Rede:
ID0819117600

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 7
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. der: 1
    5. Herr: 1
    6. Abgeordnete: 1
    7. Möllemann.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 8/191 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 191. Sitzung Bonn, Dienstag, den 11. Dezember 1979 Inhalt: Zusätzliche Überweisung eines Gesetzentwurfs an den Haushaltsausschuß gemäß § 96 GO 15045A Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . 15045 A Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1980 (Haushaltsgesetz 1980) — Drucksachen 8/3100, 8/3354 — Beschlußempfehlungen und Berichte des Haushaltsausschusses Einzelplan 04 Bundeskanzler und Bundeskanzleramt -- Drucksache 8/3374 — in Verbindung mit Einzelplan 05 Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts — Drucksache 8/3375 — in Verbindung mit Einzelplan 14 Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung — Drucksache 8/3384 — Schröder (Luneburg) CDU/CSU 15046A, 15047A Löffler SPD 15048A Dr. h. c. Strauß, Ministerpräsident des Freistaates Bayern 15049B, 15120C Wehner SPD 15064 B Genscher, Bundesminister AA 15071 B Dr. Barzel CDU/CSU 15077 A Matthöfer, Bundesminister BMF . . . 15086A Dr. Ehmke SPD 15087A Hoppe FDP 15097A Schmidt, Bundeskanzler . . . . 15103A, 15120B Dr. Kohl CDU/CSU 15111 D, 15128 D Mischnick FDP . 15129B Dr. Blüm CDU/CSU 15132 C Rohde SPD 15141A Cronenberg FDP 15147 C Dr. Marx CDU/CSU 15151A Dr. Corterier SPD 15154 C II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 191. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 11. Dezember 1979 Möllemann FDP 15156D Hauser (Bonn-Bad Godesberg) CDU/CSU 15159B Würtz SPD 15162B Zywietz FDP 15164D Haase (Kassel) CDU/CSU 15167A Dr. Apel, Bundesminister BMVg . . . 15169B Picard CDU/CSU 15170D Namentliche Abstimmung 15172A Einzelplan 35 Verteidigungslasten im Zusammenhang mit dem Aufenthalt ausländischer Streitkräfte — Drucksache 8/3395 — 15174A Einzelplan 27 Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen — Drucksache 8/3390 — 15174 C Nächste Sitzung 15174 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . .15175* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 191. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 11. Dezember 1979 15045 191. Sitzung Bonn, den 11. Dezember 1979 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Berichtigung 190. Sitzung, Seite 15019* A, Zeile 10: Statt „Bundesrechtsrahmengesetz" ist „Beamtenrechtsrahmengesetz" zu lesen. Zwei Zeilen weiter muß es statt „Bundesbesoldungsgesetz" „Bundesbeamtengesetz heißen. Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Dr. van Aerssen* 14. 12. Dr. Aigner* 14. 12. Alber* 14. 12. Dr. Bangemann* 14. 12. Blumenfeld* 14. 12. Brandt 11. 12. Egert 14. 12. Fellermaier* 14. 12. Frau Dr. Focke* 14. 12. Friedrich (Würzburg) * 14. 12. Dr. Früh* 14. 12. Dr. Fuchs* 14. 12. von Hassel* 14. 12. Katzer 14. 12. Dr. h. c. Kiesinger 12. 12. Dr. Klepsch* 14. 12. Lange* 14. 12. Lüker* 14. 12. Luster* 14. 12. Milz 14. 12. Dr. Müller-Hermann* 14. 12. Peiter 11. 12. Dr. Pfennig* 14. 12. Frau Schleicher* 14. 12. Dr. Schwarz-Schilling 13. 12. Dr. Schwencke (Nienburg) * 14. 12. Seefeld* 14. 12. Sieglerschmidt* 14. 12. Frau Tübler 14. 12. Frau Dr. Walz* 14. 12. Wawrzik* 14. 12. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Peter Corterier


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich hatte gehofft, der letzte Redner zu sein. Da dies offensichtlich nicht der Fall ist, möchte ich natürlich um so lieber diesem Hinweis entsprechen und mich darauf beschränken, einige Antworten auf Ihre Ausführungen, Herr Kollege Marx, zu geben zu versuchen.
    Zunächst einmal sagten Sie, daß die Regierung in den letzten Jahren das Notwendige im Bereich unserer Verteidigung nicht getan habe, daß sie vor allem auch ihrer • Pflicht nicht genügt habe, in einem besonders exponierten Land auf gewisse Entwicklungen rechtzeitig hinzuweisen. Sie hatten gerade auch im Zusammenhang mit dem TNF-Bereich davon gesprochem, daß sie dieser Pflicht nicht entsprochen habe.
    Ich glaube, Herr Marx, wenn Sie in die Geschichte gehen, können Sie diesen Vorwurf kaum ernsthaft aufrechterhalten; denn ich darf daran erinnern, daß der erste Politiker von internationalem Gewicht der Bundeskanzler gewesen ist, der 1977 in seiner bekannten Rede vor dem Institut für Strategische Studien in London auf die Probleme, die sich in diesem Bereich ergeben haben, hingewiesen hat. Ich habe immer wieder von maßgeblichen Amerikanern, aber auch von Europäern den Hinweis gehört, daß das für sie der erste ernst zu nehmende Hinweis — jedenfalls in der Offentlichkeit — auf diese Problematik gewesen sei.
    Ich darf auch daran erinnern, Herr Kollege Marx, daß wir bereits seit 1976 das Verteidigungsverbesserungsprogranun der NATO haben. Auch dieses ist nicht eine Sache, die plötzlich übers Knie gebrochen worden ist, sondern eine, die seit längerer Zeit in Gang ist.
    Sie hatten weiterhin gesagt, daß seit 1969 diese Periode der Illusionen über die Entspannungspolitik ausgebrochen sei, daß man die Ziele der Entspannung schon für Realität genommen habe usw. Sie haben leider vergessen, darauf hinzuweisen, mit welchen Problemen wir es gerade 1969 im Verteidigungsbereich zu tun hatten, auch wenn wir an die Beziehungen zu den amerikanischen Verbündeten denken, etwa mit der Mansfield-Resolution. Welcher Erfolg ist es gewesen, daß gerade auch diese Regierung wesentlich mit dazu beitragen konnte, solche Bestrebungen zu verhindern!
    Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 191. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 11. Dezember 1979 15155
    Dr. Corterier
    Sie haben sich dann mit der Frage auseinandergesetzt, die von einigen Rednern der Koalition an Sie gerichtet worden war: wie es denn die Opposition mit den NATO-Beschlüssen, die in den nächsten Tagen zu fassen sind, halte. Ich glaube, Sie haben diese Frage — das schließe ich jedenfalls aus Ihren Ausführungen — ziemlich mißverstanden; denn Sie haben bezeichnenderweise eigentlich nur über die Rüstungsmaßnahmen, die zu treffen sind, gesprochen, aber nur sehr wenig — und sehr kursorisch über die rüstungskontrollpolitischen Ansätze. Im Grunde konnte doch die Frage an Sie kaum lauten: Wie halten Sie es mit dem Rüstungsansatz? Denn dafür war die Opposition ja immer, von der Wörner-Rede angefangen. Die Frage war doch: Sind Sie bereit, ernsthaft auch den rüstungskontrollpolitischen Ansatz mit zu tragen?
    In diesem Zusammenhang, muß ich sagen, habe ich manchmal — oder sogar sehr oft — den Eindruck, daß die Sicherheitspolitik der CDU/CSU vor allem darin besteht, nach allen Waffen zu verlangen, die verfügbar sind, und die rüstungskontrollpolitischen Notwendigkeiten zu vernachlässigen.

    (Widerspruch bei der CDU/CSU — Dr. Marx [CDU/CSU]: Wie kann man so etwas sagen!)

    Ich glaube, die Opposition ist nicht bereit, genügend auf der Basis des Harmel-Berichtes zu arbeiten, der eben beides vorsieht, nämlich die Aufrechterhaltung der Verteidigungsfähigkeit der Allianz, kombiniert mit der Entspannungspolitik.
    Ich meine, wenn wir von Rüstungskontrollpolitik sprechen, dann wäre doch zum Beispiel die Frage an Sie: Wie halten Sie es eigentlich mit dem SALT-IIVertragl Dazu haben wir bisher immer nur Äußerungen gehört, die ich nur als Ausflüchte ansehen kann.

    (Damm [CDU/CSU]: Wir respektieren die Souveränität des Senats!)

    — Ja, ich kenne das Standardargument, lieber Carl Damm; nur überzeugt mich das nicht. Mich überzeugt das keinen Augenblick. Denn wenn dieser SALT-Vertrag — darüber sind wir uns doch einig — für uns alle von sehr hoher Bedeutung ist, wenn er unsere Sicherheitsinteressen in elementarer Weise berührt, dann muß es doch wohl unser aller Pflicht sein, zu sagen, wie wir zu diesem Vertrag stehen und was wir von ihm erwarten.
    Sie haben sich bisher auf Ausflüchte beschränkt, mit wenigen Ausnahmen. Es gibt die eine Ausnahme aus den letzten Tagen, nämlich Herrn Habsburg aus dem Europäischen Parlament, der Briefe an amerikanische Kongreßabgeordnete schreibt, in denen er sie auffordert, den SALT-Vertrag abzulehnen. Es wäre interessant zu hören, wie Sie zu dieser Aktion des Herrn Habsburg stehen.
    Wir meinen, daß die Ratifikation des SALT-IIVertrages gerade hinsichtlich der weiteren Rüstungskontrollverhandlungen im TNF-Bereich notwendig ist; denn ohne SALT II wird es kein SALT III geben. Wir meinen aber auch, daß dieser Vertrag und seine Ratifikation für den Zusammenhalt des Bündnisses wichtig sind.
    Sie haben, Herr Marx, erneut gegen die Berliner Beschlüsse meiner Partei hinsichtlich dessen, was die NATO in den nächsten Tagen tun soll, polemisiert. Ich muß Ihnen sagen, ich verstehe nicht recht, daß Sie erstens nicht zur Kenntnis nehmen, mit welch überwältigender Mehrheit diese Beschlüsse gefaßt worden sind. Daran können sie wirklich nicht mehr herumdeuteln.

    (Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD]: Das ist denen unangenehm!)

    Sie nehmen zweitens nicht zur Kenntnis, daß der amerikanische Außenminister in einer Rede, die er gestern in Berlin hat halten lassen, nicht nur der Bundesregierung ausdrücklich für ihre Haltung zu den NATO-Beschlüssen gedankt, sondern auch gesagt hat, daß die Beschlüsse des SPD-Parteitags wichtig und hilfreich für die Allianz seien. Warum muß es eigentlich der amerikanische Außenminister so sehr viel anders sehen als sie? Warum ist es nicht möglich, einmal in diesem einen Punkt zu sagen: „Hier habt ihr recht, und hier sind wir einer Meinung"?

    (Beifall bei der SPD)

    Wäre es nicht schön, wenn wir diese Beschlüsse wirklich alle miteinander trügen, anstatt uns weiter gegenseitig zu kritisieren?
    Sie haben dann etwas zum Iran und zu dem gesagt, was sich aus dieser schlimmen Geiselaffäre möglicherweise für unsere Beziehungen zu den Vereinigten Staaten ergeben könnte. Hier können wir mit wohlfeilen Erklärungen und mit strammen Forderungen nicht allzuviel erreichen. Wir haben am eigenen Leibe erfahren, wieviel Nervenkraft und Umsicht nötig sind, um mit einer solchen Krise wie der im Iran fertig zu werden. Gerade deshalb fühlen wir uns mit dem amerikanischen Präsidenten Carter und mit unseren amerikanischen Freunden so solidarisch, weil sie diese Krise bisher mit einem bewunderswerten Maß an Disziplin und Zurückhaltung durchgestanden haben. Ich glaube, bei der amerikanischen Regierung gibt es überhaupt keinen Zweifel an unserer Solidarität. Aber Sie haben recht, wenn Sie darauf hinweisen wollten, daß es drüben in der öffentlichen Meinung Probleme gibt. Wenn ein so guter Freund wie Senator Javits Kritik geübt hat, dann müssen wir das ernst nehmen. Deswegen begrüße ich es, daß gerade heute die Bundesregierung ihre Anstrengungen auch mehr im Detail erläutert hat. Ich glaube, wir müssen alle miteinander davon ausgehen, daß es bei den Gesprächen, die der Bundeskanzler und der Außenminister heute mit dem amerikanischen Außenminister geführt haben, auch nach außen keinerlei Zweifel an unserer Solidarität mit den Amerikanern geben kann.
    Sie haben dann, wiederum Kritik an unserem Parteitag übend, von angeblichem Antiamerikanismus gesprochen, der dort zum Vorschein gekommen sei, Herr Kollege Marx. Ich nehme an, daß Sie damit auf Ausführungen des Vorsitzenden der Jungsozialisten, Schröder, anspielen wollten. Ich darf Ihnen ganz klar sagen, daß ich diese Ausführungen — —

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: Man kann auch Herrn Coppik nehmen!)

    15156 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 191. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 11. Dezember 1979
    Dr. Corterier
    — Na, gut. Die von Herrn Coppik sind mir im Augenblick nicht gegenwärtig. Ich kann Ihnen jedenfalls sagen, die Ausführungen des Herrn Schröder haben mir überhaupt nicht gefallen.

    (Beifall des Abg. Schulte [Unna] [SPD])

    Nur, Herr Schröder ist Vorsitzender der Jungsozialisten. Denken Sie einmal daran, Herr Marx, was noch vor gar nicht langer Zeit ein Mann wie Herr Strauß, dessen Einfluß in Ihrer Partei sehr viel größer sein dürfte als der von Herrn Schröder in meiner, über den amerikanischen Präsidenten im Zusammenhang mit der Debatte über die Neutronenwaffe gesagt hat. Ich darf daran erinnern, daß er damals sagte:
    In meiner Kenntnis der amerikanischen Geschichte nach dem Zweiten Weltkrieg ist dies der erste Fall, wo ein amerikanischer Präsident offen und erkennbar vor einem russischen Zaren gekuscht hat.
    Das waren wörtlich die Äußerungen des Herrn Strauß. Ich glaube, daß noch niemals ein verantwortlicher Politiker der SPD in einer ähnlich herausragenden Position etwas Ähnliches über einen amerikanischen Präsidenten gesagt hat. Ich meine, diese Äußerung des Herrn Strauß verdient es durchaus, als Antiamerikanismus von rechts qualifiziert zu werden.

    (Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD]: Mit Recht!)

    Herr Kollege Marx, Sie haben zum Schluß Ihrer Ausführungen auf die Aktivitäten der DDR in Afrika hingewiesen. Ich darf Ihnen dazu sagen, daß auch wir diese Aktivitäten keineswegs billigen, daß sie uns mit Sorgen erfüllen. Wenn Sie sich aber in der zugegeben sehr kurzen Zeit, die zur Verfügung stand — Sie haben verhältnismäßig viel davon auf das Thema Afrika verwandt —, fast ausschließlich auf die Aktivität der DDR konzentriert haben, dann meine ich, ist das dem Thema einfach nicht angemessen.

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: Weil der Kanzler zu Herrn Honecker fährt!)

    — Ja, gut, das ist ein aktueller Anlaß, aber es gibt sehr viel gewichtigere aktuelle Anlässe wie z. B. den Höhepunkt der Rhodesien-Konferenz und andere Dinge mehr. Ich meine, das ist wirklich einer der Punkte, wo wir uns unterscheiden. Wir dürfen dieses Problem Afrika nicht auf den Ost-West-Konflikt reduzieren, nicht in erster Linie unter diesem Aspekt sehen, sondern müssen sehr sorgfältig analysieren, welche Ursachen für die dort zur Zeit stattfindenden Konflikte letztlich maßgebend sind. Dabei mögen auch Probleme des Ost-West-Verhältnisses eine Rolle spielen. Ich nehme an, wir werden in der Afrika-Debatte, die irgendwann stattfinden muß — ich hoffe es mit Ihnen —, auf die Einzelheiten eingehen können.
    Ein letztes Wort zu dem, was Sie über Rhodesien gesagt haben. Es war erfreulich, daß Sie so klar die Position der britischen Regierung, die auch unsere Position ist, unterstützt haben und daß Sie den Briten Erfolg gewünscht haben. Hoffentlich tritt er noch in dieser Woche endgültig ein.

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: Und bei der Aufhebung des Embargos! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    — Ja, wenn es zum Friedensvertrag und zum Waffenstillstand kommt, dann ist selbstverständlich die Aufhebung des Embargos eine Folge einer solchen Entwicklung.

    (Damm [CDU/CSU]: Die Amerikaner haben es aufgehoben!)

    Ich darf aber daran erinnern, daß es noch am Vorabend der Konferenz von Ihrer Seite ganz anders geklungen hat, nicht von Ihnen, Herr Marx. Herr Todenhöfer hat uns aber noch wenige Tage vor der Konferenz aufgefordert, einseitig die aus den Frühjahrswahlen, die wir nicht anerkennen konnten, hervorgegangene Regierung anzuerkennen. Das war damals die Politik. Im Frühjahr gab es noch sehr viel mehr Stimmen aus der Opposition, die das gleiche gefordert haben. Mit anderen Worten, wir hätten Ihrer Meinung nach eine Politik akzeptieren sollen, die auf die Hinnahme der internen Lösung hinaus- gelaufen wäre, die aber unserer Meinung nach nicht geeignet gewesen wäre, den Konflikt beizulegen, sondern im Gegenteil dazu gedient hätte, ihn weiter zu verschärfen. Sie hätte uns zusätzlich in einen schweren Gegensatz zu den meisten schwarzafrikanischen Staaten bringen müssen.
    Ich hoffe also, daß Sie in Zukunft eher bereit sein werden, vernünftige Lösungen in Afrika mitzutragen, statt die Konfrontation um möglicher innenpolitischer Vorteile willen zu suchen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Möllemann.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Jürgen W. Möllemann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir einige wenige kurze Ausführungen zu den außen- und sicherheitspolitischen Themen, die hier bislang angesprochen worden sind. Ich möchte zunächst der Aufforderung des jetzt nicht mehr anwesenden — verständlicherweise bei hohen Würdenträgern — bayerischen Ministerpräsidenten folgen, der gesagt hat: „Erklären Sie mal, was halten Sie von Marx?" Dem will ich jetzt folgen, Kollege Marx, und mich zu Ihren Bemerkungen äußern.

    (Dr. Bötsch [CDU/CSU]: Der hat aber die SPD gemeint!)

    — Nun hören Sie erst einmal zu.
    Sie, Herr Kollege Marx, haben sich auf die Bitte meines Fraktionsvorsitzenden Mischnick hin erneut nur zu einem Teilaspekt der bevorstehenden Entscheidungen geäußert. Sie haben darauf hingewiesen, daß Sie Teil 1 des geplanten Beschlusses, betreffend die Nachrüstung im Mittelstreckenbereich, unterstützen. Sie haben, vielleicht aus Zeitmangel oder warum auch immer, vermieden, genauso eindeutig zu erklären, daß Sie auch Teil 2 des Beschlusses, der ein ausdrückliches rüstungskon-
    Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 191. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 11. Dezember 1979 15157
    Möllemann
    trollpolitisches Angebot beinhalten wird, unterstützen,

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: Haben Sie nicht zugehört?)

    ein Angebot, das besagen wird, daß man in dem gleichen Umfang wie die Gegenseite bereit ist, ihrerseits Reduzierungen in Richtung auf eine annähernde Parität vorzunehmen, bereit sein wird, unsere geplanten und jetzt zu produzierenden Systeme zu reduzieren.

    (Zuruf des Abg. Dr. Czaja [CDU/CSU])

    — Nein, ich habe sehr sorgfältig zugehört.

    (Dr. Czaja [CDU/CSU]: Was verstehen Sie unter annähernder Parität?)

    — Herr Kollege Czaja, vielleicht lassen Sie sich das von Ihren Experten in der Fraktion erläutern. Wir verwenden den Begriff „annähernde Parität" einvernehmlich unter allen Kollegen, die in diesem Bereich tätig sind, weil wir nicht anfangen wollen, etwa auf eine einzelne Zahl hin aufzurechnen, sondern einen ungefähren Kräftegleichstand erreichen wollen. Wollten wir nämlich diese engen Definitionen praktizieren, wie manche sie von uns verlangen, wäre jede Rüstungskontrollpolitik zum Scheitern verurteilt.
    Herr Kollege Marx, ich wollte zweitens auf eine Frage antworten, die Sie fast in Gestalt eines Vorwurfs geäußert haben. Sie haben gefragt: Konnten die Bundesregierung und die sie tragenden Parteien nicht eigentlich schon frühzeitiger reagieren?

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: Das war ein Vorwurf !)

    Mein Kollege Jung hat in einer kurzen Intervention deutlich gemacht, daß nicht nur formal, sondern auch faktisch für Entscheidungen betreffend die Aufrüstung oder die Zusatzausstattung mit Atomwaffen wirklich nicht die Bundesrepublik Deutschland zuständig ist. Dies ist, ob Sie es wollen oder nicht, ein Vorwurf an die Vereinigten Staaten von Amerika.

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: Aber nicht von mir!)

    — Sie haben ihn ja erhoben.
    Aber man muß noch ein zweites sagen. Wir haben doch mehrfach deutlich gemacht — darüber gab es einen Konsens —, daß sich die Notwendigkeit einer Nachrüstung in diesem Bereich erst neuerlich zeigt, da das frühere Übergewicht im strategischen Bereich durch den SALT-II-Vertrag abgebaut worden ist. Damit werden Ungleichgewichte in anderen Bereichen destabilisierend und gefährlich. Das ist doch der Hauptgrund für die jetzige Entscheidung oder jedenfalls einer der Hauptgründe neben den Überlegungen hinsichtlich der Abkopplung.
    Eine dritte Bemerkung, Herr Kollege Marx, betrifft die Verträge. Hierzu möchte ich auch auf das eingehen, was einige der übrigen Kollegen gesagt haben. Wir bestreiten es Ihnen überhaupt nicht, daß Sie es ernst meinen, wenn Sie sagen, Sie hätten zwar alle Ostverträge bekämpft, stellten sich aber nunmehr auf den Boden dieser Verträge. Man wundert sich bei Ihren offiziellen Einlassungen nur — das sage ich jetzt an die Adresse der Kollegen der Union ganz allgemein —, daß sich bei allem, was Sie in Richtung Entspannungspolitik, in Richtung Kooperation, in Richtung Sicherheit durch Zusammenarbeit sagen, das, was wir als Geist der Verträge empfinden, bei Ihnen überhaupt nicht artikuliert. Man kann nicht sagen, man sei für diese Verträge, aber im übrigen so handeln, als gäbe es die Vereinbarungen nicht.
    Sie haben dies im übrigen an einem besonderen Beispiel plastisch gemacht. Im Blick auf die MBFRVerhandlungen erklären Sie zwar, insbesondere durch den Kollegen Mertes, Sie stünden hinter unserer Verhandlungsstrategie, aber Sie haben sowohl im Auswärtigen wie im Verteidigungsausschuß eine Forderung eingebracht, die dem entgegensteht. Sie haben verlangt, wir sollten die existierenden Betriebskampfgruppen in der DDR in die Verhandlungen in Wien faktisch stärker einbeziehen, als das bisher geschehen ist.

    (Damm [CDU/CSU]: Das ist nicht wahr!)

    — Herr Kollege Damm, Sie wissen, daß ich recht habe; deswegen haben Sie den Antrag ja nicht unterschrieben. — Was ist das anderes als der Versuch, die jetzt laufenden, sich ohnehin schon schwierig genug gestaltenden Verhandlungen zu gefährden?

    (Damm [CDU/CSU]: Das ist Ihre Art der Argumentation! Das ist billig!)

    — Sie werden verstehen, Herr Kollege Damm, daß ich hier meine Art der Argumentation praktiziere. Ihre Bewertung, sie sei billig, möchte ich zurückweisen.

    (Damm [CDU/CSU]: Sie ist aber billig!)

    Ich möchte nun zu einigen außenpolitischen Überlegungen kommen, die insbesondere der Kollege Marx, aber auch einige andere Kollegen angesprochen haben. Ich habe nicht ganz verstanden, Herr Kollege Marx, was der Unterton der Kritik sollte, als Sie unsere Reaktion auf die Vorgänge in Teheran ansprachen. Der Kollege Weizsäcker und ich waren gerade in den Vereinigten Staaten und haben dort gemeinsam deutlich gemacht, daß wir, d. h. die Bundesregierung und alle im Parlament vertretenen Parteien, die Vorgänge in Teheran mit allem Nachdruck schärfstens verurteilen und mit allem Nachdruck unsere Solidarität mit unserem Bündnispartner bekunden. Daß wir bei einem bewußt vorsichtigen und umsichtigen Vorgehen des amerikanischen Präsidenten nun nicht päpstlicher sein werden als der Papst — in einer Art Verbalradikalismus oder was auch immer —, ist doch vernünftig. Ich glaube, es wird in der Tat darauf ankommen, auch bei einer Zuspitzung die jetzt proklamierte, sich in Resolutionen niederschlagende und in stiller Hilfe in Teheran praktizierte Solidarität vielleicht tatkräftiger zu beweisen. Aber dies sollte kein Streitpunkt sein.
    Sie haben, was den Nahen Osten angeht, den eigentlich engeren Nahostkonflikt nicht angesprochen. Ich möchte diese Gelegenheit nur nutzen, eine
    15158 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 191. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 11. Dezember 1979
    Möllemann
    Verlautbarung anzusprechen, die ich für ein hoffnungsvolles Zeichen halte für diese Region, in der ja ein viel breiter angelegter Konflikt als der, den wir gerade vorher angesprochen haben, den Frieden nicht nur dieser Region, sondern vielleicht der ganzen Welt gefährdet. Über die hier schon des öfteren angesprochenen Ticker lief die Meldung, die ich einfach einmal zitieren darf:
    Für ein neutrales Israel in den Vorkriegsgrenzen von 1967 hat sich der frühere Präsident des Jüdischen Weltkongresses, Nahum Goldmann, ausgesprochen. Die Grenzen sollten von den Vereinigten Staaten, der Sowjetunion und von UNO-Truppen garantiert werden, schreibt Goldmann in einem Buch, das jetzt in der Schriftenreihe der amerikanischen Carnegie-Stiftung für internationalen Frieden erschienen ist. Nach den Vorstellungen Goldmanns sollte Jerusalem von einer einheitlichen Behörde — unter voller Mitwirkung der arabischen Bevölkerung im Ostteil der Stadt — verwaltet werden. Die Stadt sollte einen Sonderstatus erhalten, der dem des Vatikans in Rom gleichen könnte.
    Da auch ich diese Meldung erst neuerlich kennengelernt habe, weiß ich nicht, ob dies in vollem Umfang eine Schlüssellösung sein kann. Aber ich möchte die Hoffnung ausdrücken, daß ein solcher Beitrag aus dem Munde eines israelischen Diskussionsteilnehmers hilft, die Tabus abzubauen, die alle am Nahost-Konflikt Beteiligten bisher ganz offenkundig hindern, die tatsächlichen Konfliktursachen auszuräumen.
    Eine weitere Bemerkung zur Arbeit in den Vereinten Nationen. Hier möchte ich der Bundesregierung für die erfolgreiche Initiative zur Ächtung der Geiselnahme ausdrücklich danken. Ich weiß noch sehr genau, wie skeptisch wir alle waren, als diese Initiative vor drei Jahren ergriffen wurde. Wir haben gesagt: Das läßt sich niemals durchsetzen. Heute haben sich die in den Vereinten Nationen organisierten Staaten gemeinsam — gemeinsam mit den arabischen Partnerstaaten — durchgerungen und beschlossen, Geiselnahme künftig zu ahnden. Daß dies in der Situation, von der wir vorhin sprachen, eine politische Aussage ist, die vielleicht auch insoweit — sicherlich aber für den Umgang der Völker miteinander — sehr hilfreich ist, ist, glaube ich, unbestritten.
    Weil dies für viele von uns überraschend, aber doch positiv verlaufen ist, möchte ich die Bundesregierung bitten, in einem anderen Bereich, in dem es ebenfalls schwierig sein wird, in dem es aber genauso dringlich ist, ebenso eine UNO-Initiative einzubringen. Ich meine einen Vorstoß gegen die Todesstrafe. Wir erleben — Amnesty International belegt es in seinem neuesten Jahresbericht erneut —die zunehmende Verwendung der Todesstrafe als bewußt willkürliches Mittel bei der Bereinigung politischer Auseinandersetzungen. Ich meine, wir dürften uns mit dieser Provokation nicht abfinden. Von daher sollten wir diese — von Bundesaußenminister Genscher in Bremen im übrigen bereits angekündigte — Initiative unterstützen. Ich weiß, wie schwierig das ist, da es ja noch nicht einmal in Europa einen völligen Konsens hierüber gibt.

    (Zuruf von der CDU /CDU)

    — Ich weiß das, aber wir sollten dennoch versuchen, aus unserer — wenn ich das richtig sehe — ja wohl gemeinsamen Überzeugung hier eine Initiative abzuleiten.

    (Zuruf von der CDU/CSU: MöllemannPlan!)

    — Mir ist das Thema zu ernst, um hier in Albernheiten zu machen; das bleibt Ihnen vorbehalten.
    Eine weitere Bemerkung zu einem Thema, das ähnlich ernst ist, bei dem wir uns im übrigen ebenfalls in allen Fraktionen gemeinsam bemühen, der Lage in Kambodscha. Wir haben uns mit der Tatsache konfrontiert gesehen, daß das öffentliche Gewissen oder Bewußtsein offenbar immer nur ein Thema schwerpunktmäßig aufnehmen kann. Wir haben mehrere Wochen lang den sich dort abspielenden Massenmord diskutiert. Im übrigen: Wo sich ein Massenmord abspielt, gibt es immer auch Massenmörder;

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: Richtig!)

    und die sind ja wohl auch klar beim Namen zu nennen. Das heißt: Es ist gerechtfertigt, die UdSSR und China aufzufordern, auf ihre dortigen Freunde und Partner einzuwirken, diesem Massensterben ein Ende zu bereiten. Wir reden neuerlich über 50 oder 60 Geiseln, wobei wir wissen, daß in Kambodscha jeden Tag Tausende von Menschen sterben. Irgenwo verschieben sich da plötzlich eigenartigerweise die Relationen!

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: Sind die Chinesen schuld oder die Vietnamesen? Wie sehen Sie das?)

    — Es ist ganz gleich, Herr Kollege Marx, ob Sie jetzt die Verantwortung der Sowjetunion und ihrer Freunde bei den Vietnamesen in der Unterstützung des Henk-Samrin-Regimes oder die Verantwortung der Chinesen in der Unterstützung von Pol Pot sehen. Beide jedenfalls verhindern, daß die von den westlichen Staaten — auch von der Bundesregierung — sehr massiv gegebene Hilfe zu den Betroffenen, zu den Opfern kommen kann, und das ist Massenmord; das können wir nicht — bagatellisierend
    — anders bezeichnen.
    Eine letzte Bemerkung, Herr Kollege Marx, zu Ihren Ausführungen zur Afrika-Politik. Ich verstehe ja, daß Sie den Kollegen Todenhöfer, ohne den Namen zu erwähnen, sozusagen pflichtübungsmäßig verteidigen, nachdem Sie ihn zuvor in einer Strafaktion aus Ihrem Landesverband abgeschoben haben.

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: Hören Sie einmal, wir sind eine solidarische Partei! Was denken Sie denn? Wir sind nicht die FDP!)

    Nur, ich möchte hier nachdrücklich unterstreichen, daß das, was an Äußerungen vom Kollegen Todenhöfer, zum Teil auch vom Kollegen Graf Huyn zu bestimmten Schwerpunkten der Afrika-Politik bisher gekommen ist, unsere Aktionsmöglichkeiten, die
    Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 191. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 11. Dezember 1979 15159
    Möllemann
    deutschen Aktionsmöglichkeiten in Afrika, insbesondere in Schwarzafrika, massiv beeinträchtigt hat.

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: Na, na! Sie übertreiben aber!)

    Es muß doch für Sie beschämend sein, daß niemand anders als die von Ihnen ansonsten ja sicherlich verehrte Frau Thatcher Ihren Parteivorsitzenden faktisch widerlegt hat. Ihr Parteivorsitzender hat in einem Brief an den Bischof Musorewa geschrieben — ich zitiere aus Ihrem eigenen Pressedienst —:
    Ich halte es für erforderlich, daß diese Wahl — das war die frühere Wahl —
    und die Entscheidung international respektiert und eine neue Regierung von allen Nationen anerkannt wird.
    Ich bin froh darüber, daß sich die Europäische Gemeinschaft zu diesem Trugschluß nicht hat verleiten lassen. Dies hätte das Verhältnis zu den übrigen Staaten, insbesondere zu den Frontstaaten, in Afrika erheblich belastet.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Die alle demokratisch sind?)

    — Nein, nein. Ich meine, daß alle Überlegungen, die wir unter Abwägung der Interessen sowohl der Menschen in Rhodesien wie der in den übrigen schwarzafrikanischen Staaten angestellt haben, zu der berechtigten Schlußfolgerung geführt haben, hier müßten faire Wahlen unter Beteiligung aller dort Beteiligten stattfinden. Lassen Sie sich, wenn schon nicht von mir — was ich verstehe —, so doch von Ihrer konservativen britischen Parteifreundin überzeugen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)