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    Plenarprotokoll 13/65 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 65. Sitzung Bonn, Freitag, den 27. Oktober 1995 Inhalt: Abweichung von den Richtlinien für die Fragestunde, für die Aktuelle Stunde sowie der Vereinbarung über die Befragung der Bundesregierung in der Sitzungswoche ab 6. November 1995 5563 A Zur Geschäftsordnung Dr. Dagmar Enkelmann PDS 5563 B Joachim Hörster CDU/CSU 5563 D Tagesordnungspunkt 13: a) Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung 40 Jahre Bundeswehr — 5 Jahre Armee der Einheit b) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung wehrrechtlicher Vorschriften (Wehrrechtsänderungsgesetz) (Drucksachen 13/1801, 13/2209, 13/2547, 13/2548) . 5564B in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 12: Antrag der Abgeordneten Andrea Lederer, Heinrich Graf von Einsiedel, Dr. Willibald Jacob und der weiteren Abgeordneten der PDS: Abschaffung der Wehrpflicht (Drucksache 13/580) . 5564 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 13: Antrag der Abgeordneten Winfried Nachtwei, Angelika Beer, Christian Sterzing und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Fortsetzung der Bundeswehrreduzierung und Verzicht auf Umstrukturierung der Bundeswehr für weltweite Kampfeinsätze (Drucksache 13/499) 5564 C in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 14: Beschlußempfehlung und Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten der PDS: Kampfeinsätze der Bundeswehr (Drucksachen 13/136, 13/1880) . . . . . . . 5564 D Dr. Helmut Kohl, Bundeskanzler . . . 5564 D Rudolf Scharping SPD 5568 C Paul Breuer CDU/CSU 5572 A Rolf Köhne PDS 5573 C Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5575 A Dr. Heiner Geißler CDU/CSU . . . 5577 A Dr. Wolfgang Gerhardt F.D.P 5577 C Heinrich Graf von Einsiedel PDS . . . 5580 C Volker Rühe, Bundesminister BMVg . 5582 C Dr. Helmut Lippelt BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5584 A Walter Kolbow SPD 5585 D Rainer Eppelmann CDU/CSU 5588 C Winfried Nachtwei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5590 D Günther Friedrich Nolting F.D.P. . . . 5592 C Dieter Heistermann SPD 5594 C Paul Breuer CDU/CSU 5595 D Dr. Klaus Rose CDU/CSU 5597 C Winfried Nachtwei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5598A Dr. Gregor Gysi PDS 5600A Volker Kröning SPD 5601 D Jürgen Augustinowitz CDU/CSU . . . 5603 B Rolf Köhne PDS 5605 C Dr. Uwe-Jens Heuer PDS (Erklärung nach § 30 GO) 5606A Tagesordnungspunkt 10: a) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachen Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung der steuerrechtlichen Wohneigentumsförderung (Drucksachen 13/2235, 13/ 2476, 13/2784, 13/2785) 5607 A b) Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Franziska Eichstädt-Bohlig, Christine Scheel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Eckwerte für ein grünes Selbsthilfe-Gesetz für eine soziale und ökologische Reform der Wohneigentumsförderung zu dem Antrag der Abgeordneten Klaus-Jürgen Warnick, Dr. Barbara Höll, Dr. Uwe-Jens Rössel und der Gruppe der PDS: Reformierung der Wohneigentumsförderung als ein Bestandteil der Wohnungsbaupolitik (Drucksachen 13/2304, 13/2357, 13/2784) 5607 A c) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau zu dem Antrag der Abgeordneten Otto Reschke, Achim Großmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Neugestaltung der Wohneigentumsförderung zu dem Antrag der Abgeordneten Dieter Maaß (Herne), Achim Großmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Wohnungsbaugenossenschaften stärken - Mitglieder steuerlich fördern (Drucksachen 13/1501, 13/1644, 13/2771) 5607 B Dr. Kurt Faltlhauser, Parl. Staatssekretär BMF 5607 C Otto Reschke SPD 5608 D Hannelore Rönsch (Wiesbaden) CDU/CSU 5610 C Klaus-Jürgen Warnick PDS 5611B Dr. Barbara Höll PDS 5611 D Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 5612C Hildebrecht Braun (Augsburg) F.D.P. 5613 C Hildebrecht Braun (Augsburg) F.D.P. . 5614 B Detlev von Larcher SPD 5614 C Klaus-Jürgen Warnick PDS 5615 D Gerhard Schulz (Leipzig) CDU/CSU . 5616D Achim Großmann SPD 5618 A Dr. Klaus Töpfer, Bundesminister BMBau 5620 B Otto Reschke SPD 5621 D Franziska Eichstädt-Bohlig BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 5622 A Ingrid Matthäus-Maier SPD (Erklärung nach § 31 GO) 5622 B Zusatztagesordnungspunkt 15: Aktuelle Stunde betr. Haltung der Bundesregierung zur Altschuldenregelung für ostdeutsche Kommunen angesichts erster Bewertungsergebnisse eines Rechtsgutachtens zur Auferlegung von Rückzahlungsverpflichtungen 5623 C Dr. Christine Lucyga SPD 5623 D Dietrich Austermann CDU/CSU . . . 5624 D Werner Schulz (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5625 D Jürgen Türk F.D.P 5626 D Dr. Uwe-Jens Rössel PDS 5627 C Irmgard Karwatzki, Pari. Staatssekretärin BMF 5628 B Dr. Uwe Küster SPD 5629 A Dr. Michael Luther CDU/CSU 5630 B Gunter Weißgerber SPD 5631 A Susanne Jaffke CDU/CSU 5631 D Dr. Mathias Schubert SPD 5632 D Arnulf Kriedner CDU/CSU 5633 B Ingrid Matthäus-Maier SPD 5634 B Zusatztagesordnungspunkt 16: Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes und anderer Gesetze (Drucksache 13/2746) 5635 B Ulf Fink CDU/CSU 5635 C Brigitte Lange SPD 5636 C Andrea Fischer (Berlin) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 5638 A Cornelia Schmalz-Jacobsen F.D.P. . . 5639A Dr. Heidi Knake-Werner PDS 5640 A Nächste Sitzung 5640 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten 5641 * A Anlage 2 Amtliche Mitteilungen 5641 * C 65. Sitzung Bonn, Freitag, den 27. Oktober 1995 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Antretter, Robert SPD SPD SPD SPD 27. 10.95 27. 10. 95 27. 10. 95 27. 10. 95 27. 10. 95 Barthel, Klaus BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 27. 10. 95 Blunck, Lilo SPD F.D.P. 27. 10. 95 Conradi, Peter Dietert-Scheuer, Amke SPD SPD 27. 10. 95 27. 10. 95 27. 10. 95 27. 10. 95 27. 10. 95 27. 10. 95 27. 10. 95 Dr. Dobberthien, Marliese CDU/CSU PDS 27. 10. 95 ** Günther (Plauen), Joachim PDS CDU/CSU 27. 10. 95 Dr. Hartenstein, Liesel Hempelmann, Rolf Hörsken, Heinz-Adolf Dr. Jacob, Willibald Jüttemann, Gerhard Kuhn, Werner BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 27. 10. 95 Lengsfeld, Vera CDU/CSU SPD 27. 10. 95 Marten, Günter SPD CDU/CSU CDU/CSU SPD 27. 10.95 Meißner, Herbert Neumann (Berlin), Kurt Dr. Pinger, Winfried BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 27. 10. 95 Dr. Reinartz, Bertold Schaich-Walch, Gudrun Scheel, Christine BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 27. 10. 95 Schlauch, Rezzo CDU/CSU CDU/CSU SPD 27. 10. 95 27. 10. 95 27. 10. 95 27. 10. 95 Schmidt (Mülheim), Andreas SPD 27. 10. 95 Schmitz (Baesweiler), Hans Peter BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 27. 10. 95 Schultz (Everswinkel), Reinhard Schumann, Ilse Steindor, Marina Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Thiele, Carl-Ludwig Thieser, Dietmar Tippach, Steffen Titze-Stecher, Uta F.D.P. 27. 10. 95 27. 10. 95 27. 10. 95 27. 10. 95 27. 10. 95 27. 10. 95 27. 10. 95 * Vogt (Düren), Wolfgang Dr. Warnke, Jürgen Zierer, Benno SPD PDS SPD CDU/CSU CDU/CSU CDU/CSU *für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates **für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage 2 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner 689. Sitzung am 13. Oktober 1995 beschlossen, den nachstehenden Gesetzen zuzustimmen bzw. einen Antrag gemäß § 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: - Achtzehntes Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes und Fünfzehntes Gesetz zur Änderung des Europaabgeordnetengesetzes - Gesetz zu dem Vertrag vom 26. Mai 1993 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Thailand über die Überstellung von Straftätern und über die Zusammenarbeit bei der Vollstreckung von Strafurteilen - Gesetz zu den Protokollen vom 19. Dezember 1988 betreffend die Auslegung des Übereinkommens vom 19. Juni 1980 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften sowie zur Übertragung bestimmter Zuständigkeiten für die Auslegung dieses Übereinkommens auf den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat mit Schreiben vom 25. Oktober 1995 folgende Vorlagen zurückgezogen: - Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes (Wahl der Richter und Richterinnen) - Drucksache 13/1626 - - Antrag: Einsetzung einer Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt - Wege zu einem dauerhaft umweltverträglichen Umgang mit Stoffen und Energien" - Drucksache 13/98 - - Antrag: Das Meer ist keine Müllhalde - Drucksache 13/1727 - Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Ausschuß für Wirtschaft Drucksachen 13/1376, 13/1787 Nr. 1.1 Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksachen 12/6960, 13/725 Nr. 132 5642* Deutscher Bundestag — 13. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Freitag, den 27. Oktober 1995 Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Drucksachen 12/7063, 13/725, Nr. 174 Die Vorsitzenden der folgenden Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß nachstehenden EU-Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament zur Kenntnis genommen oder von einer Beratung abgesehen haben. Auswärtiger Ausschuß Drucksache 13/2306 Nr. 2.67 Innenausschuß Drucksache 13/765 Nr. 1.20 Drucksache 13/765 Nr. 1.21 Finanzausschuß Drucksache 13/1614 Nr. 2.10 Drucksache 13/1614 Nr. 2.11 Drucksache 13/2306 Nr. 2.13 Drucksache 13/2306 Nr. 2.61 Ausschuß für Wirtschaft Drucksache 13/1338 Nr. 2.2 Drucksache 13/1442 Nr. 1.4 Drucksache 13/1799 Nr. 2.4 Drucksache 13/2306 Nr. 2.27 Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung Drucksache 13/725 Nr. 137 Drucksache 13/725 Nr. 139 Drucksache 13/269 Nr. 1.4 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 13/218 Nr. 98 Ausschuß für die Angelegenheiten der Europäischen Union Drucksache 13/478 Nr. 1.2 Drucksache 13/1038 Nr. 15 Drucksache 13/1338 Nr. 1.6 Drucksache 13/1614 Nr. 1.9 Drucksache 13/1799 Nr. 1.1 Berichtigung Im Anhang zum stenographischen Protokoll der 53. Sitzung des Deutschen Bundestages vom 8. September 1995 zu EU-Vorlagen bzw. Unterrichtungen durch das Europäische Parlament ist unter dem Titel Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten die Drucksachennummer 13/725, Nr. 107, Nr. 108, Nr. 112 und Nr. 124 ersatzlos zu streichen.
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    Rede von Winfried Nachtwei


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Geburtstage sind in der Regel Anlaß für Lobeshymnen, Umarmungen und oft auch Rauschzustände. Hiervon hat es in den letzten Wochen aus Anlaß des 40jährigen Bestehens der Bundeswehr reichlich gegeben. Unsere Aufgabe hier und heute ist, zu einer nüchternen Zwischenbilanz beizutragen. Das will ich aus unserer Perspektive versuchen.
    Die Gründung der Bundeswehr wurde gegen den Willen eines Großteils der Bevölkerung durchgesetzt und war keineswegs d e r demokratische Neuanfang, wie es heute verklärend dargestellt wird. Sie wissen, daß damals wegen der Wiederbewaffnung Gustav Heinemann aus der CDU ausgetreten ist.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


    Winfried Nachtwei
    Den Aufbau der Bundeswehr prägten 10 000 ehemalige Wehrmachtsoffiziere, die zur Bedingung ihrer Mitarbeit die „Rehabilitierung des deutschen Soldaten" gemacht haben. So wurde die aktive Beteiligung der Wehrmacht am nationalsozialistischen Vernichtungskrieg systematisch verdrängt und die Legende von der „sauberen Wehrmacht" und ihren sogenannten soldatischen Leistungen zur jahrzehntelangen Lebenslüge und faktisch vorherrschenden Traditionslinie in der Bundeswehr. Das ging einher mit der Achtung derjenigen ehemaligen Wehrmachtssoldaten, die damals nicht mehr mitgemacht haben, der Deserteure. Das ging einher mit einem Bild von der Sowjetunion, das sich kaum von dem vor 1945 unterschied und das bis Ende der 80er Jahre so fortexistierte.
    Eindeutig stellt der Traditionserlaß von 1982 fest: „Ein Unrechtsregime wie das Dritte Reich kann Tradition nicht begründen." Dieser Anspruch ist bis heute längst nicht durchgesetzt. In unserer Debatte zur Benennung von Kasernen nach antidemokratischen - sogenannten - „Helden" der Wehrmacht wurde das überdeutlich. Daß weiterhin, über sieben Jahre lang, Kasernen nach überzeugten nationalsozialistischen Generälen benannt sind, ist ein fortdauernder Skandal.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Kein Wunder, daß es angesichts solcher Un-Vorbilder in der Truppe des öfteren zu einem kritiklosen Rückgriff auf Wehrmachtstraditionen kommt, wie der Wehrbeauftragte selbst bemängeln mußte.
    Es ist allen Armeen gemeinsam, daß ihre Soldaten gegebenenfalls für ihren Auftrag zerstören, töten und verstümmeln und dabei selbst Leben und Gesundheit riskieren müssen. Unterhalb dieser Ebene können wir aber nicht verkennen, daß sich die Bundeswehr in wesentlichen Punkten von allen früheren deutschen Armeen und der Nationalen Volksarmee unterscheidet.

    (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Das Recht auf Kriegsdienstverweigerung mit der Waffe, das verfassungsmäßige Verbot des Angriffskrieges, den Primat der Politik, die Innere Führung mit dem Leitbild des „Staatsbürgers in Uniform", die rechtsstaatliche Bindung von Befehl und Gehorsam und vor allem die Institution des Wehrbeauftragten nenne ich als besondere Merkmale.
    Die Bundeswehrangehörigen sind so sehr in die Gesellschaft integriert, daß von einem „Staat im Staate" keine Rede sein kann. Wie weit dieser hohe Anspruch der Inneren Führung auch in die Tat umgesetzt wird, muß sich jeden Tag neu erweisen. Das zeigt sich nicht zuletzt am Umgang von Vorgesetzten mit internen Kritikern. Die Männer des „Darmstädter Signals" wissen ein Lied von der oft mangelnden demokratischen Souveränität von Vorgesetzten zu singen.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Mit der Auftragserweiterung der Bundeswehr und der Forderung nach mehr Härte in der Ausbildung gerät die Innere Führung insgesamt wieder stärker unter Druck. Wenn politische Bildung vielfach vernachlässigt wird, wenn laut Bericht des Wehrbeauftragten in der Truppe wiederholt körperliche und Kollektivstrafen angewandt werden, also schikaniert wird, dann sind das beunruhigende Zeichen.

    (Michaela Geiger [CDU/CSU]: Vielleicht gibt es auch ein paar gute Sachen!)

    Stolz behaupteten die vorherigen Festredner, die Bundeswehr habe 40 Jahre Frieden und Freiheit garantiert. Als Angehöriger der Nachkriegsgeneration bin ich in der Tat froh, bisher keinen Krieg erlebt haben zu müssen. Aber die Tatsache, daß die Blockkonfrontation glimpflich zu Ende ging, kann das System der atomaren Abschreckung und die Rolle der Bundeswehr dabei nachträglich keineswegs heiligsprechen:

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Heinrich Graf von Einsiedel [PDS])

    Über Jahrzehnte pflegte man in Ost und West völlig überzogene Bedrohungsbilder, kräftig geschürt von entsprechenden Rüstungsinteressen. Die atomare Abschreckung baute auf der Bereitschaft zum atomaren Völkermord auf. Sie ging schließlich mit einem sich gegenseitig hochschaukelnden Wettrüsten einher, das gigantische Summen fraß. Die Jahrzehnte des ostwestlichen Rüstungswahns waren für die soziale und ökologische Entwicklung der Menschheit verlorene Jahre.


Rede von Hans Klein
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
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    Rede von Winfried Nachtwei


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Nein, jetzt nicht.
    Sein tödliches Erbe - vor allem das der Atomwaffen - ist noch längst nicht bewältigt.

    (Beifall der Abg. Kerstin Müller [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

    Mit dem Ende des Ost-West-Konflikts kam in Europa ein Abrüstungsprozeß in Gang, wie er zu Friedenszeiten in der Tat ohne Beispiel ist. Auch die Bundeswehr schaffte dabei enorme Abrüstungsschritte und löste die NVA weitgehend lautlos auf. Überschattet wurde das von einer Politik der Bundesregierung, die die Lieferung überschüssiger Rüstungsgüter in Krisenländer wie die Türkei und Indonesien zuließ. Hier pervertierte Abrüstung in ihr Gegenteil.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Während in der Öffentlichkeit der Eindruck vorherrscht, es gehe mit der Abrüstung weiter, ist diese hoffnungsvollste Phase in der Geschichte der Bundeswehr in Wirklichkeit längst zu Ende, ist wieder der Rückwärtsgang eingelegt. Erstmals seit Jahren wächst der Anteil der Militärausgaben am Gesamthaushalt wieder, nämlich von 10 % in diesem Jahr auf 10,7 % im nächsten Jahr. Die Bündnisgrünen lehnen diesen neuen Aufrüstungskurs einhellig ab. Denn daß die Bundeswehr mit Kampfeinsätzen zur

    Winfried Nachtwei
    Bewältigung überwiegend innerstaatlicher Konflikte beitragen könnte, ist ein gefährlicher und zudem äußerst teurer Irrglaube - Ihr Irrglaube.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Möglich und nötig ist eine weitere Reduzierung der Bundeswehr, die mit der Abschaffung der Wehrpflicht einhergehen muß. Dieser Zwangsdienst, der inzwischen so schwindelerregend idealisiert wird, ist schlichtweg nicht mehr legitimierbar. Sie kennen den Bericht der Jugendoffiziere, die feststellen, daß unter Jugendlichen die Wehrpflicht einhellig abgelehnt wird.

    (Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Gott sei Dank!)

    Hierzu werden wir in Kürze einen Antrag in den Bundestag einbringen.
    Seit 30 Jahren habe ich Entscheidungsprozesse junger Männer miterlebt, die sich fragen mußten: Wie halte ich es mit dem Wehrdienst bzw. mit dem Zivildienst? Über viele Jahre erforderte es besonderer Zivilcourage, den Kriegsdienst mit der Waffe zu verweigern. Wenn inzwischen Kriegsdienstverweigerer und Zivildienstleistende in der Gesellschaft anerkannt sind, dann liegt das an ihrer sichtbar hilfreichen Arbeit, dann ist das ein echter zivilisatorischer Fortschritt.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)

    Vertreter der Koalition versuchen in der letzten Zeit verstärkt, die Kriegsdienstverweigerer abzuwerten, ja zu diskreditieren. Um den Nachwuchssorgen der Bundeswehr entgegenzuwirken, soll der Zivildienst zur „lästigen Alternative" - so ein CDU-Antrag - und der Wehrdienst attraktiver gemacht werden.
    Im Unterschied zu Ihnen habe ich gelernt - unabhängig von meiner Auffassung -, die Entscheidung der jungen Wehrpflichtigen für Wehrdienst oder Zivildienst zu respektieren. Deshalb treten wir in unserem Antrag zum Wehrrechtsänderungsgesetz dafür ein, endlich wieder dem Buchstaben des Grundgesetzes zu folgen und die Dauer des Ersatzdienstes an die des Wehrdienstes anzugleichen.
    In den 80er Jahren standen Friedensbewegung und Soldaten bei Tausenden Gelegenheiten in heißen Auseinandersetzungen. Es waren Auseinandersetzungen, die oft lehrreich waren. Ich glaube, die heutige Bundeswehr wäre nicht so - auch hinsichtlich ihrer Behutsamkeit -, wie sie von der militärischen und politischen Führung nach außen dargestellt wird, wenn es nicht die Kritik und die Auseinandersetzung mit der Friedensbewegung gegeben hätte.
    Inzwischen gibt es diese öffentliche Auseinandersetzung um Sicherheits- und Friedenspolitik in der Bevölkerung kaum noch. Das, denke ich, ist von übel!

    (Uwe Lühr [F.D.P.]: Das ist hervorragend!)

    Sicherheits- und Friedenspolitik geht alle an. Deshalb appelliere ich an die vielen Bürgerinnen und Bürger, die sich der Friedensbewegung zurechnen oder zurechneten: Mischt euch wieder ein! Zwischen Grün und Olivgrün liegen meist Welten. Gerade deshalb ist der kritische Dialog zwischen Friedensbewegten und Soldaten unverzichtbar.
    Danke schön.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der PDS)