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ID1108413600

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    Plenarprotokoll 11/84 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 84. Sitzung Bonn, Freitag, den 10. Juni 1988 Inhalt: Abweichung von den Richtlinien für die Fragestunde für die Sitzungswochen ab 13. Juni 1988 und ab 20. Juni 1988 5663 A Erweiterung der Tagesordnung 5663 B Begrüßung des stellvertretenden Staatsratsvorsitzenden der Volksrepublik Polen und einer Delegation 5680 D Tagesordnungspunkt 20: Beratung der Unterrichtung durch die Bundesregierung: Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" für den Zeitraum 1988 bis 1991 (Drucksache 11/2153) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 6: a) Zweite und dritte Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" (Drucksachen 11/675, 11/2418, 11/2456, 11/2444) b) Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Förderung der Stillegung landwirtschaftlicher Nutzflächen sowie der Extensivierung und Umstellung der Erzeugung (Extensivierungsgesetz) (Drucksachen 11/2158, 11/2418, 11/2456, 11/2444) Kiechle, Bundesminister BML 5664 C Müller (Schweinfurt) SPD 5665 D Sauter (Epfendorf) CDU/CSU 5669 B Frau Flinner GRÜNE 5671 B Bredehorn FDP 5672 D Michels CDU/CSU 5674 B Namentliche Abstimmung . . . 5675B, 5675 D Ergebnisse 5683B, 5684 D Tagesordnungspunkt 21: Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Kommunales Wahlrecht für Ausländer (Drucksache 11/1964) Dr. Penner SPD 5676 B Dr. Blank CDU/CSU 5677 D Frau Trenz GRÜNE 5679 A Richter FDP 5680 B Dr. Waffenschmidt, Parl. Staatssekretär BMI 5681 A Gerster (Mainz) CDU/CSU (zur GO) . . . 5682 D Zusatztagesordnungspunkt 7: Beratung des Antrags der Abgeordneten Schäfer (Offenburg), Frau Blunck, Conrad, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Maßnahmen zur Rettung der Nordsee und der Ostsee (Drucksache 11/2425) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 8: Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Laufs, Carstensen (Nordstrand) und der Fraktion der CDU/CSU sowie der II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Freitag, den 10. Juni 1988 Abgeordneten Baum und Wolfgramm (Göttingen) und der Fraktion der FDP: Algenmassenentwicklung und Seehundsterben in Bereichen der Nord- und Ostsee (Drucksache 11/2457) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 9: Beratung des Antrags der Abgeordneten Frau Garbe, Frau Wollny, Brauer, Dr. Daniels (Regensburg), Dr. Knabe und der Fraktion DIE GRÜNEN: Notprogramm gegen das Nordsee- und Ostseesterben (Drucksache 11/2399) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 10: Beratung des Antrags der Abgeordneten Schäfer (Offenburg), Frau Blunck, Frau Conrad, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Konzertierte Aktion zur Rettung der Nordsee und der Ostsee (Drucksache 11/2426) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 11: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Abgeordneten Frau Garbe und der Fraktion DIE GRÜNEN: Schutz der Nordsee zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Schutz der Nordsee — II. Internationale Nordseeschutzkonferenz November 1987 in London zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Laufs, Carstensen (Nordstrand), Austermann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Baum, Frau Dr. Segall, Wolfgramm (Göttingen), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP: 2. Internationale Nordseeschutzkonferenz zu dem Bericht der Bundesregierung zur Vorbereitung der 2. Internationalen Nordseeschutz-Konferenz (2. INK) vom 21. September 1987 (Drucksachen 11/247, 11/299, 11/878, 11/1048, 11/2184) Frau Garbe GRÜNE 5686 D Wüppesahl fraktionslos (zur GO) . . . 5688 C Seiters CDU/CSU (zur GO) 5689 C Carstensen (Nordstrand) CDU/CSU . . 5689 D Schäfer (Offenburg) SPD 5691 C Wolfgramm (Göttingen) FDP 5693 C Wüppesahl fraktionslos 5695 C Dr. Töpfer, Bundesminister BMU . . . 5696 A Namentliche Abstimmung 5699 D Tagesordnungspunkt 22: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung asylverfahrensrechtlicher und ausländerrechtlicher Vorschriften (Drucksache 11/2302) Dr. Waffenschmidt, Parl. Staatssekretär BMI 5701 A Wartenberg (Berlin) SPD 5701 D Dr. Olderog CDU/CSU 5703 C Frau Olms GRÜNE 5704 D Dr. Hirsch FDP 5705 D Tagesordnungspunkt 23: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 22. März 1985 zum Schutz der Ozonschicht (Drucksache 11/2271) Schmidbauer CDU/CSU 5707 B Müller (Düsseldorf) SPD 5708 D Frau Dr. Segall FDP 5709 D Dr. Knabe GRÜNE 5710D Grüner, Parl. Staatssekretär BMU . . . . 5711 C Frau Ganseforth SPD 5712 D Nächste Sitzung 5713 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 5715* A Anlage 2 Erklärung des Abgeordneten Dr. Göhner (CDU/CSU) nach § 31 GO zur namentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" (Zusatztagesordnungspunkt 6 a) 5715 * C Anlage 3 Amtliche Mitteilungen 5715* D Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Freitag, den 10. Juni 1988 5663 84. Sitzung Bonn, den 10. Juni 1988 Beginn: 9.01 Uhr
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    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens ** 10. 6. Antretter ** 10. 6. Frau Beck-Oberdorf 10. 6. Dr. Becker (Frankfurt) 10. 6. . Becker (Nienberge) 10. 6. Frau Berger (Berlin) 10. 6. Böhm (Melsungen) * 10. 6. Dr. Bötsch 10. 6. Frau Brahmst-Rock 10. 6. Brandt 10. 6. Breuer 10. 6. Büchner (Speyer) ** 10. 6. Bühler (Bruchsal) ** 10. 6. Conradi 10. 6. Daubertshäuser 10. 6. Daweke 10. 6. Duve ** 10. 6. Francke (Hamburg) 10. 6. Dr. Glotz 10. 6. Graf 10. 6. Gries 10. 6. Dr. Haack 10. 6. Haack (Extertal) 10. 6. Haar 10. 6. Dr. Hauff 10. 6. Dr. Haussmann 10. 6. Freiherr Heereman von Zuydtwyck 10. 6. Frau Hensel 10. 6. Ibrügger 10. 6. Jansen 10. 6. Frau Karwatzki 10. 6. Kiehm 10. 6. Kittelmann ** 10. 6. Klein (München) 10. 6. Dr. Klejdzinski ** 10. 6. Dr. Köhler (Wolfsburg) 10. 6. Dr.-Ing. Laermann 10. 6. Lambinus 10. 6. Lenzer ** 10. 6. Lutz 10. 6. Frau Luuk * 10. 6. Dr. Müller ** 10. 6. Niegel ** 10. 6. Frau Pack ** 10. 6. Paterna 10. 6. Pesch 10. 6. Dr. Probst 10. 6. Rappe (Hildesheim) 10. 6. Reddemann ** 10. 6. Rühe 10. 6. Sauer (Salzgitter) 10. 6. Scharrenbroich 10. 6. Frau Schilling 10. 6. Schmidt (München) ** 10. 6. von Schmude ** 10. 6. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Seidenthal 10. 6. Dr. Schneider (Nürnberg) 10. 6. Freiherr von Schorlemer 10. 6. Schröer (München) 10. 6. Dr. Soell ** 10. 6. Steiner ** 10. 6. Stobbe 10. 6. Frau Terborg 10. 6. Dr. Thomae 10. 6. Dr. Vogel 10. 6. Voigt (Frankfurt) 10. 6. Vosen 10. 6. Dr. Warnke 10. 6. Weisskirchen (Wiesloch) 10. 6. Wieczorek (Duisburg) 10. 6. Wischnewski 10. 6. Dr. Wörner 10. 6. Würzbach 10. 6. Zander 10. 6. Dr. Zimmermann 10. 6. Anlage 2 Erklärung des Abgeordneten Dr. Göhner (CDU/CSU) nach § 31 GO zur namentlichen Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" (Zusatztagesordnungspunkt 6 a) Ich habe mich der Stimme enthalten, weil ich die Integration des Extensivierungsgesetzes in das Gesetz über die Gemeinschaftsaufgabe für falsch halte. Die umweltpolitische Komponente kommt dadurch nicht hinreichend zum Ausdruck; ich verweise im übrigen zur Begründung meines Abstimmungsverhaltens auf die Beschlußfassung zum Extensivierungsgesetz-Entwurf durch den Bundestagsausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Anlage 3 Amtliche Mitteilungen Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 20. Mai 1988 beschlossen, zu dem nachstehenden Gesetz einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen: Gesetz zur Änderung des Hypothekenbankgesetzes und anderer Vorschriften für Hypothekenbanken Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Berichterstattung zu nachstehenden Vorlagen absieht: Ausschuß für Bildung und Wissenschaft Drucksache 11/883 Nr. 123 Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Drucksache 11/138 Nr. 1.6 Drucksache 11/883 Nr. 127, 131 Drucksache 11/1107 Nr. 1.9 5716* Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Freitag, den 10. Juni 1988 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß sie die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen haben: Ausschuß für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit Drucksache 11/1895 Nr. 2.34 Drucksache 11/2089 Nr. 29 Ausschuß für wirtschaftliche Zusammenarbeit Drucksache 11/1365 Nr. 3.28 Der Chef des Bundeskanzleramtes hat mit Schreiben vom 27. Mai 1988 gemäß § 20 Abs. 5 des Milch- und Fettgesetzes die vom Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu erlassende Dritte Verordnung zur Änderung der Milch-Güteverordnung mit Begründung und Vorblatt mit der Bitte um Bekanntgabe übersandt. Die Verordnung liegt im Parlamentsarchiv zur Einsicht aus. Der Bundeskanzler hat mit Schreiben vom 7. Juni 1988 gemäß § 32 Abs. 6 des Bundesbahngesetzes den Jahresabschluß der Deutschen Bundesbahn für das Geschäftsjahr 1986 mit der Bitte um Kenntnisnahme übersandt. Der Jahresabschluß liegt im Parlamentsarchiv zur Einsicht aus.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Bernd Schmidbauer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Der heute von der Bundesregierung eingebrachte Gesetzentwurf zum Schutz der Ozonschicht ist umweltpolitisch von ganz besonderer Bedeutung. Die Fraktionen sind heute übereingekommen, eine verkürzte Debatte zu führen. Ich will aber ausdrücklich sagen — ich befinde mich dabei in Übereinstimmung mit allen Fraktionen — , daß wir dies bei der zweiten und dritten Lesung der Gesetzesvorlage nachholen, daß wir dann ausreichend Gelegenheit zur Diskussion haben werden. Gleiches gilt natürlich auch für den noch einzubringenden Entwurf betreffend das Montrealer Protokoll.
    Worum geht es? Ein unsichtbarer Ozonschutzschild in der Stratosphäre, der die schädlichen UV-B-
    Strahlungen der Sonne absorbiert, wird über den Polbereichen immer stärker reduziert. Neueste Meßergebnisse des Ozone-Trends-Panel, der das weltweite Fachwissen der auf diesem Gebiet arbeitenden Forscher repräsentiert, ergeben folgendes Bild: Die Gesamtozonschicht hat von 1969 bis 1986 zwischen dem 30. und dem 64. nördlichen Breitengrad im Jahresdurchschnitt um 1,7 bis 3 % abgenommen, während der Wintermonate sogar um 2,3 bis 6,2 %. Eine alarmierende Tatsache, wie ich finde.
    Diese Ozonabnahme über der nördlichen Hemisphäre beruht etwa zur Hälfte auf der Wirkung der Fluorchlorkohlenwasserstoffe. Unerwartet stark hat sich im letzten Jahrzehnt die Ozonschicht der Antarktis verändert. Während des antarktischen Frühlings verringerte sich ihre Dicke um über 50 % in Höhen von 20 km bis 50 km, teilweise bis 95 %, so daß wir inzwischen vom Ozonloch über der Antarktis sprechen.
    Diese Erkenntnisse wurden auch in mehreren Anhörungen und Beratungen der Enquete-Kommission „Vorsorge zum Schutz der Erdatmosphäre" bestätigt. Ich darf in diesem Zusammenhang auch darauf hinweisen, daß in dieser Enquete-Kommission über alle Fraktionen hinweg eine, wie ich finde, sehr harmonische und effektive Arbeit betrieben wird. Ich möchte mich an dieser Stelle bei den Kollegen dafür recht herzlich bedanken.
    In engem Zusammenhang mit dem Abbau des stratosphärischen Ozons ist die Zunahme der Spurengase in der Troposphäre, also in der unteren Atmosphäre in etwa 10 km bis 15 km Höhe, zu sehen. Eine Reihe von Spurengasen, Treibhausgase genannt, verursachen den sogenannten Treibhauseffekt, d. h. die Erwärmung der Erdoberfläche und der Meere mit weitreichenden Klimaänderungen. Die Fluorchlorkohlenwasserstoffe, die primär für die Zerstörung des stratosphärischen Ozons verantwortlich sind, also für den Abbau der Ozonschicht, tragen zu etwa 20 % ebenfalls zum Treibhauseffekt bei.
    Auf Grund dieser Erkenntnis muß — auch dies, denke ich, ist übereinstimmend hier zu erklären — die weltweite Produktion von über 1 Million Tonnen dieser FCKWs trotz vorzüglicher chemischer Eigenschaften — nicht brennbar, milde reinigende Wirkung, sie reagieren nicht chemisch, am Arbeitsplatz leicht handzuhaben — drastisch reduziert werden. Der Anteil der Bundesrepublik Deutschland bei der weltweiten Produktion kann etwa mit 10 % angegeben werden. Aufgeschlüsselt bedeutet das für das Jahr 1986: Einsatz im Aerosolbereich 26 000 t, 24 000 t zur Kunststoffverschäumung, 4 000 t für Kühl- und Kältemittel und etwa 25 000 t — das können auch ein paar tausend Tonnen mehr sein — als Lösungs- und Reinigungsmittel in vielen Branchen, besonders der Elektronik.
    Was ist zu tun? Ich denke, obwohl nicht alle wissenschaftlichen Erkenntnisse heute im einzelnen vorliegen, müssen wir handeln. Jeder, wir selbst und alle anderen, vorwiegend die betroffenen Staaten müssen erkennen, daß wir uns ein weiteres jahrelanges Gerangel und ein zähes Ringen um Detailfragen nicht leisten können. Darüber, so denke ich, müssen wir uns alle im klaren sein. Im Umweltschutz sind wir alle Nachbarn. Ist einer betroffen, sind wir alle betroffen. Hier endlich müssen wir unser Denken und Handeln über nationale Grenzpflöcke erheben. Das gilt in ganz besonderem Maße für den Schutz der Erdatmosphäre. Bei kaum einer anderen ökologischen Gefahr wird die Bedrohung unseres Planeten in seiner Gesamtheit derart deutlich.
    Einen ersten, richtungweisenden Schritt für eine international vorsorgende Umweltpolitik stellt das Wiener Übereinkommen vom März 1985 dar. Es for-
    5708 Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 84, Sitzung. Bonn, Freitag, den 10. Juni 1988
    Schmidbauer
    dert alle Nationen dazu auf, neben verstärkter Forschung alle erforderlichen nationalen und internationalen Maßnahmen sowie geeignete Gesetzgebungs- und Verwaltungsmaßnahmen zum Schutz der Erdatmosphäre zu ergreifen. Eine Besonderheit des Wiener Übereinkommens — und das ist wichtig — ist die Vorgabe, zur Konkretisierung der angestrebten Maßnahmen sogenannte Protokolle einzuführen. Es ist erstaunlich, daß wir bereits heute ein solches Protokoll vorliegen haben. Das erste wurde im Herbst 1987 als Montrealer Protokoll vorgelegt. Es beinhaltet eine weltweite Umsetzungsstrategie zur Verminderung der FCKW-Produktion und damit natürlich auch der FCKW-Emissionen.
    Inzwischen haben die wissenschaftlichen Untersuchungen der OTP sowie die Anhörungen der Enquete-Kommission „Vorsorge zum Schutz der Erdatmosphäre" ergeben, daß die Vorschläge des Montrealer Protokolls bei weitem nicht ausreichen, um eine gefährliche Zerstörung des Ozonmantels zu verhindern. Hier ist eine möglichst umgehende weitergehende Reduzierung der FCKWs — mittelfristig um 50 % und mindestens um 85 % bis 95 % bis zum Jahr 2000 — zwingend notwendig.
    Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, dieses Protokoll sieht diese Möglichkeit vor. Es sieht vor, daß Maßnahmen und Protokolle aktuellen Ergebnissen angepaßt werden können. Das ist die Chance auch dieses Protokolls. In der Kritik dieses Protokolls sollte man nicht vorschnell sein, sondern sollte alle Kraft darauf verwenden, die Chance dieses Protokolls dynamisch fortzuentwickeln und zu nutzen. Ich will jetzt nicht auf die vielversprechenden nationalen Maßnahmen im einzelnen eingehen.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, in der Bundesrepublik Deutschland haben wir freiwillige Vereinbarungen zur Reduzierung im Aerosol-Bereich, im Spraydosen-Bereich. Das ist vernünftig und gut so. Dies muß weitergehen. Dies muß so weit gehen, daß wir diese Stoffe nur noch dort einsetzen, wo es wie z. B. im medizinischen Bereich unabdingbare Notwendigkeiten gibt. Durch diese Maßnahmen werden wir bereits im nächsten Jahr eine Reduzierung um 90 bis 95 %, je nach Berechnungsbasis, realisiert haben. Das ist ein Fortschritt in der Bundesrepublik Deutschland.
    Der zweite Anwendungsbereich, Klima und Kälte, muß ebenfalls durch solche Vorsorgemaßnahmen, durch freiwillige Absprachen, freiwillige Vereinbarungen, möglichst rasch angegangen werden. Dies ist in Berlin bei einer Anhörung angekündigt worden. Ich denke, daß wir in wenigen Wochen auch hier einen gewaltigen Schritt nach vorn tun können.
    Im Lösungsmittel-Bereich, von dem wir wissen, daß es dort einen wachsenden Markt gibt, bestehen natürlich bestimmte Schwierigkeiten. Selbstverständlich wird die Industrie jetzt nicht mit wehenden Fahnen dieses Protokoll begrüßen. Hier müssen wir in Verhandlungen, in Gesprächen, in Übereinkommen mit allen europäischen Nachbarstaaten zäh versuchen, die Industrie in der Kooperation, in der Verantwortung zu halten. Das ist für mich ein ganz wichtiges Moment.
    Die Mitglieder der Enquete-Kommission wissen, daß wir dabei sind. Ich werde am 5. Juli in Manchester mit dem europäischen Verband darüber Gespräche führen, damit es auch dort Fortschritte gibt. Wir haben erlebt, daß seit 1976/78 Absichtserklärungen bestehen, die nicht eingehalten wurden. Auch daran will ich erinnern, damit wir die Erwartungen nicht zu hoch setzen.
    Ich finde, daß Minister Töpfer hier in sehr kurzer Zeit zu einer Umsetzung gekommen ist.
    Meine Damen und Herren, in diesen Tagen werden wir in vielfältiger, oft erschreckender Weise mit den umweltpolitischen Versäumnissen der Vergangenheit konfrontiert. Wir hatten heute auch hier eine entsprechende Debatte. Lassen wir es deshalb nicht zu, daß sich eine in ihren Dimensionen und Auswirkungen vorstellbare Bedrohung zur Katastrophe ausweitet. Auf Unkenntnis können wir uns heute nicht mehr berufen. Wissenschaftliche Fakten liegen auf dem Tisch.
    Mit den modernsten Mitteln, die uns die Technik zur Verfügung stellt, müssen wir beginnen, die Auswirkungen eines ehemals unbedacht eingesetzten technologischen Fortschritts aufzufangen, damit unsere Umwelt nicht irreversibel aus dem Gleichgewicht gerät. Das Wiener Übereinkommen zum Schutz der Ozonschicht kann hierbei als Modell einer internationalen, langfristig orientierten und vorsorgenden Umweltpolitik gelten.
    Wir wünschen uns — auch das möchte ich sehr deutlich sagen — , daß es durch internationale Vereinbarungen zu einer Verringerung der den Treibhauseffekt verursachenden Spurengase sowie zur Lösung anderer grenzüberschreitender Umweltprobleme kommt. Ich begrüße es außerordentlich, daß der Herr Bundeskanzler erklärt hat, daß dies ein Tagesordnungspunkt im Rahmen des Weltwirtschaftsgipfels sein wird und auch bei seinen Verhandlungen in Moskau auf der Tagesordnung stehen wird. Es ist wichtig, daß wir andere Länder sensibilisieren, daß wir in der Bundesrepublik Deutschland Beispiel geben, nicht zu warten, bis andere Länder mitziehen. Dann wird es auch gelingen, andere Länder, andere Mitbürger in Europa stärker für diese Fragen zu sensibilisieren.
    Ich danke Ihnen.

    (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und des Abg. Lennartz [SPD])



Rede von Heinz Westphal
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Müller (Düsseldorf).

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Michael Müller


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sind mit dem Thema, das umschrieben ist mit den Stichworten „Ozonloch" einerseits und „Treibhauseffekt" andererseits, mit der Gefahr wirklich neuartiger globaler Krisen für Mensch und Natur konfrontiert. Wir wissen, daß wir mit unserer heutigen politischen Praxis, also mit der Praxis punktueller Korrekturen im technisch-ökonomischen System und mit der Praxis der nachträglichen Sanierung eingetretener Schäden in einem krassen
    Deutscher Bundestag — 1 i. Wahlperiode — 84. Sitzung. Bonn, Freitag, den 10. Juni 1988 5709
    Müller (Düsseldorf)

    Mißverhältnis zu der Schadensentwicklung und den absehbaren Trends der Umweltzerstörung stehen.

    (Frau Garbe [GRÜNE]: Das ist genau der Punkt!)

    Wir sehen immer deutlicher, daß unser aktuelles politisches Handeln bei dieser Langfristigkeit der Problematik irreversible Schäden am Ökosystem nicht verhindern kann.

    (Frau Garbe [GRÜNE]: Gut erfaßt!)

    Von daher müssen wir gerade bei diesen beiden Themen sehen, daß die Entwicklungstendenzen eine völlig andere zeitliche und räumliche Dimension haben, sowohl hinsichtlich der zeitlichen Verzögerungen zwischen Ursachen und Wirkungen, sowohl hinsichtlich langer Abbaufristen der freigesetzten Spurengase als auch im Hinblick auf unbekannte Kombinations- und Verstärkungsmechanismen im Zusammenhang mit anderen Belastungsfaktoren. Dies alles heißt, daß wir das Problem des Schutzes der Erdatmosphäre auf eine qualitativ ähnlich hohe Ebene stellen müssen wie die Bewahrung des Friedens im Atomzeitalter.
    Viele Trenddarstellungen machen deutlich, daß wir unbedingt zu einem radikalen Umdenken hinsichtlich der Zukunft unseres industriellen Wachstums kommen müssen, daß wir zu einem radikalen ökologischen Umbau der Wirtschaftsstrukturen kommen müssen, daß wir aber auch zu Veränderungen in unserem individuellen Konsum und in unseren individuellen Verhaltensweisen kommen müssen.

    (Frau Garbe [GRÜNE]: Auch das!)

    Meine Damen und Herren, der Schutz der Erdatmosphäre erfordert von uns derart konsequente Maßnahmen, daß wir sie nicht allein unter parteipolitischen Gesichtspunkten sehen können. Wir, die SPD, sind zu Maßnahmen bereit, die diesen Namen auch verdienen, die über Parteigrenzen hinausgehen, auch im Konflikt mit Industrie und einzelnen Interessengruppen.
    Es ist jetzt 20 Jahre her, da gab es in der Welt eine sehr wichtige Entscheidung. Es war nämlich die Entscheidung, den „Club Of Rome" zu gründen.

    (Frau Garbe [GRÜNE]: Ja!)

    Dies ist heute ein verdrängtes Jubiläum.

    (Frau Garbe [GRÜNE]: Ja!)

    Es paßt nicht mehr in die weitverbreitete, oft sehr fragwürdige optimistische Grundposition der Macher. Tatbestand ist aber, daß wir seit 20 Jahren sehr wichtige und sehr ernstzunehmende Tendenzen zu gewalten globalen Zivilisationsproblemen haben. 1972 wurde „Grenzen des Wachstums" veröffentlicht. In diesen „Grenzen des Wachstums" wurden zum ersten Mal auch die Tendenzen der weltweiten Klimaveränderung benannt. Seit dieser Zeit gibt es nur Berichte, die diesen Aspekt verstärken. Heute kann niemand mehr bestreiten, daß FCKWs einen katalytischen Abbau von Ozon in großen Höhen bewirken und daß es damit gewaltige Gefährdungen für die Menschheit und für die natürlichen Systeme gibt — übrigens nicht nur für die menschliche Gesundheit, wie oft diskutiert wird. Weitaus problematischer sind insbesondere die
    Tendenzen zur Zerstörung der ozeanischen Systeme und zur Zerstörung der Ernährungsgrundlage. Hier schließt sich übrigens der Kreis zu der vorherigen Diskussion über die Asylproblematik. Die Verschärfung des Hungerproblems wird dies zweifellos auch zu einem verstärkten Problem in den Industrieländern machen. Wir müssen hier also auch aus eigenem Interesse sehr viel stärker handeln.
    Deshalb : Wir sehen das Wiener Abkommen als eine Rechtsgrundlage, als ein Abkommen, das weiter konkretisiert werden muß. Das erste Abkommen dazu, nämlich das Montrealer Protokoll, sehen wir als Einstieg, sozusagen als eine Chance der Internationalisierung, aber dennoch als unzureichend an. Ich glaube, da sind wir uns in der Enquete-Kommission einig. Wir sind der Auffassung: In den weiteren Abkommen muß es zu ganz klaren öffentlichen Zahlen über Produktion und Verwendung kommen; Schlupflöcher müssen geschlossen werden; die notwendige Kontrolle ist zu gewährleisten, und, was wir für besonders wichtig halten, weitergehende nationale Maßnahmen müssen möglich sein und möglich bleiben.
    Eine letzte Bemerkung: Die Bundesrepublik ist ein Land, das vom Faktor Innovation lebt. Unsere Wirtschaftsstrukturen sind auf Dauer nur durch den Faktor Innovation zu sichern. Aber gerade wenn es um Innovationen geht, verlangen wir auch, daß sich die Industrie nicht als Betonkopf erweist. Genau dies aber müssen wir allerdings bei mehreren Vorgängen feststellen.
    Ich will am Ende meiner Rede ein einziges Beispiel anführen: 1982 wurde von der Stuttgarter Universität ein Verfahren entwickelt, das die Fluorkohlenwasserstoffe bei der Verschäumung zu 90 % zurückhält. Die Universität Stuttgart hat dieses Verfahren der Industrie überall in der Bundesrepublik angeboten. Es hat sich kein Interessent gefunden. In der Zwischenzeit wird dieses Verfahren in Dänemark angewandt.

    (Frau Garbe [GRÜNE]: Das ist ein Beispiel von vielen!)

    Ich glaube nicht, daß das mit der wirklich selbstgefälligen Behauptung vieler Industrieller in Einklang zu bringen ist, wir seien der Vorreiter. Dies ist zweifellos oft nicht der Fall.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN — Frau Garbe [GRÜNE]: Sehr gut, eine gute Rede!)