Rede von
Dr.
Gerhard
Schröder
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muß Herrn Kollegen Kalbitzer in einem recht geben, nämlich in der Feststellung, daß die Große Anfrage seiner Fraktion im Datum schon etwas zurückliegt. Sie ist in der Tat schon über zwei Monate alt. Wir kommen so in die merkwürdige Lage, daß wir zu einer Großen Anfrage Stellung nehmen müssen, die in der Zwischenzeit in der Öffentlichkeit schon sehr behandelt worden ist, so daß die Antworten, die hier gegeben werden, nicht mehr den Anspruch auf Neuigkeit und Originalität erheben können. Trotzdem muß ich mich der Ordnung halber der Pflicht unterziehen, die Anfragen so zu beantworten, wie sie gestellt sind. Was Herr Kollege Kalbitzer darüber hinaus ausgeführt hat, werde ich dann im Laufe der Debatte, soweit sich die Notwendigkeit dazu ergibt, beantworten.
Ich folge also zunächst den Fragen, so wie sie gestellt sind:
Trifft es zu, daß Pläne bestehen, künftig die Presse über sämtliche Angelegenheiten der Bundesregierung und ihrer Ministerien nur noch durch das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung zu unterrichten?
Die Antwort darauf lautet, wie folgt: Es trifft nicht zu, daß derartige Pläne bestehen. Offensichtlich liegen diesem Teil der Anfrage Pressemeldungen zugrunde, die sich mit der in Vorbereitung be-
*) Siehe Anlage Seite 1435
findlichen neuen gemeinsamen Geschäftsordnung der Ministerien der Bundesregierung beschäftigen. Bereits die jetzige, seit dem Jahre 1951 in Kraft befindliche gemeinsame Geschäftsordnung, welche die Regelung der Geschäftsordnung der Reichsregierung aus dem Jahre 1926 übernimmt, legt in ihrem § 137 die Unterrichtung von Presse und Rundfunk in folgender Form fest:
Alle Veröffentlichungen und alle Mitteilungen an die Presse und den Rundfunk, die über fachliche Mitteilungen hinausgehen, namentlich solche, die politischen Charakter haben oder politische Wirkungen auslösen können, sind über das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung zu leiten.
Die in Vorbereitung befindliche neue gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien wird an dieser Fassung dem Inhalt nach nichts ändern. Auch in Zukunft werden daher die verschiedenen Ressorts über ihr jeweiliges Arbeitsgebiet fachliche Mitteilungen und Auskünfte an Presse und Rundfunk im bisherigen Rahmen geben. Soweit allerdings Nachrichten und Auskünfte einen politischen Charakter im Sinne des § 137 der gemeinsamen Geschäftsordnung haben, muß es bei der seit jeher üblichen Regelung schon deshalb bleiben, weil das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung die Aufgabe hat, den Publikationsorganen alle wesentlichen politischen Informationen zu übermitteln.
Die Frage 1 b lautet:
Trifft es zu, daß beabsichtigt ist, eine „BundesKorrespondenz" kostenlos oder stark verbilligt herauszugeben?
Herr Kollege Kalbitzer hat sich bereits im voraus von der Antwort befriedigt erklärt. Ich darf sie trotzdem verlesen:
Die Bundesregierung hat nicht die Absicht, eine „Bundes-Korrespondenz" kostenlos oder stark verbilligt herauszugeben. Die Fragestellung bezieht sich offenbar auf die „Bundes-Korrespondenz und Verlags-GmbH." Diese ist ein rein privates Frankfurter Verlagsunternehmen,
das seit mehr als vier Jahren besteht. Während der Berliner Konferenz hatte das Bundespresseamt von einem der Dienste der „Bundes-Korrespondenz und Verlags-GmbH." eine größere Anzahl von Abonnements zur Verteilung vornehmlich an Organisationen und Verbände bestellt. Seit dem Ende der Berliner Konferenz ist das Lieferabkommen mit dem Frankfurter Verlag ausgelaufen. Es wurde und wird nicht erneuert.
Die Frage 1 c lautet:
Trifft es zu, daß eine Unterrichtung der Presse und die Auswahl der zu unterrichtenden Presse von einer Mitwirkung des Bundesamtes für Verfassungsschutz abhängig gemacht werden sollen?
Die Antwort lautet: Die Bundesregierung hat keine derartigen Pläne. Von einer Mitwirkung des Bundesamtes für Verfassungsschutz ist im Zusammenhang mit der Unterrichtung von Presse und Rundfunk niemals die Rede gewesen.
Ich komme zur Frage 2:
Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß eine Verwirklichung solcher Pläne mit den von der Verfassung geschützten Grundrechten der freien Meinungsäußerung und der Pressefreiheit vereinbar wäre?
Die Antwort darauf ist einfach, da die Antwort zu den vorgestellten Fragen verneinend ausgefallen ist. Diese voraufgegangenen Fragen gehen von unzutreffenden Voraussetzungen aus. Damit ist die Frage 2 gegenstandslos geworden.
Ich habe bereits eingangs gesagt, daß ich auf einige der anderen Dinge, die Herr Kollege Kalbitzer über den Rahmen der Großen Anfrage hinaus angeschnitten hat, im Laufe der Debatte eingehen werde.