Rede von
Dr.
Ewald
Bucher
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der FDP stimmt den beiden Anträgen nicht zu. Wir sind zum ersten auch der Ansicht, der Bundestag sollte sich in einen Streit zwischen der Bundesregierung und Landesregierungen in dieser Materie nicht einmischen.
Zum anderen veranlaßt uns folgendes zu dieser Haltung. Der Herr Abgeordnete Arndt hat heute
Dr. Bucher
in sehr ernsten Ausführungen beklagt, daß wir immer mehr gemeinsame Institutionen verlieren. Dafür haben wir heute ein sehr gutes Beispiel erlebt. Der Herr Kollege Metzger hat geäußert, er habe Zweifel daran, ob bei dem Herrn Innenminister als Verfassungsminister die Verfassung in guten Händen sei. Seine Fraktion hat ihm durch Beifall zugestimmt. Ich stehe nicht an, zu erklären, daß wir diese Zweifel teilen, besonders nach dem heutigen Auftreten des Herrn Bundesinnenministers,
das zwar eines guten Wahlredners, aber nicht eines Verfassungsministers würdig war.
Darauf sagt der Herr Abgeordnete Barzel, daß die Opposition dem Bundesinnenminister mißtrauisch gegenüberstehe, sei vollkommen belanglos. Da zeigt sich doch, welch merkwürdige Vorstellungen über Verfassungen hier bestehen. Ich will nicht die Zwischenrufe wiedergeben, die ich das Vergnügen habe immer wieder zu hören, da ich ja neben der Creme der CSU sitze,
die Gott sei Dank das Ohr des Stenographen meistens nicht erreichen.
— Nein, ich halte es noch aus. Aber diese Zwischenrufe — ich könnte eine ganze Blütenlese davon wiedergeben — zeigen, welch merkwürdige Auffassung von der Stellung der Regierungspartei und der Opposition man hat. Heute hat ein Sprecher der SPD einen Satz angefangen: „Unser oberstes Ziel ist es", da wurde gerufen: „die Regierung zu stürzen!" Als ob das nicht ein legitimes Ziel wäre.
— Ja, stürzen ist etwas grausam ausgedrückt; aber es ist ja nicht so wörtlich gemeint. — Einen solchen Zwischenruf könnte ich mir im Obersten Sowjet oder in Portugal vorstellen, aber doch nicht bei uns.
Nun meine ich, eine der unumstritten gemeinsamen Institutionen, die wir noch haben, ist der Präsident dieses Hauses, der sich z. B. in seiner Antrittsrede in Berlin bemüht hat, die sechs Gemeinsamkeiten herauszustellen, und der sich auch sonst als Person und als Institution bemüht, eine gemeinsame Linie zu erhalten. Ihm sollten wir es nicht zumuten, in dieser doch höchst umstrittenen Sache vor dem Bundesverfassungsgericht zwar formell den Bundestag, praktisch aber eben nur einen Teil, wenn auch den größeren Teil des Hauses, zu vertreten.