Rede von
Josef
Becker
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die in den Drucksachen 412 und 885 aufgezeigten Probleme zeigen eine der großen Nachkriegsschwierigkeiten, die uns besonders infolge der Teilung Berlins begegnen. In Berlin arbeiten etwa 30 000 Menschen, die im Ostsektor wohnen. Umgekehrt arbeiten in Berlin (Ost) etwa 26 000 Personen, die in Westberlin wohnen. Nach den geltenden gesetzlichen Bestimmungen haben in Westberlin arbeitende, aber im Ostsektor wohnende Personen, wenn sie arbeitslos werden, keinen gesetzlichen Anspruch auf Arbeitslosenunterstützung, da für den Bezug der Arbeitslosenunterstützung das Arbeitsamt des Wohnorts zuständig ist.
Das hat im allgemeinen seinen guten Grund, weil das zuständige Arbeitsamt sonst keine Möglichkeiten der Kontrolle hätte, ob ,der Betreffende auch arbeitslos ist und dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht.
Eine solche Möglichkeit ,der Kontrolle im Ostsektor besteht für die West-Berliner Arbeitsverwaltung nicht. Das Landesarbeitsamt Berlin hat in Einzelfällen in Abweichung von den angeführten Bestimmungen Arbeitslosenunterstützung ausgezahlt. Eine gesetzliche Regelung des Problems ist aber unbedingt notwendig. Deshalb war die Frage zu prüfen, ob im genannten Fall ein Rechtsan-
Spruch auf Arbeitslosenunterstützung geschaffen werden soll oder ob man sich damit begnügen soll, der Arbeitsverwaltung durch eine Kann-Bestimmung ,die Möglichkeit zu geben, in solchen Fällen Unterstützung zu gewähren, in denen es aus verschiedenen Erwägungen zweckmäßig ist.
Der Ausschuß hat eine Reihe von Sachverständigen gehört, ,die sämtlich eine Änderung der bestehenden Verhältnisse für notwendig hielten, über die Form der Änderung jedoch verschiedener Auffassung waren. Der Ausschuß empfiehlt die Ihnen auf Drucksache 885 vorliegende Regelung. Danach soll die Arbeitsverwaltung ermächtigt werden, in Abweichung von der bisherigen gesetzlichen Regelung Arbeitslosenunterstützung zu zahlen. Das Verfahren soll vom Verwaltungsrat der Bundesanstalt mit Zustimmung des Bundesministers für Arbeit festgelegt werden.
Ich kann darauf verzichten, Ihnen die einzelnen Artikel im Wortlaut vorzutragen, und darf auf die Drucksache 885 verweisen. Ich erlaube mir nur den Hinweis, daß die vorgeschlagene Regelung nach Art. II des Gesetzentwurfs nur für die Arbeitslosenversicherung und nicht für die Arbeitslosenfürsorge Geltung haben soll. Der Vollständigkeit halber darf ich dann noch darauf hinweisen, daß außer in Berlin ähnliche Fälle, wenn auch nur in geringem Maße, beispielsweise an der holländischen Grenze und ganz vereinzelt auch im Saargrenzgürtel bestehen.
Namens des Ausschusses darf ich Sie bitten, dem Gesetzentwurf Drucksache 412 in der Ihnen jetzt vorliegenden Fassung auf Drucksache 885 mit der Überschrift „Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung" Ihre Zustimmung zu geben.