Rede von
Josef
Ertl
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte gern eine oder zwei Fragen des Kollegen Schmitz beantworten — mehr möchte ich nicht tun — und einige Bemerkungen machen.
Erste Bemerkung: Es wurde zum wiederholten Male behauptet, EG-Ausgaben hätten nur am Rande etwas mit Einkommenspolitik zu tun. Das ist falsch.
Die meisten EG-Ausgaben dienen der Einkommensstützung. Ich hätte das sonst nicht angemerkt. Sie können die Koalitionsvereinbarungen aus dem Jahre 1969 nachlesen. Es war Bestandteil der Koalitionsvereinbarungen, die EG-Ausgaben aus meinem Einzelplan herauszunehmen und in den Einzelplan 60 zu übertragen. Ich kann Ihnen auch noch den Dankbrief des damaligen Bauernverbandspräsi-
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 192. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. Dezember 1979 15269
Bundesminister Ertl
denten zu lesen geben. Ich finde es nicht richtig, wenn Sie immer wieder so tun, als wäre das anders. Sie müssen doch dem Finanzminister zumindest gestatten, daß er diese Kosten dem betroffenen Personenkreis zurechnet. Das ist doch nicht mehr als fair. Das sind die Fakten, und ich wollte hier nur einmal die Fakten feststellen.
Zweite Bemerkung: Sie haben einen Vergleich gezogen, und den will ich aufgreifen, damit wir in Zukunft noch sachlicher miteinander diskutieren können. Sie haben auf die Zuwachsraten des Agrarhaushalts in Frankreich hingewiesen. Dazu muß man fairerweise sagen: Frankreich ist ein Zentralstaat. Im französischen Haushalt sind — bei einer Inflationsrate von 10 % — die gesamten Personalkosten für Beratung usw. enthalten. Das sind bei uns Länderkosten. Insofern hinkt Ihr Vergleich.
— Ich bitte Sie vielmals! Nehmen Sie die EG-Ausgaben, da liegen wir höher! Schauen Sie sich das Zahlenmaterial doch einmal an! — Ich wollte das nur sagen, weil man doch die richtigen Bezugspunkte miteinander vergleichen muß. Was würden Sie z. B. sagen, wenn ich verlangte, die aus der Gemeinschaftsaufgabe auf die Länder entfallenden Kosten müßten auch noch irgendwo bei mir berücksichtigt werden? Das wäre doch eine unfaire Basis. Sie dürfen einen Staat, der alle Finanzierungen zentralstaatlich vornimmt, nicht mit einem föderativen Staat vergleichen. Sonst müssen Sie hier einen Bund-LänderVergleich machen.
Das können Sie schon aus volkswirtschaftlichen und finanzwirtschaftlichen Gründen nicht machen. Aber ich will das hier nicht vertiefen.
Ich füge einen weiteren Punkt hinzu: Ich stimme mit Ihnen darin überein, daß wir mit der Finanzierung des gemeinsamen Agrarmarktes in große Engpässe kommen. Ich freue mich, daß der Kollege Carstens hier ist; denn ich habe mir eigens seinen Bericht vom 14. März 1979 mitgenommen, auf den hier hingewiesen wurde. Ich glaube, mein Kollege Paintner war einer der ganz wenigen, die dagegen gestimmt haben, sonst wurde dem Bericht von allen Fraktionen zugestimmt. Dort heißt es:
Die Ausgaben sollen sich nach Auffassung des Ausschusses bei der Europäischen Gemeinschaft in erster Linie nach den Einnahmen richten.
Unterschrift: Carstens, Berichterstatter. Man muß also fairerweise sagen, daß die Finanzierung einer Politik entspricht, die von diesem Bundestag gewünscht wird. Man kann nicht hergehen und sagen, das mache allein die Bundesregierung. Ich sage Ihnen ganz offen — ich habe das in der Offentlichkeit wiederholt erklärt, und das weiß auch der Herr Bundeskanzler —: Ein Beitritt weiterer Länder zur EG ohne Erhöhung des Schlüssels von 1 % Mehrwertsteueranteil ist finanziell nicht schaffbar. Oder Sie
müssen die gesamte Agrarpolitik in Frage stellen. An dieser Alternative geht kein Weg vorbei.
Ich sage Ihnen weiter: Sie werden feststellen, daß die beitrittswilligen Länder vorwiegend an einem Beitritt zum Agrarmarkt interessiert sind — viel mehr als an dem industriellen Sektor. Das wurde mir auch in Spanien gesagt, vom König bis zu den Beamten. Sie alle haben gesagt: „Kommen Sie uns bloß nicht mit dem Angebot einer Übergangszeit von vier Jahren für die Industrie und von zehn Jahren für die Landwirtschaft! Das ist für uns inakzeptabel. Genau umgekehrt muß es sein: vier Jahre für die Landwirtschaft, zehn Jahre für die Industrie. Das muß man wissen, das liegt in der Struktur dieser Volkswirtschaften. Der Haushaltsausschuß und alle Fraktionen dieses Hohen Hauses werden sich mit dieser Materie noch sehr ernsthaft auseinandersetzen müssen. Man kann doch nicht von dem Minister Abhilfe verlangen, wenn er praktisch unter dem Befehl eines Bundestagsbeschlusses steht. Für mich ist ein Beschluß des Bundestages ein Befehl. Das muß ich sagen, damit hier keine falschen Meinungen aufkommen.
Lassen Sie mich eine letzte Bemerkung machen. Sie haben mich nach dem Konzept für den Unterglasgartenbau gefragt. Das haben Sie übrigens bereits vor dem Ausschuß getan. Ich habe Ihnen nicht gesagt, Gärtnereien dürften sich nicht auf wärmeempfindliche Pflanzen stützen. Natürlich ist auch das ein Aspekt. Aber etwas anderes ist ganz klar — und ich unterstreiche das noch einmal: Auf unser Drängen hin haben die Holländer inzwischen, wenn auch noch nicht in genügendem Umfang, den Erdgaspreis angehoben. Zweitens sind im Rahmen des Planungsausschusses die Investitions- und Förderungsmöglichkeiten zur Energieeinsparung erheblich ausgedehnt worden. Nun sage ich einmal etwas, gar nicht so sehr aus politischer Verantwortung heraus, denn das wissen die Gärtner selbst: Eine Dauerlösung ist nur durch energieeinsparende Investitionen möglich, nicht aber über Gasölbeihilfe. Insoweit ist also auch ein Konzept da.
Ich wüßte nicht, welches andere Konzept man anwenden sollte. Da stehe ich sogar in Übereinstimmung mit dem Berufsstand, und das soll ja etwas heißen.
Dann haben Sie wieder die Entwicklung der Förderschwelle angesprochen. Hier muß ich darauf hinweisen, daß die Förderschwelle nicht nur von dem Bundesminister vertreten wird. Sie wird selbst von CDU-Landwirtschaftsministern vertreten.
— Ja, natürlich. Ich kann Ihnen die Protokolle aus dem Planungsausschuß vorlegen. Oder wollen Sie diesen Ministern unterstellen, daß sie mit zwei Zungen reden? Das würde ich nicht tun. Sie haben also auch zugestimmt.
Ich habe bisher noch niemanden gehört, der ein anderes Konzept hätte. Ich anerkenne Kritik. Man
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muß mir dann aber auch ein anderes Konzept vorlegen können.
Man muß mir sagen: Bitte sehr, wir haben die bessere Lösung. Dann können Sie mit mir reden.
— Ich habe das richtige. Das empfinden sogar die Bauern. Sonst würden sie nicht immer sagen: Mit dir sind wir ja ganz zufrieden, nur bist du bei der falschen Partei.
— Ja, Herr Friedmann, ich bedanke mich für das Kompliment. Ich kann Ihnen nur sagen: Ich fühle mich aber bei dem Haufen, bei dem ich bin, ganz wohl.
Ich bin am Ende, Herr Präsident. Ich wollte heute nur diese paar Bemerkungen machen. Alles übrige können wir bei der Agrardebatte besprechen. Dann liegen auch die Zahlen auf dem Tisch. Herzlichen Dank den Berichterstattern für ihre großartige Mitarbeit!