dieses Hauses in Anspruch nehmen zu müssen. Wenn wir dennoch diesem Haushalt zugestimmt haben, dann zum einen, weil der neue Präsident des Bundesrates den Willen zu einem guten Verhältnis zum Verfassungsorgan Bundestag bekundet und die Absicht, die jeweils originären Rechte der verschiedenen Verfassungsorgane zu respektieren, gemeinsam mit seinem sächsischen Ministerpräsidentenkollegen unter Beweis gestellt hat. Noch wichtiger ist uns aber folgendes: So reizvoll es wäre, Retourkutschen zu fahren - die Demokratie würde großen Schaden nehmen, wenn sich Verfassungsorgane weiterhin gegenseitig beschädigten. Als freie und unabhängige und im Gegensatz zu den Ministerpräsidenten unmittelbar vom Volk gewählte Abgeordnete - die meisten von uns direkt - tragen wir besondere Verantwortung, die für dumpfe Reaktionen keinen Raum läßt. Anlage 3 Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Antje Vollmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Abgeordneten Rezzo Schlauch, Dr. Antje Vollmer und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 13/2867 Zu meinem Abstimmungsverhalten zum Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zum Entwurf des Haushaltsgesetzes 1996, Einzelplan 60, Titelgruppe 60 04, Sonderleistungen des Bundes, erkläre ich: Gerade jetzt, in einer Zeit, in der sich das Schicksal der Verhandlungen zwischen der Tschechischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland entscheidet, ist es von größter Wichtigkeit, daß die von Bundeskanzler Kohl schon seit langem angekündigte Entschädigung von NS-Opfern in der Republik Slowakei und der Tschechischen Republik vom Bundestag durch die Bereitstellung der entsprechenden Mittel ermöglicht wird. Die Regierung und das Parlament der damaligen Tschechoslowakischen Republik haben aus eigenem Antrieb Vorleistungen an die tschechoslowakischen Opfer des Nationalsozialismus geleistet. Wie ich aus meiner intensiven Beschäftigung mit dem Problem der tschechisch-deutschen Aussöhnung weiß, ist es gerade jetzt an der Zeit, im Zuge der weiteren Vertiefung der tschechisch-deutschen und slowakischdeutschen Beziehungen, dieser Geste mit der Errichtung der Stiftungen entgegenzukommen. Der Änderungsantrag dient dazu, dies finanziell zu ermöglichen. Gerade hat Präsident Havel, der mit Engagement und Offenheit eine Versöhnung mit Deutschland wünscht und sucht, anläßlich seiner Unterredung mit Präsident Herzog nochmals auf die Notwendigkeit dieser Entschädigungen hingewiesen. Ich bin der Meinung, daß wir diesem Partner in der Versöhnung angesichts der sich in der entscheidenden Phase befindenden tschechisch-deutschen Verhandlungen, diese Unterstützung nicht verwehren können. Wir müssen jetzt dieses Signal setzen, weil es später so nicht mehr möglich ist. Darum stimme ich dem vorliegenden Änderungsantrag zu.
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    Rede von Oswald Metzger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wer den Auszug der Opposition aus der Sitzung des Haushaltsausschusses in der letzten Sitzungswoche erlebt hat, mußte heute - nach dem, wie die Koalition in der Aktuellen Stunde am 25. Oktober 1995 getönt hatte - damit rechnen, daß jetzt die Häme über uns gegossen wird nach dem Motto: Wer auszieht, kommt auch wieder herein. Diese Häme mußten Sie heute unterlassen, weil Sie durch die Kommentare in den Medien - in der „FAZ", auch in der Wirtschaftspresse, beispielsweise dem „Handelsblatt" - gemerkt haben, daß das politische Signal des Auszugs der Opposition richtig war. Man kann es einem Finanzminister nicht durchgehen lassen, daß er eine 20-Milliarden-Lücke durch die Vorlage eines Wisches an einem Tag geklärt haben will.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Herr Finanzminister Waigel, ich komme aus dem Wahlkreis Biberach. Ihr Wahlkreis Neu-Ulm ist der Nachbarwahlkreis. Der Gemeinderat in Neu-Ulm hätte es Ihrer Oberbürgermeisterin mit Sicherheit nicht durchgehen lassen, eine derartig dramatische Veränderung des Haushalts binnen eines Tages zu beraten. Die CSU-Fraktion hätte mit Sicherheit einen Antrag auf Nichtbefassung gestellt, und Ihre Parteifreunde hätten recht gehabt.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)


    Oswald Metzger
    Insofern ist der Auszug aus dem Haushaltsausschuß vor allem dem formellen Vorgehen geschuldet. Angesichts der - prozentual und absolut - größten Veränderung zwischen erstem Regierungsentwurf und der Vorlage in abschließender Beratung im Haushaltsausschuß, die in der Regierungsära Kohl bisher vorgekommen ist, wäre eine Ergänzungsvorlage das einzig Richtige gewesen.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Helmut Wieczorek [Duisburg] [SPD]: Richtig! Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Weng, jetzt klatschen Sie doch einmal!)

    Auch aus anderen Gründen hat der Finanzminister enge Hosen an - wenn er die Hose nicht gar heruntergelassen hat -: Er hat das Parlament in der Debatte über die Regierungserklärung zum IWF am 12. Oktober 1995 trotz entsprechender Vorhaltungen unserer Fraktion nicht darüber aufgeklärt, daß er praktisch schon eine Haushaltssperre verfügt hatte. Das Ganze hat er am Parlament vorbei am 14. Oktober, einem Samstag, verlautbaren lassen. Wer als Finanzminister so mit dem Parlament umgeht, mißachtet das Budgetrecht dieses Parlaments außerordentlich.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Kollege Roth, es ist in der Tat richtig, daß man im Haushaltsausschuß normalerweise kooperativ arbeitet. Diese Auffassung teile auch ich. Ich teile auch den Dank, den Sie an Ihre Kollegen ausgesprochen haben, obwohl Sie eine Fraktion, nämlich uns, und eine Gruppe, nämlich die PDS, vergessen haben, die genauso mitberaten haben. Ich teile auch Ihren Dank an den Haushaltsausschußvorsitzenden Wieczorek. Aber wenn Sie als Koalition dieses Spiel mitmachen, das heißt eine Vorlage praktisch durchwirken und bei der abschließenden Beratung nur Jasager sind - dies gilt vor allem für die F.D.P.; Graf Lambsdorff, Ina Albowitz und Wolfgang Weng haben noch vier oder fünf Tage vorher von einem Haushaltssicherungsgesetz geredet und dann den Schwanz eingezogen -, dann haben Sie das Recht verwirkt, die Opposition zu kritisieren.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der PDS sowie bei Abgeordneten der SPD Dr. Wolfgang Weng [Gerlingen] [F.D.P.]: Ungeheuerlicher Vorwurf! Weitere Zurufe von der CDU/CSU und der F.D.P.)

    Jetzt aber zur Sache. Wir vom Bündnis 90/Die Grünen müssen als Oppositionsfraktion eines akzeptieren: Wir haben eine strukturelle Finanzkrise der öffentlichen Haushalte. Deshalb müssen wir uns auf den Standpunkt stellen - auch Bündnisgrüne, auch Sozialdemokraten sind auf Landesebene Regierungsfraktionen -, der da lautet: Wir kommen an der Tatsache nicht vorbei, daß wir die Ansprüche an die öffentlichen Hände insgesamt ein Stück weit zurückfahren müssen.

    (Zurufe von der CDU/CSU und der F.D.P.: Sehr gut! Dr. Bernd Protzner [CDU/CSU]: Oho!)

    Wir sind - dies führt bei einer Oppositionsfraktion natürlich zu erheblichen Diskussionen - mit unserem Entschließungsantrag in der Lage, Korrekturen am Bundeshaushalt vorzuschlagen, so daß das Defizit des jetzigen Regierungsentwurfs unter dem Strich um etwa 6 Milliarden DM unterschritten wird,

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Aha!)

    obwohl wir die Weichen in Richtung einer wirksamen Bekämpfung der Arbeitslosigkeit stellen wollen.
    Wir werden die Kostenverlagerung, die diese Koalition schon im Kabinett beschlossen hat, nicht mitmachen. In deren Zuge soll die Arbeitslosenhilfe mit 3,4 Milliarden DM aus dem Bundeshaushalt herausgedrückt werden. Sie soll über die Sozialhilfe den Kommunen auferlegt werden. Diese aber können die Last nicht mehr schultern, weil sie Aufgaben in Höhe von fast 50 Milliarden DM zu finanzieren haben, die in Teilbereichen auf jeden Fall Bundesaufgaben sind. Die Kommunalpolitiker der Unionsfraktion laufen gegen diese Regierungspolitik genauso Sturm wie die der SPD oder die von uns.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Die CSU muß gegen die Bundesregierung klagen!)

    Diese 3,4 Milliarden DM wollen wir mit einer Erhöhung des entsprechenden Titels - so unser Antrag - finanzieren.
    Wir wollen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit 3,5 Milliarden DM für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen zusätzlich ausgeben. Die Bundesanstalt für Arbeit muß auf Grund der hohen strukturellen Arbeitslosigkeit nächstes Jahr tätig werden; das ist eindeutig.
    Wir werden mit diesem politischen Schwerpunkt unserer Fraktion der Tatsache Rechnung tragen, die selbst Kollege Roth gerade eingeräumt hat: Arbeitslosigkeit kostet diese Gesellschaft nach Ihrer Rechnung rund 40 Milliarden bis 50 Milliarden DM pro Jahr, nach Rechnung der SPD rund 100 Milliarden DM. Weil die Finanzierung von Arbeitslosigkeit teurer ist, wollen wir für ihre Bekämpfung einen Schwerpunkt setzen.
    Als Gegenfinanzierung - das werden Sie dann nachlesen können; wir haben Änderungsanträge zu den Einzelplänen - dient eine Streichung, die im Saldo 4,5 Milliarden DM beträgt. Wir entdecken den Verteidigungshaushalt nicht mehr als Steinbruch, sondern stellen reguläre Kürzungsanträge, die wirklich seriös sind, wenn man es politisch will. Wir sehen nämlich nicht ein, daß ein Finanzminister plötzlich Investitionen in technische Hochrüstung als Arbeitsplatzförderungsprogramm verkauft, weil unter dem Druck des „Dolores " -Programms der DASA und dem Protest der Betriebsräte plötzlich alle Welt einknickt,

    Oswald Metzger
    auch die SPD plötzlich bereit ist, dem Eurofighter zuzustimmen. Wir werden im Atombereich eine Kürzung von einer halben Milliarde DM vorschlagen. Wir werden im Verkehrsbereich Umschichtungen vorschlagen.
    Soweit die Tableaus, die Sie von uns zu erwarten haben.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Wir werden in unserem Entschließungsantrag vorschlagen, in einem Haushaltsbegleitgesetz die Stenervergünstigungen in der Größenordnung von insgesamt 5 Milliarden DM zu reduzieren. Wir werden Subventionsabbau bei der Dieselbesteuerung in der Größenordnung von 3,4 Milliarden DM vorschlagen. Einschnitte in staatliche Leistungen wird es also geben, aber nicht so, wie diese Regierung das im Moment macht: Sie macht die Opfer zu Tätern, indem sie mit dem Rasenmäher durch die Arbeitslosenhilfehaushalte fährt und die Leute, die wegen Arbeitslosigkeit ausgemustert werden, bestraft. Wir wollen, daß die Bevölkerung insgesamt - reiche wie arme Leute - ihr Scherflein dazu beiträgt.
    Man darf sich nicht in die Neuverschuldung flüchten; denn Neuverschuldung ist das Gegenteil von nachhaltiger Finanzpolitik. Nachhaltigkeit kennen Sie als Begriff aus der Ökologiebewegung. Für uns heißt nachhaltige Finanzpolitik, daß man sich nicht auf den bequemen Pfad der Erhöhung der Verschuldung begibt; denn mit einer höheren Verschuldung schränkt man die Investitionsspielräume künftiger Haushalte ein. Das können wir angesichts der Tatsache, daß im Haushalt 1996 bereits jede vierte Steuermark für Zinsaufwand ausgegeben wird, überhaupt nicht hinnehmen.
    Sie wissen, Herr Finanzminister, daß die Finanzplanung, die Bestandteil der Beratungen zum Haushalt 1996 ist, Makulatur ist. Das schreibt Ihnen die Wirtschaftspresse ins Stammbuch. Sie können nicht davon ausgehen, daß Sie 1999 mit einer Nettoneuverschuldung von 29 Milliarden DM auskommen - wie es in Ihrer Finanzplanung steht -, wenn Sie auf Grund der geringeren Steuereinnahmen pro Jahr für die Folgejahre bereits eine Vorbelastung von rund 10 Milliarden DM haben. Das funktioniert nicht.
    Sie haben keine Vorsorge zur Abschaffung des Solidarzuschlags getroffen - in keiner Weise. Der wird 1999 auf der Einnahmeseite aber fast 40 Milliarden DM ausmachen.
    Wie soll diese Finanzpolitik, die Sie als symmetrische Finanzpolitik verkaufen, die sowohl Steuer- als auch Schuldenabbau beinhaltet, umgesetzt werden? Diese Rechnung geht nicht auf. Man kann sich dann aber als Opposition - das sage ich auch an die Adresse unserer Fraktion, aber auch an die anderen Oppositionsparteien - nicht nur hinstellen und sagen: Wir beklagen das, aber schuld ist natürlich derjenige, der in der Regierungsbank sitzt. Das stimmt: Die Opposition hat keine Verantwortungskompetenz. Aber wir haben Verantwortungskompetenz für die Zeit, in der wir regierungsfähig sein wollen, wo wir das ausbaden müssen, was Sie zur Zeit anrichten. Deshalb nehmen wir ein Stück weit in Anspruch,
    jetzt strukturelle Voraussetzungen zu schaffen, die uns in die Lage versetzen, dann nicht komplett handlungsunfähig zu sein. Das ist vorausschauende Politik einer Oppositionsfraktion.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Noch ein Wort zum Thema Eurogeld. Die Diskussion um die Währungsunion, die in den letzten Tagen stattgefunden hat, war etwas merkwürdig. Man hat gemerkt, daß auch die Sozialdemokraten den Hammer, den sie hier herausgezogen haben, relativ schnell wieder eingezogen haben.
    Eines ist aus unserer Sicht auf jeden Fall zu sagen - das merken Sie ja, wenn wir einer Nettoneuverschuldung nicht das Wort reden -: Wir wollen die 60 Prozent Gesamtverschuldungsanteil am Bruttoinlandsprodukt auch nicht überschreiten. Wir wollen das Konvergenzkriterium von Maastricht einhalten, genau so wie bei der 3-Prozent-Quote bei der Neuverschuldung. Das heißt auch, daß wir der Währungsunion das Wort reden, aber die Stabilitätsgarantie einbauen wollen. Da muß Deutschland seine eigenen Hausaufgaben machen; sonst können wir das anderen nicht abverlangen.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Lieber verschieben wir den Termin der Einführung der Währungsunion, als daß wir die Stabilität des Geldes auf dem Altar von Maastricht opfern.
    In diese Richtung muß es gehen. Wir brauchen auch flankierende Maßnahmen im Bereich der Wirtschafts- und Sozialpolitik, um abzusichern, daß die Währungsunion tatsächlich eine politisch handhabbare Größe ist, die zu einem politischen System in Europa führt, dem wir durchaus zustimmen.
    Wir lassen es aber auf der anderen Seite dem selben Finanzminister nicht durchgehen, wenn er herummogelt und im nächsten Jahr extrem knapp an der Maastricht-Quote der Gesamtverschuldung vorbeischrammt.
    Obwohl ich weiß, daß es im parlamentarischen Bereich gefährlich ist, Prognosen aufzustellen - Kollege Roth hat am Beispiel der SPD darauf hingewiesen -, tue ich es jetzt. Sie können nachlesen, daß wir im März dieses Jahres bei der abschließenden Beratung des Haushalts 1995 die Nettoneuverschuldung des Jahres 1996 mit 60 bis 65 Milliarden DM beziffert haben. Die Regierung selber räumt 60 Milliarden DM ein. Wir als Opposition glauben, daß von den jetzigen 60 Milliarden etwa 8 Milliarden DM unseriös finanziert sind, weil sich die Privatisierungserlöse in dieser Form nicht einstellen werden.
    Sie treibt das Prinzip Hoffnung um, daß Sie beim Steuereingang etwas besser fahren, als die jetzige Steuerschätzung das vermuten läßt. Dann hätten Sie das Problem nicht, daß Sie die Privatisierungserlöse, wie im Haushaltsplan eingestellt, auch tatsächlich auf Mark und Pfennig brauchen. Das ist meine Prognose für das nächste Jahr bereits im März abgegeben; ich halte sie aufrecht.
    Die Prognose für diesen Haushalt ist folgende: Wir werden die 50-Milliarden-DM-Verschuldung in 1995

    Oswald Metzger
    überschreiten. Sie sagen: nicht signifikant. Ich sage, wir werden sie auf jeden Fall mit 2 bis 3 Milliarden DM überschreiten. Diesen Betrag werden Sie auch als Vorbelastung in den Haushalt 1996 schleppen.
    Wenn Sie den neuen Solidarpakt anmahnen, werden wir, die Länderfinanzminister der SPD und die Regierungsfraktionen der Bündnisgrünen in den Bundesländern, in denen sie mitregieren, alle Mühe haben, der Bevölkerung klarzumachen, daß der Streit künftig nur noch um die Verteilung der gekürzten Mittel und um die politische Schwerpunktsetzung unter dieser Prämisse und nicht mehr um die Verteilung von Ausgabenzuwächsen geht.
    Die Konjunktur kann florieren, wie sie will: Die Arbeitsmarktsituation bleibt dramatisch. Das Institut für Wirtschaft und Gesellschaft hat heute morgen in einer Pressekonferenz ein Zehnjahresgutachten vorgestellt, in dem auf Grund der demographischen und weltwirtschaftlichen Entwicklung davon ausgegangen wird, daß die durchschnittliche Wachstumsrate in den nächsten zehn Jahren 2 Prozent beträgt. Die. durchschnittliche Arbeitslosigkeit wird auf deutlich über 3 Millionen Arbeitslosen verharren. Welch langfristiges Problem das ist und was das für die Haushalts- und Finanzpolitik dieser Gesellschaft heißt, braucht man in diesem Raum sicher nicht zu sagen.
    Wir werden uns daran gewöhnen müssen, nicht nur an unseren Worten, sondern an unseren Taten gemessen zu werden. Wir werden uns auch von unseren eigenen Wählerinnen und Wählern prügeln lassen müssen, weil unterlassene unpopuläre Entscheidungen jeden - in der Opposition, aber erst recht in der Regierungsverantwortung - letztendlich wie nichts wegspülen werden.

    (Vorsitz : Vizepräsident Hans-Ulrich Klose)

    Nach meiner Auffassung dürfen Koalition wie Opposition angesichts des Ernstes der Lage - jeder ist irgendwann einmal Regierungsfraktion oder ist es gleichzeitig in den Ländern - vor dieser Herkulesaufgabe nicht in die Knie gehen. Reiner Populismus, der dem politischen Alltagsgeschäft nicht fremd ist - das wissen wir alle -, nützt an dieser Stelle überhaupt nichts. Wir brauchen Konzepte und streiten dann um die Prioritäten, die wir haushalts- und finanzpolitisch setzen müssen. Wir streiten darum, zu wessen Lasten bestimmte Projekte künftig finanziert werden. Das wird den parlamentarischen Alltag begleiten.
    In diesem Sinne: eine gute Beratung in dieser Woche.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)



Rede von Hans-Ulrich Klose
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Kollege Weng, F.D.P.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Wolfgang Weng


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (F.D.P.)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die richtigen Worte, die der Kollege Metzger gefunden hat, sind natürlich leicht zu sprechen, wenn man in der Opposition ist und am Schluß nichts beweisen muß. Sie
    sind trotzdem noch sinnvoller und angenehmer als das Horrorbild, das der Kollege Diller vorhin gemalt hat und angesichts dessen er selber erschrocken war und blaß geworden ist.
    Herr Kollege Diller, wir lassen uns durch Ihr Horrorbild nicht miesmachen, was in der Bundesrepublik Deutschland in den letzten Jahren entstanden ist, was hier geleistet worden ist, was durch gute Politik, was aber vor allem durch den Fleiß, den Einsatz und den Aufbauwillen der Bürger in der Bundesrepublik geleistet worden ist. Das ist eine gute Leistung, auf die wir stolz sind und hinter der wir stehen.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Die Bundestagsfraktion der F.D.P. bewertet das Ergebnis der Beratungen des Haushaltsausschusses, die wir ohne die Opposition abgeschlossen haben, die die Beratungen in einer unwürdigen Weise verlassen hat,

    (Widerspruch bei der SPD)

    als positiv.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Wie wäre es denn gewesen, wenn wir sie würdig verlassen hätten?)

    Die Fraktion der F.D.P. signalisiert deswegen im Deutschen Bundestag in zweiter Lesung ihre Zustimmung. Natürlich stellen auch wir fest, daß es im Haushaltsausschuß nur mit einigem Ächzen und Zerren gelungen ist, eine Punktlandung zu machen. Aber wir haben dann eine Punktlandung erreicht.

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU Eckart Kuhlwein [SPD]: Eine Bauchlandung!)

    Die Eckwerte, die wir im Ausschuß beschlossen haben, begrüßen wir. Wir legen Wert darauf, daß sie auch im Vollzug eingehalten werden. Wir sind zufrieden, daß der Umfang des Haushalts beim Bund zum erstenmal seit Jahrzehnten sinkt. Wir sind zufrieden, daß die Nettoneuverschuldung im Rahmen der Finanzplanung geblieben ist und daß es möglich war, diesen Rahmen zu halten. Das war in der schwierigen Lage gerade gegen Schluß der Beratungen keine Selbstverständlichkeit.
    In der Finanzplanung ist als Nettoneuverschuldung des Bundes die außerordentlich hohe Zahl von 60 Milliarden DM vorgesehen gewesen. Die Zustimmung unserer Fraktion zu dieser hohen Verschuldung erfolgt auch nur deshalb, weil für uns die weitere Finanzplanung verbindlich ist. Nach der haushaltspolitischen Bewältigung der deutschen Einheit muß jetzt die Verschuldung des Bundeshaushalts entsprechend der wirtschaftlichen Situation der Bundesrepublik Deutschland wieder zurückgeführt werden.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Welch ein Schleiertänzchen, welch ein Eiertänzchen!)

    Der Schuldenberg aller öffentlichen Hände droht sonst aus den Fugen zu geraten. Die schon erwähnte

    Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen)

    Schuldenuhr des Bundes der Steuerzahler hat symbolisch recht. Obwohl ich weiß, daß der Bundeshaushalt nur ein Teil der Gesamtpolitik ist, sage ich für meine Fraktion: Die Rückführung der Verschuldung hat für uns allerhöchsten Stellenwert.

    (Beifall bei der F.D.P. Zuruf von der SPD: Hört! Hört!)

    Wir können beweisen, daß wir nach 1982 in vergleichbarer Situation über Jahre in gleicher Weise agiert und das in dieser Sache Gewünschte erreicht haben. Egal, wie gut die Gründe sind, die im Moment diese Schulden auslösen - niemand in diesem Hause hatte nach der Vereinigung, nach der Wirtschafts- und Währungsunion eine ernsthafte Alternative -: Mit Blick auf die heranwachsende Generation, mit Blick auf die künftigen Gestaltungsmöglichkeiten der jungen Menschen in diesem Land sind diese Schulden nur noch zu verantworten, wenn sie nach der Sondersituation durch die deutsche Einheit eindeutig abgebaut werden und in Richtung Null lauf en.

    (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Es kommt ein weiterer wesentlicher Punkt hinzu, der diese Anstrengungen notwendig macht. Wenn wir die Dinge treiben lassen, laufen wir Gefahr, bei der Erfüllung der Kriterien des Maastricht-Vertrags zur Währungsunion in Europa selbst durch den Rost zu fallen. Wer weiß, was die europäische Einigung für unsere Menschen, für unsere Bürger bedeutet, der darf sie nicht aufs Spiel setzen. Wenn schon die Bundesrepublik Deutschland bei der Erfüllung der Kriterien Schwierigkeiten bekäme, dann wäre das Scheitern des Vorhabens Währungsunion programmiert. Wir wollen aber diesen Erfolg für Europa. Hierfür ist gerade die Einbindung des wiedervereinigten Deutschlands in gutnachbarliche Beziehungen nach allen Seiten unabdingbar.
    Die Freien Demokraten werden im Zuge der europäischen Währungsunion alles dafür tun, daß die Stabilität der neuen Währung genauso groß ist wie die, die unsere Bürger von der Deutschen Mark gewöhnt sind.

    (Beifall bei der F.D.P.)

    Auch hier können wir belegen: In jahrelanger parlamentarischer Arbeit, in enger Kooperation mit der Deutschen Bundesbank ist die Stabilität der Deutschen Mark nicht vom Himmel herabgefallen, son-dem durch die Politik der Koalition gesichert worden.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Da es, meine Damen und Herren, durch die Anstrengung unserer Regierung gelungen ist, eine vergleichbare Notenbank auf europäischer Ebene einzurichten, die symbolhaft in Frankfurt ihren Standort haben wird, sage ich Ihnen voraus, daß gleiche Stabilität für unsere Bürger gesichert wird.

    (Joseph Fischer [Frankfurt] [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ach, Herr Weng, das glauben Sie doch nur zur Hälfte, was Sie jetzt erzählen!)

    Dies bedeutet eine große Kraftanstrengung, Herr Kollege Fischer. Deswegen bejahen wir die Notwendigkeit eines nationalen Stabilitätspakts mit Blick auf Europa, der auch das Einhalten des europäischen Zeitplans ermöglichen soll. Wir wissen, was wir unseren Bürgern schuldig sind.

    (Peter Dreßen [SPD]: Mit Luxemburg!)

    - Die Zwischenrufer hier, die das Ganze auf zwei Länder beschränken wollen, übersehen natürlich bewußt die großen Anstrengungen, die andere Nachbarn unternehmen, um diese Kriterien zu erreichen, Nachbarn, die sich ein Beispiel an uns nehmen. Das fordert uns um so mehr da, wo wir selber ein Beispiel bieten können.
    Wir sind dies unseren Bürgern schuldig, gerade auch den Bürgern, die im Vertrauen auf die Solidität unseres Staates sparsam sind, Geld gespart haben, Konsumverzicht leisten und die hierdurch überhaupt die Voraussetzungen dafür geschaffen haben, daß zum Beispiel die Währungsunion mit der DDR und in der Folge die Wiedervereinigung ohne Einbrüche der Deutschen Mark verkraftet werden konnten.
    Für einen solchen Stabilitätspakt brauchen wir natürlich die Bundesländer. Hier muß auch die Opposition im Deutschen Bundestag mit in das Boot, egal wie sehr sie sich dagegen sträubt. Daß sich die Oppositionsfraktionen bzw. die -gruppe in der letzten Phase der Haushaltsberatung ihrer parlamentarischen Verantwortung entzogen haben und mit ihrem Auszug aus dem Haushaltsausschuß ein unwürdiges, ja ein jämmerliches Spektakel geboten haben, nehme ich nicht besonders ernst.

    (Dr. Dagmar Enkelmann [PDS]: Sie lassen uns ja keine andere Chance!)

    Das ist auch schnell vergessen; heute sind die Herrschaften ja schon wieder da. Aber daß Populisten aus der SPD neuerdings von den europapolitischen Zielen abrücken - wohl in der Hoffnung, bei Nationalisten und deren Klientel plötzlich Zuspruch zu finden -, ist bedrückend.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Sie werden, meine Damen und Herren von der SPD, in diesem Bemühen scheitern, und Sie schaden mit Ihrer Haltung einer guten Sache. Kehren Sie um!

    (Eckart Kuhlwein [SPD]: Was sagen Sie zu Herrn Stahl und Herrn Röhl, Ihren neuen Freunden?)

    Zurück zum Haushalt. Der uneingeschränkte Jubel, in den wir bei der ersten Beratung einstimmen konnten, ist verklungen. Die Steuerschätzung im Oktober hat uns einen Strich durch die Rechnung gemacht. Ebenso ist die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt trotz guter wirtschaftlicher Bedingungen leider hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Wir mußten in der letzten Phase unserer Beratungen in großem Umfang Einnahmeausfälle und zusätzliche nicht erwartete Ausgaben berücksichtigen.
    In diesem Zusammenhang will ich auch darauf hinweisen, daß das Verfahren der Steuerschätzung unsicherer geworden ist. In der Vergangenheit ha-

    Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen)

    ben wir uns immer sehr fest auf die gegebenen Zahlen verlassen können. Jetzt sagt uns der Arbeitskreis, daß mehr Unwägbarkeiten in der Schätzung liegen.

    (Eckart Kuhlwein [SPD]: Seitdem Herr Rexrodt die Daten liefert!)

    Das heißt, wir müssen in Zukunft mit der Erwartung der öffentlichen Einnahmen vorsichtiger umgehen, als das seither möglich war.
    Die vorhergesagten Einnahmeausfälle verändern auch Strukturen. Das bedeutet, wir müssen von Basiseffekten ausgehen, die sich in kommenden Jahren fortsetzen. Das ist ja von meinem Vorredner erwähnt worden. Das heißt: zusätzliche Anstrengungen.
    Die gesamtwirtschaftliche Situation ist ja nicht unbefriedigend. Die Wachstumsraten, vor allem auch in den neuen Bundesländern, zeigen weiterhin deutlich nach oben. Aber es ist schon beeindruckend, wie schwierig es ist, notwendige Verbesserungen der Rahmenbedingungen zu schaffen, die mehr Investitionen und die mehr Arbeitsplätze auslösen sollen. Auch hier ist die SPD gefordert, ihrer Verantwortung als Opposition im Bundestag, vor allem aber als Mehrheitsführer im Bundesrat gerecht zu werden. Ihr Verhalten - das haben Ihre Redner hier wieder deutlich gemacht - zu notwendigen strukturellen Verbesserungen für die Wirtschaft erinnert an frühere sowjetische Politsekretäre, deren einzige Antwort immer ,,Njet" war.

    (Lachen bei der SPD und der PDS)

    Teilweise mit dem Schuh auf das Podium klopfen, das erwarte ich vom Kollegen Diller bei der nächsten Etatberatung.
    Meine Damen und Herren, natürlich wirken viele Faktoren unter dem Stichwort „Standort Deutschland" zusammen. Selbst die IG Metall hat ja dazugelernt. Für einige der Vorschläge, die ihr Vorsitzender Zwickel in der vergangenen Woche gemacht hat, ist die F.D.P. noch vor wenigen Jahren furchtbar geprügelt worden.

    (Beifall bei der F.D.P.)

    Denken, Sie nur an das Stichwort Arbeitszeitverkürzung ohne vollen Lohnausgleich oder an die Forderung, in bestimmten Fällen zeitweise auch unter Tarif berufstätig zu sein.

    (Beifall bei der F.D.P.)

    Während man vor wenigen Wochen bei der Gewerkschaft IG Bergbau und Energie bei den Äußerungen zur deutschen Steinkohle das Gefühl haben mußte, diese Leute befinden sich außerhalb jeder Realität, hat die IG Metall wenigstens teilweise ihre Mitverantwortung auch für die Arbeitsplätze derer akzeptiert, die im Moment keine Arbeit haben. Das ist neu.
    Wenn man dort erkannt hat, daß man den Bogen überspannt hat, daß die Forderungen überzogen waren,

    (Ina Albowitz [F.D.P.]: Das ist das Kartell der Arbeitsplatzbesitzer!)

    daß auch die gültigen Abschlüsse dem Wirtschaftsstandort nicht gerecht werden, warum wird dann eigentlich bis nächstes Jahr gewartet? Warum setzt man sich nicht sofort zusammen und bringt die notwendigen Korrekturen an?

    (Ina Albowitz [F.D.P.]: Der Parteitag kommt!)

    Ich fordere die Tarifparteien auf: Setzen Sie sich umgehend zusammen!
    Meine Damen und Herren, wenn schon kurzfristig Löcher im Haushalt geschlossen werden müssen, so ist es im Sinne der F.D.P.-Fraktion, daß dies durch verstärkte Privatisierungsanstrengungen erfolgt. Wir wünschen, daß die völlige Privatisierung der Deutschen Lufthansa im kommenden Jahr tatsächlich stattfindet. Ich fordere den Verkehrsminister auf - er hat diese Privatisierung ja selber lange Jahre immer gefordert -, durch sein Haus die notwendigen Arbeiten zügiger voranzubringen. Europa darf hier nicht ein bürokratischer Verhinderer sein. Der letzte Sachstand ließ doch Zweifel zu, ob die beamtete Ebene im Verkehrsministerium diese Privatisierung tatsächlich so intensiv vorantreibt, wie es der Weisung des Ministers entsprechen müßte.
    Wir sind dafür, daß die Postbank privatisiert wird, und wir sind bereit, daran mitzuwirken.

    (Ina Albowitz [F.D.P.]: Wohl wahr!)

    Aber gerade weil wir im Zusammenhang mit der Postreform ein selbständig arbeitendes Bankinstitut schaffen wollten und geschaffen haben, kann eine Privatisierung an die Deutsche Post AG nicht in Frage kommen; denn dann wäre ja ein Teil des früheren Zustands wiederhergestellt. Sorgfältig und ordnungspolitisch sauber - das ist Forderung der F.D.P.

    (Beifall bei der F.D.P.)

    Und wenn der Bund sich von Anteilen an großen Wohnungsgesellschaften trennt, ist dies durchaus zu begrüßen. Die Position der SPD zu diesen Plänen war entlarvend; sie ist vom Kollegen Roth richtig apostrophiert worden. Frau Fuchs im Hemd der Vorsitzenden des Mieterbundes führte lauthals Klage, diese Privatisierung sei unsozial. Meine Damen und Herren, soweit Wohnungen in der Sozialbindung sind, bleiben sie in dieser Bindung, und wo das nicht der Fall ist, ist der Bund nach der Haushaltsordnung verpflichtet, die Marktmiete zu verlangen. Andernfalls würde er geldwerte Vorteile verteilen, was gar nicht sein darf. Hier versucht die SPD wie so oft, mit Halbwahrheiten ein trauriges Süppchen zu kochen.
    Wir Freien Demokraten setzen uns dafür ein, daß eine solche Privatisierung erfolgt, und wir setzen uns auch dafür ein, daß sie für die Mieter mit der Chance verbunden wird, Eigentum an ihrer Wohnung zu erwerben.

    (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU)

    Genau in dieser Ablehnung zeigt sich die Ideologie der SPD: lieber staatlich verwaltete besitzlose Bürger als Individuen, die mit Eigentum ausgestattet

    Dr. Wolfgang Weng (Gerlingen)

    sind und dann auch eigenverantwortlich handeln können.

    (Beifall bei der F.D.P. Detlev von Larcher [SPD]: Ideologe sind Sie! Weitere Zurufe von der SPD)

    Die Freien Demokraten bedauern immer noch, daß in der vergangenen Wahlperiode eine Initiative der Koalition, eine verstärkte Privatisierung bei Ländern und Gemeinden auszulösen, im Bundesrat auf der Strecke geblieben ist.

    (Ina Albowitz [F.D.P.]: Wohl wahr!)

    Wir wollten das Haushaltsgrundsätzegesetz so ändern, daß die Notwendigkeit öffentlicher Beteiligungen auch bei Ländern und Gemeinden regelmäßig neu belegt, regelmäßig neu begründet werden muß. Dies hätte den notwendigen Privatisierungsdruck auch in dem Bereich ausgelöst. Wir sind, meine Damen und Herren, weiterhin bereit zu einer solchen Initiative. Wir bieten dem Koalitionspartner ausdrücklich an, einen erneuten Vorstoß zu machen. In allen fortschrittlichen Volkswirtschaften dieser Welt stehen die Zeichen auf Privatisierung.

    (Ina Albowitz [F.D.P.]: Sehr wahr!)

    Unter dem Stichwort „Standort Deutschland" wird zu Recht die völlige Überreglementierung beklagt. Wenn in einem Bereich kleine Fortschritte bei der Deregulierung angestrebt werden, dann hört man aber häufig, dies sei nun wirklich nicht das allerwichtigste Thema. Das erinnert an die Situation bei anderen Reformvorhaben. Im Gesundheitsbereich z. B. wird gesagt: Unser Teil beträgt ja nur 3 Prozent des ganzen Kuchens; deswegen brauchen wir hier über Einsparungen gar nicht zu reden. Nichts, meine Damen und Herren, ist monokausal. Viele Dinge wirken zusammen.
    Die Koalition hat jetzt einen kleinen Fortschritt bei der Deregulierung vereinbart, gerade heute. Sie will den starren Ladenschluß flexibler gestalten. Dies schafft zusätzliches Wirtschaftswachstum. Nach allen Prognosen schafft es zusätzliche Arbeitsplätze. Es schafft Marktnischen für innovativen Mittelstand, und es schafft natürlich auch bessere Einkaufsmöglichkeiten für viele Verbraucher. Gerade in Kenntnis der veränderten Situation - Durchlöcherung durch Rechtsprechung, durch Einkaufsmöglichkeiten im Tankstellen- und im Bahnhofsbereich sowie bei Messen, im Grenzgebiet u. ä. - wäre die Opposition gut beraten, wenn sie an einer fortschrittlichen Regelung mitwirken würde. Aber was kommt von der SPD? Sicherlich wieder das bekannte Nj et!

    (Lachen bei der SPD)

    - Wenigstens dümmliches Gelächter. Das ist schon besser als nichts!
    An einer Stelle des Haushalts allerdings drehen die Sozialdemokraten besonders lustige Pirouetten: Das ist der Verteidigungsbereich. Während Teile der Bundestagsfraktion der SPD die verteidigungspolitischen Notwendigkeiten akzeptieren, ist die Fraktionsmehrheit in der Hoffnung auf Populismusdividende immer bei den Neinsagern zu finden. Militärische Beschaffung galt und gilt dort als Steinbruch, auch wenn sich die Haushaltskollegen der SPD diesmal ein wenig zurückgehalten haben.
    Aber durch die Haltung der Sozialdemokraten zu einem neuen Jagdflugzeug für die Bundeswehr entlarven sie sich selbst. Über die Frage „Bedarf - ja oder nein?" schweigen sie sich aus. Die Ministerpräsidenten bzw. Wirtschaftsminister der SPD in den Bundesländern, vor allem in Ländern mit DASAStandorten, fordern, daß dieses Jagdflugzeug in jedem Fall in Deutschland gebaut werden muß. Und die SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag? Sie sagt weiterhin njet nach dem bewährten Motto „Ablehnen, solange die Zustimmung gesichert erscheint".