Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit der Drucksache 1538 legt der federführende Ernährungsausschuß das Ergebnis der Beratungen in der Form eines Entwurfs eines Landwirtschaftsgesetzes vor, das in den verschiedenen Gremien dieses Hauses fast genau ein Jahr lang Gegenstand intensiver und ausführlicher Beratungen war. Bekanntlich geht dieses Landwirtschaftsgesetz auf eine Initiative der Fraktionen dieses Hauses zurück. Die FDP-Fraktion hatte Ende März 1954 mit der Drucksache 405 einen Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung der Volksernährung und zur Verbesserung der Produktivität der Landwirtschaft diesem Hohen Hause vorgelegt. Wenige Tage später reichten die Fraktionen der CDU/CSU und der Deutschen Partei mit der Drucksache 448 ebenfalls einen Entwurf eines Gesetzes zur Sicherung der Volksernährung und zur Erhaltung einer leistungsfähigen Landwirtschaft dem Hohen Hause ein.
Beide Initiativgesetzentwürfe wurden in der ersten Lesung, die am 24. und 25. Juni 1954 stattfand, ausführlich behandelt. In der damaligen Diskussion trat die Fraktion des GB/BHE dem Initiativentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und der Deutschen Partei bei, und das Plenum beschloß, alle Initiativvorlagen dem Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten als federführendem Ausschuß und den Ausschüssen für Wirtschaftspolitik, für Rechtswesen und Verfassungsrecht und für Außenhandelsfragen zur Mitberatung zu überweisen. Zu einem späteren Zeitpunkt wurden durch einen besonderen Beschluß des Ältestenrates die Vorlagen auch dem Haushaltsausschuß als mitberatendem Ausschuß überwiesen.
Das Hohe Haus hat in der gleichen Lesung den Beschluß gefaßt, einen gemeinsamen Unterausschuß „Paritätsgesetze" zu bilden. Dieser Ausschuß bestand aus 23 Mitgliedern, die von dem federführenden Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und von dem in der Hauptsache mitberatenden Ausschuß für Wirtschaftspolitik gestellt wurden. Der Unterausschuß „Paritätsgesetze" tagte und arbeitete unter dem Vorsitz des Abgeordneten Struve, der vom Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten gestellt wurde, und unter dem stellvertretenden Vorsitzenden Abgeordneten Hellwig, der vom Ausschuß für Wirtschaftspolitik in Vorschlag gebracht wurde. Er nahm seine Beratungen am 9. September 1954 auf und begann seine Arbeit damit, daß er zunächst einen Arbeits- und Zeitplan aufstellte. Er hielt es für notwendig und richtig, nicht in die Beratung der einzelnen Paragraphen der vorgelegten Initiativentwürfe einzutreten, sondern glaubte es richtig zu machen, wenn er in Anbetracht der zur Debatte stehenden Probleme eine grundsätzliche Aussprache veranstaltete, die sich sowohl mit den betriebswirtschaftlichen als auch mit den wirtschaftswissenschaftlichen und volkswirtschaftlichen Problemen eingehend befassen sollte.
Mit diesem Arbeitsplan verband er zeitlich die Vorstellung, daß es möglich sein sollte, bis Weihnachten 1954 die betriebswirtschaftliche Diskussion abzuschließen und etwa bis zum März 1955 die wirtschaftswissenschaftliche und volkswirtschaftliche Diskussion zu beenden, um dann bis Ostern 1955 die Formulierung eines entsprechenden Gesetzes vorzunehmen. Ich glaube sagen zu können, daß dieser Arbeits- und Zeitplan vom Unterausschuß eingehalten worden ist, so daß der federführende Ernährungsausschuß und die mitberatenden Ausschüsse dieses Hauses nach Ostern bis in die letzten Tage hinein genügend Zeit hatten, diesen Initiativentwürfen die endgültige Form und Fassung zu geben.
Entsprechend diesem Arbeits- und Zeitplan kam der Unterausschuß „Paritätsgesetze" einstimmig überein, seine Beratungen mit einer ausführlichen Anhörung und Aussprache mit einschlägigen Sachverständigen auf den genannten Gebieten zu beginnen.
Zur Einführung, möchte ich sagen, in das ganze Problem der Parität wurde übereinstimmend vorn Ausschuß zunächst Dr. Puhvogel vom Wirtschaftsforschungsinstitut in München gebeten, der sich bekanntlich in einer wissenschaftlichen Untersuchung eingehend mit diesem Problem beschäftigt hatte. An diese einführende Aussprache, die sehr ausgedehnt war, schloß sich dann eine eingehende betriebswirtschaftliche Diskussion an,
zu der als Sachverständige die Professoren der Landwirtschaftlichen Betriebswirtschaft Heuser , Priebe (Gießen), Rintelen (Weihenstephan bei München) und Woermann (Göttingen) geladen wurden. Zu den wirtschaftswissenschaftlichen — um das bereits vorwegzuziehen — und den volkswirtschaftlichen Problemen wurden dann im zweiten Abschnitt der Beratungen im Unterausschuß die Herren Professoren von Dietze (Freiburg), Meinhold (München), Meyer (Bonn), der allerdings persönlich nicht anwesend war und seine Stellungnahme schriftlich abgab, sowie die Herren Professoren Neumark (Frankfurt), Niehaus (Bonn) und Dr. Werlé (München) eingehend gehört; mit ihnen wurde eine intensive Beratung ¡der wirtschaftswissenschaftlichen und volkswirtschaftlichen Probleme vorgenommen.
Ich halte es fürangezeigt und für zweckmäßig, in meinem Bericht das Ergebnis dieser betriebswirtschaftlichen Diskussion und das Ergebnis der wirtschaftswissenschaftlichen und volkswirtschaftlichen Diskussion dem Hohen Hause in der Form vorzutragen, wie sie der Unterausschuß „Paritätsgesetze" im Anschluß an diese Aussprachen einstimmig in Form von Grundsätzen festgehalten hat. Diese Grundsätze sind als Anlage zu den entsprechenden Protokollen des Unterausschusses „Paritätsgesetze" genommen worden. Ich darf das Ergebnis dieser Beratungen ebenfalls wieder gliedern nach den betriebswirtschaftlichen Beratungen und nach den wirtschaftswissenschaftlichen und volkswirtschaftlichen Beratungen.
Auf dem betriebswirtschaftlichen Gebiet kam der Unterausschuß „Paritätsgesetze", wie gesagt, nach diesen sehr intensiven und, ich glaube, auch sagen zu können, sehr fruchtbaren Aussprachen zu folgenden Verlegungen.
Erstens. Die landwirtschaftliche Betriebswirtschaft ist in der Lage, eine zutreffende Aussage über die jeweilige wirtschaftliche Lage der Landwirtschaft zu machen. Mit dieser Feststellung ist einer der kritischsten Punkte der ganzen betriebswirtschaftlichen Beratungen festgehalten worden. Es ist — auch in diesem Hohen Hause — kein Geheimnis, daß immer wieder Zweifel daran erhoben wurden, ob es überhaupt möglich sei, die Lage der Landwirtschaft nach einwandfreien betriebswirtschaftlichen Unterlagen festzustellen Dieser Punkt hat in allen späteren Beratungen immer wieder eine bedeutende Rolle gespielt. Ich glaube, es ist deswegen zweckmäßig, festzuhalten, daß das Gespräch mit den Sachverständigen und die Beratungen im Unterausschuß einstimmig zu dem Ergebnis geführt haben, daß eine solche Feststellung der Wirtschaftslage der Landwirtschaft von seiten der landwirtschaftlichen Betriebswissenschaft durchaus möglich ist, und zwar in einer Form, die eine zutreffende Aussage über das Bild der wirtschaftlichen Lage der Landwirtschaft gestattet.
Zweitens. Diese Aussage — so wurde im Unterausschuß Paritätsgesetze übereinstimmend festgehalten — geschieht am zweckmäßigsten in der Form einer Ertrags-Aufwands-Rechnung, die jeweils bezogen ist auf das landwirtschaftliche Wirtschaftsjahr.
Drittens. Unter Ertrag und Aufwand sind im einzelnen die Positionen zu verstehen, die in den entsprechenden Paragraphen der Initiativentwürfe, die ich eingangs erwähnt habe, festgehalten sind.
In den beiden Initiativentwürfen der Fraktion der FDP wie der Fraktionen der CDU/CSU und der Deutschen Partei sind diese Positionen im einzelnen festgehalten. Das Ergebnis der Beratungen im Unterausschuß 'hat auch bestätigt, daß diese Positionen in der Tat den Ertrag und den Aufwand in der landwirtschaftlichen Betriebsrechnung darstellen.
Viertens. Die landwirtschaftliche Betriebswissenschaft ist in der Lage, für die sogenannten kalkulatorischen Posten Werte zu ermitteln, die eine echte wirtschaftspolitische Entscheidung für deren Eingang in die Ertrags- und Aufwands-Rechnung ermöglichen. Auch dieser Punkt scheint mir einer besonderen Betrachtung würdig zu sein. Er hat in den folgenden Beratungen ebenfalls eine sehr wichtige Rolle gespielt, denn man argumentierte immer wieder, es ginge nicht an, sogenannte kalkulatorische Posten in eine Ertrags- und Aufwands-Rechnung einzubeziehen. Das Ergebnis der Beratungen mit allen Sachverständigen — nicht nur mit denen der landwirtschaftlichen Betriebswissenschaft, sondern auch mit den Nationalökonomen — ging eindeutig darauf hinaus: Wenn man sich schon zu einer solchen Ertrags-Aufwands-Rechnung entschließt, dann müssen in diese Ertrags-Aufwands-Rechnung alle, das möchte ich betont sagen: alle Kapitalkosten, alle Sachkosten und alle Personalkosten als echte Kostenbestandteile mit einbezogen werden.
An fünfter Stelle hielt der Unterausschuß fest, daß die betriebswirtschaftlichen Unterlagen aus einer ausreichenden Zanl landwirtschartlicher betriebe beschafft und hierbei die verschiedenen Betriebssysteme, Betriebstypen, Betriebsgrößenklassen und Wirtschaftsgebiete entsprechend berücksichtigt werden sollen. Mit der Erarbeitung dieser Unterlagen soll eine zentrale Stelle beauftragt werden. In den späteren Beratungen hat man sich dafür entschieden, daß diese zentrale Stelle das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sein und man sich bei der Erarbeitung der Unterlagen, bei der technischen Durchführung dieser Erhebungen zweckmäßigerweise bereits bestehender Einrichtungen bedienen solle. Diese zentrale Stelle soll in erster Linie dafür sorgen, daß die Auswertung der Unterlagen nach einheitlichen Gesichtspunkten geschieht. Zweitens soll sie dafür sorgen, daß der Sach- und Personalaufwand nicht jenes Maß überschreitet, das zur Gewinnung eines zutreffenden wirtschaftspolitischen Urteils für unbedingt notwendig erachtet wird. Insbesondere auf diesen Punkt darf ich deswegen aufmerksam machen, weil sich sowohl der Unterausschuß als auch der federführende Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in den Endberatungen dafür entschieden hat, die Erhebungen an Hand von etwa 6000 bis 8000 landwirtschaftlichen Betrieben, gemischt aus den verschiedenen Betriebsgrößen, Betriebssystemen und Betriebstypen, vornehmen zu lassen, und man in den Ausschüssen übereinstimmend der Meinung war, daß die Untersuchung einer solchen Anzahl landwirtschaftlicher Betriebe einer objektiven Darstellung durchaus genügend Rechnung tragen würde.
Im Unterausschuß wurde weiterhin festgehalten, daß die Mittel zur Durchführung dieser Erhebungsaufgaben erstmals in den Etat des Rechnungsjahres 1955/56 eingeplant werden sollen.
Als achten Punkt dieser betriebswirtschaftlichen Beratungen darf ich herausstellen, daß der Unterausschuß „Paritätsgesetze" — ebenfalls einstimmig
— zu der Auffassung gelangte, daß für die Übergangszeit bis zur Erstellung der eben genannten Unterlagen aus 6- bis 8000 landwirtschaftlichen Betrieben die bereits vorhandenen Buchführungsunterlagen, die bei dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten für etwa 5000 landwirtschaftliche Betriebe seit Jahren vorliegen, in einer entsprechenden Auswahl ausreichende Anhaltspunkte zur Vorbereitung notwendiger wirtschaftspolitischer Entscheidungen bieten, was insbesondere dafür von Bedeutung ist, daß, wie es in dem Ihnen vorliegenden Entwurf festgehalten ist, die Bundesregierung bis zum 15. Februar 1956 dem Hohen Hause den ersten Jahresbericht über die Lage der Landwirtschaft vorlegen soll.
Als letzter wichtiger Punkt dieser betriebswirtschaftlichen Beratungen wurde festgehalten, daß außer den eben genannten Feststellungen selbstverständlich alle weiteren geeigneten Erkenntnisquellen zur Beurteilung der Lage der Landwirtschaft fortentwickelt und mit ausgewertet werden sollen. Hier ist insbesondere an das gedacht, was später seinen Niederschlag in § 2 Abs. 2 des Ihnen vorliegenden Entwurfs gefunden hat. Bei der Darstellung der einzelnen Paragraphen werde ich noch des näheren hierauf eingehen.
Ich darf Ihnen anschließend die Ergebnisse der wirtschaftswissenschaftlichen und der volkswirtschaftlichen Beratung im Unterausschuß „Paritätsgesetze" ebenfalls an Hand der Grundsätze vortragen, die der Unterausschuß am Ende dieser ausführlichen Diskussion zusammengestellt hat.
Als erster Punkt wird festgehalten, daß die Wirtschaftsordnung der sozialen oder konjunkturpolitisch gesteuerten Marktwirtschaft — als Datum und Ausgangsbasis — Gesetz für alle Überlegungen bleibt, wie die deutsche Landwirtschaft in diese Wirtschaftsordnung sinnvoll, d. h. optimal eingegliedert werden kann, um, wie es auch an einer Stelle des Ihnen vorliegenden Entwurfs heißt, ihre Aufgaben im Rahmen der Gesamtwirtschaft und ihrer fortschreitenden Entwicklung zu erfüllen. Diese Feststellung bildete einen der wesentlichsten Kernpunkte der wirtschaftswissenschaftlichen und volkswirtschaftlichen Diskussion. Ich halte es für zweckmäßig, darauf hinzuweisen, daß diese Feststellung als Meinung und Ergebnis der geführten Beratungen im Unterausschuß einstimmig gebilligt worden ist.
Als Folgerung aus dieser Feststellung wurde als Punkt 2 festgehalten, daß diese Wirtschaftspolitik der sozialen Marktwirtschaft keinen künstlich, d. h. gesetzlich geschaffenen Automatismus verträgt. Im vorliegenden Anwendungsfalle bedeutet das, daß man z. B. den Index landwirtschaftlicher Erzeugerpreise ebensowenig an den Preisindex anderer Wirtschaftsgüter koppeln darf wie den Einkommensindex einer bestimmten Gruppe an den einer andern Gruppe. Die Marktfunktion des Preises muß als volkswirtschaftliches Datum so weit als möglich erhalten bleiben.
Selbstverständlich ist nichts dagegen einzuwenden, wenn Indexvergleiche unter anderen Erkenntnisquellen mit zur Beurteilung der Lage der Landwirtschaft und ihrer Einordnung in die gesamte Volkswirtschaft herangezogen werden. Es verbietet sich nur, Indices wie die Glieder einer Kette aneinanderzureihen, weil damit der Blick für die Dynamik der wirtschaftlichen Entwicklung verlorengeht. Ich glaube, es ist wichtig, auch diese Feststellung, und zwar diese einstimmige Feststellung im Unterausschuß „Paritätsgesetze" hier in dieser klaren Form zu wiederholen, weil auch sie in den ganzen späteren Beratungen eine eminent wichtige Rolle gespielt hat. Ich möchte hier anfügen, daß ich glaube, daß der Entwurf, den der federführende Ernährungsausschuß Ihnen mit der Drucksache 1538 vorgelegt hat, diesen Überlegungen der Sachverständigenaussprache Rechnung getragen hat.
Als dritter wesentlicher Punkt der Aussprache mit den Wirtschaftswissenschaftlern wurde festgehalten, daß die Ertrags-Aufwands-Rechnung als beste Grundlage und Ausgangsbasis erachtet wird, um die notwendigen wirtschafts-, agrar- und sozialpolitischen Maßnahmen zu entwickeln, die geeignet sind, die natürlichen und wirtschaftlichen Wettbewerbsnachteile der Landwirtschaft auszugleichen und die Agrarwirtschaft in die Gesamtwirtschaft einzuordnen. Es kommt dabei darauf an, daß diese Maßnahmen unter Berücksichtigung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung im Auf- und Abschwung ihrer Konjunktur zur Anwendung gelangen. Über den Zeitpunkt und die Dosierung im Einsatz dieser Maßnahmen kann selbstverständlich nur im konkreten Anwendungsfalle zutreffend entschieden werden.
Dann wurde im Unterausschuß „Paritätsgesetze" sehr eingehend eine Reihe konkreter Maßnahmen, in einem Katalog zusammengestellt, diskutiert. Es erscheint mir auch hier zweckmäßig, wenigstens auszugsweise diesen Katalog vorzutragen. Ich darf dabei betonen, daß dieser Katalog keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder auf eine gedanklich letzte Abrundung erhebt, sondern dieser Katalog soll nur in der Tendenz klarstellen, welche Absichten bei der Beratung dieses Gesetzes zugrunde gelegen sind.
Als erstes wurde in dem Katalog, ohne damit eine Wertordnung der einzelnen Maßnahmen verbinden zu wollen, festgehalten, daß die Bundesregierung ihre marktkonformen Maßnahmen zur Beeinflussung der Preisbildung auf den Agrarmärkten im Sinne eines Ausgleichs zwischen Ertrag und Aufwand in volkswirtschaftlich vertretbarem Ausmaß ausschöpfen soll auf all jenen Gebieten, auf denen sich das Parlament selbst die Festsetzung der Preise nicht ausdrücklich vorbehalten hat.
Als zweiter wesentlicher Gesichtspunkt in diesem Katalog wurde herausgestellt, daß im Rahmen der landwirtschaftlichen Marktordnung unter Berücksichtigung der gesamthandelspolitischen Lage die landwirtschaftlichen Einfuhren auf die Aufnahmefähigkeit des Inlandsmarktes abgestimmt werden sollen und daß in diesem Zusammenhang auch die weitere Liberalisierung landwirtschaftlicher Einfuhren zu werten ist.
Besonders breiten Raum in der Diskussion um diesen Katalog nahmen im konkreten Sinne die Möglichkeiten ein, die die Steuerpolitik auf diesem Gebiet noch einräumt. Es wurde hier z. B. auf die Neufestsetzung der steuerlichen Einheitswerte hingewiesen, die in Vorbereitung ist. Man stellte hierzu z. B. fest, daß eine wahrscheinliche Heraufsetzung dieser Einheitswerte für die steuerliche Veranlagung der Landwirtschaft so lange und so weit praktisch ohne Folgen bleiben soll und muß, bis ein Ausgleich zwischen Ertrag und Aufwand herbeigeführt ist. Es wurde darauf hingewiesen,
Ich darf an dieser Stelle noch einmal darauf hinweisen, daß in den Beratungen, insbesondere im Unterausschuß „Paritätsgesetze", aber auch im federführenden Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten kein Zweifel darüber bestanden hat, daß die kalkulatorischen Posten als solche naturgemäß echte Kostenbestandteile im Sinne der Ertrags-Aufwands-Rechnung sind. Es wurde festgehalten, daß alle Kapitalkosten, alle Sachkosten und alle Personalkosten als solche echte Kostenbestandteile aufzufassen sind, daß die Höhe ihres jeweiligen Ansatzes allerdings einer nach sachverständiger Vorbereitung erfolgten verantwortlichen Entscheidung der Bundesregierung bedarf, d. h. daß auch der Ansatz dieser Posten selbstverständlich mit zu den Aufgaben einer sachverständigen Beratung und Vorbereitung gehört; aber die Höhe des Ansatzes der Posten, wie sie dann im Bericht der Bundesregierung in die Ertrags-Aufwands-Rechnung eingesetzt werden, muß eine verantwortliche Entscheidung der Bundesregierung bleiben.
Mit dem Schlußsatz, den ich eben vorgetragen habe, nämlich daß diese Posten angesetzt werden sollen in Beziehung auf eine ordnungsgemäße Führung von bäuerlichen Familienbetrieben mit durchschnittlicher Produktionsgrundlage, ist der funktionsfähige landwirtschaftliche Betrieb angesprochen. Ausgangspunkt für die Feststellung und für die Berechnung dieser Werte ist also der sogenannte funktionsfähige landwirtschaftliche Betrieb, was natürlich nicht bedeutet, daß die agrarpolitischen Auswirkungen dieses Gesetzes nicht allen Betrieben, also auch den sogenannten funktionsunfähigen Betrieben, zugute kommen werden. In allen Beratungen des Unterausschusses, aber auch des federführenden Ausschusses bestand Übereinstimmung darüber, daß darüber hinaus den funktionsunfähigen Betrieben, wie man das in der betriebswirtschaftlichen Sprache auffaßt, mit Maßnahmen geholfen werden muß, die insbesondere im sogenannten Lübke-Programm zur Verbesserung der Agrarstruktur ihren Niederschlag gefunden haben. Die Änderungswünsche des Ausschusses für Wirtschaftspolitik zu diesem Paragraphen fanden Berücksichtigung. Der federführende Ausschuß hat diesen Paragraphen einstimmig bei einer Stimmenthaltung angenommen.
Der § 5 sieht vor, daß sich die Bundesregierung mit der Vorlage ihres Berichts gleichzeitig über ihre bereits getroffenen Maßnahmen und über ihre Absichten im Hinblick auf die §§ 1 und 4 äußert. Bei der Berücksichtigung des etwaigen Mißverhältnisses zwischen Ertrag und Aufwand soll auf eine
Betriebsführung abgestellt werden, die auf eine nachhaltige Ertragssteigerung gerichtet ist. „Nachhaltige Ertragssteigerung" in dieser Formulierung besagt in ihrem Kern nichts anderes als das, was in dem Begriff „efficiency", wie es in der englischen Sprache heißt, ausgedrückt ist, d. h. es ist hier der Leistungseffekt des Betriebes gemeint, nicht etwa die absolute Produktionssteigerung. Der Begriff „nachhaltige Ertragssteigerung", der hier angewandt worden ist, kommt also in etwa auch dem Begriff unserer Produktivitätssteigerung nahe. Die Bestimmungen der jetzigen §§ 4 und 5 waren ursprünglich in der vom Unterausschuß „Paritätsgesetze" beschlossenen Fassung in einem Paragraphen enthalten. Der federführende Ernährungsausschuß ist dem Vorschlag der Bundesregierung gefolgt, den Bericht der Regierung von den Maßnahmen zur Durchführung dieses Gesetzes zu trennen, so daß das etwas klarer und besser zum Ausdruck kommt. Eine Minderheit des Ausschusses schlug vor, es bei der Fassung des Unterausschusses zu belassen. Die große Mehrheit des federführenden Ausschusses hat sich für die Ihnen vorliegende Fassung entschieden.
Der § 6 bezweckt, daß die Bundesregierung die zur Durchführung der geplanten Maßnahmen erforderlichen Mittel im Haushaltsplan für das jeweilige Rechnungsjahr vorsorglich einsetzt. Die große Mehrheit des Ausschusses folgte der Stellungnahme der Bundesregierung, daß der Vorschlag des Unterausschusses „Paritätsgesetze" auf das Verhältnis zwischen Bund und Ländern keine Rücksicht genommen habe. Der Haushaltsausschuß hat dem § 6 ausdrücklich in seiner jetzigen Fassung zugestimmt. Eine Minderheit des federführenden Ausschusses schlug vor, die von der Bundesregierung im Haushaltsplan einzusetzenden Beträge näher zu erläutern: als verlorene Zuschüsse, Kredite und Zinsverbilligungsmittel. Der Ausschuß war aber mit Mehrheit der Ansicht, daß diese Aufzählung nicht vorgenommen werden solle, um der Bundesregierung und dem Haushaltsausschuß nicht vorzugreifen, und empfahl, es bei der Formulierung zu belassen.
Der § 7 bestimmt, daß die mit der Durchführung des Feststellungsverfahrens zusammenhängenden Angaben nicht für steuerliche Zwecke herangezogen werden sollen. Den Bedenken des Bundesfinanzministeriums, die sich insbesondere auf die Behandlung der sogenannten Schätzungslandwirte bezogen, konnte der Ausschuß nicht folgen. Der Vertreter des Bundesfinanzministeriums glaubte, in Auslegung des Gleichheitsgrundsatzes gemäß Art. 3 des Grundgesetzes in dem § 7 Abs. 2 Satz 1 eine Sondervergünstigung für die sogenannten Schätzungslandwirte zu sehen. Schätzungslandwirte sind jene, die nach dem geltenden Recht zur Buchführung verpflichtet sind, aber keine Bücher führen.
Dieses Verhalten hängt mit der Festsetzung der Buchführungspflichtgrenze zusammen, um deren analoge Heraufsetzung gegenüber früher seit Jahren Verhandlungen mit dem Bundesfinanzminister geführt werden. Der Bundesfinanzminister hat mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln bisher diese Buchführung nicht erzwungen, sondern sich mit dem Mittel der Einschätzung beholfen. Die Mehrheit des Ausschusses sprach sich für eine entsprechende Heraufsetzung der Buchführungspflichtgrenze aus und glaubte, daß das Landwirtschafts-
gesetz nicht zu einem Ersatzinstrument für die dem Bundesfinanzminister legal zur Verfügung stehenden Mittel werden dürfe. Der Ausschuß stimmte dementsprechend einstimmig dem § 7 in der Ihnen vorliegenden Fassung zu.
Der § 8 ist der übliche Berlin-Paragraph. Der § 9 regelt das Inkrafttreten des Gesetzes.
Zum Schluß meines Berichts darf ich feststellen, daß der Ernährungsausschuß mit großer Mehrheit glaubt, daß mit der Verabschiedung dieses Gesetzes ein weiterer Schritt vorwärts auf dem Wege einer konstruktiven Agrarpolitik getan werden kann. Er bittet das Hohe Haus um Annahme des Ihnen in Drucksache 1538 vorliegenden Landwirtschaftsgesetzes.