Rede von
Gerhard
Schröder
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Mischnick, eine Bemerkung zu Ihnen. Sie haben meiner Fraktion vorgeworfen, daß wir bei einer einmal eingenommenen Position bleiben. Der Vorwurf trifft uns nicht. Ich glaube, viele hier im Saal und viele draußen würden sich unglaublich freuen, wenn es der FDP endlich einmal möglich wäre, bei einer Position zu bleiben und nicht ständig umzufallen.
Um Ihnen — insbesondere Herrn Baum und anderen — das ganz deutlich zu sagen: Ich glaube, es ist das Elend der deutschen Politik, daß stets und ständig versucht wird — gerade von Ihnen aus der FDP —, aus jeder Niederlage einen Sieg zu machen.
Sie haben verloren, und Sie haben sich der Koalitionsräson gebeugt. Warum kommen Sie nicht hierher und stehen dazu? Sie könnten doch auf das Verständnis des Parlaments, der deutschen Öffentlichkeit rechnen, wenn Sie endlich einmal aufhören würden, aus jeder Niederlage, die Sie erleiden, einen Sieg herbeizudefinieren. Das schadet Ihnen unglaublich, das läßt Sie all Ihre Glaubwürdigkeit verlieren. Das gilt insbesondere für diejenigen, die doch noch vor ein paar Tagen lauthals gesagt haben: Buschhaus darf nicht unentschwefelt ans Netz gehen, und jetzt diesem Kompromiß zustimmen. Wie müssen Sie sich vor sich selber eigentlich fühlen?
Ich komme jetzt zu Herrn Albrecht.
Herr Albrecht hat uns die Sorge um die Arbeitsplätze hier deutlich gemacht. Ausgerechnet Herr Albrecht,
der zehn Thesen zur Wirtschaftspolitik auf den Tisch legt, die nichts weiter sind als der Versuch,
die gegenwärtige wirtschaftliche Krise auf die Schultern der Arbeitnehmer alleine zu laden:
ausgerechnet dieser Herr Albrecht, der doch nun wahrlich auf der Sonnenseite des Lebens groß geworden ist und da geblieben ist,
ausgerechnet der macht sich zum Sprecher von Arbeitnehmerinteressen.
Herr Albrecht, wo waren Sie denn, als es um 2 000 Arbeitsplätze bei der Hanomag AG in Hannover ging und als ich Sie gebeten habe, direkt zu intervenieren, um 2 000 Arbeitsplätze in Hannover zu retten? Wo waren Sie da? Ich habe im Ohr, was Sie mir gesagt haben. Sie haben mir gesagt, eine direkte Intervention zur Rettung der 2 000 Arbeitsplätze in Hannover käme für Sie aus ordnungspolitischen Gründen nicht in Frage.
Wie, glauben Sie, haben sich diese Familien gefühlt, als sie von Ihnen diese Antwort bekommen haben?
Ich bin der Auffassung, daß man als jemand mit dieser Geschichte sehr vorsichtig sein sollte, sich hier als Anwalt von Arbeitnehmerinteressen im Land aufzuspielen.
Im übrigen, Herr Albrecht, — —