Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Daß das Verhältnis dieses Hohen Hauses zur Technik und damit zur Technologie noch nicht ganz in Ordnung ist, hat der Präsident anläßlich der Abstimmung in der zweiten Lesung soeben feststellen können. Das wäre ein weiterer Grund, hier über Forschung und Technik zu reden. Aber unabhängig davon entspricht es den Erwartungen und Absichten meiner Fraktion, der CDU/CSU, daß wir heute in diesem Hause die Debatte über die Forschungs- und Technologiepolitik mit Ihnen, meine Damen und Herren von der Regierung, führen.
Die Kommunikationsschwierigkeiten in dem für diesen Bereich zuständigen Ressort im Hinblick auf den Zeitpunkt unserer Debatte haben wir dabei nicht übersehen. Für die Regierung wäre es sicher einfacher gewesen, vor dem plakativen Hintergrund des Forschungsberichtes IV, dessen spätes Erscheinen in der Tat doch nicht auf Fremdeinwirkung der Opposition zurückzuführen ist, Selbstdarstellung zu betreiben, um das vergessen zu machen, was in der Antwort auf unsere Große Anfrage schwarz auf weiß vorliegt.
Bevor ich zur Sache komme, gestatten Sie mir eine persönliche Bemerkung. Wie wir hören, Herr Minister, treten Sie in wenigen Stunden Ihren wohlverdienten Urlaub an. Wir möchten es nicht versäumen, Ihnen im Sinne des Bonum commune eine gute Erholung zu wünschen.
Doch nun zu Ihrer Antwort. Schon ein erster Blick auf diese Antwort läßt erkennen, welche erstaunliche Behandlung dieser Anfrage durch Ihr Haus, Herr Minister, zuteil geworden ist sowohl formal als auch inhaltlich. Ausgerechnet das Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft meint sich an parlamentarischen Regularien vorbeischleichen zu können, indem es in der bewußt umgekehrten Reihenfolge der Beantwortung der beiden Großen Anfragen eine Darstellung erzielt, die vielfach einem Nachschlagewerk unter dem Motto „Auflösung siehe Seite 10" ähnelt. Darüber hinaus ist die Unzahl von Ankündigungen, ja Gemeinplätzen, Leerformeln ohne Definitionswert auf detaillierte Anfragen der CDU/CSU die unübersehbare inhaltliche Schwäche der Regierungsantwort.
Bevor ich mich im einzelnen mit der Regierungsantwort auseinandersetze, lassen Sie mich einige grundsätzliche Bemerkungen machen, die a) die Summe der Gründe zur Formulierung der Großen Anfrage der CDU/CSU noch einmal verdeutlichen und b) gleichermaßen versuchen, für uns den Stellenwert einer Forschungs- und Technologiepolitik im politischen Gesamtsystem zu begründen.
Die CDU/CSU geht davon aus, daß die Wechselwirkung von technisch-wissenschaftlichem Fortschritt, gesellschaftlichem Nutzen und langfristigem volkswirtschaftlichem Wachstum ein längerfristiges, finanziell abgesichertes und zukunftorientiertes Aktionsprogramm einer deutschen Bundesregierung verlangt. Diese notwendige Konzeption vermag die derzeitige Bundesregierung nicht anzubieten. Daß dies so ist, sind nicht Mutmaßungen dieser Opposition wie sich im weiteren Verlauf der Debatte herausstellen wird —, sondern das wird auch durch offizielle Publikationen der Bundesregierung erhärtet.
Ich verweise in diesem Zusammenhang auf die vom Bundespresse- und -informationsamt veröffentlichte Zwischenbilanz der Bundesregierung, die in dekorativem Zuschnitt in vielen Wochenzeitschriften zu finden war. Selbst wenn man diese als Beurteilungsmaßstab für das nach zwei Jahren Regierungstätigkeit Erreichte hinstellt, so sind im Bereich der Forschungs- und Technologiepolitik weder Verbesserungen noch Begünstigungen erzielt worden —ja, dieser Sektor ist ausgespart und stellt eine Tabula rasa dar.
Völlig im Gegensatz dazu steht der hauseigene Pressedienst des Bundesministeriums für Bildung und Wissenschaft, der nach der wiederholten Initiative der CDU/CSU auf Einsetzung eines Unterausschusses „Technologie" im Ausschuß für Bildung und Wissenschaft des Deutschen Bundestages sichtlich bemüht ist, eine quantitative Verbesserung der Beiträge auf dem Technologiesektor zu erzielen ohne allerdings über punktuelle Aktionen hinaus ein Spiegelbild für das angeblich systematische, koordinierte Planen und Handeln in diesem Bereich zu liefern.
Meine Damen und Herren, wenn wir heute der Forschung und Ausbildung Priorität in unserem politischen Zielkatalog zuweisen, dann nicht zuletzt, weil ihre Bedeutung für die gesellschaftliche Entwicklung und das Wirtschaftswachstum außer Frage stehen und beides in erheblichem Maße die Entwicklung des realen Sozialproduktes beeinflußt.
Die Höhe der Ausgaben für Forschung und Ausbildung vor allem im letzten Jahrzehnt hat Dimensionen erreicht, die uns Politiker immer stärker
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1 herausfordern, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um im Rahmen der jeweiligen unterschiedlichen Ordnungsvorstellungen Forschung und Ausbildung mitzugestalten.
Neben der einen Aufgabe der Forschung, neues Wissen zu erschließen, das durch die Ausbildungssysteme vermittelt wird, ist die Forschung die Grundvoraussetzung für die Anwendung neuer Produkte und Produktionsverfahren und somit für das Wirtschaftswachstum. Der mit dem Wirtschaftswachstum verquickte Strukturwandel führt andererseits zu einer Vielzahl von Konflikten, die wiederum neue Problemstellungen für die Forschung implizieren. Der hiermit angesprochene Rückkoppelungsprozeß zwischen Forschung, Ausbildung, sozialer Effizienz und Wirtschaftswachstum muß in all seinen Auswirkungen überblickt werden, soll eine Forschungsförderungspolitik wirkungsvoll angelegt sein. Daß es sich hierbei um ein Optimierungsproblem schwierigsten Grades handelt, ist auch der Opposition dieses Hauses bekannt.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zwei Säulen, um welche die Problematik kreist, herausgreifen: a) den rein ökonomischen Aspekt technischen Fortschritts und b) die gesellschaftlichen Auswirkungen des technischen Fortschritts.
Unter ökonomischem Aspekt gewinnt der technische Fortschritt eine immer stärkere Bedeutung für die Entwicklung des Wirtschaftswachstums der Zukunft, da sowohl die Erwerbsquote als auch die Investitionsquote nicht beliebig erhöht werden können. Einerseits schafft erst eine zunehmende Anzahl von Gütern und Dienstleistungen die Voraussetzungen zur Steigerung der Qualität unserer Gesellschaft; andererseits ist es grundverkehrt, eine Forschungspolitik zu konzipieren, die sich einzig an der Wachstumsrate des realen Bruttosozialprodukts orientiert, aber die Qualität menschlichen Lebens außer acht läßt.
Betrachten wir die augenblickliche Situation in der Bundesrepublik Deutschland, so stellen wir von der CDU/CSU fest, daß sich die Regierung schwertut, diese Problematik anwendungsorientiert zu lösen und dies, obwohl sie die forschungspolitische Infrastruktur 1969 in dem damaligen Ministerium für wissenschaftliche Forschung vorfand.
Meine Damen und Herren von der Regierung, bei einem kurzen historischen Rückblick wird es Ihnen doch nicht schwerfallen, nachzuvollziehen, daß mit der Gründung des Bundesministeriums für Atomfragen unter Leitung von Franz Josef Strauß im Oktober 1955 der entscheidende Anfang der Forschungsförderung auf Bundesebene gemacht wurde, also zu einem Zeitpunkt, als die innen- und außenpolitische Situation nicht dazu angetan war. Ich erinnere an die verfassungsmäßigen Bedenken, auf Bundesebene Maßnahmen zur Förderung der Forschung zu unternehmen, und ebenso an die skeptischen Stimmen, die sich fragten: Muß es unbedingt auf dem Sektor der Kernenergie sein?
Das frühzeitige Erkennen der Bedeutung der Kernenergie für Staat, Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft sowie die hervorragende Zusammenarbeit
der vier Ebenen — dokumentiert durch die Deutsche Atomkommission — haben dazu geführt, daß die Bundesrepublik Deutschland wie kaum ein anderer Industriestaat seine Kernenergie so sinnvoll und ökonomisch aufgebaut hat. Die 4. Genfer Atomkonferenz 1971 hat die Internationale Spitzenstellung unseres Landes im Bereich der friedlichen Nutzung der Kernenergie bewiesen.
Komplettieren wir diesen kurzen Rückblick: Nach der Weltraumforschung im Jahre 1962 wurde im Jahre 1967 als drittes wissenschaftlich-technisches Programm die Datenverarbeitung aufgenommen. 1968 trat die Förderung von Meeresforschung und Meerestechnik und der Bereich der neuen Technologien hinzu.
Aus dem Bundesministerium für Atomfragen war ein Ministerium für wissenschaftliche Forschung geworden, dem die allgemeine Wissenschaftsförderung oblag und das mit einer allgemeinen Planungs- und Koordinierungskompetenz für die gesamte Tätigkeit des Bundes in Wissenschaft und Forschung ausgestattet war. Vornehmlich unter dem Bundesminister für wissenschaftliche Forschung Gerhard Stoltenberg sind die erwähnten Fachprogramme mit großer Energie vorangetrieben worden, gleichermaßen wurde der Bereich der allgemeinen Wissenschaftsförderung durch Maßnahmen definiert.
Darüber hinaus wurde bereits 1968 damit begonnen, die bestehenden Forschungsförderungsprogramme des Bundes durch ein detailliertes Förderungsprogramm für die Sektoren Verkehrstechnik, Umweltgestaltung, ausgewählte Gebiete der physikalischen Technologien, Energietechnik, Werkstofftechnik sowie für die biologische und medizinische Technik zu ergänzen, also im Bereich von Forschungsschwerpunkten, die sich schwerlich — selbst bei hoher Toieranzschwelle — von der jetzigen Regierung als „reaktiv" etikettieren lassen, zumal diese selbst dabei ist, ihre vermeintlichen Errungenschaften in diesem Feld anzusiedeln.
Die CDU/CSU hat in ihrer Regierungszeit den Willen zur aktiven Gestaltung der zukünftigen Forschungs- und Technologiepolitik stets mit Nachdruck unterstrichen. Die Ergebnisse dokumentieren dies. Sie hat dabei Maßnahmen und Zielvorstellungen aus dem Bewußtsein entwickelt, daß die Lebensfähigkeit unserer Nation weitgehend von den jeweiligen Anstrengungen im Bereich wissenschaftlicher Forschung abhängig ist.
Der ehemalige Bundesminister Gerhard Stoltenberg schreibt hierzu in seinem Buch „Staat und Wissenschaft" u. a. — ich zitiere mit Genehmigung des Herrn Präsidenten—:
Wir brauchen eine leistungsfähige Forschung zur Sicherung unseres wirtschaftlichen Wachstums und der Modernisierung unseres politi- schen und sozialen Lebens.
Wie wir im letzten Drittel unseres Jahrhunderts leben werden, hängt entscheidend davon ab, was wir heute für die Forschung tun; denn nur wirtschaftliches Wachstum gibt uns die Mit-
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tel in die Hand, unsere soziale Verantwortung zu praktizieren, unsere gesellschaftspolitischen Ziele zu verwirklichen und unsere Lebensbedingungen zu verändern.
Das hier Gesagte ist auch in Regierungserklärungen von CDU/CSU-Bundeskanzlern nachzulesen, zumindest was die Bedeutung und den Rang wissenschaftlicher Forschung für unsere Gesellschaft angeht. Auch in der Regierungserklärung des jetzigen Bundeskanzlers ist die Priorität für diesen politischen Teilbereich herausgestellt, ja vielmehr postuliert worden, wenn man diese Regierung an dem messen will, was sie bis jetzt verwirklicht hat.
Lassen Sie mich für die Opposition dieses Hauses feststellen, daß Ankündigung und Verwirklichung gerade in dem von uns diskutierten Feld bei allen CDU-Ministern in der Vergangenheit in einem weit günstigeren Verhältnis standen, als wir das von dieser Regierung sagen können.
Es steht doch wohl außer Frage, daß mit den unter CDU/CSU-Verantwortung entwickelten und verwirklichten Programmen grundlegende Weichen unserer Techno-Zivilisation gestellt worden sind. Wenn heute diese Regierung den Versuch unternimmt, an diesen Forschungsförderungsprogrammen herumzumäkeln, und den Eindruck entstehen läßt, wir hätten unsere Forschungspolitik vornehmlich an sogenannten entfremdeten Technologien orientiert, so möchten wir ihr entgegenhalten, daß diese Programme in die damalige politische Landschaft paßten. Die Quoten der Fehler, die gemacht wurden, sind gering, da sich die Alternativen nicht so dimensioniert stellten, wie dies heute der Fall ist. Wir gestehen hier freimütig ein, daß die Forschungs- und Technologiepolitik in früheren Jahren darauf angelegt war, eine faktische Stärkung des technologischen und ökonomischen Potentials zu erzielen. Dies bedingte, daß die Forschungsschwerpunkte von der technologischen Lücke her motiviert waren und sich in Nachhol- und Zukunftsaufgaben im Vergleich zum internationalen Standard aufteilten.
Die Publikationen der OECD belegen die globale Steigerung der Forschungsaufgaben des Staates und der Wirtschaft westlicher Industrieländer unter der angedeuteten Perspektive. In den letzten Jahren ist jedoch festzustellen, daß die Ausgaben für die klassischen Großforschungsgebiete, wie sie sich in den westeuropäischen Ländern mit Kernforschung, Weltraumforschung und Verteidigungsforschung darstellen, kaum noch steigen und teilweise auch zurückgehen. Langsam vollzieht sich eine Umstrukturierung der Forschungsprogramme in den USA und in Westeuropa. So sind z. B. in den USA die Ausgaben für Forschung und Entwicklung von fast 3,1 % des Bruttosozialprodukts 1964 auf 2,7 % 1971 zurückgegangen. In Frankreich ist der Rückgang noch stärker: von 2,4% des Bruttosozialprodukts im Jahre 1968 auf nur 1,8 % im Jahre 1970. Diese Entwicklung muß zwangsläufig dazu beitragen, die Diskussion über den optimalen Einsatz der begrenzten Staatsmittel zu verstärken.
Die CDU/CSU stellt sich dieser Diskussion, die gleichermaßen ökonomisch wie gesellschaftspolitisch motiviert ist. Von einer auf soziale Effizienz und Wirtschaftswachstum angelegten Forschungspolitik, wie Sie, meine Damen und Herren von der Regierung, sie wünschen, und von deren Machbarkeit konnten sie sich während unserer Regierungszeit überzeugen, sicher — das räumen wir gern ein — zu einer Zeit, zu der die Gewichtung unserer Ziele vorrangig auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit abgestimmt und die Verwirklichung der Nutzenprojekte über wirtschaftliches Wachstum gesellschaftlich relevant war. Auf diese „äußeren" Herausforderungen, wie ich sie ansprechen möchte und wie sie sich in den USA z. B. mit der Verfolgung des Manhattan-, Polaris- oder Apollo-Projektes zeigten, ist in der Bundesrepublik adäquat reagiert worden. Der berühmte Daumen zur Festlegung von Prioritäten reichte damals aus, weil sich die Alternativen nicht so sehr stellten. Heute jedoch stehen wir vor dem Problem, daß der Daumen nicht breit genug ist, um die Gesamtpalette moderner Wissenschaft im Hinblick auf brennende Zukunftaufgaben nicht nur unter nationalem Blickwinkel abzudecken. „Äußeren" Herausforderungen stehen „innere" Herausforderungen der Gesellschaft gegenüber.
Lassen Sie mich an dieser Stelle aus einem Aufsatz des Karlsruher Physikers Häfele zitieren:
Diese internationale Wettbewerbsfähigkeit müßte aber gerade dann als Nebeneffekt gewährleistet sein, wenn Anstrengungen unternommen würden, auf „innere" Herausforderungen einer Gesellschaft aktiv zu antworten bzw. sie zunächst aufzusuchen.
Die CDU/CSU unterstreicht diese Auffassung, die von der Grundtendenz auf eine Humanisierung der Leistungsgesellschaft abzielt.
Um hier anzusetzen: Wir vermissen eine Konkretisierung dieser inneren Herausforderungen unserer Gesellschaft durch die jetzige Bundesregierung. Die bis jetzt vorgelegten Studien zur Prioritätenfindung reflektieren zwar diese Problematik, lassen aber Anwendungsorientierung vermissen.
Nun ist es nicht so, daß es bis jetzt noch keinem Staat gelungen ist, solche Art innerer Herausforderung aufzuspüren und zu operationalisieren. Ich möchte hier nur den einheitlich — integrativen gesamtterritorialen Entwicklungsplan, kurz: den 20Jahres-Plan, in Japan erwähnen. Dort ist der erfolgversprechende Versuch unternommen worden, erste Konsequenzen aus der postindustriellen Gesellschaft abzuleiten und mit Hilfe von zivil-technologischen Großprojekten auf direktem Weg die Qualität der Lebensbereiche zu erhöhen und über die Rückwirkung auch eine Verbesserung der internationalen Wettbewerbssituation der japanischen Industrie zu erzielen. Selbst bei Berücksichtigung der unterschiedlichen Voraussetzungen und Bedingungen in Japan und Deutschland ist in Japan eine überzeugende Antwort nicht nur auf das Warum, sondern
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auch auf das Was und Wie zukunftsorientierter Forschungspolitik gegeben worden.
Die CDU/CSU vertritt in diesem Zusammenhang unter der Perspektive einer zukünftigen Forschungsförderung auf Bundesebene die Auffassung, daß die sachlichen Schwerpunkte der Förderung durch den Bund primär im Bereich der Grundlagen- und projektorientierten Forschung mit Betonung auf der zivil-technologischen Komponente liegen sollten, da erfahrungsgemäß hier die Privatiniative nicht ausreicht.
Angesprochen auf die Finanzierungsart der Forschungsförderung sind wir der Auffassung, daß die Grundlagenforschung auch in Zukunft vor allem durch staatliche Subventionen, ergänzt durch nichtöffentliche Mittel, finanziert werden sollen. Mit Blickrichtung auf die allgemeine Wissenschaftsförderung erachten wir es als nützlich, wenn diese im Zuge der Steuerreform durch steuerliche Anreize forciert werden würde. Nach unserer Meinung muß der Bund in Zukunft im Bereich der angewandten Forschung die direkte Forschungsförderung differenzierter gestalten. Dies bedeutet, daß die Mittelvergabe in Form von Subventionen, Darlehen, Bürgschaften, Zinszuschüssen und ähnlichem stärker dem jeweiligen Projekt angepaßt wird. Auf diese Weise könnte es gelingen, das Problem der Privatisierung der Gewinne bei Sozialisierung des Risikos einer Lösung näherzubringen.
Es besteht hierbei ein wichtiges Anliegen, nämlich die Laufzeit der Zuschüsse der Laufzeit des Forschungsprojektes anzupassen, um eine Kontinuität der Forschung sicherzustellen. Aus diesem Grund hat die CDU/CSU-Fraktion auf Umdruck 253 *) einen Antrag eingebracht, der die Bundesregierung auffordert, einen Bericht über die Vergabe von Forschungsaufträgen im Bereich neuer Technologien und deren Finanzierungsart vorzulegen.
Dabei sind wir uns bewußt, daß im Bereich der steuerlichen Forschungsförderung die internationale Wettbewerbslage der deutschen Wirtschaft unbedingt berücksichtigt werden muß. Es geht nicht an, die steuerliche Forschungsförderung in Deutschland ohne Rücksicht auf die steuerliche Forschungsförderung in der EWG und anderen westlichen Industrienationen abzubauen, wie es die derzeitige Bundesregierung beabsichtigt.
Neben einer langfristigen Forschungsplanung, die mit dem Exkurs auf Japan und die ,inneren und äußeren Herausforderungen' angedeutet sein sollte, ist eine dauernde Kontrolle der vom Bund geförderten Forschungsprojekte für uns unabdingbar. Diese Kontrolle hat sich sowohl auf die sachliche Seite der Forschungsprogramme und -projekte als auch auf deren Durchführung zu erstrecken. Zur Klärung dieses Sachbereichs haben wir heute auf Umdruck 250 5*) sowie auf Umdruck 254 ***) zwei Anträge eingebracht. Wir bitten Sie, meine Damen und Herren, hierfür um Ihre Unterstützung.
*) Siehe Anlage 7 **) Siehe Anlage 8 ***) Siehe Anlage 9
Aus der Anzahl positiver Ansätze zur Lösung dieser Problematik messen wir der regelmäßigen Wiederholung des gesamten Prioritätenfindungsprozesses und der dauernden Requalifikation von Ergebnissen in Form von Bewertungen ihrer Auswirkungen in Lebensbereichen große Bedeutung bei. Wir möchten insbesondere darauf hinweisen, daß eine stärkere Berücksichtigung der Erfahrungen der Industrie im Forschungsmanagement durchaus auch dieser Regierung von Nutzen sein könnte. Darüber hinaus müssen wir in Deutschland auch den Mut haben, ein Forschungsprojekt abzubrechen, wenn sich herausstellt, daß die noch aufzuwendenden Mittel in keinem Verhältnis zu dem erwarteten Ertrag stehen.
Wir müssen heute davon ausgehen, daß hohe Steigerungsraten für die staatliche Forschungsförderung sich nicht beliebig, lang aufrechterhalten lassen und daß nach einer Phase des globalen Wachstums der Forschungsausgaben nunmehr ein intensives Wachstum zu erwarten ist. Aus diesem Grunde ist es notwendig, daß frühzeitig technologisch interessante Märkte gefördert werden. Wir dürfen nicht in traditionellen Forschungsförderungsgebieten hängenbleiben und dadurch bei neuen Forschungsgebieten international nicht mehr konkurrenzfähig sein.
Ein gutes Beispiel ist in diesem Zusammenhang die Meeresforschung und Meerestechnik, die vor allem in den USA, Frankreich, Japan und Rußland energisch vorangetrieben wird. Hier müssen wir mit Nachdruck darauf hinweisen, daß das unter Minister Dr. Stoltenberg verabschiedete Programm Meeresforschung von der jetzigen Bundesregierung wie ein Stiefkind behandelt und nur in Ansätzen verwirklicht wird. Vor allem im Bereich der Meerestechnik sind noch eine Vielzahl von Entwicklungen zu leisten, damit z. B. die Erschließung von Erzlagerstätten im Meer in großem Umfang durchgeführt werden kann. Hierzu ist in der Anfangsphase eine erhebliche staatliche Unterstützung notwendig, weil wegen der Langfristigkeit des Projekts die Privatinitiative nicht ausreicht.
Ich habe Ihnen, meine Damen und Herren, diese wenigen grundsätzlichen Gedanken zur Forschungspolitik dargelegt, weil ich glaube, daß dadurch eine Bewertung der Antwort der Regierung auf die Große Anfrage der CDU/CSU zur Forschungs- und Technologiepolitik erleichtert wird. Auf verschiedene Detailprobleme werden meine Kollegen im Rahmen der Debatte noch eingehen. Doch möchte ich einige mir besonders wichtig erscheinende Punkte stärker herausstellen.
Die Bundesregierung behauptet in ihrer Antwort, daß sie die verständliche Sorge der Antragsteller, die Forschungs- und Entwicklungspolitik werde vernachlässigt, angesichts der Fakten und Leistungen für unbegründet hält. Das Gegenteil ist richtig.
Welche Fakten und Leistungen auf dem Gebiet der Forschungs- und Technologiepolitik die Bundesregierung hierbei zum Beweis zitieren will, ist mir unbegreiflich.
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Betrachten wir die Politik der vergangenen zwei Jahre auf diesem Gebiet, so müssen wir feststellen, daß im großen und ganzen nur die bestehenden Forschungsprogramme weitergeführt wurden.
Neue Forschungsschwerpunkte, Erfolgskontrolle, Organisationsstrukturen auf Bundesebene, Kooperation zwischen Staat und Wirtschaft wurden von der derzeitigen Bundesregierung durch Maßnahmen nicht gefördert.
Wir finden zwar eine Vielzahl von Ankündigungen auf diesen Gebieten; auch in der Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der CDU/CSU kommt dies zum Ausdruck. Doch von Fakten und Leistungen, die diese Bundesregierung für sich beansprucht, kann nicht gesprochen werden.
Es werden von der Bundesregierung vielfach hohe. Steigerungsraten für Forschungsausgaben als ein Beweis dafür zitiert, daß Bildung, Ausbildung, Wissenschaft und Forschung auch künftig an der Spitze der Reformen stehen.
Nur ist es oft sehr schwierig, die einzelnen Ausgabetitel den einzelnen Sachbereichen Bildung, Wissenschaft und Forschung zuzuordnen. So werden in der mittelfristigen Finanzplanung des Bundes für 1971 4,6 Milliarden DM und für 1972 6,1 Milliarden DM als Ausgaben für Bildung, Ausbildung, Wissenschaft und Forschung ausgewiesen. Für 1972 ergäbe sich hieraus eine Ausgabensteigerung in diesem Bereich von 32,6%. Nimmt man hingegen den Übersichtsplan über die Ausgaben des Bundes für Bildung, Wissenschaft und Forschung nach dem Bundeshaushaltsplan — Einzelplan 31 —, so werden für 1972 8,9 Milliarden DM gegenüber 7,4 Milliarden DM für 1971 ausgegeben. Hieraus ergäbe sich für 1972 eine Ausgabensteigerung von 20,6%. Untersucht man aber den Übersichtsplan im Bundeshaushalt auf alle Titel, die bei großzügigster Auslegung noch dem Bereich Forschung zuzuordnen sind, so kommt man zu einer Ausgabensteigerung von maximal 11 °/o.
Die Steigerungsraten für die einzelnen Ausgabenkategorien schwanken je nachdem, welchen Bezugspunkt man bei der Untersuchung der einzelnen Titel hat.
Ich möchte mich deshalb an dieser Stelle nicht auf einzelne Prozentsätze festlegen, weil dies zu einem Streit über die Definition des Begriffs „Forschung" führen kann. Untersuchen wir z. B. die vom Bund geförderten naturwissenschaftlich-technischen Forschungszentren, so ergibt sich auf Grund der Haushaltspläne für 1972 allein im Bereich der Personalkosten eine Steigerung um 18 °/o. Der gesamte Bereich der Forschung — das ist uns wohl bekannt, meine Damen und Herren — ist sehr personalintensiv, so daß sich Lohnkostensteigerungen sehr stark bei den Forschungsausgaben bemerkbar machen. Es geht deshalb nicht an, daß man aus Nominalerhöhungen der Forschungsausgaben folgert, daß real auch mehr für die Forschung getan worden ist. In Anbetracht der hohen Personalkostensteigerung der vergangenen Jahre und der relativ geringen Zuwachsraten der staatlichen Forschungsausgaben ist eher die Annahme berechtigt, daß real ein Rückgang der Forschungsanstrengungen zu verzeichnen ist.
In der Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der SPD und der FDP betont die Bundesregierung, daß — ich zitiere — „der Umfang der für die einzelnen Maßnahmen und Programme bereitgestellten Mittel allein keinen Aufschluß über deren Rangfolge gibt."
Andererseits sagt sie in dieser Antwort an einer anderen Stelle, daß „die von der Bundesregierung vorgenommene Neuorientierung in ihrer Technologiepolitik sich daher vorerst vor allem in unterschiedlichen Zuwachsraten der für die einzelnen Bereiche vorgesehenen Mittel niederschlägt". Als Beispiel führt die Bundesregierung die Technologieförderung an. In welchem Ausmaß Zuwachsraten manipulierbar sind, zeigen insbesondere die Ausgaben der Bundesregierung zum Bereich der Technologieförderung, die auf Seite 2 auf die Anfrage der Fraktionen der SPD und der FDP gemacht werden. In der mittelfristigen Finanzplanung werden zwar für die Bereiche Weltraumforschung, elektronische Datenverarbeitung und neue Technologien Zahlen angegeben, doch der Bereich technologische Forschung und Entwicklung, der die neuen Technologien als Untergruppe umfaßt, wird speziell nicht erfaßt.
Hinzu kommt, daß 1972 durch eine Umgruppierung von Titeln der Bereich technologische Forschung und Entwicklung im Volumen automatisch erhöht wurde. Je nachdem, welches Basisjahr man zugrunde legt und welche Titel man zu dem Begriff technologische Forschung und Entwicklung hinzurechnet, erhält man unterschiedliche Zuwachsraten. In der Tendenz ist sicherlich eine sehr starke Ausweitung der Finanzen auf diesem Sektor zu verzeichnen. Doch ist es unbedingt erforderlich, daß in der Öffentlichkeit mit mehr Genauigkeit operiert und daß eine Nachprüfbarkeit der Angaben ermöglicht wird.
Die Organisation der Forschungspolitik, die die CDU/CSU in der Frage I. 1 angesprochen hat, wird von der Bundesregierung vor allem durch den Verweis auf Absichten und Ankündigungen beantwortet. Die Bundesregierung gibt in ihrer Antwort auf die Frage der CDU/CSU zu, daß in den Jahren bis 1969 wichtige Zuständigkeiten für die Forschungspolitik innerhalb der Bundesregierung im damaligen Bundesministerium für wissenschaftliche Forschung vereinigt worden seien. Deshalb hat die Umbenennung des Ministeriums in ein Ministerium für Bildung und Wissenschaft bei vielen ernst zu neh-
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menden Experten die Befürchtung laut werden lassen, daß dadurch auch der Forschung und Technologie nicht mehr der frühere Stellenwert zugebilligt werde;
so werde in einer bedenklichen Weise der Tendenz der Vernachlässigung von Naturwissenschaft und Technik Vorschub geleistet.
Das Problem der Innovationsförderung wird z. B. im Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft wie auch im Bundesministerium für Wirtschaft und Finanzen ausgiebig behandelt. Eine derartige Doppelgleisigkeit ist nicht angebracht.
Ein wichtiger Punkt in diesem Zusammenhang ist auch das Problem der Ressortforschung, das dringend einer Lösung bedarf. Leider erwähnt die Bundesregierung in ihrer Antwort auf die Frage der CDU/CSU nach der Organisation ihrer Forschungspolitik die Ressortforschung überhaupt nicht. Es ist notwendig, daß durch eine entsprechende Organisationsstruktur die Forschungs- und Technologiepolitik stärker betont wird. Für die Wissenschaft und die Wirtschaft sollte e i n verantwortlicher Partner auf Bundesebene für den Bereich von Forschung und Technologie zur Verfügung stehen.
Eine derartige Organisation hätte allerdings dann keine praktischen Erfolge, wenn sich auf seiten der Regierung und der sie tragenden Koalition eine ideologiebezogene Industriefeindlichkeit immer mehr breitmacht.
Inwieweit die Umstrukturierung des Beratungswesens im Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft und der sich konstituierende beratende Ausschuß für Bildung und Wissenschaft dieser Notwendigkeit der Verbesserung der Forschungsorganisation Rechnung tragen werden, vermögen wir heute noch nicht zu beantworten. Obwohl die beratenden Institutionen der Exekutive in früheren Jahren nicht nur Sachverstand in den Entscheidungsprozeß mit eingebracht haben, wagen wir zu behaupten, daß die neuerliche Organisationsform unter dem Deckmantel des Wünschenswerten, der Durchsichtigkeit und Offenlegung von Entscheidungsabläufen Interessenkollisionen sowie die Vorwegnahme von Entscheidungen, die vom Minister anschließend nur noch bestätigt werden, nicht ausschließt.
Die Bundesregierung hat in ihrer Antwort auf die Frage nach den Zielvorstellungen bezüglich der Förderung der Technologie vier durchaus akzeptable Ziele herausgestellt. Entscheidend ist nun, was zur Verwirklichung dieser Ziele unternommen wird und wie die Programme untereinander abgestimmt werden. Neben einer dauernden Prüfung der bestehenden Forschungsprogramme sollte die Festlegung neuer Forschungsschwerpunkte vorrangig behandelt werden.
Die Frage der CDU/CSU nach der Zusammenarbeit der Großforschungszentren und der Industrie beantwortet die Bundesregierung mit dem bemerkenswerten Satz: „Die Zusammenarbeit mit der Industrie besteht bei diesen Zentren in erster Linie in Aufträgen zur Lieferung von hochqualifizierten Geräten und Anlagen."
Dies ist eine Selbstverständlichkeit, da sich hier Käufer und Verkäufer von Gütern gegenüberstehen. Darin kann sich aber in keinem Fall die Zusammenarbeit der Großforschungszentren mit der Industrie erschöpfen. Das Kernproblem liegt darin, daß man sich überlegen muß, welche Aufgaben in diesem Wirtschaftssystem besser von der Industrie bewältigt werden und welche Aufgaben von staatlich geförderten Forschungszentren.
Die OECD, meine Damen und Herren, schreibt in ihrer Untersuchung zur technologischen Lücke, daß die Europäer einen Hang zur Förderung staatlicher Forschungszentren und Institute haben, während die USA vor allem die Form der Auftragsvergabe an die Industrie im Bereich der staatlichen Forschungsförderung präferieren. Nur zirka 16% der Forschungs- und Entwicklungsausgaben der Industrie werden in der Bundesrepublik Deutschland direkt vom Staat finanziert, während dies in den USA zu zirka 40 % der Fall ist. Diese unterschiedliche Form der Forschungsfinanzierung führt zu erheblichen Wettbewerbsverzerrungen, die sich international stark bemerkbar machen.
Die von der CDU/CSU angesprochene Zusammenarbeit der Großforschungszentren und der Industrie erstreckt sich zum einen auf die sachlichen Forschungsschwerpunkte, zum anderen auf die Aufgabenverteilung zwischen Forschungszentren und Industrie. Leider nimmt die Bundesregierung hierzu nicht ausführlich Stellung. Nach Auffassung der CDU/CSU muß in bezug auf die Großforschungszentren der inneren Struktur eine besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Teamarbeit gewinnt eine immer größere Bedeutung im wissenschaftlichen Bereich. Dies führt zu Konsequenzen für die Zusammenarbeit der Forscher untereinander. Die Strukturen an den staatlichen Forschungszentren müssen so gestaltet werden, daß dem qualifizierten Forscher auch ein Mitspracherecht bei der Durchführung der Forschungsprojekte gewährleistet wird. Keiner von uns kann ein Patentrezept zur Lösung dieser Probleme vorbringen. Doch müssen wir uns bemühen, eine der wissenschaftlichen Tätigkeit adäquate Organisationsform zu finden. Steinbuch bemerkt hierzu treffend:
Wir müssen unsere Position klären und öffentlich artikulieren, wir müssen den hemmenden Machtstrukturen reformerische Machtstrukturen entgegenstellen.
Das in diesem Zusammenhang wichtige Problem der Mobilität der Forscher an den Großforschungszentren wird von der Regierung durch den Hinweis auf anzufertigende Expertisen in die Zukunft verlagert. Gerade unter dem Aspekt der zukünftigen Aufgaben der Forschungszentren, der Kooperation
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zwischen Staat, Wirtschaft und Wissenschaft hätte die Bundesregierung diesem Problemkreis mehr Aufmerksamkeit widmen sollen.
Die CDU/CSU bittet Sie deshalb um Zustimmung zu ihrem Antrag Umdruck 252'). Durch diesen Antrag soll erreicht werden, daß ein längerfristiges Sach- und Finanzprogramm für die vom Bund geförderten naturwissenschaftlich-technischen Zentren von einer Sachverständigenkommission entwickelt wird.
Bei der Antwort der Bundesregierung auf die Frage der CDU/CSU nach der Innovationsförderung fällt auf, daß das Wort „Marktwirtschaft" oder „soziale Marktwirtschaft" überhaupt nicht auftaucht.
Nun ist es aber evident, daß die Innovationen in unserem Wirtschaftswachstum primär eine Aufgabe der Industrie sind. Man müßte sich deshalb Gedanken darüber machen, in welchem Ausmaß eine staatliche Innovationsförderung überhaupt möglich ist, ohne daß erhebliche Wettbewerbsverzerrungen auftauchen. Es fehlt bei der Bundesregierung ein Konzept über ihren Handlungsspielraum in diesem Bereich.
Aus diesem Grund ist es auch nicht verwunderlich, daß die von der Bundesregierung angeführten Maßnahmen nur sehr allgemein und untereinander nicht abgestimmt sind. Wiederum soll ein neues Forschungsinstitut der Fraunhofer-Gesellschaft gegründet werden, um sich einem Spezialproblem zu widmen. Man kann aber nur davor warnen, für spezielle Forschungsziele jeweils ein neues Institut zu gründen.
Bevor man dies in einem Ausnahmefall tun kann, muß man überprüfen, ob nicht die bestehenden Institutionen in der Lage sind, die neuen Forschungsaufgaben zu übernehmen. Man sollte auch die Ausschreibung von Projekt- und Durchführbarkeitsstudien für spezielle Problembereiche ins Auge fassen, um spezielle Forschungsanliegen zu behandeln. Gründet man aber ein Forschungsinstitut mit spezieller Aufgabenstellung, so tritt nach einigen Jahren stets das Problem auf, welche Aufgaben in Zukunft von dem betreffenden Institut übernommen werden sollen. Daneben bindet man dadurch auch langfristige Forschungsmittel, die dann bei gezielten Aktionen im Bereich der Forschung fehlen.
In ihrer detaillierten Untersuchung über die technologische Lücke kam schon vor einigen Jahren die OECD zu der Überzeugung, daß der Rückstand Europas gegenüber den USA auf verschiedenen technologisch wichtigen Märkten nicht zu sehr auf mangelnde Forschungsanstrengungen zurückzuführen ist als vielmehr auf die schlechtere Anwendung der Forschungsergebnisse im Produktionsprozeß. Dabei ist es wichtig, zu wissen, daß es keine eindeutige Beziehung zwischen den Forschungsausgaben eines Landes und der Wachstumsrate seines
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realen Bruttosozialprodukts gibt. Ein Land wie Großbritannien hat relativ hohe Forschungsausgaben, doch unterdurchschnittliche Wachstumsraten des Sozialprodukts aufzuweisen. Aus diesem Grunde verlangt die CDU/CSU, daß unter dem Aspekt des Wirtschaftswachstums dem Innovationsprozeß stärkere Beachtung geschenkt wird.
Wenn wir Überlegungen über mögliche staatliche Innovationsförderung anstellen, sollten wir auch stets die Marktnähe derartiger Maßnahmen im Auge behalten. Rund 70 0/o aller Innovationen, die die OECD untersucht hatte, waren durch die Marktnotwendigkeiten — d. h. von der Nachfrageseite her — initiiert. Es ist deshalb genau zu prüfen, in welchen Bereichen eine staatliche Innovationsförderung angebracht ist und wie ein abgestuftes System direkter und indirekter Förderung marktkonform entwickelt werden kann. Dies bedeutet, daß eine staatliche Förderung in diesem marktnahen Bereich stets unter Berücksichtigung des Wettbewerbs zu erfolgen hat.
Für die CDU/CSU, meine Damen und Herren, ist es eine wesentliche Bedingung, daß bei staatlicher Forschungsförderung nicht nur Großunternehmen, sondern auch mittlere und kleine Unternehmen stärker berücksichtigt werden.
Es hat sich gerade auch in den USA gezeigt, daß die mittleren Unternehmen bedeutende Beiträge zum technischen Fortschritt geleistet haben.
In diesem Zusammenhang ist eine verstärkte Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung in Deutschland durchaus angebracht. Die Arbeitsgemeinschaft Industrieller Forschungsvereinigungen hat auf diesem Sektor schon bemerkenswerte Pionierleistungen vollbracht und sollte bei den zukünftigen Förderungsprogrammen des Bundes stärker beachtet werden.
Vielleicht ist es nützlich, die Förderung der angewandten Forschung wie auch die Innovationsförderung aus dem Ministerium herauszunehmen und einer Institution zu übertragen, die dem Management der Industrie besser entspricht. Nur die Globalsteuerung sollte in diesem Falle bei dem Ministerium verbleiben. Die ganze Problematik der sachlichen und organisatorischen Gestaltung wird leider in der Antwort der Regierung nicht behandelt.
Lassen Sie mich noch einige grundsätzliche Probleme der europäischen Technologiepolitik ansprechen, auf die meine Kollegin Frau Dr. Walz im besonderen zurückkommen wird. Die CDU/CSU wollte durch ihre Frage nach dem Problem der Koordination von Forschung und Entwicklung innerhalb der EWG-Staaten der Bundesregierung die Gelegenheit geben, ihr Konzept auf diesem Gebiet darzulegen. Leider nimmt die Bundesregierung zur detaillierten Frage der CDU/CSU nur in sehr kurzer Form und konzeptionslos Stellung. Das Problem der wirkungs-
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vollen Koordination der nationalen Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen, das doch z. B. vor allem im Bereich der Kernforschung, der Kerntechnik und der Weltraumforschung von erheblicher Bedeutung ist, wird nicht ausführlich behandelt. Gerade in den angeführten Bereichen entstehen für die einzelnen Staaten Kosten, die nur im europäischen Rahmen verringert werden können.
Trotz aller Schwierigkeiten in der europäischen Forschungspolitik müßte die Bundesregierung zumindest ein eigenes Konzept für die europäische Kooperation entwickeln und in Verhandlungen versuchen, dieses Konzept zu realisieren. Das so schwierige Problem „EURATOM" erwähnt die Bundesregierung in ihren Ausführungen überhaupt nicht. Gewiß sind die unterschiedlichen Industriestrukturen der EWG-Staaten eine Ursache für die Schwierigkeiten im Bereich der europäischen Technologiepolitik. Die EWG-Kommission hat zum Problem der Industriepolitik in der Gemeinschaft ausführliche Studien vorgelegt, zuletzt in einem Memorandum der Kommission an den Rat. In diesem Memorandum werden eine Vielzahl konkreter Vorschläge für die Industriepolitik der Gemeinschaft entwickelt. Die Bundesregierung läßt die Vorschläge der Kommission völlig außer Betracht.
Die unklaren und unvollständigen Ausführungen der Bundesregierung zu den Fragen der CDU/CSU zur europäischen Technologiepolitik sind symptomatisch für die Vernachlässigung der Westpolitik durch die derzeitige Bundesregierung. Gerade in Anbetracht der zukünftigen Gestaltung Europas und der Erweiterung der Gemeinschaft durch neue Mitgliedsländer gewinnt die Technologiepolitik der europäischen Staaten eine erhebliche Bedeutung. Hier müssen von der Bundesregierung neue Akzente gesetz werden. Die in letzter Zeit zu beobachtenden Kooperationsbestrebungen europäischer Firmen sind wenigstens ein erfreuliches Zeichen auf diesem Gebiet der europäischen Zusammenarbeit.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich komme zum Schluß meiner Ausführungen. Der hohe Rang von Forschung und Technik ist, wie ich meine, in diesem Hause unumstritten. Für uns, die CDU/ CSU, bedeutet dies Kontinuität der Anstrengungen von Staat, Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft im Bereich von Forschung und Technik, um gegenwärtigen Herausforderungen zu begegnen und zukünftige aufzuspüren.
Die augenblickliche Akzeptverschiebung der Forschungsschwerpunkte in der gesamten westlichen Welt versteht sich unserer Meinung nach als ein Appell an die Bundesregierung, uns aus ihrem Gewirr von Ansprüchen und Zielfragmenten eine abgestimmte Serie von Präferenzen vorzulegen, für welche die Ressourcen ermittelt und verfügbar gemacht werden. Die von der CDU/CSU heute im Deutschen Bundestag eingebrachten Anträge sind unserer Überzeugung nach für die Bundesregierung eine nützliche Hilfe zur organisatorischen Umsetzung der an dieser Stelle getroffenen inhaltlichen Aussagen. Sie sollen dazu beitragen, dem Bereich vor Forschung und Technik den politischen Schub zu verleihen, um über den. nationalen Rahmen hinaus zur Initiierung von multinationalen Aktionsprogrammen ein Ansporn zu sein.
Meine Fraktion ist der Auffassung, daß sich dieses Gebiet, das höchste Anforderungen an den Sachverstand stellt, für eine engere Kooperation zwischen den Fraktionen anbietet und keinen Raum für etwaige dogmatische Denkansätze läßt.