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ID1303116600

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    Plenarprotokoll 13/31 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 31. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 30. März 1995 Inhalt: Abwicklung der Tagesordnung 2321 A Erweiterung der Tagesordnung . . . 2439 D Tagesordnungspunkt II: Wahl des Wehrbeauftragten (Drucksache 13/1000) . . . . . . . . . . 2321 A Tagesordnungspunkt I: Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1995 (Haushaltsgesetz 1995) (Drucksachen 13/50, 13/414) Einzelplan 04 Bundeskanzler und Bundeskanzleramt (Drucksachen 13/504, 13/527) in Verbindung mit Einzelplan 05 Auswärtiges Amt (Drucksachen 13/505, 13/527) in Verbindung mit Einzelplan 14 Bundesministerium der Verteidigung (Drucksachen 13/514, 13/527) in Verbindung mit Einzelplan 23 Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Rudolf Scharping SPD 2322 D Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . 2333 D Otto Schily SPD 2344 C Kerstin Müller (Köln) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 2344 D Dr. Hermann Otto Solms F.D.P. . . . . 2349 A Michael Glos CDU/CSU 2349 C Heidemarie Wieczorek-Zeul SPD . . 2349 D Dr. Uschi Eid BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 2354 C Dr. Gregor Gysi PDS 2354 C I fans Klein (München) CDU/CSU . . 2357 D Jochen Feilcke CDU/CSU 2358 C Dr. Helmut Kohl, Bundeskanzler . . . 2360 B Oskar Lafontaine, Ministerpräsident (Saarland) 2369 B Michael Glos CDU/CSU 2375 B Dr. Klaus Kinkel, Bundesminister AA . 2379 D Karsten D. Voigt (Frankfurt) SPD . . 2384 B Gerd Poppe BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 2386 D Heinrich Graf von Einsiedel PDS . . . 2389 A Günter Verheugen SPD 2391 B Christian Schmidt (Fürth) CDU/CSU . 2395 C Antje Hermenau BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN . . . . . . . . . . . . . . . . 2396 D Ulrich Irmer F.D.P 2397 D Günter Verheugen SPD . . . . . . 2398 B Eckart Kuhlwein SPD 2399 D Dr. Werner Hoyer, Staatsminister AA . 2401 D Eckart Kuhlwein SPD . . . . . . . . . 2401 D Jürgen Augustinowitz CDU/CSU . 2403 A Dr. Erich Riedl (München) CDU/CSU . 2403 C Karsten D. Voigt (Frankfurt) SPD . . . 2406 B Paul Breuer CDU/CSU 2409 B Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 2411 A Günther Friedrich Nolting F.D.P. . . 2412 B Ulrich Heinrich F.D.P. 2412 D Jürgen Koppelin F.D.P 2413 B Volker Rühe, Bundesminister BMVg . 2415 B Angelika Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 2416 C Norbert Gansel SPD 2417 C Dietrich Austermann CDU/CSU . . . 2418 C Dr. Emil Schnell SPD 2421 A Armin Laschet CDU/CSU . . . 2422 B, 2431 B Michael von Schmude CDU/CSU . . . 2424 C Wolfgang Schmitt (Langenfeld) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 2425 D Carl-Dieter Spranger, Bundesminister BMZ 2427 B Dr. R. Werner Schuster SPD . . . . 2428 C Karl Diller SPD 2429 B Eckart Kuhlwein SPD 2429 C Dr. Ingomar Hauchler SPD 2430 A Dr. Winfried Pinger CDU/CSU . . . 2430 D Dr. Willibald Jacob PDS 2431 C Eckart Kuhlwein SPD (Erklärung nach § 31 GO) 2439 A Namentliche Abstimmungen . . . 2433 C, 2436 C Ergebnisse . . . . . . . . . . . 2433 C, 2436 C Haushaltsgesetz 1995 (Drucksachen 13/528, 13/529, 13/966) . . . . . . . 2439 B Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Der Finanzplan des Bundes 1994 bis 1998 (Drucksachen 12/8001, 13/530) . . . . . . . . . . 2439 C Zusatztagesordnungspunkt 5: Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und F.D.P.: Initiative zum Karabach-Konflikt (Drucksache 13/1029) 2439 D Vizepräsident Hans Klein 2441 C Joseph Fischer (Frankfurt) BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN 2441 C Tagesordnungspunkt VI a: Bericht des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten Klaus Francke (Hamburg), Peter Kurt Würzbach und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Karsten D. Voigt (Frankfurt), Uta Zapf und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Ulrich Irmer, Dr. Olaf Feldmann und der Fraktion der F.D.P.: Unbefristete und unkonditionierte Verlängerung des Nichtverbreitungsvertrages zu dem Antrag der Abgeordneten Andrea Lederer, Heinrich Graf von Einsiedel und der weiteren Abgeordneten der PDS: Beitrag der Bundesrepublik Deutschland zur Nichtverbreitung von Kernwaffen zu dem Antrag der Abgeordneten Angelika Beer, Ludger Volmer und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Reform und Stärkung des Nichtweiterverbreitungsvertrages für Atomwaffen und das Mandat der Bundesregierung für die Verlängerungskonferenz in New York (Drucksachen 13/398, 13/429, 13/537, 13/838) Uta Zapf SPD 2440 B Klaus Francke (Hamburg) CDU/CSU . 2441 D Ludger Volmer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 2442 B Dr. Olaf Feldmann F.D.P 2443 A Andrea Lederer PDS 2443 C Helmut Schäfer, Staatsminister AA . . 2444 C Nächste Sitzung 2445 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 2447* A 31. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 30. März 1995 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adler, Brigitte SPD 30. 03. 95 Blunck, Lilo SPD 30. 03. 95 Büttner (Ingolstadt), SPD 30. 03. 95 Hans Büttner (Schönebeck), CDU/CSU 30. 03. 95 Hartmut Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Hartenstein, Liesel SPD 30. 03.95 Heym, Stefan PDS 30. 03. 95 Meißner, Herbert SPD 30. 03. 95 Scheel, Christine BÜNDNIS 30. 03. 95 90/DIE GRÜNEN Tippach, Steffen PDS 30. 03. 95 Vergin, Siegfried SPD 30. 03. 95
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    Rede von Hans Klein


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Das Wort hat der Kollege Michael von Schmude.
    Michael von Schmude: (CDU/CSU): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Sozialgipfel von Kopenhagen hat sich mit der Überwindung der wirklichen Armut in dieser Welt beschäftigt. Herr Scharping ist auf diese Problematik heute überhaupt nicht eingegangen. Er hat statt dessen seine Verelendungstheorien hier ausgebreitet und erfolglos versucht, uns zu suggerieren, in Deutschland gebe es eine Massenarmut. Wenn dem so wäre, dann brauchten wir hier, lieber Emil Schnell, über den Einzelplan 23 - Entwicklungshilfe - gar nicht zu diskutieren. Den könnten wir streichen; denn dann wären wir selbst ein Entwicklungsland und müßten Geld bekommen. So war das Szenario, das heute dargestellt wurde.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Es ging ja noch weiter: Alle wirtschaftlichen Daten, alle Fakten, die es uns überhaupt ermöglichen, Entwicklungshilfe zu leisten, wurden hier nicht nur in Frage, sondern auf den Kopf gestellt. Angesichts dieser Aufzählung angeblicher Ungereimtheiten hätte die Bundesbank heute eigentlich die Abwertung der D-Mark und nicht eine Senkung des Diskontsatzes beschließen müssen.
    Während des einwöchigen Sozialgipfels sind 585 000 Kinder in totaler Armut geboren worden. Diese Zahl zeigt deutlich, daß der Schwerpunkt unserer Entwicklungshilfe, die Armutsbekämpfung, richtig ist. Fast 20 % unserer Entwicklungshilfe entfallen auf diesen Bereich, und damit kommen wir der Zielvorstellung von Kopenhagen auch entgegen.
    Nun kann man natürlich immer sagen, die Mittel reichten nicht, wir brauchten mehr Geld. Es ist auch leicht zu fordern, Milliarden in diesen oder jenen Haushalt zusätzlich einzustellen. Nur, die Deckung

    Michael von Schmude
    muß auch irgendwo herkommen, und ich vermisse bei den Vorschlägen zur Aufstockung auch des Einzelplans 23 die notwendigen seriösen Deckungsvorschläge.
    Wir alle haben ein Interesse daran, daß gerade auch dieser Haushalt so ausgestattet wird, daß effektive Hilfe möglich ist.

    (Beifall des Abg. Jochen Feilcke [CDU/ CSU)

    Wir alle wissen - das war auch bisher den Entwicklungspolitikern von Koalition und Opposition gemeinsam -, daß die Erwartungshaltung in der Dritten Welt außerordentlich groß ist und daß wir diese Erwartungen auch gar nicht erfüllen können. Selbst die ODA-Quote ist, für sich genommen, ein ehrgeiziges Ziel, das sich auch nicht von heute auf morgen erreichen läßt. Niemand soll glauben, daß es aus dem Stand heraus möglich ist, diese Summen, etwa 20 Milliarden DM, zu realisieren.

    (Zuruf von der SPD: Das will auch niemand!)

    Ich sage ganz deutlich: Die ODA-Quote kann und darf nicht der alleinige Maßstab für unsere Entwicklungshilfe sein. Wir haben seit 1989 140 Milliarden DM an Zahlungen für die MOE- und GUS-Staaten geleistet. Diese wurden bei der Berechnung der ODA-Quote natürlich völlig ignoriert.
    Außer Betracht bleibt auch, daß wir eine ganz erhebliche Aufwertung zu verzeichnen haben. Ich sage Ihnen, daß das, was im Innern gilt, daß nämlich eine harte Mark die beste Sozialpolitik ist, auch nach außen gilt. Eine harte Mark für die Entwicklungsländer ist besser als irgendeine weiche Währung. Damit können sie erheblich mehr anfangen. Insofern kommt hier durch die ODA-Quote allein nicht das zum Ausdruck, was wir in puncto Entwicklungshilfe leisten.
    Ich glaube schon, daß neben der Armutsbekämpfung für uns auch der Aufbau und die Stabilisierung junger Demokratien in der Dritten Welt eine herausragende Aufgabe ist. Hier müssen wir unsere Entwicklungshilfe - Minister Spranger hat das in den letzten Jahren zielgerichtet betrieben - konzentrieren, um effizient und effektiv zu wirken.
    Wir dürfen aber auch die Schwellenländer nicht vergessen. Das zweite Fenster ist eine hervorragende Möglichkeit, Ländern zu helfen, deren Bruttosozialprodukt und deren Lebensstandard nun größer werden, und aus denen - das muß doch unser Ziel sein - eines Tages auch Geberländer werden können und sollen, die den anderen, noch ärmeren Ländern helfen können.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Das ist das Prinzip Hilfe zur Selbsthilfe. Ich meine, wir müssen diesen Weg konsequent gehen.
    Zu dem, was unseren Beitrag zur multilateralen Hilfe anbelangt, ist soeben vom Kollegen Schnell ausgeführt worden, daß wir diesen sehr kritisch sehen müssen. Wir stimmen voll darin überein, daß das, was der Europäische Rechnungshof in puncto
    Verschwendungssucht und Mißwirtschaft beim Europäischen Entwicklungsfonds festgestellt hat, von uns scharf bekämpft werden muß. Wir müssen deutlich machen, daß unsere Interessen andere sind und daß wir eine Rückführung der multilateralen Hilfe zur bilateralen Hilfe hin forcieren müssen. Das können wir überwachen, das können wir auch selber verantworten.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich erhoffe von den Verhandlungen, die jetzt zum 8. EEF laufen, daß es möglich sein wird, die deutschen Anteile an den Rückflüssen zu verstärken. Es kann und darf nicht angehen, daß wir die größten Zahler sind und am Ende zu denen gehören, die am wenigsten an Aufträgen zurückbekommen. Ich glaube, daß unsere Freunde in der Europäischen Union für unser berechtigtes Anliegen Verständnis haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich möchte zum Schluß Herrn Minister Spranger und seinen Mitarbeitern dafür sehr herzlich danken, daß die Entwicklungsarbeit, die Entwicklungshilfe so erfolgreich gelaufen ist. Ich wünsche mir, lieber Herr Spranger, daß wir für den Haushalt 1996 unter Umständen bessere Rahmenbedingungen haben, die uns auch mehr Spielraum geben.
    Schönen Dank.

    (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.)



Rede von Hans Klein
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Kollege Wolfgang Schmitt, Sie haben das Wort.

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    Rede von Wolfgang Schmitt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich beginne mit einer kurzen Notiz aus der „Süddeutschen Zeitung" vom vergangenen Freitag. Dort heißt es:
    Die Lage der 46 ärmsten Länder der Welt hat sich in den vergangenen zehn Jahren dramatisch verschlechtert. Hauptgrund dafür sei die abnehmende Förderung durch die Industriestaaten,
    heißt es in einem Bericht der UNCTAD. Weitere Gründe seien Bürgerkriege, die Vertreibung großer Teile der Bevölkerung und der Zusammenbruch der staatlichen Ordnung in den Ländern des Südens. Dies führe zu sinkender Landwirtschaftsproduktion, zu Hungersnöten und Seuchen.
    Laut UNCTAD sind die ärmsten Länder, in denen 440 Millionen Menschen leben und die in der Mehrzahl auf dem afrikanischen Kontinent liegen, mit 170 Milliarden DM verschuldet. Eine Trendwende ist laut diesem UNCTAD-Bericht nicht in Sicht. Ich füge hinzu, daß laut einer kürzlich veröffentlichten Studie die Entwicklungshilfe der OECD-Staaten auf dem niedrigsten Stand seit zwei Jahrzehnten angelangt ist.
    Geld ist nicht alles. Ich will auch nicht die politische Verantwortung der Eliten des Südens an der Misere der Entwicklungsländer leugnen. Aber der Einzelplan 23, um den es hier geht, folgt in seinem Ge-

    Wolfgang Schmitt (Langenfeld)

    Samtvolumen einem für die Entwicklungsländer verhängnisvollem Trend. In diesem Jahr wird der Anteil der deutschen Entwicklungshilfe am Bruttosozialprodukt auf den Tiefststand von 0,33 % sinken. Die Bundesregierung entfernt sich damit immer weiter von dem selbstgesetzten Ziel, den Entwicklungsetat schrittweise auf 0,7 % des Bruttosozialprodukts anzuheben.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

    Die Zeit der hehren Gipfelworte ist vorbei. Wir fordern die Regierung auf, Farbe zu bekennen. Entweder Sie sagen: Wir haben den Mund zu voll genommen, das 0,7 %-Ziel ist nicht erreichbar, wir werden uns weiter davon entfernen, oder - wofür ich selbst plädiere - Sie ändern endlich Ihre Politik. Durch das ständige Herunterbeten von Versprechungen, die dann doch nicht eingelöst werden, leistet die Bundesregierung gewollt oder ungewollt einen nicht unerheblichen Beitrag zur Politikverdrossenheit und gefährdet damit die internationale Glaubwürdigkeit der Bundesrepublik Deutschland.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Gerhard Zwerenz [PDS])

    Der Weltsozialgipfel in Kopenhagen hat die Schere zwischen verbalem Anspruch und harter Wirklichkeit gezeigt. Auf deutscher Seite war von stärkerer Armutsbekämpfung, Maßnahmen gegen Kinderarbeit, gezielter Frauenförderung und der Unterstützung der sogenannten 20/20-Initiative die Rede. Doch wie paßt dies alles mit diesem Haushaltsentwurf zusammen?

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der PDS)

    Lassen Sie der eigenen Ankündigungspolitik endlich Taten folgen, und sorgen Sie für eine deutliche Anhebung der Mittel in den nächsten Jahren! Das wäre eine Politik, die auf die größer gewordenen Entwicklungsprobleme reagiert und den Hoffnungen an eines der reichsten Länder auf eine Entwicklungszusammenarbeit wirklich entsprechen würde.
    Wenn Bundesentwicklungsminister Spranger ankündigt, keine weiteren Einschnitte in seinem Haushalt mehr mitzutragen, so ist damit noch nichts gewonnen. Der ursprüngliche Ansatz des Einzelplanes 23 ist um noch einmal 150 Millionen DM gekürzt worden. Diese Tendenz wird sich in den nächsten Jahren möglicherweise fortsetzen. Der Kompromiß in der Kohlefinanzierung beispielsweise wird auch vom Einzelplan 23, so fürchten wir, seinen Tribut fordern.
    Nun wird gesagt, Geld allein sei nicht alles, wir müßten effektiver, konzeptioneller und länderzentrierter arbeiten, die Entwicklungszusammenarbeit müsse als Querschnitts- und als Zukunftsaufgabe begriffen werden. Dem können wir nur zustimmen. Aber wenn die nötigen finanziellen Mittel für diesen Zweck vorenthalten werden, dann werden auch diese durchaus sinnvollen Ansätze bereits in ihrer Umsetzung vereitelt.
    Ein Wort zur Debatte um die multilaterale Entwicklungszusammenarbeit. Die Diskussion um den Europäischen Entwicklungsfonds hat gezeigt, daß eine Orientierung an einer starren 30-%-Grenze für multilaterale Entwicklungszusammenarbeit, wie sie vom Haushaltsausschuß beabsichtigt ist, nicht sinnvoll, sondern geradezu falsch ist. Mit dieser unflexiblen Haltung wird auf der europäischen Ebene unnötig Porzellan zerschlagen und werden die AKP-Staaten, darunter die ärmsten Staaten Afrikas, in besonderer Weise benachteiligt und vor den Kopf gestoßen.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Statt dessen fordern wir, den Europäischen Entwicklungsfonds in die Verantwortung des Europäischen Parlaments zu geben. Die parlamentarische Kontrolle ist nach unserer Auffassung die beste Gewähr dafür, daß die auch von uns erkannten Mißbräuche und Mißstände im Europäischen Entwicklungsfonds zurückgefahren werden können.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Nötig wäre allerdings eine Diskussion über die Praxis der multilateralen Entwicklungsagenturen. Wir haben es dort mit teilweise skandalösen Fehlentwicklungen zu tun. Die anstehenden Verhandlungen über den 8. Europäischen Entwicklungsfonds und die Wiederauffüllung der Weltbankmittel bieten der Bundesregierung eine gute Gelegenheit, weitere Finanzzusagen von qualitativen Veränderungen abhängig zu machen.
    Es wäre schon viel gewonnen, wenn in diesem Hause der im letzten Jahr mit den Stimmen der Regierungskoalition beschlossene Antrag zur Weltbank seinen Niederschlag in der künftigen Praxis dieser Institution fände. Die vorschnelle Festlegung auf Kürzungen wird dagegen dazu führen, daß die deutschen Einflußmöglichkeiten schwinden. Eine Politik nach dem Motto „Wir zahlen weniger, wollen aber mehr zu sagen haben" ist verantwortungslos und blauäugig.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Wir sollten bei der kritischen Überprüfung der Entwicklungszusammenarbeit auch vor der eigenen Tür kehren. Ich erinnere daran, daß der ehemalige Parlamentarische Staatssekretär im BMZ, Herr Repnik, noch Ende 1993 die Auffassung vertrat, aus der Perspektive von Rechnungsprüfern - so sagte er damals - sähen bei Anlegung gleicher Maßstäbe bilaterale Projekte nicht soviel besser aus als die Projekte der Europäer. Für uns kann das nur heißen, daß auch die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit einer gründlichen Überprüfung unterzogen werden sollte. Die Weltbank hat mit ihrem Wapenhans-Bericht gezeigt, wie ein erster Schritt zu einer solchen kritischen Bestandsaufnahme aussehen könnte.
    Ein Blick auf die Länder, mit denen die Bundesregierung entwicklungspolitisch kooperiert, weist Staaten wie Indien, China, Indonesien und die Türkei als Hauptempfänger deutscher Gelder aus. Dabei stellt sich die Frage: Berücksichtigt die Bundesregierung hierbei die von ihr selbst aufgestellten Kriterien wie

    Wolfgang Schmitt (Langenfeld)

    die Achtung der Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit, marktwirtschaftliche Orientierung und eine demokratische Beteiligung der Bevölkerung an den politischen Prozessen?
    Untersucht man die Liste der Länder, die am stärksten gefördert werden, genau, dann gewinnt man den Eindruck, daß mit wachsender ökonomischer bzw. politischer Bedeutung eines Landes die Bedeutung der genannten Kriterien abnimmt. So finden bei der Türkei als strategisch wichtigem NATO-Partner - der, wie wir aktuell erleben, gravierend die Menschenrechte mißachtet - diese Bedingungen keine Anwendung. Reden und Handeln klaffen, wie so oft bei dieser Bundesregierung, auch in diesem Falle weit auseinander. Und das ist der eigentliche Skandal in der Entwicklungspolitik dieser Bundesregierung.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

    Meine Damen und Herren, der Minister hat am vergangenen Freitag gesagt:
    Eine angemessene Mittel- und Personalausstattung des BMZ wird zur Nagelprobe für die Fähigkeit Deutschlands, über den Tag und über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen.
    Wie wahr! Diesen Satz, Herr Minister, können wir Bündnisgrünen unterschreiben. Allerdings hat diese Regierung die von Ihnen angesprochene Nagelprobe nicht bestanden.

    (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)