Rede von
Herbert
Schneider
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(DP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bereits bei der Vorlage des Freiwilligengesetzes hat meine Fraktion gewisse Bedenken angemeldet. Diese Bedenken sind auch, nachdem der Sicherheitsausschuß in ausgiebigen Beratungen die verschiedensten Verbesserungen angebracht hat, noch nicht vollends ausgeräumt. Andererseits sind meine Freunde von der Deutschen Partei und ich fest davon überzeugt, daß es notwendig ist, dieses Gesetz umgehend unter Dach und Fach zu bringen, und zwar aus außenpolitischen Überlegungen. Denn wenn wir bedenken, daß in diesen Tagen die Führer der Großmächte in Genf zusammentreten, dann gibt es in unserer Situation nur die Alternative, ob wir, ich möchte sagen: als unsichtbarer Verhandlungspartner mit am Verhandlungstisch sitzen oder oh wir als Faustpfand dafür dasein sollen, daß eventuell Konzessionen auf unserem Rücken ausgehandelt werden können. Es ist dabei noch keineswegs entschieden, welche Rolle Deutschland bei diesen Beratungen endgültig spielen wird, ob es aktiver Mitspieler sein kann oder ob es die Rolle eines passiven Objekts zugewiesen bekommen wird.
Meine Freunde und ich haben aber das Vertrauen in die Westmächte, daß sie ihre gegebenen Zusagen in dem Umfang einhalten, wie das bisher stets der Fall gewesen ist und wie andererseits auch die Bundesrepublik die eingegangenen Verpflichtungen stets getreulich erfüllt hat. Trotzdem dürfen wir uns nicht darüber hinwegtäuschen, daß angesichts der sicherlich langwierigen Verhandlungen, die bevorstehen, Überraschungen nicht ausgeschlossen erscheinen. Dieses Moment macht es notwendig — das muß hier mit aller Deutlichkeit gesagt werden, denn es ist meines Erachtens in der Vergangenheit in der Öffentlichkeit und in der Presse noch nicht deutlich genug geworden —, daß wir jetzt zur Verabschiedung dieses Gesetzes schreiten.
Meine Damen und Herren, wir sind fest überzeugt — wir können es natürlich, wie hier vorhin schon gesagt wurde, nicht beweisen; den Beweis muß sowohl der Führer der Opposition wie der Regierungschef schuldig bleiben; ob der eingeschlagene Weg richtig ist, wird erst die Zukunft beweisen —, wir sind aber überzeugt davon, daß wir mit der Verabschiedung dieses Gesetzes unter anderem in dem diplomatischen Kräftemessen der Zukunft eine weit aktivere Rolle spielen können, als es bisher der Fall war, und daß insonderheit die konsequente Verfolgung der bisher eingeschlagenen Außenpolitik schlechthin dazu führen wird, daß die deutschen Probleme eher einer uns genehmen Regelung zugeführt werden können, als es unter den derzeitigen Umständen der Fall ist.
Ich hoffe mir nicht wieder einen Zuruf wie gestern zuzuziehen, wenn ich hier feststelle, daß wir mit der großen Mehrheit der Koalitionsfraktionen in der Außenpolitik der vergangenen Jahre absolut übereingestimmt haben. Der beste Beweis dafür, daß dies eine gute Außenpolitik war, ist, glaube ich, die Tatsache, daß wir heute wieder über unsere volle Handlungsfreiheit und Souveränität verfügen, und schließlich auch die Tatsache, daß die Russen sich veranlaßt sahen, den Bundeskanzler nach Moskau einzuladen.
Unter diesen Umständen ist es meinen Freunden und mir unverständlich, wie von seiten der Opposition noch in so heftiger Weise Kritik an der Außenpolitik der Regierung geübt werden kann. Ich möchte dem, was hier schon mehrfach von verschiedenen Sprechern anderer Fraktionen gesagt wurde, ebenfalls Ausdruck geben: daß wir uns als Ganzes einschließlich der Opposition in diesem Hause schließlich und endlich doch zu einer gemeinsamen Linie der Außenpolitik finden können.
Wenn ich sage, daß wir die bisherige Außenpolitik konsequent weiterverfolgen wollen, dann meine ich damit die Grundlinien dieser Außenpolitik, wobei wir in einzelnen Fällen uns selbstverständlich auch entsprechend geschmeidig verhalten müssen.
Wenn wir das beachten, glauben meine Freunde und ich, daß wir für die eine Seite durchaus interessant sein können, für eine andere Seite vielleicht sogar interessant sein müssen.
Um es abschließend zu sagen: Wir erachten die Beschlußfassung über das vorliegende Gesetz als eine Honorierung der eingegangenen Verpflichtungen innerhalb der NATO bzw. der Westeuropäischen Union. Wenn von den Kritikern der Wehrgesetze in der Öffentlichkeit immer wieder schlechthin gesagt wird, dieser bescheidene Verteidigungsbeitrag könne niemals verhindern, daß böse Ereignisse eventuell doch einträten und über uns hinweggingen, dann stehe ich nicht an zu erklären, daß auf der einen Seite durch die Erfüllung der eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen wir uns wieder ein Stück moralischen Kredits mehr zuziehen und daß auf der anderen Seite selbstverständlich dies auch nur ein Beginn sein kann. Es wäre jedenfalls das Dümmste und Schlechteste, was die Bundesrepublik tun könnte, wenn sie wie eine Windfahne auf jeden Luftzug reagieren und einmal in diese, einmal in jene Richtung schwenken würde. Gerade die Tatsache, daß wir in der Vergangenheit konsequent eine klare und gerade Linie verfolgt haben, hat uns den Kredit in der Welt wieder eingebracht, den wir heute haben.
Im übrigen ist die Deutsche Partei der Auffassung, daß ein standhaftes und sich selbst getreues Volk auch nicht das ständige Objekt fremder Interessen auf alle Zeiten sein kann.
Meine Damen und Herren! Die psychologische Situation, die wir im Zeitpunkt der Verabschie-
dung des Freiwilligengesetzes und damit des ersten Wehrgesetzes vorfinden, ist dagegen keineswegs so erfreulich. Darüber dürfen wir uns nicht hinwegtäuschen.
Herr Kollege Cillien hat heute morgen hier sehr richtig ein Wort gesprochen, das meine Freunde von der DP schon vor Jahren oftmals ausgesprochen haben, das ihnen aber manchmal recht unfreundliche Bemerkungen eingebracht hat, nämlich daß es notwendig ist, daß wir uns als Deutsche zu den Höhen und zu den Tiefen unserer Geschichte bekennen, da es nicht möglich ist, eine Geschichtsära einfach zu verschweigen oder den Kopf vor ihr in den Sand zu stecken. Wir sind darüber hinaus sogar der Meinung, daß, wenn man sich aufrichtig auch mit einer Ara wie der verflossenen auseinanderzusetzen vermag, dann der Sache des ganzen Volkes nur ein großer Dienst erwiesen ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Krieg selbst und die Not und das Elend der Nachkriegszeit, die langjährige Gefangenschaft vieler Hunderttausender von Männern und Frauen, die teilweise heute noch nicht zurückgekehrt sind, das, was nach dem Kriege, nach 1945 als Entnazifizierung durch unser Land ging, die Art und Weise, in der die ehemaligen Soldaten nach 1945 nicht nur von den Alliierten, sondern leider Gottes auch von Deutschen oftmals behandelt wurden, haben nicht dazu beitragen können, daß heute eine wirkliche Wehrbereitschaft im deutschen Volke, sei es bei den Alteren, sei es bei der Jugend, vorhanden ist. Wenn wir uns daranbegeben, eine Wehrgesetzgebung zu machen, sollten wir über allen Formalien nicht vergessen, gerade dieser äußerst schlechten psychologischen Situation entsprechend Rechnung zu tragen und alles zu tun auf sozialen und anderen Sektoren, um eine größere Bereitschaft für diese notwendigen Dinge zu schaffen, als wir sie bisher haben.
Wir haben auch heute noch die Nachwirkungen unserer totalen Niederlage im Lande, obwohl sie natürlich gegenüber den früheren Jahren erheblich abgeschwächt sind. Herr Kollege Heye hat hier gestern ganz mit Recht darauf hingewiesen, daß die Verärgerung in den Kreisen der Soldaten über die vielfältigen Bestimmungen des 131er-Gesetzes vorhanden ist. Ich darf Sie auch daran erinnern, meine Damen und Herren, daß heute noch ein Teil der Soldaten außerhalb der Gemeinschaft der ehemaligen deutschen Soldaten steht. Das ist ein Teil der Waffen-SS, die wir auch nicht kollektiv verurteilen können. Und ich darf Sie vor allem daran erinnern, daß wir noch mit einer schweren Hypothek belastet sind. Das ist die Tatsache, daß bis zum heutigen Tage immer noch nicht alle jene Männer und Frauen aus alliierten Kerkern und Gefängnissen entlassen sind, daß wir heute, zehn Jahre nach Kriegsende und in einem Augenblick, in dem wir uns anschicken, eine neue Wehrmacht aufzustellen, vermerken müssen — angesichts noch dazu der Tatsache, daß wir uns mit vielen Nationen freundschaftlich verbunden haben —, daß diese selben Nationen unsere ehemaligen Soldaten noch zurückhalten. Das ist eine tiefbetrübliche Tatsache, und ich kann nur hoffen, daß die Informationen richtig sind, die mir in jüngster Zeit geworden sind, daß nämlich im Herbst dieses Jahres mit einer Bereinigung dieses Problems von alliierter Seite gerechnet werden könne, die so weit gehen solle, daß man zwar nicht diejenigen, die wirklich
Verbrechen begangen hätten und die wahrscheinlich auch vor deutsche Gerichte gestellt werden müßten, entlassen wolle, daß aber alle diejenigen, die den zweifelhaften Methoden der damaligen Gerichte erlegen seien, ihre Freiheit wiedererlangen sollten. Vorsichtshalber möchte ich aber für meine Freunde und, ich glaube, sicherlich auch für viele Angehörige der übrigen Fraktionen von hier aus noch einmal den Appell an die Gewahrsamsmächte richten, endlich dem Recht seinen freien Lauf zu lassen.
Wir dürfen auch nicht übersehen, meine Damen und Herren, wenn die Wehrmacht, die wir jetzt aufstellen wollen und deren erste Grundlage das Freiwilligengesetz ist, auch eine absolute Verteidigungswehrmacht sein soll, was wir nicht oft genug betonen können, daß wir den Opfern des letzten und des vorletzten Krieges gegenüber noch Verpflichtungen haben, die noch nicht in vollem Umfange eingelöst sind; diese Einlösung wäre auch ein Stück psychologischen Wehrbeitrages. Für meine Freunde von der Deutschen Partei und mich steht es aber fest, daß es keine Freiheit ohne Sicherheit geben kann, und wenn wir das erkennen, meine Damen und Herren, dann müssen wir den Mut haben, der Öffentlichkeit die sicherlich unpopuläre Gesetzgebung klarzumachen und ihr zu erklären, daß das, was wir jetzt unternehmen, einfach sein muß. Denn es ist ein ungeschriebenes Gesetz aller freien Nationen, daß sie eine Wehrmacht haben, diese aber nicht haben, um etwa ihre Nachbarn zu überfallen, sondern um im Falle eines Angriffs gewappnet zu sein. Und wer wollte in Westdeutschland behaupten, daß wir im Falle eines Angriffs erwarten könnten, daß etwa Franzosen, Engländer, Amerikaner und andere Nationen unser Volk, unsere Frauen und Kinder, unser Land verteidigen, während wir selbst mit den Händen in den Hosentaschen dabei ständen!?
Es ist eine verwerfliche und sehr durchsichtige Propaganda, die dem deutschen Volk weiszumachen versucht, daß mit der Aufstellung der Streitkräfte der neue Krieg bereits im Kommen sei und selbstverständlich von Deutschland angezettelt würde. Meine Damen und Herren, ein ernsthafter Mensch kann so etwas doch nicht glauben; denn Deutschland verfügt ja, um nur ein Beispiel zu nennen, gar nicht über die entsprechende Rüstungswirtschaft. Man würde uns die Waffen, die man uns jetzt gibt, um uns in den Stand der Verteidigungsbereitschaft zu setzen, sehr schnell wegnehmen und unter Umständen diese Waffen gegen uns selbst gebrauchen müssen. Der deutschen Öffentlichkeit kann daher nicht nachdrücklich genug gesagt werden, daß mit diesem Beitrag, den die einen als viel zu gering bezeichnen, niemals eine Propaganda in dem Sinne getrieben werden darf, daß wir etwa militaristisch und kriegslüstern seien. Aber eins lassen wir uns nicht nehmen: diesen freiheitlichen Raum so zu schützen, wie es in einer Welt voller Unfrieden und voller Hinterhalt notwendig ist.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe vorhin vom psychologischen Wehrbeitrag gesprochen und einige Beispiele dafür genannt. Dazu gehört auch die Ehrenerklärung, die Herr Verteidigungsminister Blank anläßlich der ersten Lesung des Freiwilligengesetzes abgegeben hat, indem er der Wehrmacht bescheinigte, daß sie, abge-
sehen selbstverständlich von einigen Elementen, die es überall gibt, ehrenhaft, brav und tapfer gekämpft habe. Diese Erklärung kommt zwar zehn Jahre nach Kriegsende etwas spät von dieser Tribüne, aber meines Erachtens noch nicht zu spät.
Ich will nicht in Einzelheiten der gestrigen Auseinandersetzung über unsern Standpunkt zum Personalgutachtergesetz einsteigen. Erlauben Sie mir aber bitte noch kurz zu bemerken, daß wir uns bei der Ablehnung des Personalgutachterausschusses in der angenehmen Gesellschaft der Professoren Bergstraeßer und Eschenburg befinden. Wenn Herr Kollege Mende gestern hier verkündete, daß auch 1807 — nach Tilsit — Königliche Kommissionen eingesetzt wurden, die die Aufgabe hatten, eine solche Überprüfung vorzunehmen, und wenn heute vielfach in der Presse gerade dieses Beispiel genannt wird, dann muß ich um der Wahrheit der Geschichte willen richtigstellen, daß es solche Königlichen Kommissionen zwar gab, daß sie aber unmittelbar nach Beendigung der Feindseligkeiten eingerichtet wurden und daß sie sich mit ganz konkreten militärischen Vorgängen zu befassen, aber nicht eine charakterliche oder persönliche Eignungsprüfung vorzunehmen hatten. Das ist der Unterschied.
Verzeihen Sie, wenn ich im Rahmen dieser Debatte, ohne alte Wunden — es war zwar gestern, aber ich betrachte es als alte Wunden — aufreißen zu wollen, noch einmal nachdrücklich darauf hinweise: Wenn meine Fraktion, von wirklich ernster Sorge um die Entwicklung dieser Dinge getragen, den Personalgutachterausschuß abgelehnt hat, dann ist es nicht aus irgendwelchen parteipolitischen Gründen geschehen,
— ich bitte doch, uns den guten Willen so zu unterstellen, wie wir das bei Ihnen auch tun —
sondern weil wir uns ernsthafte Gedanken über dieses Gesetz und seine Bestimmungen gemacht haben. Ich erkläre auf Grund der Zwischenrufe der Opposition, daß wir selbstverständlich auch den Standpunkt jeder anderen Fraktion dieses Hauses und ihre Argumentation anerkennen, die ja nicht von irgendeinem Führer diktiert worden ist, sondern die von den Fraktionen in ihrer Gesamtheit nach ernsthaftester Gewissensprüfung erarbeitet worden ist. Ich habe gestern allerdings einen Hinweis der Koalitionsfraktionen und auch des Herrn Kollegen Mellies vermißt, daß Einmütigkeit darüber bestände, daß dieser Personalgutachterausschuß unter allen Umständen, wenn es auch nicht formal im Gesetz verankert ist, zu unserem Bedauern eines Tages seine Tätigkeit einstellen muß und daß es nicht dahin kommen darf, daß man ihn bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag als Instrument gebraucht, um diese oder jene Maßnahmen zu begründen bzw. zu erforschen. Wir werden also darauf achten, — —
— Ich habe alles mitbekommen, Herr Mellies. Im Gesetz steht aber kein Termin; deswegen lege ich Wert darauf, daß das hier protokollarisch festgehalten wird.
Es war der Kollege Heye, der gestern verschiedentlich sehr tiefschürfende und auch mir sehr zu Herzen gehende Ausführungen machte. Er hat doch auch indirekt zum Ausdruck gebracht, daß auf Grund der Vorkommnisse der verflossenen Jahrzehnte eine gewisse Vorsicht und ein gewisses Mißtrauen angebracht seien. Aber, meine Damen und Herren, ich appelliere an Sie alle: Bitte, betrachten Sie den Soldaten, auch den neuen deutschen Soldaten, nicht von vornherein als etwas, was vielleicht nicht so innerhalb der zivilen Gemeinschaft stehen könnte. Ich weiß, daß die Vergangenheit dazu reizt, ihm von vornherein eine besondere Stellung zuzuschieben. Ich bin aber andererseits überzeugt, daß gerade die, man kann schon sagen, ausgezeichnet gelungene Umerziehung der letzten zehn Jahre auch dem deutschen Soldaten innerhalb unserer zivilen Gemeinschaft eine Stellung geben wird die wir alle respektieren können und bei der wir vor allen Dingen erwarten können, daß der Soldat auch das zivile Element, das Parlament und die Regierung, respektiert. Wir können keinen größeren psychologischen Fehler machen, als immer wieder darauf hinzuweisen, daß eine neue Wehrmacht etwa eine potentielle Gefahr für die Demokratie darstelle. Damit bringen wir diese neuen Soldaten und Offiziere von vornherein in eine Abwehrstellung gegenüber unserem jungen Staate. Ich glaube im übrigen, daß die ehemaligen Soldaten aller Dienstgrade, gleichgültig ob Unteroffiziere, Mannschaften oder Offiziere, inzwischen wahrhaftig nicht die schlechtesten Zivilisten geworden sind. Sie haben es, nachdem sie ihren Beruf nach der totalen Kapitulation aufgeben mußten, alle verstanden, durch ihrer Hände und ihres Kopfes Arbeit sich wieder eine entsprechende Stellung zu erwerben.
Ich nehme auch hier die wenigen aus, die immer aus der Reihe tanzen werden, wie es aber, was ich immer wieder betone, auch in vielen anderen Berufssparten der Fall ist.
Gewisse weitere Bedenken meldet meine Fraktion zu § 2 c an, der bekanntlich die Spitzengliederung und die Organisation in etwa präjudiziert. Hierüber sind verfassungsrechtliche Streitereien im Gange gewesen. Ganz geklärt sind die Dinge zwischen Parlament und Regierung in diesem Fall noch nicht. Deswegen haben wir uns gestern der Stimme enthalten. Ich 'betone bei der Gelegenheit ausdrücklich, damit auch seitens der Opposition und auch seitens der Presse, die sich heute morgen jedenfalls in Bonn bemüßigt fühlte, die Dinge so darzustellen, als wolle die Deutsche Partei das Parlament in der Wehrgesetzgebungausschalten, Klarheit besteht: das ist eine böswillige Verdrehung, gegen die ich von dieser Stelle aus mit aller Entschiedenheit protestiere. Ich erkläre hier für die Fraktion der Deutschen Partei, daß wir uns in unserem Verlangen und unserem Wunsche, die parlamentarische Kontrolle so stark wie möglich zu machen und im übrigen auch die zivile Kraft in der Wehrmacht so stark wie möglich zu machen, mit allen Fraktionen dieses Hauses treffen, wenn wir auch in Details manchmal verschiedener Auffassung sind. Im vorliegenden Fall des § 2 c kann vielleicht nicht ganz bestritten werden, daß ein gewisses Präjudiz vorliegt, indem hier die Legislative in die Exekutive in einer Form eingreift, die vielleicht für andere Fälle Schule machen könnte. Aber auch hier ist noch ein psychologisches Moment dabei, indem eine solche Formulierung leicht dazu führen kann,
als eine Sonderregelung für die Wehrmacht bzw. als ein Vorurteil gegen die Wehrmacht ausgelegt zu werden. Wir sind, da wir natürlich auf rechtsstaatlichem Boden stehen, absolut für klare Begrenzung der Gewalten, für klare Begrenzung der Verantwortlichkeiten und Befugnisse. Insofern ist uns bei dem § 2 c nicht so ganz wohl in unserer Haut. Wenn eingewandt wird, daß gegen den jetzigen Bundesverteidigungsminister keine Bedenken bestünden — und ich glaube, aus den Erörterungen mit Kollegen der Opposition schließen zu können, daß diese Meinung auch dort vielfach vorherrscht —, dann darf ich vielleicht darauf verweisen, daß, wenn Herr Blank nicht Minister wäre, wahrscheinlich ein anderer Minister aus diesem Hause an seiner Stelle säße und daß letzten Endes keine Bundesregierung es wagen könnte, auch keine sozialdemokratisch geführte, sich über ein etwaiges Mißtrauensvotum des Parlaments hinwegzusetzen. Ich darf hierbei auf Art. 67 des Grundgesetzes verweisen.
Es ist im Rahmen der Wehrgesetzgebung sehr viel vom inneren Gefüge gesprochen worden. Ich denke, wir werden bei der Erörterung des eigentlichen Soldatengesetzes auf diese Dinge noch zu sprechen kommen. Aber es sei mir gestattet, einen Satz zum inneren Gefüge der Dienststelle Blank selber zu sagen, wobei ich betonen möchte, daß ich selbstverständlich keiner Abteilung und keiner Person in diesem Amte zu nahe treten will. Meine Freunde und ich würden es bedauern — unseres Wissens haben sich dafür noch keine Ansätze gezeigt, aber wir wollen rechtzeitig darauf hinweisen —, wenn so wie in der Vergangenheit etwa ein edler Wettlauf oder Wettstreit der einzelnen Wehrmachtteile um die Gunst des Ministers in diesem Amt beginnen würde, der sich in der Vergangenheit nicht zum Guten für die Wehrmacht und für ihre Aufgaben ausgewirkt hat. Darüber hinaus möchten wir den Herrn Verteidigungsminister bitten, darauf zu sehen, daß auch die Personalpolitik keinen Anlaß dazu bietet, daß etwa von außenstehender Seite eine Kritik zutage treten kann, wie sie in den letzten Monaten leider Gottes schon vielfach laut geworden ist. Wie gesagt: über das innere Gefüge der Wehrmacht und über den Status und die Behandlung der Soldaten werden wir zu sprechen haben. Aber auf diese Punkte des inneren Gefüges des Amtes Blank meinte ich heute schon hinweisen zu müssen. Es erübrigt sich also, hier noch einmal besonders zu betonen, daß selbstverständlich die zivile Gewalt auch den Vorrang vor der militärischen haben muß.
Noch ein kurzes Wort zu den Erörterungen über die atomare Kriegführung. Ich will hier keine lange Debatte entfesseln. Ich möchte nur feststellen — wie es vorhin der Herr Verteidigungsminister getan hat; wir können es nur 100%ig unterstreichen —: es ist dilettantisch, zu glauben, daß es im Falle eines Atomangriffs genügen würde, sich in den Luftschutzbunker zu verkriechen und dann irgendwann einmal wieder hervorzukommen, und daß es sich damit überhaupt erübrige, andere Waffengattungen und Wehrmachtteile noch aufzustellen und zu unterhalten. Wenn dem so wäre, meine ich, wären die anderen Staaten, die ja in dieser Hinsicht weit besser ausgerüstet sind als wir, längst mit gutem Beispiel vorangegangen. Es wird nach meiner Überzeugung trotz aller Fortentwicklung der Technik auch in einem künftigen Kriege nicht möglich sein, ohne den Menschen auszukommen.
Deswegen ist es unsinnig, zu behaupten, es sei auf der einen Seite gar nicht mehr notwendig, Streitkräfte aufzustellen, und auf der anderen Seite schon deswegen nicht angebracht, weil es jetzt notwendig sei, die gesamten Mittel nur in den Luftschutz hineinzutun.
Wenn ich das schon sage, dann möchte ich auch nur mit einem Satz betonen, daß das gesamte Parlament — ich nehme an, daß hierüber von der Opposition bis zur Koalition Einmütigkeit herrscht — und auch das Bundesverteidigungsministerium sich darin einig sind, daß diese Dinge besonders aufmerksam beobachtet werden müssen und daß wir in Zukunft bereit sein müssen, auch größere materielle Opfer zu bringen, als dies zur Zeit der Fall ist, um einen ausreichenden Schutz unserer Zivilbevölkerung gegen Angriffe aus der Luft zu gewährleisten.
Die deutsche Presse möchte ich bei der Erörterung in dieser Stunde, die ja in gewisser Weise eine historische Bedeutung hat, nicht auslassen. Ich möchte die verantwortungsvolle Aufgabe unterstreichen, die sie hat und die darin besteht, jetzt und auch in Zukunft die Öffentlichkeit so zu unterrichten, wie es notwendig ist, damit sie sich von der Meinung der Parteien zu dem, was das ganze Volk, die ganze Nation betrifft, ein richtiges Bild machen kann. Insofern bedaure ich es, wenn beispielsweise in der heutigen Presse parteipolitische Auseinandersetzungen, die ja niemals ausbleiben können, gerade bei schwerwiegenden Fragen nicht, in den Vordergrund gestellt werden und die sachlichen Meinungsverschiedenheiten darüber zu kurz kommen. Dies soll nicht etwa ein allgemeiner Vorwurf an die gesamte Presse sein. Wer sich getroffen fühlt, möge sich diesen Vorwurf bzw. diese Mahnung zuziehen.
Meine Freunde von der Deutschen Partei werden dem Freiwilligengesetz zustimmen in der Hoffnung, daß wir damit in Verfolgung unserer bisherigen konsequenten Außenpolitik das Richtige getan haben, und mit dem Wunsch, daß der Allmächtige seinen Segen dazu geben möge.