Rede von
Dr.
Richard
Jaeger
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort zur Begründung des Antrags unter Punkt 4 h der Tagesordnung hat der Abgeordnete Wacher .
Wacher (CDU/CSU), Antragsteller: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es fällt mir wirklich nicht leicht, nach der Begründung von zwei Großen Anfragen und sechs Anträgen noch Ihre Aufmerksamkeit für einen weiteren Antrag zu erbitten. Aber glauben Sie uns Abgeordneten aus den Zonengrenzgebieten, die wir die Sorgen und Nöte dieser Landstriche kennen, daß es sehr notwendig ist, sich über diese Probleme zu unterhalten. Wie notwendig es ist, das hat immerhin heute die Diskussion schon zum Teil gezeigt.
Gestatten Sie mir bitte eine kurze Vorbemerkung. Alle Mitglieder dieses Hauses sehen es laufend als ihre vordringliche Aufgabe und Pflicht an, ihre politischen Entscheidungen im Hinblick auf eine friedliche Wiedervereinigung Deutschlands zu treffen. Aber ich meine, wir alle müßten jetzt weit mehr als bisher daran denken, daß dieser Weg in das sowjetisch besetzte Gebiet über die Zonengrenzen geht und gehen wird. Wir müßten jetzt die Schwierigkeiten an den Staats- und an den Zonengrenzen bereinigen. Wir wünschen alle, daß wir bald unsere wirtschaftlichen Kräfte dafür einsetzen können, der jetzt sowjetisch besetzten Zone Hilfe zu leisten. Aber im Augenblick haben wir die Aufgabe, eine Wirtschaftsordnung an den Grenzen zu gestalten.
Ich habe mich mit der Drucksache 529 zu beschäftigen. Wir haben in diesem Antrag verlangt, daß den Landwirten des Bundesgebietes, die Grundstücke im Ausland, also meistens im Westen, oder in der sowjetisch besetzten Zone haben, die sie wegen politischer Maßnahmen, die sie ja nicht zu vertreten haben, nicht bewirtschaften können, eine Beihilfe gewährt wird. Diese Beihilfe, so meinen wir, kann nur dann gewährt werden, wenn diese Betriebe in ihrer Existenz gefährdet sind. Ich kenne im fränkischen Raum Kleinbetriebe mit 7, 8 ha, deren Besitzer drei oder vier Kinder haben und die von den 7, 8 ha 2, 3 ha in der sowjetisch besetzten Zone verloren haben, so daß die Leute von dem Restbetrieb leben müssen. Hier ist es notwendig, einzugreifen. Diese Verhältnisse bestehen auch an der Westgrenze. Ich kenne viele Fälle, in denen die Lage ähnlich ist.
Bei unserem Antrag denkt niemand daran, eine endgültige Entschädigung zu verlangen oder auch nur eine Abschlagszahlung auf diese Entschädigung zu fordern. Das wäre Aufgabe und Sache des Kriegsfolgenschlußgesetzes. Wir meinen, man muß lediglich die Härten mildern, von denen unsere Bauern betroffen sind, die — das hat auch Kollege Schmidt schon ausgeführt — Teilflächen ihrer Betriebe für die Bewirtschaftung verloren haben. Nach den mir vorliegenden Unterlagen liegen am Eisernen Vorhang ungefähr 2200 ha, die nicht bewirtschaftet werden können. Im Westen beträgt die Gesamtfläche zirka 8000 ha. Hierher gehören selbstverständlich auch die sogenannten Traktatländereien. Herr Dr. Schmidt, machen Sie sich keine Sorgen, ich werde keineswegs mit Herrn Dr. Dr. Müller in Konkurrenz kommen. Wir haben die Dinge bereits abgesprochen, weil wir der Ansicht sind, daß den Besitzern dieser Traktatländereien in unserem Sinne geholfen werden muß.
Ich begrüße es außerordentlich, daß sich auch Ihre Fraktion in ihrem Antrag Drucksache 434 mit diesem Problem befaßt hat. Ich bin der Ansicht: wir werden uns über den Weg zu unterhalten haben; denn ich glaube nicht, daß wir Maßnahmen in Fortführung der Maßnahme von 1952, wie Sie sich ausgedrückt haben, ergreifen können. Wir haben ja immerhin jetzt völlig geänderte Verhältnisse vorliegen. Seinerzeit handelte es sich doch darum, Aufwendungen zu ersetzen. Heute müssen wir daran gehen, existenzgefährdeten Betrieben zu helfen. Die Aufwendungen — man kann das nur roh schätzen — dürften nach unserem Antrag bei zirka einer Million DM liegen. Das ist im Verhältnis zu den Zahlen, die wir heute gehört haben, sicher ein geringer Betrag. Aber wir wissen, daß wir gerade mit diesen Mitteln eine wirksame Hilfe für einen recht großen Personenkreis werden erreichen können. Wir können uns nur nicht dazu entschließen, eine generelle Hilfe zuzusagen, weil das unbedingt eine Diskrepanz mit anderen Maßnahmen mit sich bringen würde.
Eine Bemerkung des Herrn D r. Bleiß veranlaßt mich aber doch noch, einige Sätze anzufügen.
— Für die CDU-Fraktion, Herr Behrisch, der ich
die Ehre habe anzugehören.
Herr Dr. Bleiß, Sie meinten sich etwas kritisch mit den CDU-Ministern der ersten Regierung auseinandersetzen zu müssen, denen Sie — wenn ich Sie recht verstanden habe — vorwarfen, sie hätten gebremst. Herr Dr. Bleiß, ich bin der Ansicht, daß das Grenzproblem zu allerletzt dazu verwendet werden sollte, Parteipolitik zu betreiben.
Ich meine, das ist das ungeeignetste Objekt dazu; wir sollten das nicht tun.
— Dann lassen Sie mich auch eine Feststellung treffen. Wenn man erstmalig, wie ich, die Ehre hat, an der Verabschiedung des Haushalts mitzuarbeiten, dann versucht man, etwas Einblick in die Hohe Schule der Haushaltspolitik zu gewinnen. Glauben Sie mir, meine Damen und Herren von der Opposition, es ist nicht ganz leicht, hinter gewisse Dinge zu kommen, so z. B. dahinter, warum die sozialdemokratische Fraktion im Rahmen der Haushaltsberatungen Anträge gestellt hat in Höhe von zirka 2,3 Milliarden DM und warum sich bei diesen Anträgen keine Anträge für die Grenzgebiete gefunden haben, während uns jetzt auf den Tisch des Hauses Anträge gelegt werden, die sich so ungefähr in der Höhe von 500 bis 600 Millionen DM bewegen.
Mit überspannten Forderungen nutzt man denen, denen man helfen will, nichts. Wie die Erfahrung gelehrt hat oder wenigstens gelehrt haben sollte, ist dabei auch parteipolitisch wenig zu erreichen.
Ich sagte schon, daß wir zur Verwirklichung unseres Antrages wohl eine Million DM benötigen werden. Wir meinen, daß diese eine Million DM aus den bewilligten 120 Millionen DM für die Grenzlandhilfe genommen werden sollte. Wir sollten uns alle gemeinsam dafür einsetzen, daß diese 120 Millionen DM optimal richtig angelegt werden. Ich bin mit Ihnen der Ansicht, daß wir mit den 120 Millionen DM nicht auskommen können.
— Ich könnte mir vorstellen, daß wir auch mit 2 Milliarden DM nicht auskämen. Aber wir müssen doch mit den Füßen auf der Erde bleiben. Wir dürfen nicht Forderungen anmelden, die man wirklich nur als irreal bezeichnen kann.
Lassen Sie mich bitte abschließend sagen, daß sich die Hilfe für das Grenzland künftig nicht ausschließlich auf die gewerbliche Wirtschaft beziehen darf. Gerade die Landwirtschaft in den Grenzgebieten — dabei fasse ich Staatsgrenzen und Zonengrenzen zusammen — befindet sich in besonders schwieriger Lage, wie ja Grenzgebiete immer der Landwirtschaft keinen besonders günstigen Boden schaffen.
Ich beantrage Überweisung des Antrags meiner politischen Freunde an den Haushaltsausschuß — federführend — sowie zur Mitberatung an den Ernährungsausschuß, den Ausschuß für Grenzland-fragen und den Unterausschuß Zonenrandgebiet. Ich bitte das Hohe Haus, dem Antrag die Zustimmung geben zu wollen.