Rede von
Dr.
Konrad
Adenauer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und meine Herren! Herr Gille hat offenbar einen Teil meiner Ausführungen — daran mag die Akustik schuld sein — nicht richtig verstanden. Ich will sie ihm deswegen wiederholen.
Ich möchte aber zuerst auf die Daten eingehen. Das Angebot der beiden Herren kam am 11. Juli. Die Parlamentsferien begannen am 18. Juli und dauerten bis 12. September. Ich konnte selbstverständlich während der Parlamentsferien in der Sache gar nichts tun, habe das auch damals nicht getan,
weil eine solche Sache nur nach Rücksprache mit den Parlamentariern erledigt werden kann.
— Wie man es Ihnen recht machen soll, weiß ich nicht.
Wenn ich während Ihrer Abwesenheit etwas tue, wird es heißen: er bekümmert sich nicht um uns; und wenn ich nun sage: Sie hatten Ferien, und ich mußte mit den Parlamentariern sprechen, dann sagen Sie: Warum denn? Es ist nicht nötig. — Was soll ich denn nun machen?
Aber, meine Damen und Herren, lassen Sie mich doch in Ruhe — d. h. in Ruhe von Ihrer Seite — fortfahren. Die Parlamentsferien gingen am 12. September zu Ende. Am 7. Oktober bin ich, wie Sie wissen, schwer erkrankt, und dann ist die Sache liegengeblieben.
Nun möchte ich aber doch — Herr Kollege Gille, ich habe eben wörtlich verlesen — Ihnen die Sätze vorlesen, die Sie besonders glauben beanstanden zu müssen. Ich habe erstens gesagt:
Koalitionsabreden zwischen den Fraktionen, die die Regierung tragen, schaffen keine verfassungsrechtlichen Verpflichtungen, sondern haben politische Bedeutung.
Ich glaube, damit kann man einverstanden sein. Dann habe ich weiter gesagt:
Eine Verpflichtung des Bundeskanzlers, eine bestimmte Persönlichkeit mit einem bestimmten Ministeramt zu beauftragen und sie auf Verlangen einer Koalitionsfraktion wieder abzuberufen, würde mit dem Grundgesetz nicht vereinbar sein.
Auch dagegen werden Sie nichts sagen können.
Dann hatten Sie, Herr Gille, meine Ausführungen noch in einem dritten Punkt bemängelt. Sie haben gesagt, es habe Ihre Fraktion unangenehm berührt, daß ich auf den Eid hingewiesen habe. Ich habe ausdrücklich gesagt — und zwar im Hinblick darauf, daß eine falsche Anschauung doch hier und da vertreten wird —: Die Bundesminister sind bei ihrer Tätigkeit im Kabinett nicht Beauftragte bestimmter Fraktionen. Sie leisten einen besonderen Eid und haben sodann ihre besonderen Verpflichtungen. Ich habe den Eid hier nur ganz allgemein angeführt, nicht im Hinblick auf Ihre Anfrage, sondern weil doch hier und da eine entgegengesetzte Meinung vertreten wird, nämlich daß ein Minister, der auf Vorschlag einer Fraktion vom Bundeskanzler dem Bundespräsidenten zur Ernennung vorgeschlagen wird, nach seiner Ernennung Beauftragter einer bestimmten Fraktion sei. Das haben Sie nicht gesagt, Herr Gille, aber diese Meinung ist in der Öffentlichkeit vertreten worden, und es lag mir wirklich daran, diese Stellung — die staatsrechtliche und verfassungsrechtliche Stellung — der Minister innerhalb des ganzen Gefüges einmal klarzulegen.
Nun möchte ich zur Frage der Verbindungsminister etwas sagen. Meine Damen und Herren, diese Sonderminister sollten die Verbindung zwischen dem Kabinett und den einzelnen Fraktionen herstellen. Ich habe zu meinem großen Bedauern feststellen müssen, daß, sobald ein Mitglied einer Fraktion — das geht nicht auf Ihre Fraktion allein
— Sonderminister geworden war, sein Einfluß und sein Ansehen in seiner Fraktion bedenklich sanken.
Weshalb soll ich etwas, was offenbar ist, nicht ruhig gestehen?
— Nur was offenbar ist, habe ich gesagt.
Deswegen habe ich, noch ehe das Schreiben der beiden Herren eingegangen war, den Sonderministern besondere Aufgaben gestellt,
nicht nur Herrn Kraft, sondern auch Herrn Kollegen Dr. Schäfer und auch anderen Ministern.
Meine Damen und Herren, Sie urteilen nicht richtig, wenn Sie glauben, daß die Aufgabe, die Herr Kraft bekommen hat, eine weniger wichtige und umfangreiche sei.
Nach meiner Auffassung ist die Frage Wasser genau so wichtig wie die Frage Atom.
Meine Damen und Herren, jahrelang haben sich drei verschiedene Ministerien mit dieser Frage beschäftigt, und wir sind keinen Schritt weitergekommen.
— Sie rechtfertigen ja nur, was ich sage, meine Damen und Herren.
— Ach, von welcher Partei, ist j a gleichgültig. Wenn es von Ihrer Partei gewesen wäre, wäre es genau so passiert, weil jeder nur die Interessen seines Ressorts vertrat und nicht die Interessen der Gesamtheit an dem Faktor Wasser.
— Ich hätte nie gedacht, daß das Wasser so belebend wirken würde, meine Damen und Herren.
Meine Damen und Herren, ich habe, und zwar, wie ich offen sage, unter Widerstreben der beteiligten Ressortminister, Herrn Kraft diese Aufgabe übertragen, und der erste, umfangreiche Gesetzentwurf ist ja nun beim Bundesrat eingegangen. Glauben Sie mir das eine, meine Damen und Herren: Es ist wirklich eine Frage, die schon jetzt denjenigen, die etwas davon wissen, schwerstes Kopfzerbrechen machen muß und die in zehn Jahren eine Lebensfrage für uns ist.
— Nein, meine Damen und Herren, das soll keine Lebensstellung sein, wirklich nicht! Wir haben ja im Jahre 1957 wieder Wahlen, und dann werden wir ja doch sehen, wer dann Wasserminister wird.
Aber ich möchte Ihnen allen, meine Damen und Herren, sehr ernst sagen, daß Sie die verfassungsrechtlichen Fragen und die politischen Fragen genau auseinanderhalten müssen. Die verfassungsrechtlichen Fragen, die Rechte des Bundespräsidenten, des Bundeskanzlers, des Parlaments, stehen fest. Die Koalitionsfragen sind politische Fragen, die durch Verabredungen keine verfassungsrechtliche Bedeutung gewinnen können.