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ID0210801400

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Metadaten
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  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 108. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 26. Oktober 1955 5887 108. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 26. Oktober 1955. Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfrage 194 der Fraktion der SPD betr. eine Veröffentlichung des Statistischen Bundesamts (Drucksachen 1714, 1810) . 5888 B Ergänzung der Tagesordnung: Rasner (CDU/CSU) (zur Geschäftsordnung) 5888 B Große Anfrage der Fraktion der SPD betr Berliner Aufbauplan (Drucksache 1412) in Verbindung mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Dritten Überleitungsgesetzes (Drucksache 1706) mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Änderung des Einzelplans 45 — Finanzielle Hilfe für Berlin — in den Bundeshaushaltsplänen vom Rechnungsjahr 1956 an (Drucksache 1710) mit der Ersten Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Förderung der Wirtschaft von Berlin (West) (Drucksache 1707 [neu] und mit der Beratung des Antrags der Abg. Wehner, Brookmann (Kiel) u. Gen. betr. Städtebaulicher Ideenwettbewerb „Hauptstadt Berlin" und Architektenwettbewerb „Wiederherstellung Reichstagsgebäude" (Drucksache 1690) 5888 C Brandt -(Berlin) (SPD): als Anfragender 5888 D als Antragsteller 5890 D Schäffer, Bundesminister der Finanzen . . . 5891 B, 5899 B, 5900 C Dr. Gülich (SPD): als Antragsteller . . . . 5894 A, 5895 D als Abgeordneter 5900 A zur Geschäftsordnung 5908 C Präsident D. Dr. Gerstenmaier . . 5895 C Stingl (CDU/CSU) 5896 C Dr. Lindrath (CDU/CSU) . 5897 C, 5903 D Klingelhöfer (SPD) 5901 A Dr. h. c. Blücher, Stellvertreter des Bundeskanzlers 5904 A Dr. Friedensburg (CDU/CSU) . . 5905 B Dr. Will (FDP) 5906 C Wehner (SPD) (zur Geschäftsordnung) 5908 C Ausschußüberweisung der Anträge Drucksachen 1706, 1707 [neu] und 1710 . . . 5909 A Annahme des Antrags Drucksache 1690 . 5909 D Erste Beratung des von der Fraktion der DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (Drucksache 1715) 5910 A Überweisung an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen 5910 A Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Gewährung von Sonderzulagen zur Unterhaltshilfe nach dem Lastenausgleichsgesetz (Drucksache 1705) . . 5910 A Zühlke (SPD), Antragsteller . . . 5910 A Kuntscher (CDU/CSU) 5910 C Dr. Klötzer (GB/BHE) 5911 C Ohlig (SPD) 5912 B Überweisung an den Lastenausgleichsausschuß 5913 A Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes (Drucksache 1708) in Verbindung mit der Ersten Beratung des von der Fraktion des GB/BHE eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Bundesversorgungsgesetzes (Drucksache 1808) und mit der Ersten Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP eingebrachten Entwurfs eines Fünften Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Bundesversorgungsgesetzes (Drucksache 1811) . 5913 B Pohle (Eckernförde) (SPD), Antragsteller 5913 B Petersen (GB/BHE), Antragsteller . 5914 D Frau Dr. Probst (CDU/CSU), Antragstellerin 5915 D, 5918 D Rasch (SPD) 5917 D Überweisung an den Ausschuß für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen und an den Haushaltsausschuß . . . . 5919 B Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Gleichstellung aller Arbeitnehmer im Krankheitsfall (Drucksache 1704) 5919 B Richter (SPD), Antragsteller . . . . 5919 B Dr. Dittrich (CDU/CSU) . . . 5920 B, 5921 B Dr. Schellenberg (SPD) 5921 B Dr. Hammer (FDP) 5922 A Frau Finselberger (GB/BHE) . . . 5923 A Herold (SPD) 5923 C Becker (Hamburg) (DP) 5924 B Rasner (CDU/CSU) (zur Geschäftsordnung) 5925 B Ausschußüberweisungen 5925 B Erste Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Bundesevakuiertengesetzes (Drucksache 1703) in Verbindung mit der Ersten Beratung des von den Abg. Dr. Graf (München), Kunze (Bethel), Funk u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Bundesevakuiertengesetzes (Drucksache 1803) 5925 C Ausschußüberweisungen 5925 C Erste Beratung des von der Fraktion des GB/BHE eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Renten-Mehrbetrags-Gesetzes (Drucksache 1805) . . . 5925 D Überweisung an den Ausschuß für Sozialpolitik und an den Haushaltsausschuß 5925 D Nächste Sitzung 5925 D Anlage: Liste der beurlaubten Abgeordneten 5926 Die Sitzung wird um 14 Uhr 2 Minuten durch den Präsidenten D. Dr. Gerstenmaier eröffnet.
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    Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten a) Beurlaubungen Abgeordnete beurlaubt bis einschließlich Frehsee 15. November Kühn (Bonn) 15. November Matthes 15. November Dr. Miessner 15. November Welke 15. November Hoogen 12. November Albers 5. November Dr.-Ing. E. h. Schuberth 5. November Dr. Bucerius 31. Oktober Gibbert 30. Oktober Griem 30. Oktober Dr. Baade 29. Oktober Frau Döhring 29. Oktober Dr. Greve 29. Oktober Jahn (Frankfurt) 29. Oktober Dr. Köhler 29. Oktober Kurlbaum 29. Oktober Neuburger 29. Oktober Rehs 29. Oktober Frau Rösch 29. Oktober Frau Dr. Schwarzhaupt 29. Oktober Wehr 29. Oktober Altmaier 28. Oktober Dr. Becker (Hersfeld) 28. Oktober Birkelbach 28. Oktober Fürst von Bismarck 28. Oktober Dr. Blank (Oberhausen) 28. Oktober Dr. Deist 28. Oktober Dr. Drechsel 28. Oktober Dr. Eckhardt 28. Oktober Erler 28. Oktober Even 28. Oktober Feldmann 28. Oktober Gräfin Finckenstein 28. Oktober Dr. Furler 28. Oktober Gerns 28. Oktober Haasler 28. Oktober Dr. Graf Henckel 28. Oktober Höfler 28. Oktober Dr. Horlacher 28. Oktober Jacobi 28. Oktober Kalbitzer 28. Oktober Kiesinger 28. Oktober Dr. Kopf 28. Oktober Dr. Kreyssig 28. Oktober Lemmer 28. Oktober Lenz (Brühl) 28. Oktober Dr. Lenz (Godesberg) 28. Oktober Dr. Leverkuehn 28. Oktober Lücker (München) 28. Oktober Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 28. Oktober Dr. Lütkens 28. Oktober Dr. Maier (Stuttgart) 28. Oktober Marx 28. Oktober Dr. Mommer 28. Oktober Frau Meyer-Laule 28. Oktober Dr. Oesterle 28. Oktober Ollenhauer 28. Oktober Pelster 28. Oktober Dr. Pohle (Düsseldorf) 28. Oktober D. Dr. h. c. Pünder 28. Oktober Paul 28. Oktober Frau Dr. Rehling 28. Oktober Dr. Reif 28. Oktober Sabaß 28. Oktober Dr. Schmid (Frankfurt) 28. Oktober Dr. Schöne 28. Oktober Frau Schroeder (Berlin) 28. Oktober Schütz 28. Oktober Graf von Spreti 28. Oktober Sträter 28. Oktober Struve 28. Oktober Trittelvitz 28. Oktober Unertl 28. Oktober Dr. Wahl 28. Oktober Frau Dr. h. c. Weber 28. Oktober (Aachen) Wehner 28. Oktober Frau Welter (Aachen) 28. Oktober Dr. Brühler 27. Oktober Frenzel 27. Oktober Dr. Glasmeyer 27. Oktober Kühlthau 27. Oktober Leibfried 27. Oktober Dr. Mocker 27. Oktober Dr. Schranz 27. Oktober Dr. Bartram 26. Oktober Dr. Bergmeyer 26. Oktober Berendsen 26. Oktober Elsner 26. Oktober Heix 26. Oktober Heiland 26. Oktober Dr. Hesberg 26. Oktober Dr. Keller 26. Oktober Koenen (Lippstadt) 26. Oktober Majonica 26. Oktober Margulies 26. Oktober Müser 26. Oktober Oetzel 26. Oktober Frau Praetorius 26. Oktober Rademacher 26. Oktober Frau Renger 26. Oktober Schneider (Hamburg) 26. Oktober Stauch 26. Oktober Voß 26. Oktober Winkelheide 26. Oktober Dr. Werber 26. Oktober Ziegler 26. Oktober b) Urlaubsanträge Abgeordnete bis einschließlich Dr. Dr. h. c. Müller (Bonn) 23. November Raestrup 19. November Dr. Starke 15. November Dr. Atzenroth 12. November Bals 12. November Dr. Brönner 12. November Dr. Elbrächter 12. November Illerhaus 12. November Regling 12. November Bock 5. November
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Josef Stingl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will mich bei meinen Ausführungen auf einige Bemerkungen beschränken, die mit der Großen Anfrage der sozialdemokratischen Fraktion zusammenhängen. Zu den Ausführungen über die Anträge werden andere Kollegen meiner Fraktion Stellung nehmen. Lassen Sie mich am Anfang zu dem, was Kollege Brandt und Kollege Gülich über die Tagung vorige Woche in Berlin gesagt haben, noch eins hinzufügen: Lassen Sie mich Ihnen als einzelnen, meine Kolleginnen und Kollegen, danken, daß Sie bei dem Besuch in Berlin, jeder einzelne, Gelegenheit genommen haben, mit der Bevölkerung in Kontakt zu kommen. Ich darf Ihnen mitteilen, daß mir mehrfach aus der Bevölkerung und insbesondere aus dem Sowjetsektor die Versicherung abgegeben worden ist, daß besonders das gute Verhältnis der einzelnen Abgeordneten zu den Berlinern in Gesprächen großen Eindruck gemacht hat. Ich darf das Ihnen, jedem einzelnen, doch noch einmal berichten.
    Nun, wie diese Anwesenheit in Berlin auf die Bevölkerung gewirkt hat, so ist sicher auch eindeutig festzustellen, daß die Berliner Zustände Sie, meine Damen und Herren, beeindruckt haben. Daß wir heute schon bei der Begründung der Großen Anfrage so verständnisvolle Bemerkungen über die Zusammenarbeit gehört haben, läßt das besonders richtig erscheinen.
    Herr Kollege Brandt hat ja an den Anfang seiner Ausführungen den Dank dafür gesetzt, daß die Bundesregierung und die westlichen Mächte die Berliner Bevölkerung in ihrem Bestreben, sich selbst weitgehend zu erhalten, unterstützt haben. Es wird weiterhin ein gemeinsames Streben der Bundesregierung und des Senats und es wird weiterhin ein gemeinsames Bestreben des Bundestags und des Berliner Abgeordnetenhauses sein müssen, dieses Berlin nach wie vor zum Schaufenster der freien Welt zu machen und in seiner Wirtschaftskraft zu stärken.
    Wir haben gehört, daß zu diesem Zweck der langfristige Aufbauplan mit dem Wirtschaftskabinett erörtert wurde, und wir haben auch das Zitat der Ausführungen des Herrn Bundeskanzlers gehört, daß der Bund sich seiner großen Verpflichtungen gegenüber Berlin voll bewußt sei. Darum also gab es auch keinen Zweifel darüber, daß die Schaffung von Arbeitsplätzen wiederum das gemeinsame Anliegen aller ist. Wir können hier einmal vermerken, daß seit dem Zeitpunkt, da der neue Berliner Senat die Forderung aufgestellt hat, daß 100 000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden sollen, doch ein erheblicher Teil dieses Programms schon verwirklicht worden ist, immerhin durch die Vorarbeiten, die wir, schon bevor dieser neue Senat sein Amt antrat, sehen konnten, Vorarbeiten, die teils vom Bundestag und teils von den früheren Berliner Senaten geleistet worden sind. Wir haben von einer Arbeitslosenzahl, die um die Jahreswende bei 182 000 lag, bis zu einem Tiefststand von etwa 115 000 Arbeitslosen in Berlin kommen können. Die Sicherstellung der Finanzierung der im ersten Teil genannten Aufgaben durch 1,6 Milliarden DM aus ERP-Mitteln in den folgenden Jahren ist ja so erfreulich, daß es darüber überhaupt keine Debatte zwischen uns gibt.
    Was aber die Fragen des Kultur- und Sozialprogramms anlangt, so ist es mir ein Bedürfnis, zu sagen, daß die Verhandlungen zwischen Bundesfinanzminister und Berliner Senat gelegentlich


    (Stingl)

    doch so ein bißchen Unstimmigkeiten insoweit ergeben, als der Finanzminister verlangt, daß vorher alle Planungen abgeschlossen seien. Wir sollten meinen, daß hierbei durchaus auch einmal darauf Rücksicht genommen werden muß, daß man, bevor man die endgültige Planung bringen kann, ungefähr über die Größenordnung Bescheid wissen muß, in der man planen kann. Und hier, glaube ich, sind auch in erheblichem Maße gute Ansätze vorhanden, um zu einer Einigung darüber zu kommen, daß auch schon die Mittel, die für die Planung notwendig sind, mit als notwendig für den Aufbau im Haushaltsplan anerkannt werden.
    Der Tiefbau kann in Berlin, soweit wir das übersehen können, noch wesentlich verstärkt werden. Da wird es keine Hemmnisse, die auf dem Arbeitsmarkt liegen, geben. Dagegen werden wir beim Hochbau doch einigermaßen überlegen müssen, welche Ansätze wirklich auch durchgeführt werden können, auch im Hinblick darauf, wieweit wir gelernte Arbeitskräfte dafür zur Verfügung haben.
    Über die Frage Wohnungsbau ist genügend gesagt worden. Es erübrigt sich, weitere Ausführungen zu machen. Ich will dazu nur sagen, daß auch nach unserem Willen diese geplanten Vorhaben unter allen Umständen in der Größenordnung, wie wir sie genannt haben, durchgeführt werden müssen. Lassen Sie mich nur noch die Anmerkung machen, daß wir dabei auch darauf Bedacht nehmen sollten, nicht nur etwa Wohnmaschinen zu erstellen, sondern ein gesundes Verhältnis zwischen Eigentumswohnungen, Eigenheimen und Mietwohnungen zu finden.
    Lassen Sie mich noch ein besonderes Anliegen meiner Freunde beim Kultur- und Sozialprogramm anbringen. Wir stimmen völlig damit überein, daß Berlin kulturell ein Blickpunkt sein muß. Lassen Sie mich aber das besondere Anliegen nennen, daß wir den Verbänden der freien Wohlfahrtspflege auf einigen Gebieten etwas mehr Spielraum geben sollten, als es jetzt aus dem Plan ersichtlich ist. Ich denke da insbesondere an die Frage der Kindertagesstätten. Beziehen Sie das in Ihre Überlegungen dieser Fragen mit ein. Es bleibt mir übrig, festzustellen, daß wir also an Berlin die Bitte haben, möglichst bald die konkreten Pläne zu entwickeln und den Wohlfahrtsverbänden mehr Spielraum zu lassen, als es vorgesehen ist.
    An den Bundesfinanzminister aber richten wir die Bitte, daß er bei den Kassenkrediten, die er zu geben versprochen hat, vielleicht etwas zwangloser auf die Wünsche Berlins eingehen, daß er bei der Ermittlung des Bedarfes nach diesem Kultur- und Sozialprogramm auch die alten Grundsätze der Haushaltshilfe für Berlin anwenden und diese Mittel, die wir jetzt im Aufbauplan fordern, zusätzlich geben möge. Schließlich bitten wir ihn — dies ist mir ein besonderes Anliegen, das heute überhaupt noch nicht angesprochen wurde —, daß er die Lasten, die Berlin unvorbereitet treffen — ich denke an die Autobahngebühren —, als Lasten höherer Gewalt auf die Schultern des Bundes nimmt. Denn auch die Sicherung des Verkehrs nach Berlin ist eine Bundesaufgabe, eine politische Aufgabe.
    Meine Damen und Herren, Sie werden sagen, daß auch ich in meinen Ausführungen nicht allzuweit abgewichen bin von dem, was bisher schon zum Aufbauplan gesagt wurde. Es ist vielleicht das erfreulichste Zeichen, daß wir uns in dieser Frage, daß Berlin selbständig lebenskräftig werden soll und daß die Last verteilt werden soll zwischen dem Willen der Berliner Bevölkerung, sich selbst zu helfen, und dem Willen der Bundesrepublik, Berlin zu helfen, im ganzen Hause einig sind.

    (Beifall.)



Rede von Dr. Eugen Gerstenmaier
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Lindrath.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hermann Lindrath


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag Drucksache 1706 auf Änderung des Dritten Überleitungsgesetzes ist von Herrn Kollegen Professor Dr. Gülich begründet worden. Dieser Antrag beinhaltet eigentlich zweierlei: einmal eine Änderung des Abs. 2 des § 16 des Dritten Überleitungsgesetzes, wobei es um die Bemessung des Bundeszuschusses geht, und zum anderen eine Änderung des Abs. 3 des gleichen Paragraphen, wobei die Verwendung des Notopfers Berlin zur Erörterung steht. Beiden Anträgen kann ich namens der CDU/CSU leider nicht zustimmen, und zwar aus folgenden Gründen:
    Zunächst zur Bemessung des Bundeszuschusses. Der Bundeszuschuß wird nach den jetzt geltenden Bestimmungen des § 16 so bemessen, daß das Land Berlin die durch seine besondere Lage bedingten Aufgaben erfüllen kann. In dem Entwurf ist eine andere Art der Bemessung vorgeschlagen. Danach sollen die wirtschaftliche und die soziale Stellung Berlins und auch die Hauptstadteigenschaft Berlins hierbei berücksichtigt werden.
    Dieser Änderungsvorschlag wird den tatsächlichen Verhältnissen nicht gerecht. Der Bundeszuschuß, der im Jahre 1955 800 Millionen DM — bei einem Gesamthaushalt von 1,9 Milliarden DM — beträgt, dient in erster Linie zur Deckung der im Landeshaushalt von Berlin zu veranschlagenden Ausgaben, die sich aus der politischen Sonderlage ergeben und zur Aufrechterhaltung der Verwaltung und des kulturellen Lebens in Berlin notwendig sind. Die ganz allgemein für die Sicherung der wirtschaftlichen und sozialen Stellung Berlins erforderlichen Mittel werden neben dem Bundeszuschuß aus dem Bundeshaushalt, aus ERP-Mitteln und aus sonstigen zentralen Quellen wie etwa der Sozialversicherung, dem Lastenausgleich und ähnlichen zur Verfügung gestellt. Sie übersteigen die im Landeshaushalt Berlin dafür veranschlagten Beträge bei weitem. So fließen z. B. außerhalb des Bundeszuschusses rund 700 Millionen DM für soziale Leistungen aus dem Bundeshaushalt nach Berlin.

    (Zurufe von der SPD.)

    — Darauf komme ich noch zu sprechen, Herr Gülich. — Auch die Steuervergünstigungen für Berlin trägt der Bundeshaushalt außerhalb des Bundeszuschusses. Es ist nicht klar ersichtlich, was mit den beantragten Änderungen bezweckt werden soll. Hier entsteht nämlich die Frage, ob die seither aus dem Bundeshaushalt für wirtschaftliche und soziale Zwecke unmittelbar nach Berlin geflossenen Beträge in Zukunft zunächst über den Bundeszuschuß im Landeshaushalt laufen und dann erst durch den Landeshaushalt weiter verteilt werden sollen. Die Ausführungen des Herrn Professor Gülich deuteten, glaube ich, darauf hin, daß das Notopfer nur den eigentlichen Bundeszuschuß beinhalten soll. Aus dem Antrag selbst ist das nicht ohne weiteres zu ersehen.

    (Abg. Dr. Gülich: Ich habe mich ganz klar dazu 'ausgedrückt!)



    (Dr. Lindrath)

    — Sie haben sich so ausgedrückt — oder so habe ich Sie verstanden —, daß dieser Zuschuß so hoch sein soll wie der offene Zuschuß, der im Landeshaushalt abgedeckt werden soll.

    (Zuruf von der SPD: Der bisher ausgehandelt worden ist!)

    Die vorgeschlagene neue Fassung ist in gewissem Sinne zu eng, und zwar insofern, als manche Aufwendungen für Berlin hierunter wahrscheinlich nicht subsumiert werden können. Ich denke beispielsweise an Aufwendungen für die Luftfrachtbrücke. Andererseits ist die Fassung vielleicht zu weit. Soweit die Hauptstadteigenschaft Berlins in Frage kommt, würden hierunter auch Aufwendungen fallen, die auf rein kommunalem Sektor liegen, alle ordentlichen und außerordentlichen Aufwendungen usw. Insofern ist die Fassung wahrscheinlich etwas zu weit.
    Entscheidend ist aber, glaube ich, nicht der Abs. 2, sondern der Abs. 3, der sich mit der Frage der Verwendung befaßt. Hier ist es ja das alte Anliegen unseres verehrten Kollegen Herrn Gülich, das Notopfer zu einer Zwecksteuer zu machen.

    (Zuruf von der SPD: Das Anliegen der Berliner ist das!)

    — Zunächst, hier im Hause, ist es das Anliegen des Herrn Professor Gülich — im Finanzausschuß — bisher schon immer gewesen.

    (Abg. Neumann: Haben Sie Kollegen Stingl nicht gehört?)

    Die Zweckbindung einer Steuer kann man natürlich immer nur verhältnismäßig eng fassen. Auch andere Steuern, die in der Vergangenheit zweckgebunden gewesen sind, wie etwa der Wehrbeitrag oder das Reichsnotopfer oder die frühere Hauszinssteuer haben sich meistens so entwickelt, daß sie
    — das gilt insbesondere für die frühere Hauszinssteuer — dann eben doch wieder zu einem allgemeinen Deckungsmittel geworden sind. Wir haben uns ja auch bei der Verkehrsbesteuerung sehr schwer damit getan, irgendeine Zweckbindung durchzuführen.
    Auf der anderen Seite ist die Zweckbindung auch meistens teuer. Gerade in der Verwaltung führt die Fondsbildung zu Ausgaben, die manchmal nicht gerechtfertigt sind, und die Kapazität —

    (Zuruf von der SPD: Das muß man kontrollieren!)

    — Selbstverständlich muß das kontrolliert werden, und es kann auch kontrolliert werden. Aber das ist eine ganz allgemeine Feststellung.

    (Abg. Wehner: Wir reden nicht allgemein, sondern von der Insel Berlin!)

    Wir müssen auch weiter berücksichtigen, daß die Mittel, die bisher zur Verfügung gestellt worden sind, durchaus ausgereicht haben, um die Aufgaben zu erfüllen, die erfüllt werden mußten.
    Die Zweckbindung verstößt auch gegen den Grundsatz der Haushaltseinheit und der Kasseneinheit. Wir müssen dafür sorgen, daß Haushaltsund Kasseneinheit gewahrt werden, und hiergegen würde eine Zweckbindung ebenfalls verstoßen.

    (Widerspruch bei der SPD.)

    Weiterhin würde die Zweckbindung — und das ist ein Einwand, den Herr Gülich wohl schon erwartete — eine gewisse Zementierung des Notopfers Berlin bedeuten. Das heißt, die Zweckbindung würde es einmal sehr schwer möglich machen, das Notopfer zu beseitigen und es etwa in die Einkommensteuer einzubauen auf einem Wege, den wir bereits bei der letzten Erörterung über das Notopfer beschritten haben, indem wir vorgeschrieben haben, daß das Notopfer in den untersten Stufen nicht höher sein soll als die Lohnsteuer. Die Zweckbindung ist auch verwaltungsmäßig nicht günstig, weil sich ja das Notopfer diesem Auf und Ab des Bedarfs, der gedeckt werden soll, anpassen müßte. Das würde bedeuten, daß entweder das Notopfer ständig verändert, gesteigert oder gesenkt, oder der Zuschuß dem tatsächlichen Aufkommen des Notopfers angepaßt werden müßte.
    Aber der Hauptgrund der Antragsteller, die Zweckbindung zu erstreben, dürfte wohl darin zu erblicken sein, eine Garantie dafür haben zu wollen, daß das Aufkommen aus dem Notopfer tatsächlich Berlin zugute kommt.

    (Zuruf von der SPD: So ist es! — Abg. Schröter [Wilmersdorf] : Endlich haben Sie mal was erfaßt!)

    — Das habe ich schon erfaßt. Aber dann haben Sie vielleicht vorhin nicht aufgepaßt, als der Herr Finanzminister ausführte, daß seit Bestehen des Notopfers insgesamt etwa 600 Millionen DM mehr nach Berlin geflossen sind, als das Notopfer aufgebracht hat.

    (Zurufe von der SPD: Ist ja enorm! — Ist ja nicht richtig! — Abg. Dr. Gülich: Das wissen Sie so gut wie wir!)

    Es ist jedenfalls festzustellen, daß auch im lauf enden Rechnungsjahr das Notopfer in seiner vollen Höhe hinter dem zurückbleibt, was tatsächlich für Berlin aufgewendet worden ist.
    Aber nun kommt noch eine andere Erwägung hinzu, die ich Sie bitten möchte, doch zu beachten, nämlich folgendes: Die von Ihnen geforderte Regelung hätte zur Folge, daß das Notopfer durch Senkung oder Erhöhung des Tarifs in jedem Jahr dem für erforderlich gehaltenen Zuschußbetrag older der jährliche Zuschußbetrag dem jährlichen Aufkommen des Notopfers angepaßt werden müßte. Damit ergeben sich aber grundsätzliche Einwendungen, die überhaupt gegen Zwecksteuern sprechen: Der Zuschuß müßte entweder gesenkt

    (Widerspruch bei der SPD)

    oder das Notopfer müßte erhöht werden,

    (Abg. Dr. Gülich: Das habe ich ja gar nicht gesagt!)

    wenn das Aufkommen zurückgehen sollte. Das ist doch klar. Die gegenwärtige Regelung, bei der aus dem Notopferaufkommen nicht nur der Bundeszuschuß für den Landeshaushalt, sondern auch erhebliche weitere nach Berlin fließende Ausgaben gedeckt werden, bedeutet eine steuerliche Schonung der Berliner Bevölkerung, die vom Notopfer ja befreit ist. Würde das Notopferaufkommen ausschließlich, wie es in dem Antrag heißt, zur Dekkung des Bundeszuschusses zum Berliner Haushalt verwendet, so müßte das Notopfer gesenkt und für die neben dem Bundeszuschuß nach Berlin fließenden Ausgaben im Bundeshaushalt eine andere Deckung gesucht werden. Und werden zum Ausgleich andere Bundessteuern erhöht, .dann wäre die Berliner Bevölkerung an der Aufbringung entsprechend beteiligt. Es würde also im Effekt das Gegenteil dessen erreicht, was mit Ihrem Antrag offensichtlich angestrebt wird.


    (Dr. Lindrath)

    Einige Bemerkungen noch. Wenn wir im § 16 überhaupt ändern wollen, dann hätte man auch § 16 Abs. 1 mindestens in Satz 1 ändern müssen. Der Satz 1 lautet nämlich:
    Der Bund stellt das in Berlin erzielte Aufkommen aus der Abgabe „Notopfer Berlin" dem Lande Berlin zur Deckung des Fehlbedarfs seines Landeshaushalts zur Verfügung.
    Der Satz ist gegenstandslos geworden; das hätte dann natürlich in dem Entwurf gleich mit gestrichen werden können.
    Eine zweite kurze Bemerkung noch. Mir liegt gegenwärtig eine Zusammenstellung vor, was der Bund tatsächlich für Berlin getan hat und wie hoch die Steuereinnahmen nach Vollzug des Finanzausgleichs in den einzelnen Ländern und in Berlin waren. Vergleichen wir das steuerschwächste Land Rheinland-Pfalz und das steuerstärkste Land Hamburg mit der Stadt Berlin, so ergeben sich für die beiden letzten Rechnungsjahre 1954 und 1955 folgende Zahlen: In Rheinland-Pfalz betrugen die Steuereinnahmen nach Durchführung des Finanzausgleichs in DM je Einwohner 140,03 DM, in Hamburg 313,70 DM und in Berlin 513,49 DM. Für 1955 würden die entsprechenden Zahlen lauten: für Rheinland-Pfalz 161,82 DM, für Hamburg 292,56 DM und für Berlin 530 DM. Soviel würde das Steueraufkommen je Einwohner nach Durchführung des Finanzausgleichs betragen. Der Bund kennt somit seine Pflicht und Schuldigkeit, und man hat hier ja auch von verschiedenen Seiten dem Bund gegenüber den Dank für das ausgesprochen, was er bisher geleistet hat. Auch der Bundestag weiß, was er der Hauptstadt Berlin schuldig ist; er hat diese Pflicht erfüllt. Schlichte Worte des Dankes hat auch Herr Kollege Brandt bei Begründung der Großen Anfrage gesprochen.
    Wenn ich noch kurz eine Bemerkung zu dem Antrag Drucksache 710 machen darf: Unsererseits bestehen keine Bedenken, diesen Antrag anzunehmen. Allerdings hat er sinnvolle Bedeutung nur in Verbindung mit dem Gesetzentwurf Drucksache 1706.
    Namens meiner Freunde stelle ich den Antrag, den Gesetzentwurf Drucksache 1706 dem Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen als federführendem Ausschuß, dem Haushaltsausschuß zur Mitberatung, den Antrag Drucksache 1710 dem Haushaltsausschuß, den Gesetzentwurf Drucksache 1707 (neu) dem Ausschuß für Wirtschaftspolitik und den Antrag Drucksache 1690 dem Haushaltsausschuß zu überweisen.