Rede:
ID0217900800

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Metadaten
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    2. Deutscher Bundestag — 179. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. Dezember 1956 9911 179. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 12. Dezember 1956. Mitteilung betr. Übertritt des Abg. Platner aus der Fraktion der CDU/CSU zur Fraktion der DP 9911 C Redaktionelle Berichtigung zum Gesetz über die Dauer des Grundwehrdienstes und über die Gesamtdauer der Wehrübungen 9911 C Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfragen 268, 288, 296, 301, 304 (Drucksachen 2571, 2989; 2815, 2990; 2859, 2991; 2873, 2992; 2917, 3002) 9911 D Wahl eines Mitgliedes und eines stellvertretenden Mitgliedes für den Vermittlungsausschuß 9912 A Wahl eines Stellvertreters der Bundesrepublik Deutschland zur Beratenden Versammlung des Europarates 9912 A Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Gewährung eines Vorschusses auf Rentenleistungen nach der Neuordnung der gesetzlichen Rentenversicherungen (Rentenvorschußgesetz) (Drucksache 2960) 9912 B Überweisung an den Ausschuß für Sozialpolitik 9912 B Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FVP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Gewährung einer Vorschußzahlung in den gesetzlichen Rentenversicherungen (Rentenvorschußzahlungsgesetz — RVZG —) (Drucksache 2993) 9912 B Überweisung an den Ausschuß für Sozialpolitik 9912 B Fortsetzung der Ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1957 (Haushaltsgesetz 1957) (Drucksache 2900) 9912 C Schoettle (SPD) 9912 C Dr. Vogel (CDU/CSU) 9919 B Lenz (Trossingen) (FDP) 9926 D Niederalt (CDU/CSU) 9928 C Dr. Blank (Oberhausen) (FVP) . . 9932 D Dr. Schild (Düsseldorf) (DP) 9935 D Dr. Keller (GB/BHE) 9940 D Überweisung an den Haushaltsausschuß 9944 C Nächste Sitzung 9944 C Berichtigung zum Stenographischen Bericht der 175. Sitzung 9944 C Anlage: Liste der beurlaubten Abgeordneten 9944 B Die Sitzung wird um 14.00 Uhr durch den Präsidenten D. Dr. Gerstenmaier eröffnet.
  • folderAnlagen
    Berichtigung. zum Stenographischen Bericht der 175. Sitzung Auf Seite 9695 D Zeilen 2 und 3 von unten ist zu lesen: Würden Sie nicht zu Ihrer Sparkasse oder zu Ihrer Bank gehen, wenn Sie die Wahl zwischen einem Sparguthaben und einem Pfandbrief haben, . .. . Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Frau Ackermann 15. 12. Altmaier 19. 12. Dr. Atzenroth 12. 12. Dr. Baade 12. 12. Barlage 14. 12. Berendsen 12. 12. Fürst von Bismarck 13. 12. Frau Dr. Bleyler 15. 12. Blöcker 13. 12. Brandt (Berlin) 13. 12. Brauksiepe 13. 12. Brockmann (Rinkerode) 12. 12. Cillien 15. 12. Dr. Dehler 15. 12. Frau Dietz 13. 12. Dr. Dittrich 22. 12. Dr. Dresbach 30. 12. Engelbrecht-Greve 13. 12. Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Euler 12. 12. Feldmann 14. 12. Dr. Franz 12. 12. Franzen 13. 12. Frehsee 12. 12. Freidhof 12. 12. Frühwald 15. 12. Dr. Furler 12. 12. Frau Geisendörfer 15. 12. Gerns 12. 12. Gockeln 14. 12. Dr. von Golitschek 12. 12. Grantze 22. 12. Haasler 15. 12. Hansen (Köln) 13. 12. Heix 12. 12. Hellenbrock 12. 12. Herold 13. 12. Heye 13. 12. Höfler 14. 12. Hörauf 15. 12. Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Jahn (Frankfurt) 14. 12. Jahn (Stuttgart) 14. 12. Dr. Jentzsch 12. 12. Frau Kipp-Kaule 12. 12. Dr. Köhler 15. 12. Könen (Düsseldorf) 12. 12. Dr. Königswarter 14. 12. Kühlthau 12. 12. Kuntscher 15. 12. Lahr 12. 12. Lenz (Brühl) 14. 12. Lermer 12. 12. Maier (Mannheim) 12. 12. Majonica 15. 12. Massoth 13. 12. Dr. Mende 12. 12. Metzger 12. 12. Frau Meyer-Laule 15. 12. Meyer (Wanne-Eickel) 12. 12. Mißmahl 15. 12. Morgenthaler 31. 12. Mühlenberg 13. 12. Dr. Dr. h. c. Müller (Bonn) 14. 12. Müser 14. 12. Neuburger 13. 12. Odenthal 31. 12. Ollenhauer 15. 12. Paul 13. 12. Dr. Pferdmenges 14. 12. Dr. Pohle (Düsseldorf) 12. 12. Pöhler 13. 12. Frau Praetorius 14. 12. Dr. Preiß 12. 12. Putzig 12. 12. Raestrup 22. 12. Scheel 22. 12. Schmücker 12. 12. Frau Schröder 15. 12. Stauch 13. 12. Stümer 13. 12. Teriete 12. 12. Wehr 14. 12. Dr. Welskop 12. 12. Frau Wolff (Berlin) 12. 12.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Alois Niederalt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin leider nicht in der Lage, mit einem so netten Dichterwort zu beginnen wie mein geschätzter Vorredner.

    (Zuruf des Abg. Dr. Gülich.)

    — Ganz nüchtern, Herr Kollege Gülich, muß ich wieder in die Haushaltsprobleme zurückführen. Wenn ich mich an die erste Stellungnahme zum Bundeshaushalt zurückerinnere, die ich hier für meine Freunde im Jahre 1954 abgeben durfte, so muß ich heute eigentlich etwas beschämt darüber lächeln, daß ich damals mit ehrlicher Entrüstung herausgestellt habe, dieser Etat habe einen außergewöhnlichen Umfang. Das war im Jahre 1954. Nunmehr, durch einige parlamentarische Jahre, Jahre der Haushaltsarbeit, reifer und erfahrener gemacht, wundert mich beinahe nichts mehr. Ich habe damals gesagt, dieses sogenannte Gesetz der ständig wachsenden Staatsausgaben dürfe doch nicht als Naturgesetz angesehen werden. Meine Damen und Herren, es ist kein Naturgesetz!

    (Abg. Dr. Dresbach: Nein, es kommt von Adolph Wagner!)

    Wir müssen uns ganz klar darüber sein: es ist ein ungeschriebenes Gesetz, das wir uns durch unsere moderne Gesellschaftsauffassung und durch die Mittel der Massendemokratie entweder selbst aufzwingen oder aufzwingen lassen.
    Der Haushalt 1954, der erste in dieser Legislaturperiode, betrug rund 27 Milliarden DM. Ich möchte ausdrücklich betonen: dabei waren auch schon im Jahre 1954 die 9 Milliarden DM Verteidigungslasten genau in der gleichen Höhe wie heute im Haushalt. Dieser Haushalt von 1954 war ein Kind im Verhältnis zu dem Haushalt des Jahres 1957 mit seinen 34,4 Milliarden DM, ein Kind, damals auch schon kräftig, und man sah ihm an, daß es entwicklungsfähig war.
    Der heutige Haushalt ist ein großer Junge geworden, nach meinen Begriffen viel zu groß, viel zu aufgeschossen.

    (Abg. Dr. Hellwig: Ein Vielfraß!)



    (Niederalt)

    Dabei zeigt dieser Junge immer noch keine Anzeichen dafür, daß er etwa mit seinem Wachsen aufhören wollte. Ungewöhnlich und jedenfalls für mich nicht sehr befriedigend ist die Tatsache, daß dieser Junge außer seiner natürlichen Ernährung durch die normalen Einnahmen des Haushalts noch zusätzliche Nahrung durch die Rückgriffe auf die „frühere Vorsorge", wie der Herr Bundesfinanzminister sich ausdrückt, in Höhe von 2,2 Milliarden DM erhält. In diesem Jahr soll diese zusätzliche Nahrung letztmalig gewährt werden. Ich hoffe und wünsche, daß der Herr Bundesfinanzminister hiermit recht behält.
    Aber dann taucht sofort die Frage auf: was wird dann, wenn Appetit und Organismus unseres Jungen sich an den Umfang der normalen Nahrung plus der zusätzlichen Nahrung gewöhnt haben? Man wird heute noch mit gutem Gewissen sagen können, daß durch das Wachsen des Sozialprodukts und andere Umstände der Zustand nicht gefährlich ist; aber immerhin müssen wir auch heute schon aus dieser Situation eines zur Beherzigung herausstellen: Wir müssen uns merken, daß ein Haltesignal niedergegangen ist, das rotes Licht für weitere Ausgabegesetze zeigt. Dieses rote Licht wird für uns, die wir einer Regierungspartei angehören, genauso gelten wie für die Damen und Herren der Opposition.
    Es nützt nichts, von schönen Plänen aus Düsseldorf zu hören, wenn wir nicht gleichzeitig mit diesen schönen Plänen auch hören, ob und welche Steuern erhöht werden sollen, damit die Einnahmen für die Durchführung dieser Pläne vorhanden sind. Denn auch Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, wissen, daß der Verteidigungshaushalt nicht kleiner wird. Sie rechnen auch mit dem Verteidigungshaushalt, und wenn Sie auf dem Standpunkt stehen, eine Freiwilligenarmee genüge, dann wissen Sie, daß diese Freiwilligenarmee mindestens auch 9 Milliarden DM kostet. Also bleibt, wenn wir all die schönen Pläne durchführen wollen, Herr Kollege Schoettle, gar nichts anderes übrig, als daß wir uns dann auch über die Methode schlüssig werden, wie die Mittel für diese schönen Pläne aufzubringen sind. Da bleibt nur das eine: die Einnahmen zu erhöhen.
    Es ist müßig, darüber zu rechten, wer die Schuld an dem jährlichen Anwachsen unseres Etats hat. Selbstverständlich: unmittelbar haben wir sie, das Parlament, das jährlich die Ausgabegesetze beschließt. Mittelbar aber — das möchte ich ganz deutlich hervorheben — trägt die Schuld jeder Staatsbürger, der entweder selber oder durch seine Verbände und Organisationen bei jeder Gelegenheit den Schrei nach dem Staat ausstößt. Die Höhe des Etats ist nun einmal der sichtbare Ausdruck des Verhältnisses zwischen dem Staat und der freien Gesellschaft. Wer mit dem hohen Etat nicht zufrieden ist, der muß daraus die Konsequenz ziehen, und zwar nicht nur in schönen Betrachtungen bei der Haushaltsdebatte, sondern durch die Tat, durch die Arbeit im Laufe des parlamentarischen Jahres, indem er dort, wo ausgabeträchtige Gesetze beschlossen werden, seine Stimme erhebt.
    Trotzdem scheinen mir aber zwei psychologische Momente das jährliche Anwachsen des Etats doch wesentlich mit zu fördern, so daß wir eigentlich gar nicht merken, woher und wieso der Etat wiederum so stark angewachsen ist. Das eine Moment ist die Möglichkeit der Flucht in die große Zahl, die Möglichkeit der Flucht in die Anonymität eines 30- oder 35-Milliarden-Haushalts. Jeder von uns, der auf irgendeinem Sektor besonders tätig ist und irgendeine Ausgabe unterbringen will, sagt sich — das ist psychologisch verständlich —: Auf diese 20, auf diese 30, auf diese 50 Millionen kommt es nicht mehr an, es muß doch ein leichtes sein, bei einem 35-Milliarden-Haushalt auch noch diese 50 Millionen unterzubringen; ich weiß zwar nicht, weil ich den Haushaltsplan ja nicht so genau kenne, wie ich die Deckung herbringen soll, aber der Bundesfinanzminister wird das schon schaffen, wenn er nur meinem Petitum wohlwollend gegenübersteht. — Das ist das erste Moment, die Flucht in die Anonymität des großen Haushalts.
    Das zweite psychologische Moment scheint mir die Tatsache zu sein, daß wir mit unseren Gesetzen, soweit sie Ausgabeverpflichtungen enthalten, immer häufiger auch den Haushalt der künftigen Jahre verpflichten und daß wir damit den Haushalt weitgehend binden. Etwas zugespitzt, meine Damen und Herren, möchte ich das so ausdrücken, daß wir den Haushalt des Jahres 1957, über den wir gegenwärtig beraten, zu seinem weitaus größten Teil eigentlich schon verabschiedet haben. Wir haben diesen Plan schon verabschiedet in den Spezialgesetzen. der Jahre 1954, 1955, 1956, die die Ausgaben enthalten haben. Im Augenblick haben wir zu dem allergrößten Teil des Haushalts praktisch nichts anderes zu tun, als eventuell noch kleine Veränderungen an den Jahresraten durchzuführen.

    (Abg. Dr. Dresbach: Sehr richtig!)

    Wir sind eben mit dieser Gesetzgebung, die den Haushalt der künftigen Jahre bindet, praktisch schon in einen mehrjährigen Wirtschaftsplan eingetreten.

    (Vizepräsident Dr, Jaeger übernimmt den Vorsitz.)

    Aus diesen Erkenntnissen sollten wir auch gewisse Schlußfolgerungen ziehen. Ich möchte Ihnen jetzt einen Vorschlag unterbreiten, der mir beim Durchdenken dieser Probleme während der Vorbereitung auf diese Etatberatung gekommen ist. Er wird sicher noch nicht vollkommen sein; ich hatte noch keine Gelegenheit, mich mit Experten darüber zu unterhalten.
    Nach meiner Auffassung müßte der Haushaltsplan in drei große Gruppen von Ausgaben gegliedert werden, oder mindestens müßte diese Gliederung dem Haushaltsplan in einem Anhang hinzugefügt werden.
    Die erste Gruppe umfaßt alle Ausgaben für den Verwaltungsaufwand. Das sind also die Ausgaben für das Personal des Bundes und die Sachausgaben der Verwaltung. Der Haushalt 1957 beispielsweise erfordert allein für diese erste Gruppe rund 2,9 Milliarden DM. Auf diesem Gebiet der allgemeinen Verwaltungsausgaben hat die Haushaltsberatung und Haushaltsgenehmigung noch die echte historische Bedeutung.

    (Abg. Schröter [Wilmersdorf] : Historische nur!)

    Hier hat das Parlament noch, wie einst die Volks vertreter den Monarchen oder den absoluten Fürsten gegenüber, die Tendenz, die Ansätze zu streichen, soweit es eben die Durchführung der Aufgaben gerade noch zuläßt. Das ist noch der ursprüngliche Budgetgedanke, der aber bei allen an


    (Niederalt)

    deren Ausgaben — auch das muß einmal klar festgestellt werden — eigentlich gar nicht mehr gilt. Denn der ursprüngliche Budgetgedanke ist bei den anderen Ausgaben gerade nicht mehr vorhanden. Während früher die Volksvertretung mit der Tendenz zu streichen dem absoluten Fürsten oder dem Monarchen gegenüberstand, ist es heute so, daß das Parlament auf Grund berechtigter oder weniger berechtigter Wünsche die Ausweitung des Haushalts zu erreichen sucht und daß der einzige, der die Ausweitung abwehrt, der Finanzminister ist.
    Die zweite Gruppe umfaßt feste Ausgaben, die auf Gesetze zurückzuführen sind, aus denen sich die finanziellen Leistungen für mehrere Jahre ergeben, Ausgaben, bei denen also eigentlich nur eine bestimmte oder zu bestimmende Jahresrate zu beraten und zu genehmigen ist. Hierher möchte ich beispielsweise die Verteidigungslasten rechnen, die sozialen Leistungen, das Bundesentschädigungsgesetz, Israelvertrag, Heimkehrergesetz usw. Ich führe alle diese Beispiele nur an, um deutlich zu machen, was mir vorschwebt. Es handelt sich also um Beträge, bei denen, wie ich schon bemerkt habe, die Haushaltsberatung eigentlich nur noch formaler Natur ist, weil die gesetzliche Verankerung für die Ausgaben in den Spezialgesetzen schon längst erfolgt ist.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Die dritte Gruppe von Ausgaben würden jene veränderlichen und neuen Ausgaben sein, die von der Regierung oder vom Parlament für notwendig gehalten werden.
    Was möchte ich nun mit diesem Vorschlag, in dem Bundeshaushalt entweder selbst oder mindestens in einem Anhang diese Gruppengliederung klar herauszustellen, erreichen? Einmal möchte ich für jeden Abgeordneten, aber auch für jeden Staatsbürger klar ersichtlich machen, wie groß oder, besser gesagt, wie gering eigentlich die jährliche Dispositionssumme im Haushalt ist, die überhaupt manövrierfähig ist. Die gewünschte Gruppierung, von der ich eben sprach, ist natürlich implizite schon jetzt im Bundeshaushalt enthalten. Aber sie ist in allen möglichen Ausgaben versteckt. Und der Bundeshaushalt ist ein dickes, dickes Buch mit mehr als sieben Siegeln geworden. Der Zweck ist also, das für jeden Staatsbürger deutlich erkennbar herauszustellen.

    (Abg. Schröter [Wilmersdorf]: Also sozusagen ein pädagogischer Zweck!)

    — Dann, Herr Kollege, ist keine Möglichkeit der Flucht in die Anonymität der großen Zahl mehr gegeben. Denn dann wird sich klar und deutlich herausstellen, daß diese große Zahl nicht existiert. Wenn Sie den heute vorliegenden Haushalt 1957 mit dieser Gruppierung zugrunde legen, ergibt sich nach meiner überschlägigen Schätzung, daß die eigentliche freie Dispositionssumme, die also der Regierung und dem Parlament für Ausgaben zur Verfügung steht, die nicht auf Gesetzen beruhen, gesetzlich nicht begründet sind, kaum eine Milliarde DM beträgt.
    Zweitens möchte ich mit diesem Vorschlag erreichen, daß durch die deutlich sichtbare, geringe Dispositionssumme, die ich soeben nannte, wieder eine lebendigere Beziehung zwischen den Einnahmen und den Ausgaben hergestellt wird. Wenn nämlich jeder Abgeordnete und wenn jeder Staatsbürger weiß, daß die Dispositionssumme nur so gering ist, dann weiß er auch: jeder neue Ausgabewunsch muß entweder zu einer Streichung anderer Ausgabenansätze auf der einen Seite oder aber zu einer Erhöhung der Einnahmen, also zu einer Steuererhöhung, auf der andern Seite führen. Ich bin fest überzeugt davon, daß manches Gesetz nicht oder wenigstens nicht in der Form erlassen worden wäre, wenn wir für die Durchführung des Gesetzes etwa gezwungen gewesen wären, Steuern zu erhöhen. Mit anderen Worten: Ich will den selbstverständlichen Gedanken, daß die Ausgabe vorher eben die Einnahme erfordert, etwas deutlicher heraustreten lassen. Außerdem könnte durch diese neue Gruppierung des Haushalts vielleicht auch noch ein nicht minder wichtiger Nebenzweck erreicht werden, daß nämlich der Staatsbürger wieder etwas mehr Interesse an unserem Haushalt gewinnt.
    Ich möchte den Vorschlag zur Diskussion stellen. Ich bin gern bereit, Anregungen entgegenzunehmen. Ich glaube, wir kämen wenigstens einen kleinen Schritt weiter. Es hat ja keinen Sinn, uns hier alljährlich Gedanken darüber zu machen und mit Worten gegen das jährliche Anwachsen des Etats zu protestieren, wenn wir nicht ernste Schritte unternehmen, dagegen etwas zu tun.
    Meine Damen und Herren, ich habe bei den alljährlichen Haushaltsberatungen die Verpflichtung in mir gefühlt, auch auf das Anwachsen der Zahl der Bundesbediensteten in unserer Verwaltung einzugehen. Wenn ich mich an die früher hier geführten Debatten über den Haushalt zurückerinnere, so darf ich feststellen, daß gerade auf diesem Gebiet im ganzen Hause immer Einmütigkeit geherscht hat. Leider bleibt es aber auch in diesem Punkte meist bei schönen Reden, Wenn ich die Dinge recht sehe, so sind für das ständige Anwachsen der Anzahl der Bundesbediensteten in der Hauptsache zwei Gründe maßgebend: erstens die komplizierten und nach meiner Auffassung viel zu vielen Gesetze und zweitens der Drang nach Perfektionismus auf seiten der Exekutive. Sprecher aller Parteien haben hier schon zum Ausdruck gebracht, daß es höchste Zeit sei, unsere Gesetzesmaschine auf etwas ruhigeren Touren laufen zu lassen. Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach, und wir machen weiter munter Gesetze. Wir reglementieren alles, wessen wir nur habhaft werden. Es gäbe bei der Aufzählung dieser Reglementierung viele, viele Beispiele. Ich möchte nur einige aus der neuesten Zeit anführen. Ich will dabei nicht das Ladenschlußgesetz erwähnen. Nach meiner Auffassung wäre das durch eine Verordnung des zuständigen Regierungspräsidenten besser geregelt worden.

    (Beifall bei der CSU.)

    Aber ich muß als Beispiel das Kriegsfolgenschlußgesetz mit seiner komplizierten Fassung nennen. Jetzt schon werden allein 600 neue Bundesbedienstete für das Kriegsfolgenschlußgesetz für notwendig erachtet, und ich bin der festen Überzeugung, daß die 600 Bediensteten nicht reichen.
    Ich muß in diesem Zusammenhang auch den Ruf nach der Verkehrssünderkartei erwähnen, der quer durch alle Fraktionen von Kollegen laut wurde. Das ist wiederum eine Sache, die mindestens 100 Bedienstete, nach der Meinung mancher noch viel, viel mehr Bedienstete erfordern würde.


    (Niederalt)

    Als Beispiel aus allerjüngster Zeit muß ich hier den Antrag der FDP auf Drucksache 2709 erwähnen, der ein Gesetz fordert, in dem jedem Staatsbürger ein Rechtsanspruch auf Schadensersatz in einem Katastrophenfall gegeben wird. Der Staat soll anscheinend auch noch Herr über Wind und Wetter werden.
    Wir wissen zwar, daß schon der alte Tacitus gesagt hat: je verdorbener der Staat, desto mehr Gesetze. Aber wenn irgendeine parlamentarische Gruppe oder irgendein Ministerium — auch das muß gesagt werden — irgendwann auf einen Sachverhalt stößt, der noch nicht gesetzlich geregelt ist, haben wir schon einige Wochen darauf einen Gesetzentwurf.
    Um ein anderes Beispiel zu bringen: die Länderfinanzverwaltungen bemühen sich zur Zeit im Benehmen mit dem Bundesfinanzministerium, zur Vereinfachung der Steuerverwaltung das sogenannte Lochkartensystem einzuführen, mit dem man außerordentlich viele Kräfte einsparen würde. Es hat sich gezeigt, daß das Lochkartensystem nur im Erhebungsverfahren, nicht dagegen im Veranlagungsverfahren angewandt werden kann. Warum? Weil unsere Steuergesetzgebung viel zu kompliziert ist. Ein Drittel bis zur Hälfte der mit Steuererhebung und -veranlagung beschäftigten Beamten könnte nach Ansicht von Sachverständigen eingespart werden. Leider haben wir nicht die Kraft, endlich an diese Steuervereinfachung zu gehen; im Gegenteil, wir komplizieren immer mehr.
    Meine Damen und Herren, warum sage ich das? Weil ich mit der ewigen Kritik an der sogenannten Aufblähung der Verwaltung aufräumen möchte. Sie ist nicht zu rechtfertigen, solange wir nicht selber bei der Gesetzgebung die Kraft aufbringen, mit der Vereinfachung anzufangen; an uns liegt es in erster Linie.

    (Beifall in der Mitte.)

    Es hat keinen Sinn, meine Damen und Herren, aus Anlaß der Einbringung des Haushalts schöne Reden zu halten.

    (Zuruf von der SPD.)

    Diese Reden sind reine Festtagsbetrachtungen.

    (Erneuter Zuruf links.)

    — Damit sind alle Parteien angesprochen, Herr Kollege. Das geht quer durch alle Fraktionen; das wissen Sie so gut wie ich. Wichtig ist nur die Tat. Wir müssen unser Wollen unter Beweis stellen im grauen Parlamentsalltag.
    Als zweite Ursache der ständigen Zunahme der Zahl der Bundesbediensteten habe ich den Drang nach Perfektionismus genannt. Ich muß dem vielleicht noch das Wort „Ressortegoismus" hinzufügen; manchmal ist es sogar Abteilungsegoismus. Wir machen unsere Erfahrungen im Haushaltsausschuß des Bundestags. Wieviel unnütze Arbeitskraft wird vergeudet durch Überlagerung, um nicht zu sagen: manchmal durch den Widerstreit verschiedener Auffassungen in den einzelnen Ressorts, vor allem, soweit es sich um Ressorts handelt, die mit wirtschaftlichen Dingen zu tun haben! Wieviel unnütze Kraft wird durch die übertriebene Mitzeichnung innerhalb der Ministerien und bei dem Zusammenwirken der einzelnen Ministerien aufgewendet! Beharrungsvermögen und Zuständigkeitseifersucht spielen hier eine Rolle, streuen Sand in diese komplizierte Maschine, und das kostet neue Beamte und neues Geld.
    Ähnlich ist es im Verhältnis zwischen Bund und Ländern. Auch hierzu ein praktisches Beispiel. Im Haushaltsausschuß habe ich bei den Beratungen im vergangenen Jahr dagegen protestiert, daß im Haushaltsplanentwurf plötzlich die Stellen der Bundesforstbeamten wesentlich vermehrt wurden. Darauf hat uns der Vertreter des Bundesfinanzministeriums dargelegt, daß von den Ländern, die bisher die Betreuung der Bundesforsten gegen eine Pauschalgebühr mit übernommen hatten, eine derart hohe Pauschalgebühr verlangt wurde, daß es für den Bund ein Geschäft bedeutete, selbst Bundesforstbeamte anzustellen.

    (Hört! Hört! in der Mitte.)

    Meine Damen und Herren, wenn es so gemacht wird, dann dürfen sich die Länder nicht wundern und im Bundesrat nicht Kritik üben, daß die Zahl der Bundesbediensteten immer größer wird.

    (Abg. Dr. Dresbach: Das sagt ein Bayer!)

    — Das gleiche gilt im Land Nordrhein-Westfalen. Wenn ich beispielsweise an das Finanzverwaltungsgesetz des Jahres 1950 denke, nach dem die Bundesaufgaben auf dem zivilen und militärischen Bausektor den Ländern übertragen sind, wenn ich an die neueren Bestrebungen des Landes Nordrhein-Westfalen denke, dann muß ich auch wieder sagen: wenn das, was einigen Ländern vorschwebt, durchgesetzt werden sollte, dann erreichen sie nur das eine: daß eben der Bund gezwungen ist, auch auf diesem Sektor eigene Behörden zu schaffen.
    Alle diese Fragen sind natürlich unendlich kompliziert. Sie können von hier aus nur angedeutet werden. Weiter behandelt werden müssen sie wohl in dem Unterausschuß „Verwaltungsvereinfachung". Dieser Unterausschuß muß nach meiner Auffassung der ständige Motor sein, der die Dinge antreibt und immer wieder die Fehlerquellen aufzeigt.
    Lassen Sie mich zum Schluß, meine Damen und Herren, auf ein völlig anderes Kapitel kommen. Der neue Haushaltsplan 1957 hat große Beunruhigung in weiten Teilen der Bevölkerung von Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Hessen und auch Bayern hervorgerufen. Diese Beunruhigung ist auf die geplante 30%ige Kürzung des regionalen Förderungsprogramms zurückzuführen, die ja der Kollege Schoettle schon angeschnitten hat. Sie wissen, daß das regionale Förderungsprogramm des Bundes trotz der relativ bescheidenen Mittel, die dafür zur Verfügung standen, sich außerordentlich segensreich ausgewirkt hat. Ich habe im vergangenen Jahre gerne die Gelegenheit wahrgenommen, der Bundesregierung für diese Mittel herzlichst zu danken. Die in diesem Jahr vorgesehene Kürzung würde das, was mühsam im Aufbau begriffen ist, entweder außerordentlich hemmen oder zum Teil sogar zerstören. Sie würde alle strukturverbessernden Maßnahmen, die Projekte auf dem Gebiet des Straßenbaus, der Wasserversorgung, der Elektrifizierung, des Fremdenverkehrs, stark einschränken und die Wirtschaft der Grenzgebiete, die ohnedies erst in einem weiten, weiten Abstand hinter der Wirtschaft des Westens nachhinkt, um ein weiteres Stück zurückwerfen.
    Die Kürzung würde vor allem die spärliche Industrie in den Grenzräumen, die wir dort haben und die nur durch die Frachthilfe überhaupt bewogen werden kann, dort auszuhalten, zum Abwandern zwingen. Meine Damen und Herren, sehen Sie sich doch einmal das Heft des Instituts


    (Niederalt)

    für Raumforschung in Bad Godesberg über die aktiven und passiven Wanderungsräume unserer Bundesrepublik an! Das Heft ist meines Wissens allen Abgeordneten zugeschickt worden. Dort wird mit erschreckender Deutlichkeit aufgezeigt, wie sich in unserer Bundesrepublik immer mehr wirtschaftliche Ballungsräume bilden und wie auf der andern Seite entlang dem Eisernen Vorhang wirtschaftsarme, um nicht zu sagen: wirtschaftstote Räume entstehen.

    (Abg. Dr. Conring: Aber auch in anderen Teilen der Bundesrepublik!)

    Das können wir doch nicht einfach so dahintreiben lassen.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Ich betone es immer und immer wieder, meine Damen und Herren: es handelt sich hier nicht um eine Frage, die etwa nur in regionaler Hinsicht von Bedeutung wäre. Es handelt sich hier vielmehr um eine gesamtpolitische, gesamtwirtschaftliche und gesamtsoziale Frage, die uns alle angeht,

    (Beifall bei der CDU/CSU, SPD und beim GB/BHE)

    die Bewohner im Westen genauso wie die Bewohner, die im Schatten des Eisernen Vorhangs unter außergewöhnlich erschwerenden Umständen leben und dort zu wirtschaften versuchen. Das ist nicht billige Interessenpolitik, etwa in regionaler Hinsicht gesehen, das ist auch nicht der leichtfertige Schrei nach dem Staat. Ich stehe nach wie vor auf dem Standpunkt: in der Wirtschaft so wenig Staat wie nur möglich. Aber angesichts der dortigen Situation müssen wir auch sagen: so viel Staat wie nötig, um die Voraussetzungen eines fairen Leistungswettbewerbs zu sichern, so viel Staat wie nötig, um die Gleichgewichtsstörungen in unserer Wirtschaft und Sozialpolitik zu verhindern. Das ist schließlich, nach meiner Auffassung wenigstens, das Wesen der sozialen Marktwirtschaft überhaupt.
    Aus der Begründung, die die Bundesregierung für die Kürzung gibt, geht übrigens klar hervor, daß auch die Bundesregierung der Auffassung ist, daß die Mittel in der bisherigen Höhe nach wie vor erforderlich sind. Die Bundesregierung hat nur versucht, die Mittel etwas auf die Länder abzuwälzen, die Länder etwas in den Vordergrund treten zu lassen. Sie hat das damit begründet, daß durch den Finanzausgleich und durch andere Maßnahmen die Länder hierzu nun in der Lage seien. Ich glaube nicht fehlzugehen, wenn ich vermute, daß die 1,8 Milliarden DM, die die letzte Steuersenkung den Bund gekostet hat und bei der die Länder angeblich um 600 Millionen zu gut weggekommen sind, der tiefste und letzte Grund für diese Kürzung gewesen sind. Aber ich kann mich jetzt nicht auf eine Diskussion darüber einlassen, ob das, was die Bundesregierung hier annimmt, richtig ist oder nicht. Ich kann nur feststellen: wenn die Maßnahme so durchgeführt würde, wie sie geplant ist, würde das auf dem Rücken dieses wirtschaftlich sowieso geschlagenen Gebietes ausgetragen; denn es steht fest, daß die Länder in diesem Augenblick nicht in der notwendige Höhe einspringen können.
    Die Finanzminister unserer Zeit haben - ich habe das vorhin schon angedeutet — zu ihren bisherigen Aufgaben eine wichtige neue Funktion hinzuerhalten. Sie besteht darin, den Haushalt gegen Ausweitungstendenzen, die häufig durch das Parlament in den Haushalt hineingetragen werden, zu verteidigen. Wir wissen, daß Bundesfinanzminister Schäffer, durchdrungen von seinem hohen Verantwortungsgefühl, diese neue Funktion außergewöhnlich streng ausübt und dabei, wie gerade dieses Beispiel zeigt, sogar sein eigenes Herz verleugnet. Wir schätzen diese Einstellung des Bundesfinanzministers und haben ihr oft und oft — das muß einmal deutlich gesagt werden — unseren Tribut gezollt, indem wir auf Anträge, die in der Öffentlichkeit sicher attraktiv gewesen wären, verzichtet haben. In diesem Fall allerdings können wir dem Bundesfinanzminister nicht folgen, und wir haben dagegen protestieren müssen in der Sprache, die dem Abgeordneten zukommt, in der Sprache des Antrags. Wir werden aber mit ihm zusammen nach Deckungsmöglichkeiten suchen müssen, und wir werden den Weg dazu auch finden; ich habe im Haushaltsausschuß bereits Andeutungen darüber gemacht. Dabei gehe ich davon aus, daß die Ansätze nur wieder in der Höhe des Vorjahres erscheinen. Auch im Wahljahr wollen wir also maßhalten.
    Eine — ich darf das erwähnen — sich bayerisch nennende Landespartei hat gegen diese erwähnte Kürzung der Grenzlandmittel energisch protestiert. Sie hat dabei gesagt, diese Maßnahme sei unverständlich, „wo doch der Bund im Geld schwimme". Solche Redensarten, die unserem berechtigten Anliegen nur schaden und nicht nützen können, machen wir uns bestimmt nicht zu eigen, da bei solchen Reden Dummheit und Verantwortungslosigkeit in gleicher Rangfolge Pate stehen. Wir wissen vielmehr um den Ernst der Haushaltsabgleichung. Andererseits wissen wir auch um das große Anliegen, das ein allgemeines Anliegen ist. Die gesamte Bundesrepublik ist heute Grenzland geworden, Grenzland gegenüber der Welt des Ostens, und wir müssen im Hinblick auf diese Situation große und schwere Opfer bringen. Es wäre nicht zu verstehen und es wäre ungerecht, wenn jener Teil unserer Bundesrepublik, der diese Grenzlandlage wirtschaftlich und politisch in vorderster Front zu meistern hat, von uns im Bundestag nicht mit unterstützt würde.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Blank (Oberhausen).

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Martin Blank


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Haushalt der Stabilität und der sozialen Sicherheit" hat nicht nur der Herr Bundesfinanzminister, sondern haben auch seine Mitarbeiter im Bundesfinanzministerium den Haushaltsvoranschlag 1957 getauft.
    Stabiltät — das ist heute schon gelegentlich in Frage gezogen worden. Ich muß sagen, was man sich so landläufig unter Stabilität vorstellt, das ist vielleicht mit diesem Haushalt noch nicht erreicht, von dem wir schon vorher gehört hatten, wie außerordentlich schwer der Ausgleich sein würde. Die Mittel, die zu dem Ausgleich nunmehr vorgeschlagen werden, verdienen eine besondere Betrachtung.
    Die soziale Sicherheit kann angesichts der Lage unseres Landes und unserer Bevölkerung, angesichts der Beschäftigungslage der arbeitsfähigen Menschen usw. allerdings als gegeben angesehen werden, und für diese Sicherheit geschieht laufend noch Zusätzliches.


    (Dr. Blank [Oberhausen])

    Stabilität haben wir in unserer Gesamtwirtschaft in dem aufzuweisen, was unsere Währung betrifft, die einer der wesentlichsten Gradmesser für Ruhe, Sicherheit und Zuverlässigkeit ist. Das gilt in erster Linie natürlich nach außen, wo, wie der Herr Bundesfinanzminister in seiner Rede vom vorigen Freitag ausgeführt hat, unsere Deutsche Mark eine der härtesten Währungen in der Welt überhaupt geworden ist. Es gilt aber auch — cum grano salis — zweifellos nach innen. In seinen sehr interessanten Übersichten über die Entwicklung verschiedener wirtschaftlicher Tatbestände in den letzten Jahren hat der Herr Bundesfinanzminister uns sehr interessante Zahlen über die Entwicklung der Kaufkraft je Währungseinheit in den verschiedensten Ländern vorgelegt, und dabei schneiden wir in der Bundesrepublik - man kann nur sagen: glücklicher- und zugleich auch verdienterweise — gut ab. Ich habe es überhaupt für sehr richtig gehalten, daß der Herr Bundesfinanzminister uns so aufschlußreiche Zahlen für die Jahre 1950 bis 1956 über die Daten Bruttosozialprodukt, Durchschnittseinkommen, Zahl der Beschäftigten, Zahl der Arbeitslosen, Nettovermögensbildung usw. gegeben hat.
    Besonders eindrucksvoll ist es immer wieder, sich die Zahlen über die Entwicklung unseres Außenhandels zu vergegenwärtigen, der eine Vervielfachung erfahren hat. Daran ist unser Wirtschaftssystem durchaus nicht unschuldig. Glücklicherweise konnten im Außenhandel die völlig abgerissenen Bande wieder geknüpft werden, und zwar in einem Ausmaß, wie es sicher noch vor wenigen Jahren kaum jemand für möglich gehalten hat. Darin liegen natürlich andererseits gewisse Gefahren, weil in einem Ausmaß, wie es früher nie der Fall war, unsere inländische Beschäftigung im wesentlichen Umfange von der Fortdauer dieser Ausfuhr abhängig ist. Immerhin liefern gerade diese Zahlen den Beweis, daß eine zweckmäßige Wirtschaftspolitik geführt worden ist.
    Auch die Finanzpolitik ist ein Teil dieser Wirtschaftspolitik, und sie muß nun im Zusammenhang unserer heutigen Aussprache besonders betrachtet werden.
    Zur Zeit leben wir in dem Zustand des Vertrauens zu unserer Wirtschaft, zu unserer Währung. Wir sehen das auch im Verhalten des deutschen Sparers und im Verhalten des Auslands uns und unserer Wirtschaft gegenüber. Ich möchte mit besonderem Nachdruck den vom Herrn Bundesfinanzminister gebrauchten Satz unterstreichen: Gutes Geld ist besser als „mehr". Die Notwendigkeit, alles zu tun, um unsere Wirtschaft, unser Geld, unsere Währung stabil zu erhalten, ist heute so oft betont worden, daß dazu weitere Worte nicht mehr verloren zu werden brauchen.
    Allerdings — das ist auch in der Rede des Bundesfinanzministers zum Ausdruck gebracht worden —: wir müssen damit rechnen, daß die fortschreitende, steil ansteigende Expansion unserer ganzen wirtschaftlichen Betätigung menschlicher Voraussicht nach nun allmählich eine gewisse Verlangsamung erfahren muß, weil wir uns sowohl kapazitätsmäßig wie arbeitskraftmäßig den Grenzen dessen, was in der Bundesrepublik überhaupt geschafft werden kann,. erheblich genähert haben.
    Die Belastung des Sozialprodukts in der Bundesrepublik mit öffentlichen Zwangsabgaben, d. h. also mit Steuern und Sozialabgaben, ist nach der
    Darlegung des Herrn Bundesfinanzministers in Deutschland immer noch höher als in allen anderen vergleichbaren Industrieländern. Ich bin nun persönlich nicht der Meinung, daß man daraus etwa folgern oder herleiten könnte, Steuersenkungen seien nicht mehr am Platze. Ich möchte eher das Gegenteil glauben. Ich darf mir vorbehalten, später auf diesen Punkt noch zurückzukommen.
    Zur äußeren Form des Bundeshaushaltsplans 1957 darf ich mit Genugtuung auch im Namen meiner Freunde feststellen, daß es dem Bundesfinanzminister und der Bundesregierung wiederum gelungen ist, den Haushalt rechtzeitig, sogar einen Monat früher vorzulegen, als die Verfassung vorschreibt. Nun ist es ja, wenn wir diese erste Beratung hier hinter uns gebracht haben, die Aufgabe des Haushaltsausschusses, für eine fristgerechte Verabschiedung zu sorgen. Welche Schwierigkeiten der zeitgerechten Durchführung dieser Aufgabe entgegenstehen, darüber ist eben gerade auch vom Kollegen Niederalt schon gesprochen worden. Immerhin glaube ich, die Mitglieder des Haushaltsausschusses, die mit mir seit Jahren dieses besondere Geschäft betreiben, werden alles tun, um in diesem Jahr zu einer fristgerechten Verabschiedung zu kommen. Dabei darf ich erwähnen, daß wir uns darüber schon in der Erwartung des Haushaltsplans im Haushaltsausschuß ernstlich den Kopf zerbrochen und einen vorläufigen Plan aufgestellt haben, wie wir der, man darf wohl sagen, gewaltigen Materie Herr werden wollen. Gelingen kann das nur in einer möglichst reibungslosen und zwanglos sich ergebenden engen Zusammenarbeit zwischen dem Parlament und seinem Ausschuß auf der einen und den Regierungsressorts auf der anderen Seite. Ich hoffe, es wird gelingen, daß jeweils, wenn der Haushaltsausschuß sich entschließt, einen bestimmten Einzelplan in Behandlung zu nehmen — das wird ja tagelang vorher bekanntgegeben —, auch das zuständige Ressort, möglichst mit seinem Minister an der Spitze, für die Verhandlungen zur Verfügung stehen kann.
    Meine Damen und Herren! Ich glaube, man kann sagen, daß mit der Aufstellung dieses ausgeglichenen — ich sage nur ausgeglichenen — Haushaltsplans die Bundesregierung technisch eine bedeutende Leistung vollbracht hat. Wir haben davon gehört, welche Schlachten zwischen den Fachressorts einerseits und dem Bundesfinanzministerium andererseits geschlagen werden mußten, bis die Sache so weit war, daß sie zur Vorlage an das Kabinett kommen konnte, und wir haben davon gehört, daß sich das Kabinett, ganz im Gegensatz zur bisherigen Übung, diesmal in nicht weniger als sechs Sitzungen mit dem Haushaltsplan befaßt hat. Der Ausgleich ist letztlich durch zwei Maßnahmen zustande gekommen, nämlich durch einen Rückgriff auf die Bundesrücklage und zweitens durch die im Haushaltsgesetz vorzusehene fünfprozentige Kürzung eines großen Teiles der Haushaltsansätze dergestalt, daß nur 95 % des jeweils im Haushalt gedruckten Ansatzes als bewilligt gelten.
    Dies ist ein Ausweg — ich möchte es nicht anders bezeichnen -, der sich hoffentlich nicht wiederholen wird; denn bei jedem einzelnen Titel auch die die Mittel verwaltende Stelle diese 95 % ausrechnen zu lassen, erscheint mir wenig praktisch. Zudem ist das Ergebnis von 300 Millionen DM bei einem Haushalt von über 30 Milliarden DM — das steht ja auch in den entsprechenden Übersichten —, also von knapp 1 %, nicht sehr eindrucksvoll.


    (Dr. Blank [Oberhausen])

    Der große „Schluck aus der Pulle" wurde durch den Rückgriff auf die Bundesrücklagen genommen. „Bundesrücklage" ist eine neue Vokabel, die in allerletzter Zeit gefunden worden ist und die natürlich sehr viel ernsthafter und amtlicher klingt als „Juliusturm". Ich finde „Bundesrücklage" ganz schön. Ich bin allerdings nicht ganz davon überzeugt, daß es wirklich eine Rücklage im eigentlichen Sinn des Wortes ist. Ich stelle mir - so ist das wenigstens im wirtschaftlichen Leben — unter einer Rücklage eine Summe vor, die ich habe und die ich ausdrücklich für später zurückstelle, indem ich sie mir für den Augenblick unter Konsumverzicht oder wie auch immer abspare. Unsere Rücklage scheint mir jedoch in erster Linie dadurch entstanden zu sein, daß mehr Geld aufkam und weniger Geld ausgegeben werden konnte, als veranschlagt war, und es ist gewissermaßen von selbst zur Rücklage geworden. Jetzt darf man sich natürlich freuen, .und es ist geradezu zum Ausgleich des Haushalts 1957 notwendig, daß diese Rücklage zur Verfügung steht; aber man fragt sich doch, ob es nicht noch besser gewesen wäre und ob es nicht auch möglich gewesen wäre, das Entstehen dieser Rücklage von vornherein zu verhindern. Denn ich persönlich — und ich glaube, ich stehe mit dieser Auffassung nicht allein — bin der Ansicht, daß das Geld in der Hand des Steuerzahlers geeignet ist, einen größeren volkswirtschaftlichen Nutzen zu erzielen, als wenn dieses Geld dem Steuerzahler mit drückenden Steuern abgenommen und dann in irgendwelchen öffentlichen Kassen „stillgelegt" wird.
    Ich habe schon im Vorjahr, als zum erstenmal davon die Rede war, daß sich große Summen ansammeln, zum Ausdruck gebracht, daß das bei weitem probateste Mittel gegen einen unerwartet hohen Zustrom in öffentlichen Kassen die Senkung von Steuern sei. Nun will ich gar nicht leugnen, daß in der Vergangenheit in dieser Beziehung etliches getan worden ist. Die Steuern sind namhaft gesenkt worden; über die Summe, um die es sich je Haushaltsjahr handelt, ist schon gesprochen worden.
    Auch ich habe den Brief mit dem grünen Rand, von dem der Kollege Schoettle vorhin gesprochen hat, erhalten und studiert. Ich bin überzeugt, der Herr Bundesfinanzminister hat ihn auch, und wir alle möchten ganz gern noch bei Gelegenheit von ihm hören, ob er mit dem sehr einleuchtenden und sich größtenteils auf amtliche Angaben stützenden Brief des Instituts „Finanzen und Steuern" übereinstimmt, der für das kommende Haushaltsjahr die gleiche Entwicklung voraussagt, wie wir sie in diesem Jahr erlebt haben.
    Der ordentliche Haushalt wird wieder um 1,7 Milliarden DM höher liegen als im Vorjahr. Herr Kollege Niederalt hat gerade eben so ausführlich über den vermeintlichen, aber wahrscheinlich vermeidlichen Zug zu ständig wachsenden Staatsausgaben gesprochen, daß ich darüber kein Wort mehr verlieren möchte. Wenn trotzdem die Gesamtsumme des Haushaltsvoranschlags 1957 unter der Summe des Vorjahrs liegt, so ist das auf die wesentliche Verminderung des außerordentlichen Haushalts zurückzuführen, der nun gegenüber dem ordentlichen Haushalt mit seinen rund 1,2 Milliarden DM ein etwas kümmerliches Dasein fristet.
    Ich persönlich muß sagen — auch das ist in der heutigen Debatte schon angeklungen —, daß mir die Weiterführung dieses Prinzips des außerordentlichen Haushalts. im alten kameralistischen Sinne, je länger je mehr fragwürdig erscheint.

    (Abg. Niederalt: Sehr richtig!)

    Der Zustand, in dem sich unser Kapitalmarkt leider immer noch befindet, läßt auch eine normale und ursprünglich einmal vorgesehene Bedienung des außerordentlichen Haushalts aus Anleihen gar nicht zu. Unser Kapitalmarkt funktioniert nicht in der richtigen Weise, und infolgedessen kommen wir zu dem in den letzten Jahren regelmäßig eingeschlagenen Ausweg, dann auch die im außerordentlichen Haushalt veranschlagten Ausgaben schließlich aus dem ordentlichen Haushalt zu bestreiten. Ich bin der Meinung: die Reform der nur in wenigen Punkten an die heutigen Erfordernisse angeglichenen Reichshaushaltsordnung ist nun so dringlich geworden, daß wir mit allem Nachdruck verlangen müssen, in absehbarer Zeit auch den ersten Entwurf einer wirklichen Bundeshaushaltsordnung vorgelegt zu bekommen. Auf Seite 245 — auf einer Seite! — der Allgemeinen Vorbemerkungen wird über den derzeitigen Stand der Reformbestrebungen im Haushaltsrecht berichtet. Darüber hätte ich gerne mehr gelesen, und ich möchte diese Gelegenheit benutzen, alle beteiligten Instanzen mit Nachdruck darum zu bitten, diese Dinge vorwärtszutreiben und — das möchte ich gleich hinzufügen —, wenn irgend möglich, auch die grundsätzlichen Fragen bezüglich des Fortbestehens eines außerordentlichen Haushalts usw. in Angriff zu nehmen. Dabei wird dann auch Gelegenheit sein, die Gedanken, die der Kollege Niederalt soeben vorgetragen hat, mit zu erörtern und schließlich zu irgendeiner neuen gesetzlichen Regelung zu kommen. Ein Abschluß der Vorbereitungsarbeiten ist für 1957 in Aussicht gestellt. Hoffen wir, daß es dazu kommt. Ich gebe mich über die Schwierigkeit dieser Aufgaben — daran arbeitet der interministerielle Ausschuß unter Mitwirkung des Bundesrechnungshofs und auf der anderen Seite auch der Wissenschaftliche Beirat — keinerlei Täuschung hin; aber Beschleunigung in höchstmöglichem Maße scheint mir dringend erwünscht.
    Wir sehen ein Anwachsen der Ausgaben im Bundeshaushalt in diesem Jahr in erster Linie auf den Gebieten des Wohnungsbaus, der Sozialaufwendungen, des Straßenbaus, ferner für Atomfragen, für die Landwirtschaft im Zusammenhang mit dem „Grünen Plan" für die Liquidation der Vergangenheit und auch für die Bundesverwaltung selbst. Über die Zunahme der Bundesbediensteten im Ausmaß von rund 3000 Personen ist hier schon gesprochen worden. Gemessen an der Gesamtzahl ist das nicht viel. Aber ich glaube, daß wir, wenn wir erst an die Einzelpläne, die Organisations- und Stellenpläne herangehen, auch werden prüfen müssen, wieviel Hebungen und — wie der Herr Bundesfinanzminister sich ausgedrückt hat — Qualitätsverbesserungen neben den rein ziffernmäßigen Vermehrungen uns vorgeschlagen werden.
    An verschiedenen Stellen in der Rede des Herrn Bundesfinanzministers wurde des Wahljahrs Erwähnung getan; der Ausdruck ist auch heute schon wieder einige Male gebraucht worden. Ich persönlich muß sagen, ich finde das Zusammenbringen der Begriffe „Haushaltsplan" und ,,Wahljahr" nicht sehr glücklich.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Ich bin der Meinung, daß wir damit niemandem
    einen Gefallen tun. Wenn wir unsere Erwägungen


    (Dr. Blank [Oberhausen])

    und unsere Überlegungen anstellen und unsere Beschlüsse bezüglich der Gestaltung des Haushalts fassen, sollten uns Wahlrücksichten, Rücksichten aus Anlaß eines Wahljahres, so fern wie möglich sein.
    Ich habe die Allgemeinen Vorbemerkungen schon verschiedentlich erwähnt. Dieses Werk hat nun den Umfang von über 600 Seiten angenommen. Ich wage gar nicht, irgendein Mitglied dieses Hohen Hauses zu fragen, ob es diese mehr als 600 Seiten schon gelesen hat. Ich persönlich habe es nicht gekonnt. Herr Kollege Lenz hat mit Recht die Sonderlieferung von Zeit dazu verlangt. Was in diesen Allgemeinen Vorbemerkungen steht, ist, soweit ich es bisher habe übersehen können, allerdings außerordentlich lesenswert. Am Anfang bringen sie eine sehr interessante und etwas zurückhaltende Auseinandersetzung mit der Bank deutscher Länder über die allgemeine Wirtschafts- und Währungspolitik. Im ganzen gibt gerade die Einleitung auch einen sehr eindrucksvollen Überblick über den Wirtschaftsablauf bis zum 30. September dieses Jahres, und zwar über den Wirtschaftsablauf nicht nur in der Bundesrepublik, sondern auch im Ausland.
    Sehr bemerkenswert erscheint mir der endgültige Abschluß des Haushaltsjahrs 1955. Darüber wird man noch diskutieren müssen. Die Angelegenheit ist auch wieder in dem grün umrandeten Brief berührt, von dem ich schon gesprochen habe.
    Dann wird erfreulicherweise eine sehr ausführliche Darstellung den Haushaltsresten seit 1949 gewidmet. Das ist ein Spezialstudium, dem sich eines Tages die Leute, die es angeht, noch einmal werden widmen müssen. Ob dieses System — in der Rede des Herrn Bundesfinanzministers kommt auch die Version vom „Töten der Haushaltsreste" vor — in dieser Weise überhaupt erhalten bleiben soll, wird meines Erachtens angesichts der Haushaltsrechtsreform noch im einzelnen untersucht werden müssen.
    Die Kassenlage des Bundes — ich will hier keine weiteren Einzelheiten vortragen — wies am 30. September 1956, wie aus den Allgemeinen Vorbemerkungen hervorgeht, die sehr ansehnliche Summe von 7,3 Milliarden DM aus. Es wird dazu gesagt, daß es sich hier zum großen Teil um gebundene Gelder handle, nicht allerdings um Bindungsermächtigungen. Hier liegt eines der großen Probleme. Ich weiß nicht, ob den Kollegen aufgefallen ist, daß der Herr Bundesfinanzminister in seiner Rede einen Unterschied zwischen dem alten „Juliusturm", der den Besatzungsmächten gehörte, und dem neuen gemacht hat, der aus Gründen entstanden ist, die hier heute verschiedentlich erörtert worden sind, der aber nun einen sehr viel ernsthafteren Namen hat. Er heißt eben jetzt .,Bundesrücklage". Ich wollte nur bei dieser Gelegenheit noch einmal kurz darauf aufmerksam machen.
    Die weiteren Zusammenstellungen und insbesondere auch die Anlagen zu den Allgemeinen Vorbemerkungen verdienen nach unserer Überzeugung allergrößtes Interesse. Sie sind außerordentlich aufschlußreich. Die Aufschlüsselungen, Aufgliederungen, sind höchst interessant und können dem, der damit umzugehen versteht, viele Fragen beantworten, die er sonst vielleicht noch an irgendeine Regierungsstelle richten würde.
    Die Aufschlüsse über die Bundesbeteiligungen, die einzelnen Gesellschaften usw. sind dankenswerterweise erheblich weiter ausgebaut worden. Wir haben jetzt die Bilanzen, wir haben die Personalien der Aufsichtsräte und Vorstände und haben ja außerdem aus dem Haushaltsvoranschlag gesehen, daß der Herr Bundesfinanzminister offensichtlich beabsichtigt, Beteiligungen im Werte von 50 Millionen DM zu veräußern. Das würden wir sehr begrüßen. Wir würden nicht einmal Anstoß daran nehmen, wenn noch eine Null mehr an dieser Fünf hinge. Daß das im einzelnen Fall jeweils geprüft wird, so daß niemals von irgendeiner Seite mit Recht der Vorwurf der Verschleuderung von Bundesvermögen erhoben werden kann, dafür sind wir allerdings auch.
    Für den Haushaltsfachmann sind die Allgemeinen Vorbemerkungen ein fast unentbehrliches Vademekum, und ich glaube, daß es richtig ist, dieses umfangreiche Werk zu verfassen, weil es die Arbeit im ganzen erleichtert.
    Noch wenige Worte zum Haushaltsgesetz selbst. Wir haben im § 3 Abs. 2 die neue Regelung bezüglich einer während des Haushaltsjahrs auftretenden Notwendigkeit zu Übertragungen von einem Titel zum anderen. Hier soll der Haushaltsausschuß insofern eingeschaltet werden, als solche Übertragungen nur mit seiner Genehmigung erfolgen dürfen. Der Haushaltsausschuß wird sich, glaube ich, dieser Aufgabe unterziehen. Es wäre allerdings vielleicht zu prüfen, von welcher Mindestgrenze ab man das Papier beschreibt und den Apparat des Haushaltsausschusses bemüht, wenn eine solche Übertragung vorgenommen wird.
    Daß der § 6 immer noch die Nichtanwendung des § 75 der Reichshaushaltsordnung zum Inhalt hat, ist — das habe ich nun praktisch schon jedes Jahr hier zum Ausdruck gebracht — äußerst bedauerlich. Dieser § 75 der Reichshaushaltsordnung wird wahrscheinlich der Reform der Reichshaushaltsordnung zum Opfer fallen. Das ist jedenfalls besser als die regelmäßig Jahr für Jahr wiederkehrende Außerkraftsetzung einer Bestimmung, die ja nicht ohne sehr weittragende und ernsthafte Überlegungen in die Reichshaushaltsordnung eingesetzt worden war.

    (Abg. Dr. Gülich: Was wollen Sie an die Stelle des § 75 setzen? Das ist nicht so einfach!)

    — Nein, sicherlich! Deshalb habe ich auch gesagt: wir können ihn nicht einfach streichen, sondern ich bin der Meinung, dieses Verfahren hat sich nun
    — ob mit Recht oder mit Unrecht, das lasse ich ganz dahingestellt — offenbar als unanwendbar erwiesen. Also müssen wir ein anderes Verfahren finden. Das gehört nach meiner Überzeugung mit in die Reform der Haushaltsordnung.
    Wir werden nach dem Plan, den wir hoffentlich einhalten können, an die große Arbeit herangehen, diesen Haushaltsplan 1957 zu bewältigen. Meine Fraktion schlägt vor, den Bundeshaushaltsplan 1957, Drucksache 2900, nebst allen Anlagen wie üblich dem Haushaltsausschuß zu überweisen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)