Rede von: Unbekanntinfo_outline
Ich möchte gern zum zum Schluß kommen, Herr Kollege Jäger. Ich nehme an, andere wollen auch noch sprechen.
Ich möchte dies mit einer einzigen Bemerkung zusammenfassen. Herr Kollege Barzel hat gemeint, 70 % der Bürger in der DDR sähen unsere Fernsehprogramme. Das ist wahr, jedenfalls was das Erste und Zweite Programm angeht. Auch das gehört zur Lebenswirklichkeit drüben. Man kann darüber zwar noch viel sprechen, aber ich nehme nur einmal diesen einen Ihrer Sätze heraus und sage Ihnen — und ich lebe ja nicht ohne Kontakt mit Menschen drüben, wenngleich ich dort in letzter Zeit nicht habe sein können; in diesem Amt kann man nicht eine Privat-
Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 6. Sitzung. Bonn, Freitag, den 17. Dezember 1976 121
Bundeskanzler Schmidt
reise nach Thüringen machen —: Die Menschen drüben bekommen sehr viel mit von dem, was hier bei uns vor sich geht. Auch diese Debatte heute kriegen sie mit. Eines verstehen die Menschen drüben sehr gut: daß dies hier ein sehr viel besseres Modell ist als das drüben, wo sie leben. Das verstehen die Menschen, die uns drüben am Fernsehen verfolgen, sehr gut.
Da braucht man sie gar nicht zu fragen. Denn sie sagen es einem ungefragt. Ich sage das nur, weil Sie noch einmal vom Modell Deutschland gesprochen haben. Und zum anderen: Eines verstehen sie nicht, die Menschen drüben in Gera oder in Rostock: Warum es hier Leute gibt, die sich in der Hitze des Gefechts bemühen, alles schlecht zu machen, was in Wirklichkeit doch so gut ist. Sie, die Deutschen drüben, würden sich freuen, wenn es bei ihnen nur halb so gut wäre wie hier bei uns in der Bundesrepublik Deutschland.
Wir haben keinen Grund zu Angst und Furcht, wir haben durchaus Grund zu Zuversicht. Wir haben ja starke Belastungen ertragen können. Wir werden auch in Zukunft, wenn es nötig wäre, Belastungen ertragen. Es ist ja nicht so, daß wir wegen unserer Schwierigkeiten andere um Hilfe bitten müßten, sondern es ist so, daß wir anderen, die in Schwierigkeiten sind, helfen und helfen können.
Wenn man die Reden der drei bedeutenden Oppositionssprecher, die wir gehört haben — Herrn Barzel, Herrn Strauß und Herrn Kohl —, nebeneinander hört und bei allen dreien seine Notizen macht, dann ist es schwer, den schwarzen Faden zu finden, der das alles verbinden soll.
Ich habe heute außerdem noch die dieswöchige Nummer einer Zeitung in die Hand bekommen, die Herr Kollege Strauß herausgibt. Da wird unter dem Datum des 18. Dezember gefragt — es ist also wohl eine vordatierte Zeitung —, ob denn nun ihre gemeinsame, seit vier oder fünf Tagen bestehende Verabredung bedeute, daß alles beim alten bleibe.
— Ich wäre versucht, zu antworten: Den haben wir ja nicht mehr unter uns; aber man könnte an seinen Sohn oder seinen Enkel — wie immer wir dies gehört haben — denken.
Es wird also gefragt, ob denn alles beim alten bleibe. Die Antwort lautet:
Das Gegenteil ist der Fall. So bergen die jetzt zwischen CDU und CSU getroffenen Vereinbarungen Ansatzpunkte in sich, die — von Strauß seit Jahren entworfen, leidenschaftlich vertreten — zu einem Aufbrechen erstarrter parteipolitischer Strukturen in der Bundesrepublik führen und die einen Ausweg weisen aus einer
durch die FDP willfährig abgesicherten sozialistischen Dauerherrschaft.
In derselben Zeitung — in ihr schreiben viele tolle Leute; der eine ist der Herr Scharnhagl; der andere ist der Herr Horlacher — steht ein Aufsatz, der so endet:
Wildbad Kreuth müßte sich nicht als Tagungsstätte, sondern als Dauerkuranstalt zur Rettung der deutschen Politik darstellen.
Das sind sicher Übertreibungen. Die CDU ist aus jener Ecke Übertreibungen gewöhnt. Sie haben inzwischen auch ein dickes Fell, allerdings nicht ohne Lindenblätter, meine Damen und Herren von der CDU. Wir wollen uns hier aber gar nicht einmischen Wir sind nämlich gar nicht sicher, daß wir irgendeinen Anlaß zur Schadenfreude haben. Im Gegenteil, wir haben das Interregnum von Anfang Oktober bis Anfang Dezember mit auch öffentlich geäußerten und ernstgemeint gewesenen Sorgen begleitet. Ich verstehe ganz gut, daß Sie sich nun erst wieder zusammenfinden müssen. Vielleicht gelingt es Ihnen dann im Januar oder Februar, zu den Fragen, die Sie an uns richten, wenigstens Andeutungen von eigenen Antworten darzutun, die außerdem eigentlich noch den Vorzug haben sollten, daß sie zusammenpassen.