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ID0203100500

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  • tocInhaltsverzeichnis
    2. Deutscher Bundestag — 31. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 26. Mai 1954 1437 31. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 26. Mai 1954. Geschäftliche Mitteilungen . . . . 1438 C, 1480 B Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Dr Becker (Hersfeld) 1438 D Beschlußfassung des Bundesrats zu Gesetzesbeschlüssen des Bundestags 1438 D Mitteilung über Stellungnahme des Bundesrats zum Haushaltsgesetz 1954 (Drucksache 539) 1439 A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Beauftragung von Einrichtungen der freien Wohlfahrtspflege mit der nichtgewerbsmäßigen Arbeitsvermittlung zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts (Drucksache 223); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit (Drucksache 419) . . 1439 A Frau Dr. Bleyler (Freiburg) (CDU/ CSU), Berichterstatterin 1439 A Könen (Düsseldorf) (SPD) 1440 B Storch, Bundesminister für Arbeit 1440 D Sabel (CDU/CSU) 1441 B Frau Schanzenbach (SPD) 1442 B Frau Finselberger (GB/BHE) . . . 1443 C Frau Dr. Brökelschen (CDU/CSU) . 1443 D Abstimmungen 1440 B, 1444 C Erste Beratung des von der Fraktion des GB/BHE eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Behebung der Berufsnot der älteren Angestellten (Drucksache 346) . . 1444 C Frau Finselberger (GB/BHE), Antragstellerin 1444 C, 1456 B Storch, Bundesminister für Arbeit 1446 D, 1453 B, 1456 B Hansen (Köln) (SPD) . . . . 1447 C, 1457 B Schneider (Hamburg) (CDU/CSU) . 1450 C Becker (Hamburg) (DP) 1453 C Frau Wolff (Berlin) (SPD) 1455 A Sabel (CDU/CSU) 1457 D Überweisung an den Ausschuß für Arbeit und an den Ausschuß für Wirtschaftspolitik 1458 C Fortsetzung der dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 3. Juni 1953 über den FreundschaftsHandels- und Konsularvertrag zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika vom 8. Dezember 1923 mit seinen Abänderungen (Drucksache 71); Mündlicher Bericht des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten (Drucksache 218, Anträge Umdrucke 71, 112) 1458D, 1509A, B Dr. Hallstein, Staatssekretär des Auswärtigen Amts . 1458 D, 1461 B, C, 1464 D Dr. Arndt (SPD) . . . 1459 D, 1461 C, 1463 B Dr. Lütkens (SPD) 1462 A Wehr (SPD) 1463 C Abstimmungen 1465 D Tatsächliche und persönliche Erklärung nach § 36 der Geschäftsordnung (betr. Berichterstattung in der 28. Sitzung zum Antrag auf Genehmigung zum Strafverfahren gegen den Abg. Dr. Löhr): Ritzel (SPD) 1466 A Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der FDP betr. Förderungsprogramm für die Zonenrandgebiete (Drucksache 293) in Verbindung mit der Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betr. Wirtschaftshilfe für die Zonenrandgebiete (Drucksache 316, Umdruck 113), mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der SPD eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes (Drucksache 510), mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Kredithilfe für die mittelständische Wirtschaft im Zonenrandgebiet (Drucksache 432), mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Straßenbau im Zonenrandgebiet (Drucksache 433), mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Hilfsmaßnahmen für die Landwirtschaft im Zonenrandgebiet (Drucksache 434), mit der Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen im Zonenrandgebiet (Drucksache 435) sowie mit der Beratung des Antrags der Abg. Wacher (Hof), Fuchs, Freiherr Riederer von Paar u. Gen. betr. Beihilfe für Grenzbauern (Drucksache 529) 1467 B, 1509 D Dr.-Ing. Drechsel (FDP), Anfragender 1467 C Dr. Bleiß (SPD), Anfragender . . . 1470 D Dr. Westrick, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft . . 1474 A 1497 C Frau Dr. BrökeLschen (CDU/CSU): zur Geschäftsordnung 1477 B zur Sache 1489A, 1505 C Dr. Gülich (SPD): zur Geschäftsordnung 1478 A zur Sache 1503B, 1505 C Kurlbaum (SPD), Antragsteller . . 1478 A Hörauf (SPD), Antragsteller . . . . 1480 B Freidhof (SPD), Antragsteller . . . 1481 C Dr. Schmidt (Gellersen) (SPD), Antragsteller 1482 D Behrisch (SPD), Antragsteller . . 1484 A Wacher (Hof) (CDU/CSU), Antrag- steller 1486 A Frau Korspeter (SPD) 1487 B Dr. Henn (FDP) 1493 B Dr. Dittrich (CDU/CSU) 1495 B Unertl (CDU/CSU) 1497 D Höhne (SPD) 1499 A Seiboth (GB/BHE) 1500 D Kahn (CDU/CSU) 1506 B Priebe (SPD) 1507 A Jacobs (SPD) 1507 C Dr. Starke (FDP) 1507 C Ausschußüberweisungen 1508 C Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, GB/BHE, DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Entschädigung der Mitglieder des Bundestages (Drucksache 540) 1509 C Überweisung an den Haushaltsausschuß 1509 C Nächste Sitzung 1509 C Anlage 1: Entschließungsantrag der Fraktion der SPD betr. Freundschafts-, Handels- und Konsularvertrag zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika (Umdruck 71) 1509 A Anlage 2: Entschließungsantrag der Fraktion der SPD betr. Freundschafts-, Handels- und Konsularvertrag zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika (Umdruck 112) 1509 C Anlage 3: Antrag der Fraktion der SPD betr. Wirtschaftshilfe für die Zonenrandgebiete (Umdruck 113) 1509 D Die Sitzung wird um 9 Uhr 1 Minute durch den Vizepräsidenten Dr. Jaeger eröffnet.
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Umdruck 71 Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zum Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 3. Juni 1953 über den Freundschafts-, Handels- und Konsularvertrag zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika vom 8. Dezember 1923 mit seinen Abänderungen (Drucksachen 218, 71). Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird aufgefordert, nach der Wiederinkraftsetzung des Freundschafts-, Handels-und Konsularvertrages vom 8. Dezember 1923 mit seinen Abänderungen bemüht zu sein, baldigst diesen Vertrag gemäß Art. V des Abkommens durch einen zeitgemäßen und umfassenden Vertrag zu ersetzen und dafür Sorge zu tragen, daß Art. II in Verbindung mit Art. IX des Vertrages eine Auslegung findet, a) die die Diskriminierung der auf deutschen Schiffen tätigen deutschen Seeleute auf Grund der Handhabung des „Immigration and Nationality Act" beseitigt, b) die die Regelung der Einfuhr von Filmen der US-Produktion in die Bundesrepublik in eine angemessene Relation zur Produktion der Bundesrepublik bringt, c) daß bei der Regelung der Grundrechte nach Art. II und VIII die deutschen Arbeitnehmer, die in der Bundesrepublik bei US-Dienststellen beschäftigt sind, ungeschmälert die Rechte aus den Bestimmungen des deutschen Arbeitsrechtes in Anspruch nehmen können. Bonn, den 27. April 1954 Ollenhauer und Fraktion Anlage 2 Umdruck 112 Entschließungsantrag der Fraktion der SPD zur dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 3. Juni 1953 über den Freundschafts-, Handels- und Konsularvertrag zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika vom 8. Dezember 1923 mit seinen Abänderungen (Drucksachen 218, 71). Der Bundestag wolle beschließen: Die vom Bundeskanzler am 3. Juni 1953 mündlich abgegebene Erklärung ist nicht Bestandteil des Abkommens vom 3. Juni 1953 und des durch dieses Abkommen bestätigten Freundschafts-, Handels-und Konsularvertrages zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika vom 8. Dezember 1923 und kann daher Rechte aus dem Vertrage vom 8. Dezember 1923 nicht mindern. Bonn, den 25. Mai 1954 Ollenhauer und Fraktion Anlage 3 Umdruck 113 Antrag der Fraktion der SPD zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der SPD betreffend Wirtschaftshilfe für die Zonenrandgebiete (Drucksache 316). Der Bundestag wolle beschließen, für kulturelle Hilfsmaßnahmen im Zonengrenzgebiet im Verlauf der nächsten fünf Jahre Bundeszuschüsse in Höhe von jährlich 25 Millionen DM zu gewähren. Bonn, den 25. Mai 1954 Ollenhauer und Fraktion
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Richard Jaeger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Ich habe Glückwünsche auszusprechen zum 66. Geburtstag am 25. Mai dem Herrn Abgeordneten Dr. Becker (Hersfeld).

    (Beifall.)

    Die übrigen amtlichen Mitteilungen werden ohne Verlesung in den Stenographischen Bericht aufgenommen:
    Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 21. Mai 1954 den nachstehenden Gesetzen zugestimmt bzw. einen Antrag gemäß Art. 77 Abs. 2 nicht gestellt:
    Gesetz über das Internationale Zuckerabkommen vom 1. Oktober 1953;
    Gesetz betreffend das Übereinkommen Nr. 45 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 21. Juni 1935 über Beschäftigung von Frauen bei Untertagarbeiten In Bergwerken jeder Art;
    Gesetz über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu den vier Genfer Rotkreuz-Abkommen vom 12. August 1949;


    (Vizepräsident Dr. Jaeger)

    Gesetz über die Feststellung des Bundeshaushaltsplanes für
    das Rechnungsjahr 1954 (Haushaltsgesetz 1954).
    Zum Haushaltsgesetz 1954 hat der Bundesrat weiter Ausführungen gemacht, die als Drucksache 539 verteilt werden.
    Meine Damen und Herren! Ich komme zu Punkt 1 der Tagesordnung:
    Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Beauftragung von Einrichtungen der freien Wohlfahrtspflege mit der nichtgewerbsmäßigen Arbeitsvermittlung zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts (Drucksache 223);
    Mündlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit (27. Ausschuß) (Drucksache 419).

    (Erste Beratung: 18. Sitzung.)

    Berichterstatterin ist Frau Abgeordnete Dr. Bleyler. Ich darf sie bitten, das Wort zu ergreifen.
    Frau Dr. Bleyler (Freiburg) (CDU/CSU), Berichterstatterin: Herr Präsident! Meine Herren und Damen! Die Bundesregierung hat dem Hohen Haus einen Gesetzentwurf über die Beauftragung von Einrichtungen der freien Wohlfahrtspflege mit der nichtgewerbsmäßigen Arbeitsvermittlung zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts vorgelegt. Der Entwurf ist vom Ausschuß für Arbeit in zwei Sitzungen eingehend beraten worden.
    Worum geht es bei dieser Frage? Schon bei der Gründung der Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung im Jahre 1927 hat man überlegt, ob und inwieweit man neben der öffentlich-rechtlichen Anstalt noch private Einrichtungen für diese Aufgaben zulassen sollte. Man hat die Frage dahin entschieden, daß auf Erwerb gerichtete Stellenbüros verboten wurden, daß aber gemeinnützige private Arbeitsnachweise auf Antrag unter bestimmten Voraussetzungen zugelassen werden konnten. Davon haben sowohl die Berufsverbände wie auch karitative Einrichtungen aller Art weitgehend Gebrauch gemacht. Sie mußten den gesetzlichen Anforderungen entsprechen und standen unter Aufsicht der Reichsanstalt, der sie regelmäßig über ihre Arbeit zu berichten hatten.
    Nach der Machtergreifung durch den Nationalsozialismus wurden die Berufsverbände sofort aufgehoben bzw. in die Arbeitsfront überführt. Die Einrichtungen der freien Wohlfahrtspflege bestanden weiter und übten auch zunächst noch die Stellenvermittlung aus. Im Jahre 1935 wurde dann ein Gesetz geschaffen über Arbeitsvermittlung, Berufsberatung und Lehrstellenvermittlung, das der Reichsanstalt den Monopolcharakter sicherte. Grundsätzlich bestand zwar noch die Möglichkeit, Einrichtungen außerhalb der Reichsanstalt für bestimmte Aufgaben auf Antrag zuzulassen. Praktisch wurden diese Anträge aber sämtlich ohne weitere Prüfung und Begründung abgelehnt. Zu dem nach staatspolitischen Ideen gelenkten Arbeitseinsatz paßten die privaten Stellennachweise nicht mehr. Nur geistig und körperlich behinderte Personen, an denen der nationalsozialistische Staat wenig Interesse hatte und deren Vermittlung in Arbeitsstellen vielleicht auch besondere Schwierigkeiten machte, durften nach wie vor — und auch heute noch — von Fürsorgevereinen und -verbänden verschiedenster Art vermittelt werden. Auch erhob man keinen Einspruch dagegen, daß die in eigenen Einrichtungen ausgebildeten pflegerischen Kräfte in Heimen und Organisationen der freien Wohlfahrtspflege untergebracht und
    weiter vermittelt wurden. Aber die Vermittlung der Hausgehilfinnen, das Kernstück der Vermittlungstätigkeit, wurde den Verbänden untersagt.
    Nach dem Kriege versuchten die freien Verbände ihre früheren Rechte wieder zu erlangen. Dem stand zunächst der Kontrollratsbefehl Nr. 3 im Wege, durch den die Besatzungsmächte den Monopolcharakter der Arbeitsämter noch weit über das bisherige Maß verstärkt haben. Erst nach der Auflockerung konnten die Verbände in einigen Landesarbeitsämtern für bestimmte Teilaufgaben wieder eine gewisse Genehmigung erhalten.
    Maßgebend ist auch heute noch nach Gründung der Bundesanstalt das vorhin erwähnte Gesetz von 1935, das die Möglichkeit vorsieht, private Stellen auf Antrag mit der Vermittlung für besondere Personenkreise zu beauftragen. Da aber eine Genehmigung durch die Bundesanstalt von vornherein zweifelhaft erschien, ging es den karitativen Verbänden darum, eine globale Genehmigung zu erhalten.
    Die Bundesregierung hat dieses Anliegen als berechtigt anerkannt und daher den vorliegenden Entwurf eingebracht, gegen den vom Bundesrat keine Einwendungen erhoben wurden. Dieses Gesetz soll den Verbänden der freien Wohlfahrtspflege das Recht der Stellenvermittlung wiedergeben, soweit sie es vor dem 30. Januar 1933 gehabt haben. Sie haben danach der jetzigen Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten dieses Gesetzes anzuzeigen, wenn sie die Stellenvermittlung wieder aufnehmen wollen, und gleichzeitig Art und Umfang der früheren Tätigkeit nachzuweisen. Wenn sie innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten des Gesetzes die Arbeitsvermittlung nicht aufgenommen haben, gilt diese Genehmigung als erloschen.
    In den Ausschußberatungen tauchte zunächst die Frage auf, ob man das ganze Problem der nichtgewerbsmäßigen Stellenvermittlung nicht bis zur Beratung der geplanten Novelle zum AVAVG zurückstellen solle. Die Mehrheit war jedoch der Auffassung, daß dieses Gesetz vorweggenommen werden solle, da die Novelle sicher noch länger auf sich warten lasse.
    Die Mehrheit des Ausschusses lehnte auch den Antrag ab, eine schriftliche oder mündliche Stellungnahme der Bundesanstalt einzuholen, und zwar mit dem Hinweis darauf, daß ja schon dem 1. Bundestag ein ähnlicher Gesetzentwurf vorgelegen habe und deshalb genügend Zeit und Gelegenheit gewesen wäre, sich zu diesem Fragenkomplex zu äußern.
    Bedenken grundsätzlicher Art wurden geäußert, ob unter einer Ausweitung der privaten Stellenvermittlung nicht die Einheitlichkeit der öffentlichen Arbeitsvermittlung leiden müßte. Die Entwicklung zu einer zentralen öffentlich-rechtlichen Organisation ist ja nicht ein Produkt des Nationalsozialismus. Es zeigt sich hier vielmehr eine internationale Tendenz, die durch die Weltkriege mit ihren Massenwanderungen und großen Umsiedlungen noch gewaltig verstärkt wurde. Es geht ja längst nicht mehr nur um die Hilfe für den einzelnen Arbeitslosen, sondern darüber hinaus um den Versuch, die Grundlage für eine großangelegte Ordnung des Arbeitsmarktes zu schaffen, die regionale Verschiedenheiten ausgleichen, Schwierigkeiten der Wirtschaftskonjunkturen rechtzeitig erkennen und auffangen und so größere Massennotstände auf dem Arbeitsmarkt verhindern will.


    (Frau Dr. Bleyler [Freiburg])

    Diese große Aufgabe einer zentral geordneten Arbeitsmarktpolitik soll nicht gefährdet werden. Bei den karitativen Stellenvermittlungen handelt es sich aber um eine ganz besondere Teilaufgabe, nämlich in der Hauptsache um die Vermittlung von Hausgehilfinnen, die als ein wichtiges Glied in der Kette der Jugendschutz- und Jugendhilfsarbeit angesehen wird.
    Es ist heute wirklich keine leichte Aufgabe mehr, Hausgehilfinnen zu vermitteln. Die Vermittlung in einen Haushalt, in diesen engen Kreis menschlicher Zusammengehörigkeit ist eben etwas ganz anderes als die Vermittlung in eine Achtstundenarbeit. Hier spielen nicht so sehr fachliche Kenntnisse eine Rolle als vielmehr die menschlich-persönlichen Beziehungen, die charakterliche, oft auch weltanschauliche Eigenart, die Möglichkeit, sich in einem persönlichen Vertrauensverhältnis aufeinander abzustimmen und erzieherische Einflüsse auf die Kinder der Familie auszuüben. Die Haushaltsberufe gehören ja ebenso wie die pflegerischen Berufe heute nicht zu den beliebten Berufen. Vielleicht können die karitativen Verbände im Rahmen ihrer Jugendhilfe- und Jugendschutzarbeit mit ihrem Kreis ehrenamtlicher Helfer, mit ihrer großen Zahl eigener und befreundeter Heime, in denen Jugendliche vorübergehend oder für längere Zeit untergebracht und beobachtet, mitunter auch hauswirtschaftlich ausgebildet oder nachgehend betreut werden können, mit dazu beitragen, mancher kinderreichen Mutter, manchem arbeitslosen, vielleicht gefährdeten jungen Mädchen zu helfen. Es geht hier nicht um eine Kompetenzfrage, sondern es geht um eine Hilfe an Menschen, insbesondere an jungen Menschen.
    Daher hat der Ausschuß auch die grundsätzlichen Bedenken zurückgestellt und die Mitwirkung der freien Wohlfahrtsverbände für diese besondere Aufgabe wieder ermöglichen wollen. Er hat dabei betont, daß es sich hierbei im wesentlichen um die Vermittlung von Pflegepersonal und Hausgehilfinnen handle und eine Ausweitung auf andere Berufe und Personenkreise nicht in Frage kommen solle. Die Frage, wieweit eine Wiedergutmachungspflicht vorliegt, wollte der Ausschuß dahingestellt sein lassen; er hat darum die Worte „zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts" in der Überschrift des Gesetzes gestrichen.
    Der Ausschuß für Arbeit schlägt dem Hohen Hause vor, dem Gesetzentwurf Drucksache 223 mit den aus der Drucksache 419 ersichtlichen Änderungen zuzustimmen.


Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Ich danke der Frau Berichterstatterin.
Ich rufe auf § 1, — § 2, — § 3, — Einleitung und Überschrift. — Ich bitte diejenigen, die den aufgerufenen Paragraphen, der Einleitung und der Überschrift ihre Zustimmung geben wollen, ihre Hand zu erheben. — Das ist die Mehrheit.
Ich komme zur
dritten Beratung.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Wird das Wort dazu gewünscht? — Herr Abgeordneter Könen!

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Willy Könen


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Entwurf findet nicht die Zustimmung der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei. Aus dem Bericht der Frau
    Berichterstatterin geht schon hervor, daß die Frage der Wiedergutmachung in dieser Angelegenheit keine Rolle spielt und daß man sich mit den rein sachlichen Dingen auseinandersetzen kann. Die Tatsache, daß die Verbände wiederum eine Stellenvermittlung, insbesondere für Hauspersonal und Pflegepersonal vornehmen sollen, wird von uns als ein Einbruch in die immer wieder angestrebte öffentliche Stellenvermittlung angesehen, so daß wir aus grundsätzlichen Erwägungen dazu nein sagen müssen. Außerdem befürchten wir eine echte Interessenkollision zwischen den Verbänden bzw. ihren Einrichtungen und den öffentlichen Einrichtungen, da ja auch das Personal weitgehend von den Verbänden ausgebildet wird. Im übrigen besteht in der Bundesrepublik gerade bei pflegerischem Personal eine echte Sorge um den Nachwuchs. Diese Nachwuchssorge wird dadurch verstärkt, daß die Besoldung und überhaupt die wirtschaftliche Stellung dieses Personals allerlei zu wünschen übrig läßt. Wir befürchten, daß der Kampf um die Rechte dieser Gruppe der Arbeitnehmerschaft erschwert wird, wenn wir die Vermittlung der Arbeit durch private Institutionen in dem gewünschten Umfang wiederum zulassen. Außerdem ist zu bedenken, daß eine Abwanderung junger Mädchen vom Lande in die Stadt stattfinden wird, die — über irgendwelche Einrichtungen vermittelt — zunächst in den Haushalt gehen und sich nach einem Vierteljahr in der Stadt umgesehen haben, um dann die Arbeit in der Fabrik aufzunehmen. Damit würden wir eine unerwünschte Abwanderung der jungen Arbeitskräfte vom Lande in die Stadt unterstützen, ohne den Zweck zu erreichen, der für die Abwanderung ursprünglich vorgesehen war.
    Im übrigen besteht auch heute noch auf Grund des geltenden Gesetzes die Möglichkeit zur Aufnahme der privaten Arbeitsvermittlung. Aus der Berichterstattung geht hervor, daß 37 Einrichtungen von dieser gesetzlichen Möglichkeit Gebrauch machen. Wir sind deshalb der Meinung, daß dort, wo es dringend erforderlich ist, auch bei der jetzigen Rechtslage die Möglichkeit zur Einrichtung der privaten Arbeitsvermittlung besteht.
    Zum Schluß gestatten Sie mir noch eine Berner-kung. Wir sind einmal wieder dabei, ein Nazi-Gesetz zu korrigieren, und sehr oft kommt es vor, daß wir so etwas korrigieren, ergänzen oder streichen. Es wäre sehr schön, wenn wir eines Tages dahin kämen, daß wir die gesamte NS-Gesetzgebung durch vernünftige Gesetze der Bundesrepublik ersetzen könnten.

    (Beifall bei der SPD.)