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ID1104906300

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 11/49 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 49. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 10. Dezember 1987 Inhalt: Nachruf auf das verstorbene Mitglied des Deutschen Bundestages Dr. h. c. Peter Lorenz 3399 A Erweiterung und Abwicklung der Tagesordnung 3399C, 3440 D Absetzung des Punktes 20a von der Tagesordnung 3400 A Tagesordnungspunkt 16: a) Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung b) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Die Einheitliche Akte muß ein Erfolg werden: Die Reform der Strukturfonds (Drucksachen 11/929 Nr. 2.3, 11/1209) c) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Die Einheitliche Akte muß ein Erfolg werden: Mitteilung der Kommission über die Haushaltsdisziplin (Drucksachen 11/929 Nr. 2.2, 11/1211) d) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Die Einheitliche Akte muß ein Erfolg werden: Zweite Änderung des Vorschlags für eine Verordnung (EGKS — EWG — EURATOM) des Rates zur Änderung der Haushaltsordnung vom 21. Dezember 1977 für den Haushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften (Drucksachen 11/929 Nr. 2.5, 11/1212) e) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag der Fraktion der SPD: Sitzung des Europäischen Rates am 29./30. Juni 1987 in Brüssel (Drucksachen 11/523, 11/1293) Dr. Kohl, Bundeskanzler 3400 C Dr. Vogel SPD 3406 D Rühe CDU/CSU 3412D Dr. Mechtersheimer GRÜNE 3418D Mischnick FDP 3421 B Frau Wieczorek-Zeul SPD 3424 B Frau Geiger CDU/CSU 3427 A Frau Beer GRÜNE 3429 C Genscher, Bundesminister AA 3432 B Dr. Spöri SPD 3435 D Bohl CDU/CSU 3438 C Erler SPD 3441A Lintner CDU/CSU 3442 C Frau Flinner GRÜNE 3444 B Frau Würfel FDP 3445 D Dr. Gautier SPD 3447 B Vogel (Ennepetal) CDU/CSU 3449 C Brück SPD 3451A Becker (Nienberge) SPD (zur GO) 3452 B Seiters CDU/CSU (zur GO) 3452 C Kleinert (Marburg) GRÜNE (zur GO) 3452 D II Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 49. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10, Dezember 1987 Namentliche Abstimmung 3454 A Ergebnis 3482 D Tagesordnungspunkt 17: a) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD: Kohlevorrangpolitik (Drucksache 11/958) b) Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu der Verordnung der Bundesregierung Zustimmungsbedürftige Verordnung über den Prozentsatz der Ausgleichsabgabe nach dem Dritten Verstromungsgesetz für das Jahr 1988 (Drucksachen 11/1350, 11/1446) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 7: Beratung des Antrags des Abgeordneten Stratmann und der Fraktion DIE GRÜNEN: Umbaukonzept für die heimische Steinkohle (Drucksache 11/1476) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt 8: Beratung des Antrags der Abgeordneten Gerstein, Wissmann, Dr. Lammert, Müller (Wadern) und Genossen und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Frau Dr. Adam-Schwaetzer, Baum, Beckmann, Dr. Graf Lambsdorff, Dr. Hirsch, Dr. Hoyer, Dr.-Ing. Laermann, Möllemann, Frau Würfel und der Fraktion der FDP: Förderung der deutschen Steinkohle (Drucksache 11/1485) in Verbindung mit Zusatztagesordnungspunkt Beratung des Antrags der Fraktion DIE GRÜNEN: Solidarität mit dem Widerstand der Bergleute und Stahlarbeiter gegen Arbeitsplatz- und Standortvernichtung (Drucksache 11/1511) Meyer SPD 3455 B Gerstein CDU/CSU 3458 C Stratmann GRÜNE 3460 C Beckmann FDP 3463 A Dr. Bangemann, Bundesminister BMWi 3464 C Lafontaine, Ministerpräsident des Saarlandes 3468A, 3478 C Schreiber CDU/CSU 3472 A Jung (Düsseldorf) SPD 3473 D Dr. Blüm, Bundesminister BMA 3475A, 3478 D Hinsken CDU/CSU 3476 B Dr. Lammert CDU/CSU 3479 A Namentliche Abstimmungen 3479D, 3480A Ergebnisse 3484B, 3485 D Tagesordnungspunkt 18: Erste Beratung des von der Abgeordneten Frau Beck-Oberdorf und der Fraktion DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Finanzierung empfängnisverhütender Mittel durch die Krankenkassen (Drucksache 11/597) Frau Beck-Oberdorf GRÜNE 3480 D Frau Verhülsdonk CDU/CSU 3488 A Kirschner CDU/CSU 3489 B Frau Würfel FDP 3490 C Vogt, Parl. Staatssekretär BMA 3491 C Tagesordnungspunkt 19: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Verteidigungsausschusses zu der Unterrichtung durch den Wehrbeauftragten: Jahresbericht 1986 (Drucksachen 11/42, 11/1131) Weiskirch, Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestages 3492 A Heistermann SPD 3494 B Breuer CDU/CSU 3498 A Frau Schilling GRÜNE 3501 B Nolting FDP 3503 C Leidinger SPD 3505 D Dr. Wörner, Bundesminister BMVg 3509 B Leidinger SPD (Erklärung nach § 30 GO) 3512B Vizepräsident Cronenberg 3510D, 3512 C Tagesordnungspunkt 22: Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Wirtschaftsplans des ERP-Sondervermögens für das Jahr 1988 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 1988) (Drucksachen 11/1000, 11/1431) Niegel CDU/CSU 3512D, 3520A Müller (Pleisweiler) SPD 3514 B Funke FDP 3516B Sellin GRÜNE 3517 B Dr. von Wartenberg, Parl. Staatssekretär BMWi 3518 C Pfuhl SPD 3519 B Tagesordnungspunkt 20 b: Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: Ernährungssicherung in Hungerregionen (Drucksachen 11/946, 11/1501) in Verbindung mit Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 49. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. Dezember 1987 III Zusatztagesordnungspunkt 9: Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP und der Fraktion DIE GRÜNEN: Ernährungssituation in Äthiopien (Drucksache 11/1482) Höffkes CDU/CSU 3520 C Frau Eid GRÜNE 3521 D Frau Folz-Steinacker FDP 3523 D Großmann SPD 3525 C Dr. Köhler, Parl. Staatssekretär BMZ 3527 A Nächste Sitzung 3528 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten 3529* A Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 49. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. Dezember 1987 3399 49. Sitzung Bonn, den 10. Dezember 1987 Beginn: 9.01 Uhr
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    Berichtigung 48. Sitzung, Seite IV, linke Spalte: Statt „ZusFr Frau Bulmahn GRÜNE" ist „ZusFr Frau Bulmahn SPD" zu lesen. Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein 11. 12. Dr. Ahrens * 11. 12. Andres 11. 12. Bahr 11. 12. Frau Becker-Inglau 11. 12. Frau Beck-Oberdorf 11. 12. Frau Blunck * 11. 12. Böhm (Melsungen) * 11. 12. Frau Brahmst-Rock 11. 12. Brandt 10. 12. Dr. Briefs 11. 12. Büchner (Speyer) * 11. 12. Dr. von Bülow 11. 12. Frau Fischer * 11. 12. Dr. Friedrich 11. 12. Frau Ganseforth 11. 12. Dr. von Geldern 10. 12. Glos 11. 12. Dr. Glotz 11. 12. Grünbeck 11. 12. Haack (Extertal) 11. 12. Frau Dr. Hellwig 11. 12. Frau Hoffmann (Soltau) 11. 12. * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarats Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Frau Hürland-Büning 11. 12. Jaunich 10. 12. Frau Kelly 11. 12. Kittelmann * 11. 12. Kolb 11. 12. Kreuzeder 11. 12. Lemmrich * 11. 12. Frau Luuk * 11. 12. Dr. Mahlo 11. 12. Marschewski 11. 12. Dr. Mertens (Bottrop) 11. 12. Dr. Möller 11. 12. Dr. Müller * 11. 12. Dr. Neuling 11. 12. Frau Oesterle-Schwerin 11. 12. Frau Olms 11. 12. Oswald 11. 12. Petersen 11. 12. Poß 10. 12. Rauen 11. 12. Dr. Schmude 10. 12. von Schmude 11. 12. Schröer (Mülheim) 10. 12. Schulze (Berlin) 11. 12. Frau Seuster 11. 12. Frau Dr. Timm * 11. 12. Frau Trenz 11. 12. Frau Vennegerts 11. 12. Dr. Warnke 11. 12. Wieczorek (Duisburg) 11. 12. Würtz 11. 12.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Fritz Gautier


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn man die bisherige Debatte verfolgt hat, kann man zu einem ganz eigenartigen Eindruck kommen: entweder Thema verfehlt, oder es war, was die Ergebnisse des Kopenhagener Gipfels angeht, der Bereich Schönfärberei. Das, was ich am besten fand, war die außenpolitische Rede des ab 1. Januar 1988 personifizierten Ratspräsidenten, Herrn Genscher, die ich wirklich sehr beeindruckend fand.

    (Pfeffermann [CDU/CSU]:. Im Gegensatz zu Ihrer Rede!)

    Aber er hat quasi kein Wort zu den Aufgaben der deutschen Ratspräsidentschaft ab 1. Januar 1988 gesagt.

    (Beifall bei der SPD — Widerspruch des Bundesaußenministers Genscher)

    — Doch, das steht auf der Tagesordnung, nämlich der Kopenhagener Gipfel, die Schlußfolgerungen, die wir daraus ziehen, und was die Aufgaben der deutschen Ratspräsidentschaft sind.
    Herr Genscher, Sie als personifizierter Ratspräsident haben ja ab 1. Januar 1988 das Vergnügen, die Geschicke der EG wesentlich mitzubestimmen.

    (Werner [Ulm] [CDU/CSU]: Der bekommt gleich Angst, wenn er Sie hört!)

    — Das weiß ich nicht. Das hoffe ich jedenfalls nicht. Ich bin an sich ein ganz friedlicher Mensch. Von daher nehme ich das nicht an.

    (Beifall bei der SPD)

    Am 1. Januar 1988 haben wir übrigens noch einen sehr bemerkenswerten Tag. Am 1. Januar 1988 sind nämlich die Römischen Verträge 30 Jahre lang in Kraft. Wenn wir einmal ganz kurz zurückblicken, hat es seit 1958 sicher ein in weiten Bereichen einen europapolitischen Aufbruch gegeben. Wir haben damals durch den Abbau der Grenzen, Verwirklichung der Zollunion, gemeinsame Handelspolitik, gemeinsame Agrarpolitik — damals noch als erfolgreich verstanden — , Niederlassungsfreiheit, Freizügigkeit und vieles mehr, viele Sachen im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft verwirklicht. Wir hatten dann in den 70er und zu Beginn der 80er Jahre zwei Erweiterungen der Gemeinschaft mit Großbritannien, Dänemark, Irland und später mit Griechenland, Spanien und Portugal. Diese Erweiterungen der Gemeinschaft fielen auch mit erheblichen ökonomischen Krisen zusammen, mit denen sich alle Mitgliedsstaaten der Gemeinschaft auseinandersetzen mußten. Ich erinnere nur an die Ölpreisschocks, die wir zweimal hatten, und daran, daß viele Mitgliedsstaaten nicht die Konsequenz daraus gezogen haben, gemeinsam eine Politik zu betreiben, sondern die nationalen Egoismen zugenommen haben.
    Die EG hatte nach meiner Einschätzung kaum die Kraft zu einem gemeinsamen Handeln. Das Ergebnis der Politik der 70er und 80er Jahre ist so, wie es die Bürger draußen auch verstehen. Man hört dies, wenn man auf Veranstaltungen ist. Die Bürger verstehen die Europäische Gemeinschaft nämlich vielfach als einen Verein zur Finanzierung der Agrarpolitik. Da diese gemeinsame Agrarpolitik bei der Bevölkerung ein relativ schlechtes Image hat — darüber kann man nun lange reden, das ist so; das erfährt jeder, egal ob er in der Regierung oder in der Opposition ist — , spielt dies auch eine Rolle für das Image der EG insgesamt.
    Was wir, glaube ich, brauchen, ist eine neue Identifikation der Bürger mit der Europäischen Gemeinschaft. Ich glaube, daß hier Jacques Delors Bemerkenswertes geleistet hat, als er mit den Stichworten Binnenmarkt bis 1992, Selbstbehauptung Europas, Demokratisierung Europas und Loslösung von der Vorherrschaft des Dollar — als einige Stichworte, die ich hier nennen möchte — einen neuen Impuls gegeben hat.

    (Beifall bei der SPD)

    Doch eine solche Vision von Europa nützt herzlich wenig, wenn sich nicht auch faktisch die Politik ändert. Eine Änderung dieser Politik sollte ja auf dem Gipfel in Kopenhagen erreicht werden. Drei Punkte sollten die Regierungschefs entscheiden, da die Fachminister dazu nicht in der Lage waren: die zukünftige Finanzierung der EG und Haushaltsdisziplin, die Rolle der Strukturfonds und die Reform der Agrarpolitik. Leider ist dieser Gipfel gescheitert. Warum? Weil die notwendige Reform der EG-Agrarpolitik nicht beschlossen werden konnte. Bundeskanzler Kohl und Agrarminister Kiechle haben dies zumindest mit verhindert und damit, glaube ich, langfristig auch den Interessen Deutschlands geschadet.

    (Beifall bei der SPD)

    Worum geht es im Bereich der Agrarpolitik? Ich möchte einmal ein paar Zahlen sagen. Die Kosten der Agrarpolitik sind, glaube ich, für fast keinen Bürger mehr verständlich. Im Haushalt 1988 stehen sage und schreibe 57 Milliarden DM für Agrarmarktordnungsausgaben. Das sind 68 % des EG-Haushalts oder umgerechnet 160 Millionen DM pro Tag oder, in einer
    3448 Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 49. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. Dezember 1987
    Dr. Gautier
    anderen Zahl, 170 DM pro Kopf der Bevölkerung in der Europäischen Gemeinschaft. Wir haben in den letzten Jahren jährliche Steigerungsraten des Agrarhaushalts von 10 bis 20% gehabt. Die Subventionen in der Landwirtschaft, ausgedrückt in Haushaltszahlen, übersteigen mittlerweile die Nettowertschöpfung in der Landwirtschaft.

    (Frau Flinner [GRÜNE]: Dann müßten die Bauern ja schon alle Millionäre sein!)

    — Nein. Ich komme noch darauf zurück, warum sie nicht Millionäre sind.
    Warum ist es so, daß wir solche explodierende Agrarausgaben haben?

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sagen Sie einmal etwas Neues!)

    — Ja, ja. Seien Sie einmal ganz ruhig! — Warum ist dies so? Ich glaube, es ist ein grundsätzlicher Mangel der europäischen Agrarpolitik, daß wir sie so wie Leistungsgesetze in der Bundesrepublik Deutschland konzipiert haben. Zum Beispiel richten sich Kindergeldzahlungen in der Bundesrepublik Deutschland nach der Anzahl der Kinder. Dies sind typische Leistungsgesetze, und das ist gut so. Wenn die Geburtenrate hoch ist, dann entstehen eben mehr Kosten für Kindergeld. Aber genauso ist auch die europäische Agrarpolitik konzipiert. Wir subventionieren das Produkt. Wird viel Getreide produziert, dann wird es halt teuer; es ist wie bei einem Leistungsgesetz. Dies kann halt nicht gutgehen; denn im Gegensatz zu den Geburtenzahlen wird jedes Jahr mehr an Getreide, Rindfleisch, Ölsaaten usw., usf. produziert, und die EG muß bezahlen, unabhängig davon wieviel produziert wird.

    (Beifall des Abg. Dr. Vogel [SPD])

    Das Ziel dieser Politik, nämlich die Sicherung des landwirtschaftlichen Einkommens, wird dadurch erwiesenermaßen ja nicht erreicht. Im Gegenteil: Die Agrareinkommen stagnieren, und die Einkommensschere innerhalb der Landwirtschaft geht immer weiter auseinander.

    (Zustimmung bei den GRÜNEN)

    Wenn man sich die Agrarausgaben der EG einmal nach Produkten ansieht, stellt man fest, daß der größte Batzen des Geldes für Getreide, Milch, Rindfleisch und Fette ausgegeben wird.


Rede von Dieter-Julius Cronenberg
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Abgeordneter, Entschuldigung, wenn ich Sie unterbreche. Ich habe ja viel Verständnis für interfraktionelle Beratungen, insbesondere wenn der Bundesaußenminister daran beteiligt ist. Aber ich wäre doch sehr dankbar, Herr Bundesaußenminister, wenn die interfraktionellen Beratungen an einen anderen Ort verlegt würden.
Danke schön. Sie können fortfahren.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und den GRÜNEN)


  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Fritz Gautier


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Auch ich würde es sehr begrüßen, wenn der Ratspräsident seine Beratungen entweder außerhalb machen oder zuhören würde.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich will noch einmal eine Zahl nennen: Allein für Raps und Sonnenblumenkerne — die meisten Bürger kennen das gar nicht — geben wir jährlich fünf Milliarden DM aus. Dann streiten wir uns hier im Bundestag darüber, ob wir für die Förderung von Stahlstandorten 20 oder 50 Millionen DM ausgeben. Dies ist doch wirklich lächerlich.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Wenn wir uns die Zahlen weiter ansehen, stellen wir fest, daß 40 % der gesamten Ausgaben auf die Exportsubventionierung entfallen. 20 Milliarden DM — das ist der Prozentsatz in Zahlen ausgedrückt — werden verwendet, um europäische Agrarprodukte auf den Weltmärkten zu verschleudern. Wenn eine Tonne Weizen bei uns in der EG ungefähr 400 DM kostet, müssen wir 200 DM drauflegen, um sie überhaupt exportieren zu können, und dies noch in Abhängigkeit vom Dollar-Kurs. Das heißt, die Amerikaner bestimmen, wieviel Geld wir im Haushalt der Europäischen Gemeinschaft ausgeben, und nicht wir selber.

    (Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

    Da ist es kein Wunder, wenn wir dann in Konflikte mit unseren Handelspartnern kommen.
    Wenn man diese Zahlen einmal kurz zusammenfaßt, stellt man fest: Wir geben 0,7 % des Bruttosozialprodukts für die EG-Marktordnung aus. Diese 0,7 werden ausgegeben für Lagerung, Vernichtung und Verschleuderung von Agrarprodukten.

    (Dr. Vogel [SPD]: Hört! Hört!)

    Welche Lösungen können wir denn überhaupt anbieten? Da ist ja ganz verwunderlich, was die Regierung im Augenblick an Lösungen anbietet. Herr Bangemann — er ist der Oberderegulierer und der oberste Marktwirtschaftler — erklärt uns das immer; Herr Mischnick hat uns das heute morgen erklärt. Bloß soll dies alles nicht im Agrarbereich gelten. Dort soll mehr Dirigismus eingeführt werden; da soll jeder Hektar oder jeder Teilhektar erfaßt und teilstillgelegt oder ganz stillgelegt werden.
    Ich glaube, daß wir zur Ursprungskonzeption der Agrarmarktpolitik zurück müssen. Die Intervention darf nicht die Regel sein, sondern muß die Ausnahme für den Ausgleich von saisonalen und regionalen Schwankungen in der Produktion sein. Die Intervention muß ein Auffangnetz sein und keine Dauerregelung.
    Wir Sozialdemokraten wollen mehr Marktwirtschaft in der Agrarpolitik. Das hat auch die EG-Kommission vorgeschlagen. Der holländische Christdemokrat Frans Andriessen findet in dieser Frage die volle Unterstützung der SPD. Leider findet er keine Unterstützung bei seinen Parteifreunden Kohl und Kiechle. Unter anderem deswegen ist der Kopenhagener Gipfel gescheitert.
    Wenn wir Sozialdemokraten sagen, wir wollten mehr Marktwirtschaft in der Agrarpolitik, dann wissen wir auch, daß die Bedeutung der Agrarstrukturpolitik und der Agrarsozialpolitik steigen wird. Darüber kann man mit uns reden. Wir benötigen eine Politik für den ländlichen Raum. Wir benötigen auch eine Agrarsozial- und eine Agrarstrukturpolitik inklusive dessen, was auch Herr Mischnick heute morgen
    Deutscher Bundestag — 11. Wahlperiode — 49. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. Dezember 1987 3449
    Dr. Gautier
    gesagt hat, nämlich einer Form von direkter Einkommensübertragung, einer Vorruhestandsregelung und ähnlichem mehr. Wir sind auch bereit, darüber zu reden, welchen Beitrag man für die Extensivierung in der Landwirtschaft ausgeben kann. Dies ist aber eine andere Konzeption als die, die vertreten wird.
    Ich kann nur darüber lachen, wenn Herr Kohl in seiner Regierungserklärung heute morgen wieder von einkommensorientierter Preispolitik gesprochen hat. Diese einkommensorientierte Preispolitik ist ausweislich Ihrer eigenen Statistiken gescheitert.

    (Beifall bei der SPD)

    Dann kommt in derselben Regierungserklärung — Herr Stoltenberg zetert ja jeden Tag darüber — das berühmte Wort von der Haushaltsdisziplin vor. Haushaltsdisziplin soll für alle Bereiche gelten, bloß nicht für die Agrarpolitik. Da wird die Haushaltsdisziplin von Herrn Stoltenberg, von Herrn Kiechle und auch von Herrn Kohl verhindert. Wir sagen: Mit der Haushaltsdisziplin sind wir einverstanden, aber sie muß für jeden Bereich gelten, also auch für den Bereich der Agrarpolitik. Dies kann nicht eine Open-end-Garantie sein, sondern auch hier muß einmal ein Deckel draufgesetzt werden.

    (Frau Saibold [GRÜNE]: Dann unterstützen Sie unsere Forderungen!)

    Herr Präsident, ich habe nur noch wenig Zeit, wenn ich das richtig sehe; aber ich habe hier noch eine ganze Reihe von Notizen. Das ist das Problem, wenn man der Parlamentsreform nachkommen will, die ja anstrebt, daß man keine getippten Reden haben, sondern daß man sich ein paar Stichworte machen und spontan reden soll. Ich will aber die restliche Zeit nutzen, um ganz kurz einen Satz oder zwei Sätze zur Frage der Verwirklichung des Binnenmarktes zu sagen.
    Selbstverständlich sind wir Sozialdemokraten für die Verwirklichung des europäischen Binnenmarkts. Wenn Sie als Präsidentschaft Schwerpunkte setzen, werden wir Sie in diesem Bereich sicher tatkräftig unterstützen. Bloß, der europäische Binnenmarkt ist nach unseren Vorstellungen nicht zum Null-Tarif zu haben. Wir sagen auch: Der europäische Binnenmarkt muß mit einem sozialen Rahmen und mit einem europäischen Beschäftigungspakt verknüpft werden. Dem dient u. a. die Verdoppelung der Mittel für die Strukturfonds.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Dies ist nichts anderes als ein vernünftiges Investitionsprogramm. Europa darf sich nicht ausschließlich zu einem Europa der multinationalen Unternehmen entwickeln, die sicher davon profitieren werden. Wir wollen vielmehr auch ein Europa haben, in dem sich auch die Arbeitnehmer und die normalen Bürger wiederfinden.
    Schönen Dank.

    (Beifall bei der SPD)