Rede von
Dr.
Ernst
Schellenberg
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Ruf, ich habe mir die Unterlagen, die ich hier habe, im Hinblick auf Ihre Ausführungen mitgenommen,
weil Sie von der zukünftigen finanziellen Entwicklung und den versicherungstechnischen Bilanzen gesprochen haben. Sie kennen sie ebensowenig wie ich, darf ich annehmen.
— Nein, dort sind nur Prozentsätze genannt. Wir haben bisher keine versicherungstechnische Bilanz gesehen. Aber, wir kennen frühere versicherungstechnische Bilanzen. Diese habe ich mir mit heraufgenommen, um Ihnen ganz wenige Sätze zu zitieren.
In der versicherungstechnischen Bilanz von 1927 beispielsweise heißt es:
Das Ergebnis der Bilanz zeigt, daß die Beiträge
um 11 bis 12 % höher sein müßten, damit die
Einnahmen und Ausgaben einander gleich sind.
Die versicherungstechnische Bilanz aus dem Jahre 1954, veröffentlicht im Bundesarbeitsblatt, weist einen versicherungstechnischen Fehlbetrag von 15,441 Milliarden DM aus. Ich gebe Ihnen konkrete Zahlen.
Bei der Beratung der Rentenversicherungs-Neuregelungsgesetze erhielten wir — Herr Kollege Ruf,
Deutscher Bundestag — 4. Wahlperiode — 8. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 13. Dezember 1961 163
Dr. Schellenberg
Sie haben das besonders unterstützt — auch. ein Gutachten über die finanzielle Auswirkung der vorliegenden Gesetzentwürfe zur Rentenreform von Herrn ADr. Heubeck.
— Ich erinnere mich noch genau an die gesamten Beratungen im Ausschuß, bei denen mit diesem versicherungsmathematischen Gutachten operiert wurde. Für 1961 war darin eine Beitragserhöhung um 10% auf 15,4 % des Lohnes und Gehalts vorausberechnet worden. Die tatsächliche Entwicklung seitdem war aber, daß sich das Vermögen bei gleichgebliebenen Beitragssätzen von 9 auf 18 Milliarden (DM gesteigert hat. — Die Mathematiker haben sicher korrekt gerechnet. Sie sind von einer Statik ausgegangen und haben nicht die dynamische Entwicklung unserer Volkswirtschaft berücksichtigt.
Das Ziel der Rentenreform aber war es, sicherzustellen, daß unsere Alten und Arbeitsunfähigen an dieser dynamischen Entwicklung unserer Volkswirtschaft teilhaben.
Meine Damen und Herren, Sie bleiben mit dem jetzt zur Verabschiedung stehenden Gesetzentwurf hinter der Entwicklung unserer Volkswirtschaft — Zunahme des Sozialprodukts: 11,6 %, Rentenanpassung: 5 %! — zurück. Weil wir das nicht wollen, haben wir den Antrag zu § 7 a und § 7 b gestellt. Das betrifft eine grundsätzliche Frage unserer Rentenreform. Deshalb beantrage ich namens meiner Fraktion namentliche Abstimmung über unseren Antrag.