Rede von
Harri
Bading
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir einige Worte nicht vom rechtlichen, sondern vom agrarpolitischen Standpunkt aus. Bei der Begründung dieses Antrags hat Herr Kollege Bauknecht gesagt, er solle dem bäuerlichen Familienbetrieb dienen. Herr Kollege Siemer hat nun wieder gesagt: Nein, wir brauchen hier Beispielwirtschaften, und deswegen können wir die Begrenzung auf 100 000 kg nicht gebrauchen. Er hat dieses schöne Beispiel von dem Brabanter Bauern angeführt, der mit einer ungeheuer starken Fleischleistung auf den Markt kommt.
Ich glaube, wir dürfen die Sache nicht nur vom nord- oder nordwestdeutschen Standpunkt aus betrachten. Ich fühle mich gezwungen, hier auch auf die Verhältnisse in Hessen und in Süddeutschland hinzuweisen, wo angesichts der relativ geringen Größe der Betriebe eine solche Fleischproduktion pro Betrieb völlig unmöglich ist. Wenn wir diesen Betrieben helfen wollen — und das wollen wir ja, denn die Mehrzahl unserer landwirtschaftlichen Betriebe befindet sich in diesen Gegenden —, müssen wir ganz andere Maßnahmen ergreifen. Da genügt eben nicht einfach die Begrenzung auf 100 000 kg geschlachtetes Geflügel.
Ich habe mir sagen lassen, daß bei dieser Begrenzung lediglich ein halbes Dutzend Betriebe in Deutschland keine Berücksichtigung finden würde.
— Selbstverständlich, nur für die Spitze nicht. Es soll also lediglich sechs Betriebe in Deutschland geben, die mehr als 100 000 kg Geflügelfleisch erzeugen. Meine Damen und Herren, das aber kann nicht der Sinn dieses Gesetzes sein, jedenfalls nicht, wenn wir es begründen wollen mit einer Förderung der bäuerlichen Familienbetriebe. Das ist eine Ausnahmegesetzgebung gegen einzelne Große. Wenn Sie die Grenze niedriger gesetzt hätten und tatsächlich die anlaufende Geflügelmast in den bäuerlichen Betrieben bevorzugen wollen — ich wäre durchaus geneigt, sie ganz bewußt zu bevorzugen —, dann könnte man sich mit einer solchen Regelung agrarpolitisch einverstanden erklären. Auf die rechtliche Seite will ich hier nicht eingehen; dazu zu sprechen, bin ich nicht befugt. Wenn Sie aber die Grenze so hoch setzen, dann nützt das dem Aufbau der Mastgeflügelhaltung in den kleinbäuerlichen Gebieten überhaupt nichts.
Deswegen muß ich raten, diesen Antrag abzulehnen. Er ist tatsächlich wieder, wie so oft solche Anträge, lediglich dazu bestimmt, bei den Bauern die Meinung hervorzurufen, daß etwas für sie getan wird, während in Wirklichkeit durch diesen Antrag gar nichts für sie getan wird.