Rede von
Hans
Klein
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Kollege Michael von Schmude.
Michael von Schmude: : Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Sozialgipfel von Kopenhagen hat sich mit der Überwindung der wirklichen Armut in dieser Welt beschäftigt. Herr Scharping ist auf diese Problematik heute überhaupt nicht eingegangen. Er hat statt dessen seine Verelendungstheorien hier ausgebreitet und erfolglos versucht, uns zu suggerieren, in Deutschland gebe es eine Massenarmut. Wenn dem so wäre, dann brauchten wir hier, lieber Emil Schnell, über den Einzelplan 23 - Entwicklungshilfe - gar nicht zu diskutieren. Den könnten wir streichen; denn dann wären wir selbst ein Entwicklungsland und müßten Geld bekommen. So war das Szenario, das heute dargestellt wurde.
Es ging ja noch weiter: Alle wirtschaftlichen Daten, alle Fakten, die es uns überhaupt ermöglichen, Entwicklungshilfe zu leisten, wurden hier nicht nur in Frage, sondern auf den Kopf gestellt. Angesichts dieser Aufzählung angeblicher Ungereimtheiten hätte die Bundesbank heute eigentlich die Abwertung der D-Mark und nicht eine Senkung des Diskontsatzes beschließen müssen.
Während des einwöchigen Sozialgipfels sind 585 000 Kinder in totaler Armut geboren worden. Diese Zahl zeigt deutlich, daß der Schwerpunkt unserer Entwicklungshilfe, die Armutsbekämpfung, richtig ist. Fast 20 % unserer Entwicklungshilfe entfallen auf diesen Bereich, und damit kommen wir der Zielvorstellung von Kopenhagen auch entgegen.
Nun kann man natürlich immer sagen, die Mittel reichten nicht, wir brauchten mehr Geld. Es ist auch leicht zu fordern, Milliarden in diesen oder jenen Haushalt zusätzlich einzustellen. Nur, die Deckung
Michael von Schmude
muß auch irgendwo herkommen, und ich vermisse bei den Vorschlägen zur Aufstockung auch des Einzelplans 23 die notwendigen seriösen Deckungsvorschläge.
Wir alle haben ein Interesse daran, daß gerade auch dieser Haushalt so ausgestattet wird, daß effektive Hilfe möglich ist.
Wir alle wissen - das war auch bisher den Entwicklungspolitikern von Koalition und Opposition gemeinsam -, daß die Erwartungshaltung in der Dritten Welt außerordentlich groß ist und daß wir diese Erwartungen auch gar nicht erfüllen können. Selbst die ODA-Quote ist, für sich genommen, ein ehrgeiziges Ziel, das sich auch nicht von heute auf morgen erreichen läßt. Niemand soll glauben, daß es aus dem Stand heraus möglich ist, diese Summen, etwa 20 Milliarden DM, zu realisieren.
Ich sage ganz deutlich: Die ODA-Quote kann und darf nicht der alleinige Maßstab für unsere Entwicklungshilfe sein. Wir haben seit 1989 140 Milliarden DM an Zahlungen für die MOE- und GUS-Staaten geleistet. Diese wurden bei der Berechnung der ODA-Quote natürlich völlig ignoriert.
Außer Betracht bleibt auch, daß wir eine ganz erhebliche Aufwertung zu verzeichnen haben. Ich sage Ihnen, daß das, was im Innern gilt, daß nämlich eine harte Mark die beste Sozialpolitik ist, auch nach außen gilt. Eine harte Mark für die Entwicklungsländer ist besser als irgendeine weiche Währung. Damit können sie erheblich mehr anfangen. Insofern kommt hier durch die ODA-Quote allein nicht das zum Ausdruck, was wir in puncto Entwicklungshilfe leisten.
Ich glaube schon, daß neben der Armutsbekämpfung für uns auch der Aufbau und die Stabilisierung junger Demokratien in der Dritten Welt eine herausragende Aufgabe ist. Hier müssen wir unsere Entwicklungshilfe - Minister Spranger hat das in den letzten Jahren zielgerichtet betrieben - konzentrieren, um effizient und effektiv zu wirken.
Wir dürfen aber auch die Schwellenländer nicht vergessen. Das zweite Fenster ist eine hervorragende Möglichkeit, Ländern zu helfen, deren Bruttosozialprodukt und deren Lebensstandard nun größer werden, und aus denen - das muß doch unser Ziel sein - eines Tages auch Geberländer werden können und sollen, die den anderen, noch ärmeren Ländern helfen können.
Das ist das Prinzip Hilfe zur Selbsthilfe. Ich meine, wir müssen diesen Weg konsequent gehen.
Zu dem, was unseren Beitrag zur multilateralen Hilfe anbelangt, ist soeben vom Kollegen Schnell ausgeführt worden, daß wir diesen sehr kritisch sehen müssen. Wir stimmen voll darin überein, daß das, was der Europäische Rechnungshof in puncto
Verschwendungssucht und Mißwirtschaft beim Europäischen Entwicklungsfonds festgestellt hat, von uns scharf bekämpft werden muß. Wir müssen deutlich machen, daß unsere Interessen andere sind und daß wir eine Rückführung der multilateralen Hilfe zur bilateralen Hilfe hin forcieren müssen. Das können wir überwachen, das können wir auch selber verantworten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich erhoffe von den Verhandlungen, die jetzt zum 8. EEF laufen, daß es möglich sein wird, die deutschen Anteile an den Rückflüssen zu verstärken. Es kann und darf nicht angehen, daß wir die größten Zahler sind und am Ende zu denen gehören, die am wenigsten an Aufträgen zurückbekommen. Ich glaube, daß unsere Freunde in der Europäischen Union für unser berechtigtes Anliegen Verständnis haben.
Ich möchte zum Schluß Herrn Minister Spranger und seinen Mitarbeitern dafür sehr herzlich danken, daß die Entwicklungsarbeit, die Entwicklungshilfe so erfolgreich gelaufen ist. Ich wünsche mir, lieber Herr Spranger, daß wir für den Haushalt 1996 unter Umständen bessere Rahmenbedingungen haben, die uns auch mehr Spielraum geben.
Schönen Dank.