Rede von
Willy
Könen
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Entwurf findet nicht die Zustimmung der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei. Aus dem Bericht der Frau
Berichterstatterin geht schon hervor, daß die Frage der Wiedergutmachung in dieser Angelegenheit keine Rolle spielt und daß man sich mit den rein sachlichen Dingen auseinandersetzen kann. Die Tatsache, daß die Verbände wiederum eine Stellenvermittlung, insbesondere für Hauspersonal und Pflegepersonal vornehmen sollen, wird von uns als ein Einbruch in die immer wieder angestrebte öffentliche Stellenvermittlung angesehen, so daß wir aus grundsätzlichen Erwägungen dazu nein sagen müssen. Außerdem befürchten wir eine echte Interessenkollision zwischen den Verbänden bzw. ihren Einrichtungen und den öffentlichen Einrichtungen, da ja auch das Personal weitgehend von den Verbänden ausgebildet wird. Im übrigen besteht in der Bundesrepublik gerade bei pflegerischem Personal eine echte Sorge um den Nachwuchs. Diese Nachwuchssorge wird dadurch verstärkt, daß die Besoldung und überhaupt die wirtschaftliche Stellung dieses Personals allerlei zu wünschen übrig läßt. Wir befürchten, daß der Kampf um die Rechte dieser Gruppe der Arbeitnehmerschaft erschwert wird, wenn wir die Vermittlung der Arbeit durch private Institutionen in dem gewünschten Umfang wiederum zulassen. Außerdem ist zu bedenken, daß eine Abwanderung junger Mädchen vom Lande in die Stadt stattfinden wird, die — über irgendwelche Einrichtungen vermittelt — zunächst in den Haushalt gehen und sich nach einem Vierteljahr in der Stadt umgesehen haben, um dann die Arbeit in der Fabrik aufzunehmen. Damit würden wir eine unerwünschte Abwanderung der jungen Arbeitskräfte vom Lande in die Stadt unterstützen, ohne den Zweck zu erreichen, der für die Abwanderung ursprünglich vorgesehen war.
Im übrigen besteht auch heute noch auf Grund des geltenden Gesetzes die Möglichkeit zur Aufnahme der privaten Arbeitsvermittlung. Aus der Berichterstattung geht hervor, daß 37 Einrichtungen von dieser gesetzlichen Möglichkeit Gebrauch machen. Wir sind deshalb der Meinung, daß dort, wo es dringend erforderlich ist, auch bei der jetzigen Rechtslage die Möglichkeit zur Einrichtung der privaten Arbeitsvermittlung besteht.
Zum Schluß gestatten Sie mir noch eine Berner-kung. Wir sind einmal wieder dabei, ein Nazi-Gesetz zu korrigieren, und sehr oft kommt es vor, daß wir so etwas korrigieren, ergänzen oder streichen. Es wäre sehr schön, wenn wir eines Tages dahin kämen, daß wir die gesamte NS-Gesetzgebung durch vernünftige Gesetze der Bundesrepublik ersetzen könnten.