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ID0203110000

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  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 31. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 26. Mai 1954 1437 31. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 26. Mai 1954. Geschäftliche Mitteilungen . . . . 1438 C, 1480 B Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Dr Becker (Hersfeld) 1438 D Beschlußfassung des Bundesrats zu Gesetzesbeschlüssen des Bundestags 1438 D Mitteilung über Stellungnahme des Bundesrats zum Haushaltsgesetz 1954 (Drucksache 539) 1439 A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Beauftragung von Einrichtungen der freien Wohlfahrtspflege mit der nichtgewerbsmäßigen Arbeitsvermittlung zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts (Drucksache 223); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit (Drucksache 419) . . 1439 A Frau Dr. Bleyler (Freiburg) (CDU/ CSU), Berichterstatterin 1439 A Könen (Düsseldorf) (SPD) 1440 B Storch, Bundesminister für Arbeit 1440 D Sabel (CDU/CSU) 1441 B Frau Schanzenbach (SPD) 1442 B Frau Finselberger (GB/BHE) . . . 1443 C Frau Dr. Brökelschen (CDU/CSU) . 1443 D Abstimmungen 1440 B, 1444 C Erste Beratung des von der Fraktion des GB/BHE eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Behebung der Berufsnot der älteren Angestellten (Drucksache 346) . . 1444 C Frau Finselberger (GB/BHE), Antragstellerin 1444 C, 1456 B Storch, Bundesminister für Arbeit 1446 D, 1453 B, 1456 B Hansen (Köln) (SPD) . . . . 1447 C, 1457 B Schneider (Hamburg) (CDU/CSU) . 1450 C Becker (Hamburg) (DP) 1453 C Frau Wolff (Berlin) (SPD) 1455 A Sabel (CDU/CSU) 1457 D Überweisung an den Ausschuß für Arbeit und an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik 1458 C Fortsetzung der dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 3. Juni 1953 über den FreundschaftsHandels- und Konsularvertrag zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika vom 8. Dezember 1923 mit seinen Abänderungen (Drucksache 71); Mündlicher Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (Drucksache 218, Anträge Umdrucke 71, 112) 1458D, 1509A, B Dr. Hallstein, Staatssekretär des Auswärtigen Amts . 1458 D, 1461 B, C, 1464 D Dr. Arndt (SPD) . . . 1459 D, 1461 C, 1463 B Dr. Lütkens (SPD) 1462 A Wehr (SPD) 1463 C Abstimmungen 1465 D Tatsächliche und persönliche Erklärung nach § 36 der Geschäftsordnung (betr. Berichterstattung in der 28. Sitzung zum Antrag auf Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abg. Dr. Löhr): Ritzel (SPD) 1466 A Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Förderungsprogramm für die Zonenrandgebiete (Drucksache 293) in Verbindung mit der Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Wirtschaftshilfe für die Zonenrandgebiete (Drucksache 316, Umdruck 113), mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (Drucksache 510), mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Kredithilfe für die mittelständische Wirtschaft im Zonenrandgebiet (Drucksache 432), mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Straßenbau im Zonenrandgebiet (Drucksache 433), mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Hilfsmaßnahmen für die Landwirtschaft im Zonenrandgebiet (Drucksache 434), mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen im Zonenrandgebiet (Drucksache 435) sowie mit der Beratung des Antrags der Abg. Wacher (Hof), Fuchs, Freiherr Riederer von Paar u. Gen. betr. Beihilfe für Grenzbauern (Drucksache 529) 1467 B, 1509 D Dr.-Ing. Drechsel (FDP), Anfragender 1467 C Dr. Bleiß (SPD), Anfragender . . . 1470 D Dr. Westrick, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft . . 1474 A 1497 C Frau Dr. BrökeLschen (CDU/CSU): zur Geschäftsordnung 1477 B zur Sache 1489A, 1505 C Dr. Gülich (SPD): zur Geschäftsordnung 1478 A zur Sache 1503B, 1505 C Kurlbaum (SPD), Antragsteller . . 1478 A Hörauf (SPD), Antragsteller . . . . 1480 B Freidhof (SPD), Antragsteller . . . 1481 C Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD), Antragsteller 1482 D Behrisch (SPD), Antragsteller . . 1484 A Wacher (Hof) (CDU/CSU), Antrag- steller 1486 A Frau Korspeter (SPD) 1487 B Dr. Henn (FDP) 1493 B Dr. Dittrich (CDU/CSU) 1495 B Unertl (CDU/CSU) 1497 D Höhne (SPD) 1499 A Seiboth (GB/BHE) 1500 D Kahn (CDU/CSU) 1506 B Priebe (SPD) 1507 A Jacobs (SPD) 1507 C Dr. Starke (FDP) 1507 C Ausschußüberweisungen 1508 C Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Entschädigung der Mitglieder des Bundestages (Drucksache 540) 1509 C Überweisung an den Haushaltsausschuß 1509 C Nächste Sitzung 1509 C Anlage 1: Entschließungsantrag der Fraktion der SPD betr. Freundschafts-, Handels- und Konsularvertrag zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika (Umdruck 71) 1509 A Anlage 2: Entschließungsantrag der Fraktion der SPD betr. Freundschafts-, Handels- und Konsularvertrag zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika (Umdruck 112) 1509 C Anlage 3: Antrag der Fraktion der SPD betr. Wirtschaftshilfe für die Zonenrandgebiete (Umdruck 113) 1509 D Die Sitzung wird um 9 Uhr 1 Minute durch den Vizepräsidenten Dr. Jaeger eröffnet.
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    Anlage 1 Umdruck 71 Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zum Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 3. Juni 1953 über den Freundschafts-, Handels- und Konsularvertrag zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika vom 8. Dezember 1923 mit seinen Abänderungen (Drucksachen 218, 71). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird aufgefordert, nach der Wiederinkraftsetzung des Freundschafts-, Handels-und Konsularvertrages vom 8. Dezember 1923 mit seinen Abänderungen bemüht zu sein, baldigst diesen Vertrag gemäß Art. V des Abkommens durch einen zeitgemäßen und umfassenden Vertrag zu ersetzen und dafür Sorge zu tragen, daß Art. II in Verbindung mit Art. IX des Vertrages eine Auslegung findet, a) die die Diskriminierung der auf deutschen Schiffen tätigen deutschen Seeleute auf Grund der Handhabung des „Immigration and Nationality Act" beseitigt, b) die die Regelung der Einfuhr von Filmen der US-Produktion in die Bundesrepublik in eine angemessene Relation zur Produktion der Bundesrepublik bringt, c) daß bei der Regelung der Grundrechte nach Art. II und VIII die deutschen Arbeitnehmer, die in der Bundesrepublik bei US-Dienststellen beschäftigt sind, ungeschmälert die Rechte aus den Bestimmungen des deutschen Arbeitsrechtes in Anspruch nehmen können. Bonn, den 27. April 1954 Ollenhauer und Fraktion Anlage 2 Umdruck 112 Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 3. Juni 1953 über den Freundschafts-, Handels- und Konsularvertrag zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika vom 8. Dezember 1923 mit seinen Abänderungen (Drucksachen 218, 71). Der Bundestag wolle beschließen: Die vom Bundeskanzler am 3. Juni 1953 mündlich abgegebene Erklärung ist nicht Bestandteil des Abkommens vom 3. Juni 1953 und des durch dieses Abkommen bestätigten Freundschafts-, Handels-und Konsularvertrages zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika vom 8. Dezember 1923 und kann daher Rechte aus dem Vertrage vom 8. Dezember 1923 nicht mindern. Bonn, den 25. Mai 1954 Ollenhauer und Fraktion Anlage 3 Umdruck 113 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betreffend Wirtschaftshilfe für die Zonenrandgebiete (Drucksache 316). Der Bundestag wolle beschließen, für kulturelle Hilfsmaßnahmen im Zonengrenzgebiet im Verlauf der nächsten fünf Jahre Bundeszuschüsse in Höhe von jährlich 25 Millionen DM zu gewähren. Bonn, den 25. Mai 1954 Ollenhauer und Fraktion
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    Rede von Franz Xaver Unertl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Anscheinend ist auch im Deutschen Bundestag die moderne Zeitkrankheit „Zeitdruck" zu Hause. Deswegen ist bei der Debatte der ganzen Grenzlandfragen der Wunsch geäußert worden, die noch kommenden Redner —


    (Unertl)

    und zu denen zähle ich auch — mögen sich möglichst kurz fassen. Vielleicht ist der Wunsch berechtigt, und man könnte sich kurz fassen; denn im allgemeinen ist das, was zu sagen ist, von den meisten Vorrednern schon gesagt worden.
    Man muß doch auch bedenken, daß das Grenzlandproblem neben all den Fragen, die sich für die Regierung, für die Abgeordneten und die Ausschüsse stellen, ein ganz großes und wichtiges politisches Problem ist. Ich komme aus einem Wahlkreis, in dem zur Zeit die Kommunistische Partei
    — und ich bitte die Damen und Herren, sich das wirklich einmal zu überlegen — mit aller Schärfe daran geht, in den Gebieten, in denen die Arbeitslosenziffern nun einmal, wie mein Kollege Dittrich ausgeführt hat, über dem Durchschnitt liegen, Propaganda zu machen. In der Gegend von Passau und in dem Bezirk Grafenau, in Wegscheid und Wolfstein ist man intensiv am Werk. Man verteilt
    — ich habe mir die Exemplare mitgenommen, sie können bei mir eingesehen werden — in den- Betrieben Zeitungen. Ich bitte, auch einmal daran zu denken, daß auch der Leipziger Sender, der nahe am Eisernen Vorhang ist, einen maßgebenden Einfluß auf die Bevölkerung an dieser Zonengrenze ausübt. Es ist deshalb notwendig, daß wir uns mit allem Ernst, über die Parteien hinweg, mit den Zonengrenzfragen beschäftigen und auseinandersetzen.
    Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ist ebenfalls ein sehr maßgebender Faktor. Ich muß an das anknüpfen, was die Vorredner gesagt haben, und möchte Herrn Staatssekretär Westrick darauf aufmerksam machen, daß die Arbeitslosenziffern in unseren Gebieten und Kreisen seit 1948 nicht im Absinken sind, sondern wesentlich zugenommen haben. Wir hatten — ich möchte nur einen Kreis herausgreifen — in dem Arbeitsamtsbereich des bereits erwähnten Kreises Deggendorf 1948 10,8 % Arbeitslose, 1953 21,4 % und heuer, und zwar mit dem Stand vom 20. März 1954, 35,8 % Arbeitslose. Der Landkreis Grafenau liegt wohl mit 42,4% Arbeitslosen an der Spitze. Das sind Argumente und Tatsachen, über die wir keinesfalls hinweggehen dürfen. Wir müssen alle Anstrengungen machen und zunächst einmal dafür sorgen, daß die Menschen, die in diesen Gebieten leben, staatstreu bleiben. Es ist hier an das Wort erinnert worden, das der Herr Bundeskanzler in Regensburg geprägt hat. Ich möchte auch daran erinnern — und habe mich speziell bei der letzten Debatte um die Hilfe für Berlin daran erinnert —: wir verkennen das Politikum Berlins nicht. Aber die Zahlen der Arbeitslosigkeit, die sich bei uns hier auftun, sind doch enorm höher als die in Berlin.
    Man muß sich nun fragen, ob es außer den Maßnahmen des Bundes, des Sanierungsprogramms, Länder auch andere Mittel gibt, um diesen Gebieten des Zonengrenzprogramms und den Mitteln der zu helfen. Da möchte ich darauf verweisen, daß ich in der Ausweitung und Hebung des Fremdenverkehrs eine sehr wichtige Hilfestellung sehe. Die heutige Zeit kennt doch so viele nervöse Menschen. Die Nervosität, die doch heute die größte Zeitkrankheit und die Krankheit vieler Menschen ist, wäre vielleicht zu überwinden, wenn die Menschen, die Erholung suchen, sich in ihrem Urlaub in die bewaldeten Gebiete des bayerischen oder oberpfälzischen Waldes zurückzögen.

    (Beifall bei der CSU.)

    Gehen Sie, meine Damen und Herren Kollegen des
    Bundestages, meine sonstigen Bekannten, die Referenten, die Regierungsbeamten auf der Bonner Ebene, mit gutem Beispiel voran.

    (Erneuter Beifall bei der CSU.)

    Folgen Sie, meine Damen und Herren, dem Landesvater! Ich möchte von dieser Stelle aus heute schon Herrn Bundespräsidenten Heuss danken, daß er sich bereit erklärt hat, seinen heurigen Sommerurlaub in diesen Gebieten zu verbringen.
    Andererseits muß hier noch gesagt werden: treten wir der Reisewut ins Ausland etwas entgegen!

    (Abg. Kahn: Sehr gut!)

    Erziehen wir dazu auch unsere Jugend.

    (Zuruf des Abg. Stücklen.)

    — Ja, lieber Stücklen, ich weiß, man könnte hier mit dem Argument in Konflikt kommen, daß das Reisen wieder Gegenreisen bringt. Da hast du recht; das weiß ich ja auch. Ich glaube, es sollte doch bei uns noch Menschen geben, die nicht zuerst Italien und vielleicht Spanien und wenn möglich auch noch Jugoslawien besser kennen als ihre engere Heimat, geschweige den Bayerischen Wald.

    (Sehr gut! rechts.)

    Ich habe mich gefreut, als heute mittag Bonner Journalisten erklärten, sie hätten es satt, ins Ausland zu fahren, sie suchten nun eine ruhigere Stätte, und auch sie würden — einige Herren haben das Versprechen abgegeben — ihren Urlaub im Bayerischen Wald verbringen.

    (Beifall bei der CSU.)

    Bleiben wir alle etwas mehr bei diesen Gepflogenheiten und lernen wir unsere schöne bayerische und deutsche Heimat kennen. Dann, glaube ich, haben wir später immer noch Möglichkeiten genug, uns ins Ausland zu begeben.
    Meine Damen und Herren, die Zeit ist beschränkt, und mir steht nicht viel davon zur Verfügung. Ich möchte aber kurz noch etwas sagen, was heute von dieser Stelle aus noch nicht gesagt wurde. Wir müssen bei der Betrachtung der Grenzlandverhältnisse auch einmal die Zahlen unserer Geburtenstatistik betrachten. Wir wissen aus den Bevölkerungsstatistiken, daß die Geburtenziffer heute im Bundesdurchschnitt bei 16,2 Promille liegt, dagegen in den Gebieten, von denen seit heute früh gesprochen wird, bei 22 Promille. Ein Familienvater weiß, was Kinder kosten, bis sie arbeitsfähig werden. Wenn nun bei Eintritt der Arbeitsfähigkeit infolge der betrüblichen Verhältnisse keine Beschäftigung da ist, muß das wertvolle Menschenmaterial dieser Gegenden nach dem Westen abwandern. Die Leute sind heimattreu, und man sollte sie dafür belohnen und die Arbeit an sie heranbringen. Ich möchte darum ersuchen, einmal ernsthaft über dieses Problem nachzudenken.
    Ich sagte schon eingangs, daß wir uns alle bemühen müssen, gemeinsam das beste zu finden, um dem Zonengrenzgebiet zu helfen. Wenn wir das tun, vollbringen wir ein großes politisches Werk. Dann, wenn es mal zu spät ist, helfen selbst Milliarden nichts mehr. Heute ist es noch früh genug. Ergreifen wir deswegen jetzt die Initiative! Ich bin mit meinem Vorredner, dem Herrn Kollegen Dittrich, der Meinung, daß wir uns gemeinsam in den Ausschüssen bemühen sollten, die heute gegebenen Anregungen so weit wie möglich zu verwirklichen und etwas Positives zu schaffen. An der Grenze des bayerischen und deutschen Gebiets

    [Unertl)
    lebt eine brave und fleißige Bevölkerung. Sorgen wir dafür, daß aus dem wirtschaftlichen Notstand von heute nicht der politische Notstand von morgen wird!

    (Beifall in der Mitte.)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Abgeordnete Höhne.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Franz Höhne


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Sozialdemokratische Partei hat Ihnen mit der heutigen Großen Anfrage und ihren Anträgen die Notwendigkeit einer Hilfe für die Zonengrenzgebiete dargelegt. Alle Damen und Herren der Regierungsparteien sind sich auch darin einig, daß in den Zonengrenzgebieten etwas geschehen müsse. In leidenschaftlichen Ausführungen haben wir gehört, daß jetzt Millionen notwendig seien, weil sonst später Milliarden fruchtlos sein könnten. Es mutet mich aber eigenartig an, daß Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, trotzdem zu behaupten wagen, wir betrieben Wahlpropaganda.

    (Lachen und Zurufe in der Mitte.)

    Unser ernsthaftes Zonengrenzprogramm zur Lösung der Zonengrenzprobleme bezeichnen Sie von dieser Stelle aus als Wahlpropaganda.

    (Zuruf von der Mitte: Das hat ja niemand gesagt!)

    — Frau Brökelschen hat hier behauptet, daß die Sozialdemokratie mit ihren Anträgen Wahlpropaganda betreiben wolle. Es handelt sich hier um höchst aktuelle Fragen, an deren Lösung die Bevölkerung draußen sehr interessiert ist. Da brauchen wir keine Wahlpropaganda zu betreiben. Wir haben es nicht nötig, anderen die Ehre abzuschneiden und Wahlverleumdungen zu starten.

    (Lebhafte Zurufe von der Mitte.)

    Wir sind uns bewußt, daß den Zonengrenzgebieten geholfen werden muß. Ich möchte aber jetzt schon darauf hinweisen, daß es die Grenzländer keineswegs hinnehmen können, wenn die Zonengrenzprobleme — und diese Tendenz ist hier leise angeklungen — in zwei Teile aufgegliedert werden. Das eine Teilgebiet hat vorhin der Herr Abgeordnete Dr. Henn andeutungsweise genannt. Das andere Teilgebiet soll das Zonengrenzprogramm sein, weil sich die Gebiete entlang der tschechoslowakischen Grenze keinesfalls und in nichts von den Zonengrenzgebieten unterscheiden. Denken Sie an die verhärteten Grenzzustände, die wir entlang der tschechoslowakischen Grenze bis hinauf nach Tirschenreuth haben!
    Der Herr Staatssekretär hat gesagt, es fehlten die überzeugenden Beweise, daß Betriebsverlegungen vorgenommen worden seien. Mein Parteifreund Behrisch hat Ihnen schon eine Reihe dieser Betriebe genannt. Ich möchte Ihnen auch noch einige anführen,

    (Zurufe rechts: Warum?)

    und empfinden Sie es bitte nicht als langweilige Darstellung! Siemens in Regensburg haben sich verlagert, die Glaswerke Tettau mit 100 Mann Belegschaft, Klaus Christian Hammerschmitt, KleinTettau, mit 100 Mann Belegschaft, Karl August Hein, Klein-Tettau, mit 100 Mann, Kleiderfabrik Kaltelesdorf, Landkreis Staffelstein, mit 50 Mann, Komet-Stahlhalter-Fabrik Neustadt bei Coburg mit 60 Mann, Firma Kletzer Kerzenfabrik mit ebenfalls
    60 Mann, der Betrieb Bitweiler mit über 500 Mann Belegschaft, die Farbglaswerke—ehemalige Jenaer Schottwerke — in Zwiesel usw. usw., — die Liste ist damit noch lange nicht beendet.
    Es hat also sehr wohl eine Verlegung von Betrieben stattgefunden, und auch in Zukunft ist damit zu rechnen. Allein in dem Landkreis Cham, in dem arbeitsschwachen Gebiet, sind in den letzten zwei Jahren 27 Betriebe stillgelegt worden. Stillgelegt worden sind in der letzten Zeit auch — und das ist gerade für unsere holzverarbeitende Industrie sehr gefährlich - nicht weniger als sieben Sägewerke, die nunmehr nicht mehr imstande sind, ihre Leute zu beschäftigen. Die Verlesung einer Liste der beabsichtigten Stillegungen möchte ich mir ersparen. Ich bin aber bereit, sie dem Herrn Staatssekretär zuzuleiten, wenn er dafür Interesse hat.
    Unterstrichen werden muß noch die Not in diesen Gebieten und damit die Notwendigkeit einer schnellen Hilfeleistung. Der Herr Staatsekretär hat uns Zahlen über die Arbeitslosigkeit genannt: sie sei im Zonendurchschnitt vom Jahre 1949 mit 16,1 % zum Jahre 1953 auf 9,9% gesunken. Ich möchte Ihnen dazu sagen: den Leuten in den betroffenen Gebieten ist dieser statistische Durchschnitt höchst uninteressant. Interessant ist für die Menschen, die in diesen Gebieten wohnen, die Arbeitslosenzahl in dem Raume, in dem sie leben. Da kommen wir auf ganz andere Ergebnisse, Herr Staatssekretär! Da lesen wir: Cham im Jahre 1949 30,8 %, im Jahre 1953 40,2 %; in Deggendorf — immer von 1949 zu 1953 — Erhöhung von 30% auf 38 %. Dann Passau! Ich nenne hier nur die Zonenrandgebiete, die in der 40-km-Zone liegen.

    (Zurufe von der Mitte und rechts.)

    — Passau, das ist alles schon festgestellt, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition! Das haben wir schon vor vier Jahren festgestellt, Sie können es nachlesen! Warum haben Sie denn nichts getan?

    (Zuruf rechts: Das steht genau fest!)

    Ihre Worte helfen nichts. Sie reden von Taten. Bitte sehr: warum haben Sie in den letzten vier Jahren im Zonengrenzausschuß nicht durch die Regierung und von diesem Pult aus die notwendigen Voraussetzungen geschaffen?

    (Beifall bei der SPD. — Abg. Spies [Emmenhausen]: Geben Sie den Leuten die politische Sicherheit, dann wandern sie nicht ab!)

    Das Volk wird es Ihnen eines Tages vorhalten, daß man mit Worten Taten nicht ersetzen kann.
    Ich fahre in der Aufzählung fort. In Weiden hatten wir 1949 7,1 %, heute nach einer vier- oder fünfjährigen Entwicklung im Zeichen des deutschen Wirtschaftswunders haben wir 22,8% an Erwerblosen. Meine Damen und Herren, sind das nicht erdrückende Zahlen, und schlägt Ihnen nicht das Gewissen ein wenig?

    (Zurufe rechts.) Werden Sie nicht rot vor Ihrem -


    (Lachen, lebhafter Widerspruch und Zurufe rechts und in der Mitte. — Beifall bei der SPD.)

    — Ja, so rot können Sie niemals werden, dazu fehlt Ihnen die Verantwortung.

    (Abg. Spies [Emmenhausen] : Ihnen fehlt sie, Sie konnten die politische Sicherheit schon längst geben!)



    (Höhne)

    — Wie uns die Verantwortung fehlt, kann ich Ihnen sagen: haben Sie regiert, oder haben wir regiert?

    (Sehr gut! bei der SPD.)

    Herr Dr. Dittrich, Sie haben das Zonengrenzgebiet Kötzting zu vertreten. In Kötzting waren in den letzten vier, fünf Jahren 49 % der Bevölkerung Fürsorgeempfänger — also aus der Arbeitslosenversicherung Ausgesteuerte —, die in den nächsten vier, fünf Jahren mit Ihrer Politik auch zu keiner Arbeit kommen werden.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Aber mit Ihrer wird es besser!!)

    Im Durchschnitt von Passau bis Hof haben wir eine
    Fürsorgeziffer von 30 % in den Grenzlandgebieten.
    Das sind alarmierende Zahlen, die aber nicht erst heute erkennbar werden. Lesen Sie die Protokolle von 1950 und 1951 nach! Ich habe 1951 ähnliche Ausführungen gemacht und eigenartigerweise Sie auch. Sie haben es bisher nur bei ganz lapidaren Versprechungen gelassen. 50 Millionen DM setzen Sie in den Bundeshaushalt ein. Jetzt hören wir von dem Herrn Staatssekretär, daß uns die 120 Millionen DM zugesichert sind. Ja, meine Damen und Herren, bemühen Sie sich doch erst einmal, festzustellen, wo die 120 Millionen DM herkommen! Sind das Bundesmittel, oder sind das Mittel, die den Ländern abgezwackt werden?

    (Zuruf rechts: Bundesmittel sind es!)

    — Nein, das ist nicht wahr. Da sehen Sie, wie wenig Sie von den Dingen verstehen.

    (Zurufe von der Mitte und rechts.)

    Sie stellen hierorts Ansprüche und wissen gar nicht, daß die Länder die 120 Millionen DM bezahlen.

    (Sehr richtig! bei der SPD. — Widerspruch in der Mitte.)

    — Selbstverständlich, die Länder bezahlen, und das in dem Augenblick der Abzweigung der 120 Millionen DM durch die Erhöhung des Bundesanteils an der Einkommen- und Körperschaftsteuer auf 42 %. Es heißt ausdrücklich, mit 40 % komme eine Zonengrenzhilfe vom Bund her nicht in Frage. Es müßten, so fordert der Bundesfinanzminister, die 42 % gewährt werden; erst dann tritt ein Hilfsprogramm und treten Hilfsmaßnahmen für das Zonenrandgebiet in Kraft.

    (Zuruf von der Mitte: Das ist ein Irrtum!)

    Sie schwächen also dadurch, daß Sie den Ländern Beträge abziehen und zum Bunde leiten, die Länder in ihrem Vermögen, von sich aus Zonengrenzmaßnahmen durchzuführen. Das ist doch ganz klar. Was z. B. Bayern bisher an Grenzlandhilfe dadurch hat leisten können, daß nicht 42% in Anspruch genommen wurden, kann es in Zukunft nicht mehr leisten; da werden Sie mir zustimmen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Es stehen 10 Millionen im Etat!)

    — Na also! Man soll sich nichts vormachen und sollte vor allen Dingen keine solchen Täuschungsmanöver starten, die die Menschen draußen in den Glauben versetzen: Nun haben wir 50 Millionen DM im Etat stehen, 120 Millionen DM gibt der Bund außerdem, er gibt also 170 Millionen DM; damit läßt sich schon etwas anfangen. — Wenn sie aber fragen, was die Länder in Zukunft weniger tun, werden sie feststellen, daß im Schnitt gesehen
    die Bereitschaft sogar noch schwächer sein wird, als sie in der Vergangenheit gewesen ist.

    (Abg. Sabel: Das ist ja Milchmädchenrechnung!)

    Man mag nun Selbsthilfemaßnahmen erwägen. Das tun wir auch. Wir sind verantwortungsbewußt genug, die Menschen in unseren Gebieten auf die Selbsthilfe hinzuweisen. Aber man sollte bei solchen wirklich politischen Notwendigkeiten, wie es die Hilfsmaßnahmen für das Zonengrenzgebiet sind, nicht mit Fünferln und Zehnerln, wie man bei uns sagt, rechnen. Die Frau Abgeordnete Brökelschen sagte: der eine Antrag erfordert 65 Millionen DM, der andere 60 Millionen DM; was nunmehr vorliegt, ergibt alles in allem 200 Millionen DM. Ja, meine Damen und Herren, Sie haben sogar von 600 Millionen gesprochen.

    (Abg. Frau Dr. Brökelschen: 120 Millionen DM, dazu 25 Millionen für kulturelle Zwecke, plus nicht genannte Millionen für die Entschädigung der Bauern, und die Senkung der Umsatzsteuer!)

    Meine Damen und Herren, wollen wir das Politikum Zonengrenze von Geld abhängig machen oder von dem guten Willen, den wir alle haben?

    (Abg. Spies [Emmenhausen]: Beides! — Abg. Sabel: Der gute Wille wird nirgendwo gewechselt!)

    Der gute Wille muß natürlich zum Ausdruck kommen durch das Bekenntnis, zu leisten. Das, meine Damen und Herren, sind S i e jedenfalls bisher schuldig geblieben.

    (Beifall bei der SPD.)