Rede von
Wilmar
Sabaß
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der deutsche Bergbau auf Steinkohle und Braunkohle und die damit zusammenhängende Kohlenwirtschaft gehören nach dem Montan-Vertrag vom 18. April 1951 in den Rahmen der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl. Das hat der Herr Vertreter der Opposition, der verehrte Kollege Dr. Bleiß, in seinen Ausführungen in keiner Weise berücksichtigt. Ich glaube, mich zu erinnern, daß er nur mit einem Nebensatz negativ auf diese Zugehörigkeit hingewiesen hat. Der Herr Bundeswirtschaftsminister hat in seinem Bericht in seiner unbegrenzten Verantwortungsfreudigkeit auf diesen Einbau des deutschen Bergbaus in die Montan-Wirtschaft meines Erachtens auch nicht ausreichend hingewiesen; denn er hat Verantwortungen übernommen, die für ihn nicht bestehen, sondern die nach dem Vertrage eindeutig bei der Hohen Behörde bzw. der Gemeinschaft liegen. Ich betrachte es daher als meine Aufgabe, im Namen meiner Fraktion in diesem Rahmen zu den Problemen der Kohlenwirtschaft und den hier vorliegenden Anträgen der einzelnen Fraktionen Stellung zu nehmen, und will versuchen, in dieser Linie Ihnen die Probleme aufzuzeigen. Zuvor aber lassen Sie mich einige Bemerkungen machen, zu denen ich gezwungen bin.
Zunächst muß ich als deutscher Delegierter, der von diesem Hohen Hause in das Montanparlament gewählt worden ist, mein Bedauern darüber aussprechen, daß nach der Entscheidung des Altestenrats und der Fraktionen zum gleichen Zeitpunkt im Deutschen Bundestag eine Kohlendebatte stattfindet, in dem auch im Montanparlament, das jetzt vom 27. bis zum 30. November eine außerordentliche Sitzungsperiode durchführt, auf einen Antrag unseres Kollegen Dr. Schöne vom Juni dieses Jahres über die Kohlenprobleme gesprochen wird. Wir haben gestern mit dieser Debatte in Straßburg begonnen und sind leider verhindert, heute an der
Fortsetzung teilzunehmen. Ich unterlasse es auch nicht, darauf hinzuweisen, daß unsere Kollegen von den anderen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft über diese nicht vorhandene Abstimmung der Tagesordnung nicht erfreut waren und das deutlich zum Ausdruck gebracht haben. Ich wäre dankbar, wenn ein solcher Fall, da das Montanparlament im Laufe eines Jahres immer nur einige Wochen tagt, nicht wiederholt würde.
Als zweite Vorbemerkung darf ich den Hinweis machen, daß der Redner, der jetzt die Ehre hat, zu Ihnen zu sprechen, in keinem irgendwie gearteten Dienstverhältnis zu den Unternehmensverbänden des Bergbaus steht. Er war lediglich nach dem Kriege in den Diensten der deutschen Kohlenbergbauleitung; die Zeiten sind vorbei. Er kann daher, so wie das Grundgesetz es befiehlt, als Vertreter des ganzen deutschen Volkes zu den Problemen der Kohlenwirtschaft Stellung nehmen und wird als oberschlesischer Bergmann hierbei hoffentlich einen bescheidenen Beitrag für den Bergbau der Bundesrepublik leisten.
Drittens weise ich vorweg darauf hin, daß sich in den letzten Jahren — und der Herr Bundeswirtschaftsminister hat das bei den Regierungsmaßnahmen zur Mineralölsteuer schon angedeutet — in der Hausbrandversorgung der Bundesrepublik in zunehmendem Maße der Verbrauch von Heizöl eingebürgert hat. Es ist Ihnen noch aus den Beratungen dieses Hohen Hauses zu Beginn der Legislaturperiode bekannt, daß sich damals der Bergbau gegen alle Erleichterungsmaßnahmen wehrte, die die Einfuhr von Rohölen förderten. Diese Zeiten sind ebenfalls vorbei. Wir können feststellen, daß der Heizölverbrauch in der Bundesrepublik von 1954 mit 1,5 Millionen t bis zu diesem Jahre auf 5,5 Millionen t gestiegen ist. Diese Heizöle werden zu etwa 80 % in deutschen Raffinerien aus Rohölimporten der Nahostländer gewonnen, die entweder in Tankern aus dem Persischen Golf durch den Suezkanal zu uns kamen oder durch die vier Pipelines über die arabischen Länder in östliche Mittelmeerhäfen gelangten, um dort in Tanker umgeschlagen zu werden. Diese Nahostimporte, von denen der deutsche Heizölverbrauch zu fast 90 % abhängt, verteilten sich auf den Weg durch den Suezkanal zu 55 % und auf den gebrochenen Weg über die Pipelines zu 45 % . Beide Wege sind im Augenblick aus bekannten Gründen unterbrochen, so daß die Tankschiffe aus dem Persischen Golf die Umfahrt um Afrika machen müssen, wobei sich die Anfahrtzeit zu den deutschen Häfen um 9 bis 15 Tage verlängert und sich dadurch die Frachtkosten z. B. für ein 10 000-t-Tankschiff bis zu 180 000 DM erhöhen. Wir haben auch bei uns deshalb schon Preiserhöhungen erlebt. Ich möchte aber darauf hinweisen, daß in den anderen europäischen Ländern die Auswirkungen dieser unterbrochenen Zufuhr viel krasser sind und z. B. in Frankreich, England und Dänemark in diesem Monat Rationierungen eingeführt wurden. Wir haben gestern in Straßburg gesehen, wie lange Schlangen anstanden, um je Kraftwagen nur 12,5 Liter Brennstoff zu empfangen. Die Befriedigung eines Mehrbedarfs, der durch einen Ausfall von Heizöl in Deutschland eintreten würde, könnte der Bergbau in der gegenwärtigen Situation nicht schlagartig übernehmen, so daß wir auch aus diesem Grunde bestrebt sein müssen, alles zu tun, die Förderkapazität des deutschen Steinkohlenbergbaus laufend zu erhöhen.
Ich komme jetzt zu den Einzelheiten, nämlich dem Preis, der Versorgung und der Frage des
Bergarbeiterwohnungsbaus. Man muß sich zunächst grundsätzlich darüber klar werden, wie man die Finanzierung im Bergbau künftig vornehmen will und welche Tendenzen im Augenblick vorliegen. Dabei unterscheiden wir uns, glaube ich, von den Kollegen der Opposition grundlegend. Wir sind einig mit dem, was Herr Dr. Bleiß am Schluß seines Vortrags gesagt hat, als er einen leistungsfähigen Bergbau auf lange Sicht, eine laufende Steigerung der Förderung, eine soziale Besserstellung des Bergmanns und eine ausreichende Versorgung des deutschen Verbrauchers forderte. Wir sind aber mit ihm nicht einig in der Frage, wie die Finanzierung all dieser notwendigen Maßnahmen erfolgen soll. Nach dem Wirtschaftsprogramm der Opposition wird gewünscht, alle diese Maßnahmen weitgehend im Wege von Subventionen, Beihilfen, also aus öffentlichen Geldern, durchzuführen. Die Damen und Herren der Opposition werden es verstehen, wenn ich diesen Standpunkt nicht einnehme. Es gibt dann eben nur den anderen Weg, alle diese Maßnahmen über den Preis zu finanzieren, einen Marktpreis, der in maßvoller Weise von den Bergbauunternehmungen erhoben werden kann. Ich gebe dabei aber auch offen zu, daß es sehr schwer ist, in der gegenwärtigen Situation diese Linie einzuhalten.
Bei den verschiedenen Maßnahmen der Bundesregierung in den letzten Monaten konnte man nicht immer die Einhaltung dieser Linie feststellen, und — das sage ich ebenso offen — von seiten der Unternehmensverbände — nicht der einzelnen Bergbaugesellschaften — wurden Maßnahmen durchgeführt, die diesem Grundsatz widersprechen. Wenn man also auf dem Standpunkt steht, daß diese Investitionen nur über den Preis vorzunehmen sind, soll man in diesem Lichte zunächst einmal die Maßnahmen der Bundesregierung beleuchten, die Herr Staatssekretär Westrick in der Regierungserklärung vom 10. Februar hier vorgetragen hat und die auf einem Beschluß des Kabinetts vom 8. Febuar dieses Jahres beruhten. Er hat damals seine Ausführungen, auf die ich jetzt zurückkomme, folgendermaßen geschlossen — ich lese mit Genehmigung des Herrn Präsidenten aus dem Protokoll über die damalige Sitzung vor —:
Die Bundesregierung ist davon überzeugt, daß die vorgesehenen Maßnahmen zur Beruhigung des Lohn- und Preisgefüges einen wirksamen Beitrag auslösen werden.
Dieses Ziel ist zweifelsohne nicht erreicht worden, wobei, wie ich hinzusetzen darf, von dem Standpunkt, den ich eben vertreten habe, diese Entwicklung vorausgesehen werden konnte.
Die Bundesregierung hat durch Beschluß vom 8. Februar 1956, als die Gefahr bestand, daß der Bergmann unter Tage seine Spitzenstellung in der deutschen Lohnskala verlieren würde, in eine Tarifverhandlung zwischen der Industriegewerkschaft Bergbau und den Unternehmensverbänden eingegriffen und teilweise, allerdings nach vorhergehenden, von diesem Ereignis unabhängigen Beratungen, Hilfen für den Bergbau beschlossen, die in einer Höhe von rund 400 Millionen DM pro anno aus Steuergeldern gegeben worden sind. Damals wurde damit eine Kohlenpreiserhöhung ausgeschlossen, wie sie eingetreten wäre, wenn den Lohnwünschen der Gewerkschaften in vollem Umfang von der Unternehmerseite entsprochen worden wäre. Zu den damals von der Bundesregierung beschlossenen Maßnahmen gehörten neben den klei-
nen Maßnahmen, worunter ich die Ermäßung der Montanumlage und die Abschreibungsvergünstigungen für Anlagen unter Tage verstehe, vor allen Dingen die Übernahme des Arbeitgebermehrbetrags zur knappschaftlichen Rentenversicherung von 6,5 % aus Haushaltsmitteln und weiter die hier schon wiederholt angeführte Bergarbeiterprämie und deren Finanzierung aus Steuermitteln.
Bei der Übernahme des Arbeitgeberanteils, soweit es sich um den Mehrbetrag von 6,5 % zur knappschaftlichen Rentenversicherung handelte, geht es um folgendes: Wegen der starken Gefährdung der bergmännischen Arbeit unter Tage sind die Sätze zur knappschaftlichen Rentenversicherung außerordentlich hoch. Sie betragen zusammen 22,5 % der Lohnsumme, wovon 14,5 % vom Arbeitgeber und 8 % vom Arbeitnehmer monatlich an die Rentenversicherung abzuführen sind. Die Bundesregierung hat dieses Mißverhältnis ausgeglichen und zugunsten der bergbaulichen Unternehmer den Mehrbetrag von 6,5 % übernommen. Wir haben am 28. Juni dieses Jahres im Haushaltsgesetz 1956/57 diese Ausgabe gebilligt, und ich gebe aus der grundsätzlichen Einstellung, die ich vorhin bekanntgab, der Erwartung Ausdruck, daß diese Leistungen mir vorübergehender Natur sind, bis wir entweder im Rahmen der Montanunion eine Harmonisierung dieser Soziallasten herbeigeführt haben oder durch eine Novelle zum Knappschaftsgesetz neue gesetzliche Grundlagen finden.
Nach dem Montanvertrag ist die Hohe Behörde bzw. sind ihre zuständigen Organe verpflichtet, die Sozialleistungen der Gemeinschaft, d. h. innerhalb der sechs Mitgliedstaaten, aufeinander abzustimmen und Unregelmäßigkeiten auszugleichen. Man nennt das die Harmonisierung der Sozialleistungen, über die wir im Ausschuß für Sozialpolitik der Montanversammlung laufend beraten und die in einzelnen Ländern auch schon zum Erfolg geführt hat. Soweit ich unterrichtet bin, wird die Bundesregierung nach Abschluß der Rentenreform eine Novelle zum Knappschaftsgesetz vorlegen, durch die dann in einem Fachgesetz einheitliche Beiträge für Arbeitgeber und Arbeitnehmer zur knappschaftlichen Rentenversicherung festgesetzt werden. Dann ist diese Sache meines Erachtens so weit in Ordnung.
Ich komme nun zu der anderen großen Hilfsmaßnahme, die die Bundesregierung im Februar getroffen hat, und zwar der Einführung der Bergmannsprämie. Um jedes Mißverständnis auszuschließen, möchte ich vorausschicken, daß meine Fraktion im Grunde die Bergmannsprämie als solche bejaht. Wir stehen auf dem Standpunkt, daß der Bergmann bei seiner schwierigen und gefahrvollen Arbeit unter Tage die, wie ich vorhin schon sagte, Spitzenstellung in der deutschen Lohnskala halten muß und wir jedes Mittel begrüßen sollten, das ihm dieses Einkommen erhält.
Eine andere Frage — die Frage, die die Hohe Behörde beschäftigt hat und die sie in dem Schreiben vom 2. Mai an die Bundesregierung behandelte — ist die, ob die Bergmannsprämie aus öffentlichen Mitteln, also wieder aus Steuergeldern gezahlt werden soll. Sie werden es bei der grundsätzlichen Einstellung, die ich vorhin bekanntgab, verstehen, daß wir es auch da begrüßen würden, wenn auf lange Sicht ein anderer Weg gefunden würde: daß diese Prämie — über den Preis — vorn Unternehmer gezahlt werden könnte. Dabei wollen wir natürlich, das kann schon heute gesagt werden, die Steuerfreiheit, die Versicherungsfreiheit und die Pfändungsfreiheit erhalten. Ich sage das hier so betont, weil wir uns gestern im Montanparlament auch über diese Frage unterhalten haben und gerade an dieser Stelle Herr Kollege Deist den Standpunkt vertrat — ich darf das wohl sagen —, daß die ganze Bergmannsprämie zu Fall komme, wenn die Hohe Behörde ihren Standpunkt aufrechterhalte, daß die Bergmannsprämie aus öffentlichen Mitteln mit dem Montan-Vertrag unvereinbar sei. Das werden wir nicht anerkennen, und wir werden, falls die Hohe Behörde ihren Standpunkt wider Erwarten aufrechterhält, alles tun, um auf anderem Wege das gleiche Ziel zu erreichen.
Ich will jetzt nicht im einzelnen ausführen, wie die Bundesregierung im Februar in die Zwangslage gekommen ist, diese beiden Maßnahmen zugunsten des Verbrauchers zu treffen und die Mittel zur Entlastung der bergbaulichen Unternehmer aus Steuergeldern zur Verfügung zu stellen. Hierzu genügt eine Feststellung. Da im Februar die Gefahr bestand, daß der Bergmann unter Tage seine Spitzenstellung in der Lohnskala verlor, haben sich damals — und das war zu begrüßen — Unternehmer und Gewerkschaften im Bergbau zusammengetan und Lohnerhöhungen vereinbart, die zwangsläufig bei dem hohen Anteil der Lohnkosten an den Selbstkosten des Bergbaus Preiserhöhungen zur Folge gehabt hätten. Diese Preiserhöhungen in dem vollen Ausmaß wollte die Bundesregierung vermeiden und hat daher zu diesen Maßnahmen gegriffen.
Es hat sich also schon damals — es ist wichtig, das festzuhalten — eine Front, ein Kollektiv von Unternehmern und Gewerkschaften gebildet, die ihre gemeinsamen Interessen gegen den Staat bzw. gegen den Verbraucher vertraten. Dabei wurde — das ist auch eine gefährliche Entwicklung — die Tarifhoheit der beiden Partner durch die soeben geschilderten staatlichen Maßnahmen verletzt. Denn ebenso wie es der Staat bei Tarifverhandlungen vermeiden muß, einen Tarifpartner zum Schaden des anderen zu begünstigen, ebensowenig darf er beiden Tarifpartnern den echten Abschluß von Tarifverträgen bzw. die Festlegung von Tariflöhnen durch Versprechungen an beide Teile zu Lasten des Verbrauchers eines Produkts abnehmen. Mehr will ich zu diesen Dingen, die man arbeitsrechtlich noch weiter behandeln könnte, nicht sagen. Es genügt festzustellen, daß sich dieses gute Einvernehmen zwischen Unternehmensverbänden und IG Bergbau bis auf den heutigen Tag erhalten hat, was meine folgenden Ausführungen beweisen werden, ohne daß ich darauf näher eingehe.
Ich habe einleitend gesagt, daß die Bundesregierung beim Abschluß des Montan-Vertrags ihre Souveränität über Kohle und Stahl an die Organe der Gemeinschaft abgegeben hat und daß wir seit 10. Februar 1953 für Kohle und Stahl einen gemeinsamen Markt haben, in dem die Preisregelungen der Gemeinschaft gelten. Der deutsche Bundeswirtschaftsminister ist nach dem Vertrag hierfür also nicht mehr zuständig. Die Preisentwicklungen werden von der Hohen Behörde in Luxemburg nach den Vertragsbestimmungen überwacht. Dabei hat die Hohe Behörde nach Art. 3 Buchstabe c des Montanvertrags — ich lese aus dem Vertrag mit Genehmigung des Herrn Präsidenten vor —
auf die Bildung niedrigster Preise dergestalt
zu achten, daß diese Preise nicht eine Erhö-
hung der von denselben Unternehmen bei anderen Geschäften angewandten Preise oder der Gesamtheit der Preise während eines anderen Zeitabschnitts zur Folge haben; hierbei sind die erforderlichen Abschreibungen zu ermöglichen und den hereingenommenen Kapitalien normale Verzinsungsmöglichkeiten zu bieten;
Die Erfüllung dieser Vorschrift ist nur möglich, wenn auf dem gemeinsamen Markt freie Preise herrschen und sich die Hohe Behörde lediglich darauf beschränkt, die Beachtung der eben verlesenen Preisvorschrift zu überwachen.
Da bei der Eröffnung des gemeinsamen Marktes die deutschen Kohlenpreise — und das ist eine Besonderheit der deutschen Kohlenwirtschaft — 30 bis 35 % unter dem Niveau des Preisstandes aller Mitgliedstaaten für die entsprechenden Kohlensorten lagen, war eine plötzliche Anhebung des deutschen Kohlenpreises auf dieses Niveau natürlich nicht möglich. Ähnliche Verhältnisse lagen auch in Belgien vor. Die Hohe Behörde wandte für die Preisfestsetzung bei deutscher Kohle daher den Art. 61 Buchstabe a des Montanvertrages an, der das sogenannte Höchstpreissystem vorschreibt. Nach diesem Höchstpreissystem wurden praktisch von der Hohen Behörde die deutschen Kohlenpreise festgesetzt. Wir hatten also von 1893, der Schaffung des Rheinisch-Westfälischen Kohlensyndikats an bis zum Eintritt in die Montanunion am 10. Februar 1953 im Bergbau den politischen Preis, weder Kosten- noch Marktpreis, und seitdem zunächst einen Höchstpreis nach den Bestimmungen des Montanvertrags.
Es war nun klar, daß sowohl der deutsche Bergbau wie auch die Hohe Behörde das Ziel haben mußten, dieses Höchstpreissystem als eine Ausnahmeregelung für Deutschland in gewisser Zeit aufzuheben. Im Zuge anderer Verhandlungen des deutschen Bergbaus mit der Hohen Behörde wurde dann am 31. März dieses Jahres das Höchstpreissystem aufgehoben, so daß wir seit 1. April in der Lage sind, unsere Preise im Bergbau unter Beachtung der grundsätzlichen Preisbestimmung des Art. 3 Buchstabe c des Montanvertrages selbst festzusetzen. Theoretisch könnte der deutsche Bergbau heute also nach den Wettbewerbsregeln in der freien Marktwirtschaft den höchsten Preis fordern, der zu erzielen ist. Die Preisanhebung, die damit verbunden wäre, würde nun in einem solchen Ausmaß erfolgen, daß man sie dem deutschen Verbraucher innerhalb weniger Monate nicht zumuten kann.