Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, ob wir mit dieser Debatte unserer Demokratie und unserer Jugend einen guten Dienst getan haben.
Ich persönlich habe die Ehre, seit einem Jahre diesem Bundestage und dem Ausschuß für Jugendfragen anzugehören, und, meine Herren von der Opposition, verzeihen Sie, ich bin etwas darüber überrascht, daß wir alle diese Fragen nicht viel gründlicher in unserem Ausschuß diskutiert haben,
wo sehr viel Gelegenheit gewesen wäre und wo das nicht geschehen ist. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, als verläsen wir heute bewußt vorbereitete Reden zum Fenster hinaus, die mit ganz besonderer und ganz bestimmter Pointe gehalten werden.
Meine Damen und Herren, ich glaube nicht— und Sie werden mir darin recht geben —, daß wir mit Verallgemeinerungen irgend etwas erreichen. Wenn Sie, Herr Herold, sagen, daß es Jungen und Mädel gebe, die 40 km Schulweg hätten, — entschuldigen Sie, wie viele von der Sorte gibt es denn in Deutschland?
Verallgemeinern wir nicht, sondern sehen wir doch das Eigentliche der Sache. Sie haben mit Recht gesagt, daß die Jugend ein sehr feines Gespür hat. Als ich die Diskussion anhörte, habe ich mir nur immer überlegt, was sich da oben die vielen Jugendlichen auf der Tribüne, die heute besonders zahlreich mit Jugend besetzt ist, denken und mit welchem Gefühl sie heute nach Hause gehen.
Ich hätte gewünscht und ich wünsche es noch, daß wir in den Ausschuß gehen und diese Dinge dort sehr gründlich und eindeutig durchdiskutieren, bevor wir damit an die Öffentlichkeit treten und glauben, dadurch etwas zu erreichen.
Herr Pöhler , Sie haben gefragt, wie die Jugend eine positive Stellung zum demokratischen Staat bekommen soll. Ich stehe mit größter Anerkennung vor dem, was der Bundesjugendplan im Laufe der Jahre geleistet hat. Ich glaube aber nicht, daß durch die materielle Hilfe eine positive Stellung der jungen Generation zum Staate erreicht wird,
sondern ich meine, daß, wie Sie sagen, die Wurzeln tiefer liegen und daß tiefer angepackt werden müßte.
Das eine Gute, das aus dieser Diskussion herauskommen wird, ist — und das hoffe ich —, daß wir uns im Ausschuß zusammensetzen und uns über alle diese Fragen einmal frisch-fröhlich zusammenraufen. Sicher helfen wir der Jugend, helfen wir der Demokratie auf diese Weise besser.
Ich gehöre ja wie die meisten in diesem Hause nun nicht mehr zur Jugend
— zur reiferen Jugend; danke, danke, das Feuer habe ich immer noch! —,
sondern ich gehöre zu der Generation, die nach dem ersten Weltkrieg jung war. Ich bin dankbar, daß ich aus der Jugendbewegung kommen darf, erst aus der freideutschen und später aus der
christlichen. Wenn ich zwischen dem vergleiche, was nach dem ersten Weltkrieg geschah und was jetzt für die Jugend getan wird, —
meine Damen und Herren, ich glaube, daß wir etwas dankbarer sein sollten!
Ich möchte mich als der Ältere zum Sprecher der jungen Generation machen und sagen: Die Jugend ist diesem Staat für das, was er tut, viel dankbarer, als wir es sehen.
Zum andern — auch das lassen Sie mich bitte noch aussprechen —: ich wünschte, daß der Bundesjugendplan doppelt soviel Mittel herausbrächte, denn die Situation ist heute anders als damals!
Wir müssen tun, was möglich ist; darin sind wir einig. Aber hüten wir uns doch auch davor, daß der Staat nur das Kindermädchen ist: daß er nur gibt und gibt und gibt
und damit die Jugend nicht dahin bringt, daß sie selbst, von sich aus, wirklich viel mehr tut. Wir hätten uns damals in der Zeit der Jugendbewegung verbeten, daß der Staat uns allzusehr betreute;
und ich glaube, es waren nicht die Schlechtesten aus jener Zeit.
Deshalb lassen Sie uns doch noch einmal sehr ernst und ehrlich darüber diskutieren. Und im übrigen: seien wir etwas dankbarer für das, was geschehen ist! Ich glaube, die Jugend ist es viel mehr, als das heute und hier zum Ausdruck gekommen ist.