Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf einige Bemerkungen zu dem Entschließungsentwurf Umdruck 71 machen. Der Entschließungsentwurf enthält zunächst die Aufforderung an die Bundesregierung, gemäß Art. V des Abkommens einen zeitgemäßen und umfassenden neuen Vertrag abzuschließen. Ich darf namens der Bundesregierung sagen, daß wir diesen Teil des Entschließungsentwurfs für überholt halten, da bereits seit geraumer Zeit Verhandlungen über den Abschluß eines solchen Vertrages, und zwar in einem guten und freundschaftlichen Geist, schweben.
Erheblichere Bedenken bestehen gegen die Punkte a bis c des Entschließungsentwurfs. Zunächst zum Punkt a, der eine Auslegung wünscht, „die die Diskriminierung der auf deutschen Schiffen tätigen deutschen Seeleute auf Grund der Handhabung des ,Immigration and Nationality Act' beseitigt". Es ist richtig, daß dieses Act, das sogenannte McCarran Act, Erschwerungen bringt. Es fordert eine sehr umständliche individuelle Visierung jedes Passes und nunmehr auch jedes Seefahrtsbuches, während bisher für Seeleute, die ja oft nur auf Stunden an Land gehen, der sogenannte Besatzungslisten-Sichtvermerk genügte. Das neue Gesetz bedeutet also in der Tat ohne Zweifel eine erhebliche Erschwerung, da es längere Zeit in Anspruch nimmt, bis die neu geforderten Visen er-
teilt sind. Aber es handelt sich hier nicht um eine Diskriminierung deutscher Seeleute. Vielmehr gilt die Bestimmung für alle Ausländer. Der Grundgedanke des McCarran Act ist es, eine kommunistische Infiltration auch auf diesem Wege zu verhindern. Deswegen ist auch keine Chance vorhanden, im Wege von Verhandlungen die amerikanische Regierung und den amerikanischen Kongreß zu bewegen, dieses Act irgendwie zu ändern.
Zu b wird eine Auslegung verlangt, „die die Regelung der Einfuhr von Filmen der US-Produktion in die Bundesrepublik in eine angemessene Relation zur Produktion der Bundesrepublik bringt". Dazu ist zu sagen, daß Filmeinfuhrfragen in dem Handelsvertrag von 1923 nicht geregelt sind. Vielmehr ist die Grundlage der Regelung der Einfuhr ausländischer Filme jetzt der Art: IV des GATT-Abkommens, dem die Bundesrepublik bekanntlich beigetreten ist. Danach ist die Einfuhr ausländischer Filme grundsätzlich liberalisiert. Eine Begrenzung der Einfuhr darf nur in der Form von Spielzeitquoten erfolgen, die der Nationalproduktion der Mitgliedstaaten eine bevorzugte Belieferung der Theater mit inländischen Filmen sichern. Praktisch liegt es so, daß ungeachtet dieser Liberalisierungsverpflichtung auf Grund freiwillig übernommener Bindungen Beschränkungen der Filmeinfuhr bestehen. In bezug auf Frankreich, Italien und Großbritannien geschieht das in der Form von Kontingenten, die weitergelten, und zwar in den drei genannten Ländern in Höhe von je 30 Filmen. Dieselbe Grundlage ist für Osterreich gewählt worden mit einer Begrenzung auf 20 Filme. Was die Vereinigten Staaten anlangt, so ist die Begrenzung auf eine andere Weise erreicht, nämlich in Gestalt einer Selbstbeschränkung der amerikanischen Filmindustrie, der Verleihfirmen nämlich, die in der Motion Picture Association of America zusammengeschlossen sind. Das sind die zehn größten amerikanischen Verleihfirmen. Sie haben sich verpflichtet, im Verleihjahr nicht mehr als 200 Filme nach der Bundesrepublik einzuführen. Die tatsächliche Entwicklung ist die, daß im Verleihjahr 1952/53 184 Filme eingeführt worden sind, im jetzt laufenden Verleihjahr bisher 182 Filme, wozu noch eine Anzahl von Filmen unabhängiger Verleihfirmen trat, deren Filme auf insgesamt rund 40 zu veranschlagen sind. Diese nicht unwesentliche Einfuhr von Filmen aus den Vereinigten Staaten mußte im Hinblick auf die Liberalisierungsverpflichtung, die wir durch unseren Beitritt zu GATT übernommen haben, hingenommen werden. Ich darf aber ausdrücklich sagen, daß diese Einfuhr einer kräftigen Aufwärtsentwicklung des deutschen Films bisher keinen Abbruch getan hat.
Zu c) wird eine Auslegung gewünscht, daß bei der Regelung der Grundrechte nach Art. II und VIII die deutschen Arbeitnehmer, die in der Bundesrepublik bei US-Dienststellen beschäftigt sind, ungeschmälert die Rechte aus den Bestimmungen des deutschen Arbeitsrechts in Anspruch nehmen können. Auch hier besteht kein Zusammenhang zwischen der aufgeworfenen Frage und den Tatbeständen, die in den angeführten Artikeln behandelt sind. Die Grundsätze, die in Art. II und VIII des Vertrages von 1923 geregelt sind, beziehen sich auf folgende Tatbestände: Art.II regelt das Klagerecht eines Staatsangehörigen bei einer Körperverletzung, die er im Dienst der anderen Vertragschließenden Partei erleidet, und Art. VIII regelt die Gleichbehandlung von Staatsangehörigen
und Waren innerhalb der Gebiete der Vertragsteile im Hinblick auf die inneren Abgaben, Zölle usw. Auch diese Regelung bezieht sich lediglich auf die Rechte eines Staatsangehörigen im Lande des anderen Vertragsteiles, nicht aber auf die Rechte der Staatsbürger innerhalb ihres eigenen Hoheitsbereichs.
Dazu kommt das folgende. Die Rechtsstellung der deutschen Arbeitnehmer in der Bundesrepublik, die bei den Besatzungsmächten beschäftigt sind, wird im Zusammenhang mit dem Tarifvertrag für die Besatzungsbediensteten einheitlich geregelt werden. Zwischen der Bundesregierung und den Gewerkschaften besteht grundsätzliche Übereinstimmung über die weitere Behandlung der Angelegenheit. Es ist insbesondere beabsichtigt, daß in einem Notenwechsel mit der Alliierten Hohen Kommission die Anwendung des deutschen Arbeitsrechts und die Zuständigkeit der deutschen Arbeitsgerichtsbarkeit im Grundsatz anerkannt werden. Über den Entwurf einer solchen Note wird gegenwärtig zwischen der deutschen und der alliierten Seite verhandelt. Nach Inkrafttreten der Bonner Verträge wird Art. 44 des Truppenvertrages die Rechtsgrundlage bilden, der vorsieht, daß deutsches Arbeitsrecht Anwendung findet und die Bundesrepublik vor den Arbeitsgerichten verklagt werden kann.
Ich glaube, daß unter diesen Umständen weder eine Notwendigkeit noch eine Möglichkeit besteht, das Abkommen vom 3. Juni 1953 in dem in dem Entschließungsentwurf vorgesehenen Sinne zu erweitern. Ich darf daher namens der Bundesregierung darum bitten, diesem Entschließungsentwurf nicht zuzustimmen.