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ID0205002700

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  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 50. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. Oktober 1954 2463 50. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 20. Oktober 1954. Geschäftliche Mitteilungen 2464 B Nachruf für den verstorbenen ehemaligen Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein Lübke 2464 C Bechlußfassung des Bundesrats zum Gesetz über die Lastenausgleichsbank 2464 D Mitteilung über Beantwortung der Kleinen Anfragen 49, 56, 105 und 111 (Drucksachen 416, 857; 500, 899; 801, 895; 826, 898) . . . 2464 D Mitteilung des Bundesministers der Finanzen über die vollzogene Bestellung des Erbbaurechts an reichseigenen Grundstücken des ehemaligen Artilleriearsenals und des ehemaligen Scheibenhofs in KielFriedrichsort 2464 D Glückwünsche zu Geburtstagen der Abg. Dr. Kleindinst, Dr. Kihn, Klingelhöfer, Morgenthaler, Dr. Maier (Stuttgart), Ehren . 2465 A Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Aufhebung der Verordnung über Auskunftspflicht (Drucksache 861) 2465 B Hoogen (CDU/CSU) 2465 B Überweisung an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik und an den Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht . . 2465 B Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP betr. Revision des GATT-Abkommens in bezug auf Filmfragen (Drucksache 889 [neu]) . 2465 C Muckermann (CDU/CSU), Antragsteller (Schriftliche Begründung) . . 2496 Beschlußfassung 2465 C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Jugendfragen über den Antrag der Fraktion der CDU/CSU betr. Bundesjugendplan (Drucksachen 755, 78) in Verbindung Mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD (C betr. Errichtung eines Instituts für Jugendfragen (Drucksache 883) 2465 C Wienand (SPD), Antragsteller . . 2465 C Frau Keilhack (CDU/CSU), Bericht- erstatterin 2468 B Dr. Seffrin (CDU/CSU) 2470 A Herold (SPD) 2471 A Kutschera (GB/BHE) 2473 A Hübner (FDP) 2474 C Pöhler (SPD) 2476 A Kemmer (Bamberg) (CDU/CSU) . . 2477 D Frau Schanzenbach (SPD) 2478 B Josten (CDU/CSU) 2478 C Gedat (CDU/CSU) 2479 B Annahme des Antrags Drucksache 755 2480 B Überweisung des Antrags 883 an den Ausschuß für Jugendfragen und an den Haushaltsausschuß 2480 B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Abkommen vom 22: Juli 1954 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Ein- kommen (Drucksache 894) 2480 C Überweisung an den Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen 2480 C Erste Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes über die Altersgrenze von Richtern an den oberen Bundesgerichten und Mitgliedern des Bundesrechnungshofes (Drucksache 897) 2480 C Überweisung an den Ausschuß für Beamtenrecht und an den Rechtsausschuß 2480 D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des § 168 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (Drucksache 412); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit (Drucksache 885; Umdrucke 192, 193) 2480 D, 2495 B Becker (Pirmasens) (CDU/CSU), Berichterstatter 2480 D Frau Heise (SPD) . . 2481 B, 2483 D, 2485 B Sabel (CDU/CSU) 2482 A, B, 2483 B, 2484 C, 2485 B Frau Finselberger (GB/BHE) . . . . 2483 A Dr. Gille (GB/BHE) 2484 B Abstimmungen 2485 A, B Beratung des Antrags der Fraktion der CDU/CSU betr. Maßnahmen zur Förderung und Festigung von Vertriebenenbetrieben und Flüchtlingsunternehmen (Drucksache 838) 2485 D Dr. Götz (CDU/CSU), Antragsteller 2485 D, 2491 C Reitzner (SPD) 2488 A Dr. Kather (GB/BHE) . . . 2490 B, 2491 D Dr. Preiß (FDP) 2493 D Sabaß (CDU/CSU) 2495 A Überweisung an die Ausschüsse für Heimatvertriebene, für Finanz- und Steuerfragen, für Geld und Kredit und für Wirtschaftspolitik 2495 C Nächste Sitzung 2495 C Anlage 1: Änderungsantrag des Abg. Sabel zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des § 168 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (Umdruck 192) 2495 B Anlage 2: Änderungsantrag der Fraktion der SPD zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des § 168 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (Umdruck 193) 2495 B Anlage 3: Schriftliche Begründung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP betr. Revision des GATT-Abkommens in bezug auf Filmfragen (Drucksache 889 [neu]) 2496 Die Sitzung wird um 14 Uhr 1 Minute durch den Vizepräsidenten Dr. Jaeger eröffnet.
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    Anlage 1 Umdruck 192 Änderungsantrag des Abgeordneten Sabel zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des § 168 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (Drucksachen 885, 412) Der Bundestag wolle beschließen: In Art. I Nr. 1 sind im § 87 Abs. 2 Satz 1 an Stelle des Wortes „auch" die Worte „im Falle des § 168 a" einzufügen. Bonn, den 20. Oktober 1954 Sabel Anlage 2 Umdruck 193 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des § 168 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (Drucksachen 885, 412) Der Bundestag wolle beschließen: In Art. I Nr. 2 erhält § 168 a folgende Fassung: „§ 168 .a Abweichend von § 168 können Arbeitslose, die vor Eintritt der Arbeitslosigkeit eine versicherungspflichtige Beschäftigung befugt im Geltungsbereich des Grundgesetzes oder im Lande Berlin ausgeübt haben, ihren Wohnort außerhalb dieses Bereiches oder innerhalb des Gebietes des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 haben, den Antrag auf Arbeitslosenunterstützung bei dem Arbeitsamt stellen, das für den Beschäftigungsort vor Eintritt der Arbeitslosigkeit zuständig war." Bonn, den 20. Oktober 1954 Ollenhauer und Fraktion Anlage 3 Schriftliche Begründung des Abgeordneten Muckermann zum Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP betreffend Revision des GATT-Abkommens in Bezug auf Filmfragen (Drucksache 889 [neu]) 1. Anlaß. Am 28. Oktober 1954 beginnt in Genf die 9. GATT-Tagung. Im Rahmen dieser Tagung werden am 8. November die Verhandlungen über Änderungen des GATT-Abkommens aufgenommen werden. Es ist damit zu rechnen, daß auch die den Filmbetreffenden GATT-Bestimmungen in diesen Besprechungen mit dem Ziele einer Änderung beraten werden. So wird insbesondere die US-Delegation dem Vernehmen nach mit der Weisung versehen werden, eine schärfere Fassung des Art. IV, der die Einführung von Spielzeit-Quoten gestattet, zu verlangen. Der Artikel soll dahingehend geändert werden, daß künftig Spielzeit-Quoten nur noch in Ländern zulässig sein sollen, deren Filmindustrie noch im Aufbau begriffen ist. In gleicher Weise soll die US-Delegation die Änderung des Art. XII anstreben. Der Artikel sieht die Beschränkung von Importen von Filmen vor, falls die Devisenlage des betreffenden Landes es notwendig macht. Diese Bestimmung soll für Filme überhaupt in Fortfall kommen. Es ist unter Berücksichtigung dieser Umstände dringend angebracht, daß auch die deutsche Delegation mit konkreten Weisungen versehen wird, auf Änderung der den Film betreffenden GATT-Bestimmungen zu dringen, soweit diese Bestimmungen entweder diskriminierenden Charakter tragen oder der Entwicklung einer deutschen Filmproduktion mit marktkonformen Mitteln weitgehend hemmend oder einschränkend im Wege stehen. II. Bisherige Regelung. Nach den zur Zeit geltenden GATT-Bestimmungen können innere Maßnahmen zur Mengenkontrolle für belichtete Kino-Filme nur im Rahmen des Art. IV getroffen oder aufrechterhalten werden. Art. IV sieht hierfür die Form von Spielzeitkontingenten vor. Während diese Spielzeitkontingente in fast allen filmproduzierenden Ländern sehr erhebliche Quoten aufweisen — England 45 %, Frankreich 5 Wochen im Quartal, Italien 20 Tage im Quartal, Spanien auf je 6 Wochen eine Woche — und daneben noch weitere Maßnahmen zum Schutze der nationalen Filmindustrie in der Form von Synchronisationsabgaben oder Erstaufführungsabgaben bestehen und aufrechterhalten werden, hat sich die Bundesrepublik in den Zollzugeständnissen von Torquay dazu verpflichten müssen, im Falle der Einführung einer Spielquoten-Regelung gemäß Art. IV diese Quote nicht höher als 27 % anzusetzen. Dieses Zugeständnis trägt diskriminierenden Charakter, ganz abgesehen davon, daß es sich hier um eine handelspolitische Maßnahme und nicht um ein Zollzugeständnis handelt. III. Grundsätzlicher Standpunkt. Der Film, dessen Herstellung und Verbreitung sich nach allgemeinen wirtschaftlichen Gesetzen vollzieht und der dabei — wie jedes andere Wirtschaftsgut — den Charakter einer Ware trägt, befriedigt gleichwohl primär nicht materielle, sondern immaterielle Bedürfnisse. Er will unterhalten, entspannen, bilden, belehren. Unter Berücksichtigung dieses Charakters kann der Film auch im GATT nicht in vollem Umfange einem anderen Wirtschaftsgut gleichgestellt werden. Dies muß auch bei dem sonst allgemein gültigen Grundgesetz der Liberalisierung berücksichtigt werden. Auf jeden Fall aber ist zu verlangen, daß der deutsche Film nicht schlechter gestellt wird als der Film irgendeines anderen dem GATT beigetretenen Landes. Schlußfolgerung, Der Bundestag muß daher die Bundesregierung ersuchen, die deutsche Delegation auf der GATT-Konferenz mit bindenden Weisungen in dem Sinne zu versehen, daß sie bemüht bleibt, eine Beseitigung bzw. Abänderung all der Bestimmungen zu erreichen, die die Entwicklung des deutschen Films besonders erschweren, insbesondere a) Wegfall der diskriminierenden Einschränkung in den Zollzugeständnissen von Torquay oder, falls dies im Augenblick nicht erreichbar sein sollte, b) Eliminierung des Art. IV überhaupt, damit die Bestimmungen des Art. III des GATT auch für deutsche Filme in vollem Umfange wirksam werden können. Bonn, den 20. Oktober 1954. Muckermann
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Josef Becker


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die in den Drucksachen 412 und 885 aufgezeigten Probleme zeigen eine der großen Nachkriegsschwierigkeiten, die uns besonders infolge der Teilung Berlins begegnen. In Berlin (West) arbeiten etwa 30 000 Menschen, die im Ostsektor wohnen. Umgekehrt arbeiten in Berlin (Ost) etwa 26 000 Personen, die in Westberlin wohnen. Nach den geltenden gesetzlichen Bestimmungen haben in Westberlin arbeitende, aber im Ostsektor wohnende Personen, wenn sie arbeitslos werden, keinen gesetzlichen Anspruch auf Arbeitslosenunterstützung, da für den Bezug der Arbeitslosenunterstützung das Arbeitsamt des Wohnorts zuständig ist.
    Das hat im allgemeinen seinen guten Grund, weil das zuständige Arbeitsamt sonst keine Möglichkeiten der Kontrolle hätte, ob ,der Betreffende auch arbeitslos ist und dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht.
    Eine solche Möglichkeit ,der Kontrolle im Ostsektor besteht für die West-Berliner Arbeitsverwaltung nicht. Das Landesarbeitsamt Berlin hat in Einzelfällen in Abweichung von den angeführten Bestimmungen Arbeitslosenunterstützung ausgezahlt. Eine gesetzliche Regelung des Problems ist aber unbedingt notwendig. Deshalb war die Frage zu prüfen, ob im genannten Fall ein Rechtsan-


    (Becker Pirmasens])

    Spruch auf Arbeitslosenunterstützung geschaffen werden soll oder ob man sich damit begnügen soll, der Arbeitsverwaltung durch eine Kann-Bestimmung ,die Möglichkeit zu geben, in solchen Fällen Unterstützung zu gewähren, in denen es aus verschiedenen Erwägungen zweckmäßig ist.
    Der Ausschuß hat eine Reihe von Sachverständigen gehört, ,die sämtlich eine Änderung der bestehenden Verhältnisse für notwendig hielten, über die Form der Änderung jedoch verschiedener Auffassung waren. Der Ausschuß empfiehlt die Ihnen auf Drucksache 885 vorliegende Regelung. Danach soll die Arbeitsverwaltung ermächtigt werden, in Abweichung von der bisherigen gesetzlichen Regelung Arbeitslosenunterstützung zu zahlen. Das Verfahren soll vom Verwaltungsrat der Bundesanstalt mit Zustimmung des Bundesministers für Arbeit festgelegt werden.
    Ich kann darauf verzichten, Ihnen die einzelnen Artikel im Wortlaut vorzutragen, und darf auf die Drucksache 885 verweisen. Ich erlaube mir nur den Hinweis, daß die vorgeschlagene Regelung nach Art. II des Gesetzentwurfs nur für die Arbeitslosenversicherung und nicht für die Arbeitslosenfürsorge Geltung haben soll. Der Vollständigkeit halber darf ich dann noch darauf hinweisen, daß außer in Berlin ähnliche Fälle, wenn auch nur in geringem Maße, beispielsweise an der holländischen Grenze und ganz vereinzelt auch im Saargrenzgürtel bestehen.
    Namens des Ausschusses darf ich Sie bitten, dem Gesetzentwurf Drucksache 412 in der Ihnen jetzt vorliegenden Fassung auf Drucksache 885 mit der Überschrift „Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung" Ihre Zustimmung zu geben.


Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Ich danke dem Herrn Berichterstatter.
Ich rufe auf zur zweiten Beratung Art. I mit den Umdrucken 192 und 193. Zur Begründung des Antrags Umdruck 193 Frau Abgeordnete Heise bitte!

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Margarete Heise


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Wir haben Ihnen heute einen Änderungsantrag Umdruck 193 vorgelegt. Ich berufe mich dabei auf meinen Herrn Vorredner, den Herrn Berichterstatter, der Ihnen schon sagte, daß sich der Ausschuß zwar über die materielle Notwendigkeit einer Änderung einigen konnte, daß er aber nicht zu einer Einigung über die Form der Änderung gekommen ist. Nun unterscheidet sich die alte Fassung des Gesetzentwurfs Drucksache 412 von der neuen, im Ausschuß von der Mehrheit angenommenen dadurch, daß der Ausschuß aus der MußBestimmung eine Kann-Bestimmung gemacht hat. Das ersehen Sie einmal aus Abs. 2 des § 87. Da heißt es: „Arbeitslosenunterstützung kann gewährt werden", während es in § 168 a heißt: „Für Arbeitslose . . . . kann der Präsident der Bundesanstalt zulassen". Das steht im Gegensatz zu unserem Antrag Drucksache 412, den wir mit Umdruck 193 wieder aufleben lassen. Er sieht einen Rechtsanspruch der gegen Arbeitslosigkeit Versicherten auf eine Arbeitslosenunterstützung vor.

    (Vizepräsident Dr. Schneider übernimmt den Vorsitz.)

    Wie ist nun der Ausschuß für Arbeit mit Mehrheit zu seiner abweichenden Entscheidung gekommen? Die als sachverständig hinzugezogene Verwaltung — es waren Herren der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und des Landesarbeitsamtes Berlin — haben mit der von ihnen vorgeschlagenen Fassung, der sich der Ausschuß angeschlossen hat, die Möglichkeit der Aussiebung der Antragsteller offenhalten wollen. Das ist nach unserer Meinung nicht möglich. Wer als Versicherungspflichtiger — wo immer auch — Beiträge bezahlt, muß eine Leistung dafür erhalten.
    Vor politisch nicht erwünschten Elementen muß sich die Insel Berlin natürlich schützen; aber das tut sie seit Jahren auf eine andere Weise. Ein im sowjetisch besetzten Sektor wohnender Berliner kann in Berlin (West) eine Arbeit nur annehmen, wenn sein zukünftiger Arbeitgeber beim Landesarbeitsamt eine Arbeitsgenehmigung für ihn beantragt und erhält. Er wird sie jedoch in der Regel nur erhalten, wenn der Arbeitsuchende glaubhaft machen kann, daß er erstens im Ostsektor Berlins aus politischen Gründen gemaßregelt worden ist oder daß er zweitens zur Sparte der in Berlin knappen Facharbeiter gehört oder aber drittens seit der Spaltung Berlins, also seit 1948, in West-Berlin gearbeitet hat. Außerdem muß er, um zum Lohnumtausch — 66 2/3 % Ostmark und 33 1/3 % DM (West) — zugelassen zu werden, nochmals einen Antrag stellen. Die Lohnumtauschkasse in Berlin ist eine Selbsthilfeeinrichtung auf Ausgleichsbasis der Sektorengrenzgänger und läßt Leute, die gegen die demokratischen Grundregeln verstoßen haben, nicht am Umtausch teilnehmen. Diese Sicherungen sind vielleicht für das Bundesgebiet etwas ungewöhnlich, aber sie sind in Berlin notwendig, werden seit Jahren durchgeführt und haben sich bestens bewährt.
    Wenn nun aber ein Arbeitnehmer aus dem sowjetisch besetzten Teil Berlins diese Hürden genommen hat, dann werden ihm wie jedem anderen Arbeitnehmer hier auch selbstverständlich die Beiträge für die Arbeitslosenversicherung und für die Krankenversicherung abgezogen. Er muß nun, wenn er arbeitslos wird, auch das Recht haben — das will unser Antrag erreichen —, Arbeitslosenunterstützung zu beziehen. Ich sagte schon einmal: die in der veränderten Fassung des Ihnen vorliegenden Gesetzes eingefügte Kann-Bestimmung gibt ihm nicht das Recht. Es entspricht aber wohl dem Versicherungsprinzip wie auch dem Rechtsempfinden, daß bei einem Beitrag auch ,eine Leistung erfolgen muß.
    Das Landesarbeitsamt in Berlin wußte natürlich, daß hier ein Unrecht an Versicherungspflichtigen begangen wurde. Rechtlich konnte es sich auf den Gesetzestext stützen, der die Wohnsitzklausel vorsieht, d. h. jeder Arbeitnehmer muß sich dort arbeitslos melden, wo er wohnt. Moralisch hat es sich darauf gestützt, daß es nur einem kleinen Personenkreis eine Arbeitslosenunterstützung gewährte. Mein Herr Vorredner sagte schon: Wir haben 30 000 Arbeitnehmer, die in West-Berlin arbeiten. Zur Zeit unterstützt das Landesarbeitsamt bei besonderer Notlage, die nachgewiesen werden muß, 16 Arbeitnehmer. Schon an diesen Zahlen können Sie ersehen, wie ungleich das Verhältnis ist; denn wir haben selbstverständlich mehr Arbeitslose. Das Landesarbeitsamt aber hielt diesen Personenkreis so klein, weil es fürchtete, und mit Recht fürchtete, von der Bundesanstalt in Nürnberg regreßpflichtig gemacht zu werden.
    Die Zahl der Beitragzahlenden — 30 000 — und die Zahl der Unterstützungsempfänger stehen also


    (Frau Heise)

    in keinem Verhältnis zu den wirklichen Zahlen. Hier muß eine Abänderung geschaffen werden. Die jetzt vom Ausschuß vorgelegte Gesetzesänderung gibt der Verwaltung in Berlin eine gesetzliche Grundlage, nach der sie auch verlangt hat, aber sie gibt ihr nur die Grundlage, einen von ihr bestimmten und ausgesuchten Personenkreis zu unterstützen. Das war nicht der Sinn unseres ursprünglich vorgelegten Antrags Drucksache 412. Wir wollten, daß die 30 000 im sowjetisch besetzten Sektor Berlins Lebenden und in West-Berlin Arbeitenden und ihre Familien wissen, daß sie, wenn sie das Unglück haben sollten, arbeitslos zu werden, die gleichen Rechte haben wie jeder im Bundesgebiet arbeitende und wohnende Bürger.
    Wir bitten Sie deswegen, diese Menschen nicht unter ein Ausnahmerecht zu stellen — das würde geschehen, wenn Sie den jetzt vorliegenden Antrag annähmen —, sondern sich unserem Änderungsantrag Umdruck 193 anzuschließen. Damit verpflichten Sie das Landesarbeitsamt Berlin, jedem Beitragszahler die im zustehende Unterstützung auch wirklich zu zahlen.

    (Beifall bei der SPD.)