Rede von
Dr.
Franz-Josef
Wuermeling
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich muß einleitend sagen, daß ich mich schwierigeren Situationen gewachsen fühle als derjenigen,
vor der ich dank der erheiternden Rede des Herrn Kollegen P a u 1 heute stehe.
Wenn mir ein Kollege aus dem Plenum im Zusammenhang mit dieser Rede vorhin den Vorschlag gemacht hat, ich möchte den Herrn Kollegen Paul heute zum Mittagessen einladen, dann weiß ich noch nicht recht, ob ich eine solche Einladung aussprechen soll oder nicht. Aber diese Bemerkung zeigt, welchen Dienst mir Herr Kollege Paul mit seiner Rede erwiesen hat.
Im übrigen, meine Damen und Herren, stelle ich mit Befriedigung fest, daß Herr Kollege Kuhn, der eine mehr ins Sachliche gehende Rede gehalten hat, auch manches Positive in meiner Düsseldorfer Filmrede entdeckt hat und sogar mehrfach gesagt hat, daß er dies oder jenes anerkennen müsse. Die Rede kann also wohl gar nicht so schlecht gewesen sein, wie manche das zu Beginn der Diskussion um diese Rede gerne wahrhaben wollten.
Im übrigen, meine Damen und Herren, habe ich mich auf die heutige Aussprache im Plenum genau so gefreut wie Sie. Es fragt sich nur, wer mehr Grund zu dieser Freude hat; denn Sie, meine Damen und Herren, haben das Pech, daß ich nie und nirgends das gesagt oder gefordert habe, was Sie gern möchten, daß ich es gesagt hätte, damit Sie mich angreifen können.
Der Herr Kollege Paul he etwas humoristische Einlage gegeben. Er hat hier eine so einige Unterstellungen darüber gemacht, was ich mir unter notwendigem Inhalt eines Filmes vorstelle. Die Traumfabrik des Films, von der eben gesprochen wurde, scheint mir ein Waisenknabe gegen die Traumfabrik zu sein, die der Herr Kollege Paul eben von meinem Denken entwickelt hat.
Meine Damen und Herren, zur Feststellung dessen, was sich manche unter notwendigem Inhalt eines Filmes vorstellen, will ich Ihnen einmal einen Satz aus einer Zuschrift verlesen, die offenbar aus den Kreisen der Gefolgschaft meiner Gegner kommt. Vom Film wird hier gefordert — ich will jetzt nicht etwa die SPD damit identifizieren, das liegt mir fern —
Vom Film muß verlangt werden, daß er in eindringlicher Form die männliche Dummheit und die angeborene Raffiniertheit der Frauen schildert. In jedem anderen Fall ist ein Film unzulänglich.
Man kann natürlich auch solche Anforderungen an einen Film stellen. Hier sind sie in Wirklichkeit gestellt. Für die Unterstellungen aber, die Sie mir gemacht haben, gibt es überhaupt keine Wirklichkeit.
— Das kommt aus Leverkusen.
Nun, meine Damen und Herren, zu den Dingen, die hier behandelt wurden. Ganz weniges nur im einzelnen. In der Rede des Herrn Kollegen Paul wurde der Eindruck erweckt, als spräche ich in meinen Reden draußen im Lande von einem Versagen der deutschen Familie. Davon kann nicht im mindesten die Rede sein. Ganz im Gegenteil, ich habe mit Herrn Professor Schelsky, mit Herrn Landesbischof Lilje, der gerade zitiert wurde, und vielen anderen immer wieder herausgestellt, daß die deutsche Familie ihre ganz große Bewährungsprobe in der Zeit um 1945 wie überhaupt keine andere Institution unseres Gemeinschaftslebens bestanden habe.
Deswegen möchte ich hier in aller Form dagegen protestieren, daß der NWDR vorgestern morgen in seinen Frühmeldungen die Behauptung aufstellte, daß Herr Landesbischof Lilje „im Gegensatz zu mir", wovon Herr Landesbischof Lilje, wie ich von einem Teilnehmer weiß, überhaupt nichts gesagt hat, diesen Standpunkt vertreten habe.
Dann wurde von dem Recht der Filmschaffenden auf ein Privatleben gesprochen. Meine Damen und Herren, wer spricht denn den Filmschaffenden das Recht auf ein Privatleben ab? Sie haben ja selber eine Stelle aus meiner Rede zitiert, in der ich das ganz ausdrücklich anerkannt habe. Ich habe lediglich einmal eine Äußerung getan, zu der ich stehe; ich habe auf die Tatsache hingewiesen, daß das Privatleben zahlreicher bedeutender Filmschauspieler von vielen Menschen in der Bundesrepublik als vorbildlich angesehen wird und daß diese Künstler deswegen ähnliche Verantwortungen tragen wie Politiker im öffentlichen Leben, die auch im Rampenlicht der Öffentlichkeit stehen.
Was die Frage der sogenannten Volkszensur angeht, so werde ich mich nicht dazu verleiten lassen, hier irgendwelche Erklärungen abzugeben,
aus denen Sie nachher die Folgerung ziehen zu können glauben, ich hätte hier etwas anderes gesagt als die Bundesregierung.
Bisher bin ich nämlich mit der Bundesregierung, wie Herr Bundesminister Schröder festgestellt hat, in dem, was ich will und wünsche, vollkommen einig. Deswegen genügt es vollkommen, daß die Erklärung der Bundesregierung hier abgegeben worden ist. Wenn man mir sagt, die Erklärung der Bundesregierung über den Ausdruck „Volkszensur" sei nicht deutlich genug, dann stelle ich fest,
Im übrigen noch eins, meine Damen und Herren. Es ist selbstverständlich absolut unwahr, daß ich in Frankfurt etwa die kirchliche Filmbegutachtung zum Maßstab für die Gewährung von Filmbürgschaften habe machen wollen. Ich bin dort lediglich in der Diskussion gefragt worden,
wie ich mich zur Selbstkontrolle stelle. Ich habe sie als gute Einrichtung bezeichnet und habe in anderem Zusammenhange u. a. nur die Tatsache erwähnt, daß die kirchlichen Beurteilungen vielfach abwichen von den Beurteilungen der Filmselbstkontrolle, ohne dabei aber irgendwie die mir unterstellte Forderung zu erheben. Das ist eben wie-. der eine dieser Entstellungen durch Leute, die ohne solche nicht auskommen können, weil sie mir nämlich sonst nichts anhängen können.
Nun, meine Damen und Herren, noch eines in diesem Zusammenhang. Wenn diese Filmrede, die ich in Düsseldorf gehalten habe, in der Öffentlichkeit kritisiert wird, — nun, gerade heute morgen geht mir mit der Post wieder eine Stellungnahme zu, die aus evangelischen Kreisen kommt und die sich gerade sehr positiv zu dieser Rede stellt. Es sind die „Mitteilungen der Evangelischen Zentralbildkammer Witten" in der Korrespondenz „Film und Bild". Weil hier eine meines Erachtens so gute Auslegung gegeben ist, bitte ich, mit Genehmigung des Herrn Präsidenten wenige Zeilen daraus vortragen zu dürfen. Da heißt es:
Die in den Ausführungen des Herrn Ministers enthaltenen Vorwürfe gelten so, wie wir es verstanden haben, nicht „der Filmindustrie", sondern denen, die dem Volk in ihren Produktionen Gangster, ladykiller, Mörder und erotische Superatombomben als die eigentlichen „Helden" des Lebens hinstellen und ihre Taten vom Ehebruch bis zum Selbstmord oder Mord als normale Erscheinungen des bürgerlichen Lebens. Diejenigen aber innerhalb der Filmwirtschaft, denen ein Dauerappell an die niederen Instinkte gerade recht ist, um damit Geld zu verdienen, die also augenscheinlich von den kulturellen Möglichkeiten ihrer Arbeit nichts wissen oder nichts wissen wollen, die sollten sich nicht nur von einem Minister, sondern auch von den vielen ernsthaften Mitarbeitern im Film getrost sagen lassen, daß es nicht zu verantworten ist, eine Filmwirtschaft zu konsolidieren, die sich trotz aller Mahnungen nicht scheut, mit der Vergiftung unserer Ehe- und Familienauffassung ein Geschäft zu machen.
Kein vernünftiger Mensch wird von einem
Staat verlangen, daß er die Steuergroschen
seiner Bürger für Filme hergibt, die mit dazu
beitragen, sein Fundament, nämlich die Familie, zu zerstören, und das Volk in seiner überwiegenden Mehrheit hat ganz besonderes Verständnis gerade dafür.
Meine Damen und Herren, ich habe dem nichts hinzuzufügen.
Denn das ist ganz genau das, was ich neben der Anerkennung der guten Filme in meiner Düsseldorfer Rede gesagt habe. Wenn mir also hier alles mögliche unterstellt wird, so rennen meine Gegner insofern offene Türen ein, als sie eben das Pech haben, daß ich nirgends und nie das gesagt habe, was sie möchten, daß ich es gesagt hätte.